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Benutzername: 
Dreamworx
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 1361 Bewertungen
Bewertung vom 19.02.2023
Zwischen Stille und Sturm / Die Dorflehrerin Bd.2
Seidl, Bettina

Zwischen Stille und Sturm / Die Dorflehrerin Bd.2


ausgezeichnet

Es ist nicht der Berg, den wir bezwingen, wir bezwingen uns selbst. (Edmund Hillary)
Tannau 1918. Seit 7 Jahren ist Antonie Weber die Dorflehrerin von Tannau und hat sich in dieser Zeit zu einem angesehenes Mitglied der kleinen Bergdorfgemeinde gemausert. Fast alle Männer sind aufgrund des 1. Weltkrieges irgendwo an der Front, so dass die Frauen anpacken müssen, um für ihre Familien ein karges Mahl auf den Tisch zu bekommen. Erst nach und nach kehren einige Männer verletzt zurück. Antonies heimliche Liebe, der Förster Sebastian, ist ebenfalls unter ihnen. Doch er wird Tannau bald verlassen, um einen wichtigen Posten in München anzunehmen. Dort lebt auch Antonies beste Freundin Elvira mit ihrer Familie, die von der Novemberrevolution der Sozialisten überrascht wird. Während der neue Pfarrer Porz von seiner Kanzel flammende Reden für den Krieg hält und den Dorfbewohnern mit seinen Ansichten das Leben schwer macht, halten die Tannauer zusammen und greifen sich gegenseitig unter die Arme. Antonie versucht derweil, den Kindern den Schulalltag so angenehm wie möglich zu gestalten und hilft mit aller Kraft dabei, ein kleines Leben zu retten. Der Abschied von Sebastian bringt ihre Entscheidung ins Wanken, ihn ziehen zu lassen. Wird Antonie der Liebe doch noch eine Chance geben?
Bettina Seidl hat mit „Stille und Sturm“ den zweiten Teil um ihre Protagonistin Antonie Weber vorgelegt, der dem Vorgängerband an historischem Hintergrund sowie einer warmherzigen Geschichte über Antonie und die Dorfgemeinschaft in nichts nachsteht. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser schnell ins vergangene Jahrhundert reisen, um sich als Zaungast in Tannau wiederzufinden und dort Antonie und den Dorfbewohnern bei ihrem Treiben über die Schulter zu sehen. Wechselnde Perspektiven erlauben zudem einen Blick in Elviras Leben in München und die sich dort zuspitzende politische Lage. Antonie hat zwar in Förster Sebastian Berger ihren Seelengefährten und heimliche Liebe gefunden, aber als Lehrerin und ehemalige Klosterschülerin ist ihr bewusst, dass ihr Beruf ihr keine Ehe erlaubt. Mit Hingabe, Geduld und Einfühlungsvermögen unterrichtet sie ihre Schüler, wobei sie allerlei unkonventionelle Lernmethoden entwickelt, die dem Pfarrer ein Dorn im Auge sind. Die Autorin hat gut recherchiert und den damaligen historischen Hintergrund sehr glaubhaft mit ihrer Handlung verknüpft. Die Auswirkungen des Krieges sowie die Kriegsmüdigkeit und harten Entbehrungen der Bevölkerung werden eindrücklich zum Ausdruck gebracht. Vor allem aber blitzt der Zusammenhalt der Dorfbewohner immer wieder hervor, ob es das Schlittenfahren, der Kirchenchor oder aber auch der Schulneubau ist. Da greift ein jeder dem anderen unter die Arme, keiner wird allein gelassen, was in der heutigen egoistischen Zeit fast schon Seltenheitswert hat.
Den Charakteren wurde liebevoll Leben eingehaucht, mit ihren authentischen menschlichen Eigenschaften wachsen sie dem Leser schnell ans Herz, der sich gern als unsichtbarer Gast unter ihnen tummelt. Antonie ist eine warmherzige Seele, die immer das Wohl der anderen im Blick hat, vor allem das ihrer Schüler. Sie ist hilfsbereit, mitfühlend, einfallsreich und gibt mehr, als sie für sich nimmt. Dafür wird sie von allen geliebt und immer wieder mit Kleinigkeiten bedacht. Antonies Freundin Elvira ist eine Frau, die über ihre eigenes Handeln und Tun erst überrascht ist, dann jedoch resoluter und mutiger wird. Pfarrer Porz ist ein Blender, der andere klein macht, um sich Macht und Ansehen zu verschaffen. Er ist ein hartherziger und unehrlicher Mann, dem man keine Träne nachweint.
Mit „Stille und Sturm“ ist Bettina Seidl eine sehr gelungene Fortsetzung gelungen, die nicht nur durch den historischen Hintergrund besticht, sondern mit einer wunderbaren, liebevollen Handlung überzeugen kann, in der sowohl Liebe als auch Freundschaft in harten Zeiten einen großen Stellenwert haben. Absolute Leseempfehlung!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.01.2023
Café Buchwald / Cafés, die Geschichte schreiben Bd.1
Wachter, Maria

Café Buchwald / Cafés, die Geschichte schreiben Bd.1


sehr gut

Wer aus dem Weizen einen Kuchen haben will, muß das Mahlen abwarten. (Shakespeare)
1896. Emma Buchwald hat schon als junges Mädchen am Schürzenzipfel ihres Vaters gehangen, der Tag für Tag in der familieneigenen Backstube die feinsten Baumkuchen und Gebäck fertigt und als Hoflieferant des preußischen Prinzenhofes einiges Ansehen genießt. Als Vater Gustav plötzlich verstirbt, ist die Zukunft des Familiengeschäftes in Gefahr, zumal auch eine bereits erworbene Dependance in Berlin gerade mitten im Umbau steckt. Der einzige Ausweg scheint eine Verlobung mit dem Gesellen Fritz zu sein, um den Fortbestand der Bäckerei zu sichern, doch Emma hat bei einem ihrer Lieferwege an den königlichen Hof einen Ausflug ins Museum gemacht und dort den Architekturstudenten Max Kolbe kennen- und lieben gelernt. Als Emmas Mutter Adele sowie Max‘ Vater von der heimlichen Verbindung erfahren, unternehmen sie alles, um diese zu unterbinden, denn es gibt ein Geheimnis, dass beide Familien verbindet und nie ans Tageslicht kommen soll. Wird das Café Buchwald gerettet? Und was wird aus der Liebe zwischen Max und Emma?
Maria Wachter hat mit „Café Buchwald“ einen sehr unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der vor der Kulisse der bis heute bestehenden Berliner Konditorei Buchwald das fiktive Schicksal der Familie erzählt. Mit flüssig-leichtem, bildhaftem und gefühlvollem Erzählstil fängt die Autorin den Leser sofort ein und schickt ihn auf Zeitreise ins 19. Jahrhundert in das Haus und die Backstube der Buchwalds, wo er nicht nur der Familie ganz nahe kommt, sondern direkt an ihrem Leben teilnimmt. Über wechselnde Perspektiven lernt der Leser die Gedanken- und Gefühlswelt der unterschiedlichsten Protagonisten kennen. Vor allem Emma wächst einem ganz schnell ans Herz mit ihrer positiven Einstellung, die Dinge in die Hand zu nehmen. Die Beschreibungen der Backstube nebst den unterschiedlichsten Zubereitungen der Köstlichkeiten lassen nicht nur Bilder im Kopf des Lesers entstehen, sondern vermitteln auch die angenehme Caféhaus-Atmosphäre, die einen nach Gebäck und Kaffee lechzen lässt. Emmas geschäftliche Ambitionen ebenso wie die Familienverwicklungen und das gut gehütete Geheimnis lassen den Leser das Buch kaum aus der Hand legen. Die Autorin hat gut recherchiert und den historischen Hintergrund der damaligen Zeit schön mit ihrer Geschichte verwebt. Der Leser erhält einen guten Eindruck der damaligen Lebensumstände sowie gesellschaftlichen Gepflogenheiten, die Emma in ein Korsett hineinzwängen wollen, das sie aber nicht tragen will.
Den Charakteren wurde liebevoll Leben eingehaucht, besitzen glaubwürdige menschliche Ecken und Kanten, die den Leser sofort für sich einnehmen und er sie bei ihren Unternehmungen auf Schritt und Tritt verfolgt. Emma ist eine liebenswürdige junge Frau, die ihren eigenen Kopf besitzt und sich nicht um Konventionen schert. Sie liebt ihre Familie und versucht alles Notwendige, um deren Lebensunterhalt zu sichern. Mit ihrer offenen, ehrlichen Art gewinnt sie schnell an Ansehen und Respekt. Max ist ein Architekturstudent mit Visionen, der die Mietskasernen seines Vaters verabscheut. Er besitzt Anstand und Moral, nur an Durchsetzungsvermögen mangelt es ihm manchmal. Fritz ist ein lieber Kerl, der selbst nicht so genau weiß, was er will. Ebenso wichtig sind Adele, Gustav, Korte Senior sowie die Buchwald Bediensteten für die Handlung.
„Café Buchwald“ ist ein historischer Roman, der dem Leser neben kurzweiligen Lesestunden auch ein schönes Kopfkino beschert. Familiengeschichte, eine junge Liebe, der ständige Geruch von Gebäck und ein Geheimnis, das erst ganz am Ende offenbart wird, bieten gute Unterhaltung und erlauben das Eintauchen in ein anderes Jahrhundert. Verdiente Leseempfehlung!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.01.2023
Die Melodie der Villa Winter
Diell, Anett

Die Melodie der Villa Winter


gut

Das Geheimnis der Villa Winter
2004. Die 20-jährige talentierte Elodie Wagner studiert als Violinistin Musik an der von ihrer Großmutter gegründeten renommierten Musikakademie, die in der alten Villa Winter beherbergt ist und hat so wenigstens einige Stunden Ruhe vor dem Drill ihres ehrgeizigen, strengen Vaters. Als ihre Großmutter Maresa bei einer Sommerveranstaltung der Akademie einen Herzinfarkt erleidet und daran verstirbt, sind es Papierfetzen in deren Hand, die Elodies Aufmerksamkeit erregen. Es ist sind Bruchstücke eines Briefes, dessen geheimnisvoller Inhalt über die Villa Winter schnell Elodies Neugier weckt und sie bei ihrer Spurensuche in die Vergangenheit ihrer Großmutter eintauchen lässt, um ein altes Familiengeheimnis an die Oberfläche zu bringen…
Anett Diell hat mit „Die Melodie der Villa Winter“ einen Roman vorgelegt, dessen Handlung sich nicht nur um ein altes Geheimnis dreht, sondern ebenso zwei Romanzen in sich vereint und dem Leser so kurzweilige Lesestunden beschert. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser über zwei Ebenen durch die Zeit reisen, so findet er sich zum einen im Jahr 2004 in der Gegenwart von Elodie wieder, die an der Akademie studiert und durch den Tod ihrer Großmutter unbeabsichtigt einige Fragmente von einem Geheimnis erfährt und dieses Puzzle neugierig zusammensetzen möchte. Zum anderen darf der Leser ins Jahr 1924 reisen, wo er auf die aus es aus einfachsten Verhältnissen stammende Emilia Sommer trifft, die als Musiklehrerin in die Villa Winter kommt, um die kleine Marina zu unterrichten, die Tochter der Eigentümerfamilie Fairman. Schon bald verliebt sich Emilia in Marinas Vater Paul – eine Liebe, die nicht sein durfte und auch den damaligen gesellschaftlichen Konventionen in keiner Weise entsprach, obwohl die 20er Jahre in vielerlei Hinsicht als unkonventionell galten. Die Autorin steigert mit Hilfe der sich abwechselnden Zeitebenen den Spannungsverlauf ihrer Geschichte und gestattet dem Leser gleichzeitig, die unterschiedlichen Perspektiven vor dem jeweils gegenwärtigen gesellschaftlichen Hintergrund mitzuerleben. Auch der historische Hintergrund der 20er Jahre wurde glaubwürdig mit der Zeitebene verwebt und lässt diese Zeit vor dem inneren Auge des Lesers lebendig werden. Teilweise sind die Schilderungen etwas sehr detailverliebt und verleiten dazu, die Geschichte quer zu lesen. Etwas weniger wäre hier mehr gewesen. Auch hat man als Leser ständig das Gefühl, eine ähnliche Handlung schon einmal gelesen u haben. Dem Vergleich mit Bestseller-Autorinnen wie Claire Winter oder Bettina Storks hält diese Geschichte leider nicht stand.
Die Charaktere sind mit glaubwürdigen menschlichen Ecken und Kanten ausgestattet, die es dem Leser erlauben, ihre Schicksale hautnah mitzuverfolgen. Emilia ist durch eine harte Schule gegangen und steht mit beiden Beinen im Leben, hat ein liebenswertes Wesen und trägt ihr Herz auf der Zunge. Sie lässt sich die Butter nicht vom Brot nehmen. Die behütete Elodie dagegen ist eine Träumerin, wirkt noch sehr naiv und weltfremd. Paul Fairman ist ein herablassender Kerl, der sich seiner Stellung wohl bewusst ist. Charlotte Fairman dagegen ist eine extrovertierte Frau, die kaum zu halten ist. Aber auch Marina, Maresa, Charlie und weitere Protagonisten sind wichtig für den Verlauf der Geschichte.
„Die Melodie der Villa Winter“ ist ein Mix aus zwei Liebesgeschichten und einem alten Familiengeheimnis nebst historischem Hintergrund. Eingeschränkte Leseempfehlung für einen kurzweiligen, unterhaltsamen Debütroman, der noch Luft nach oben hat. Ganz nett für zwischendurch!

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.01.2023
Vergeltung in Tanner Hollow
Eason, Lynette

Vergeltung in Tanner Hollow


ausgezeichnet

Rachefeldzug gegen Claire
Als leitende Forensikerin hat Claire Montgomery sich im Verlauf ihres Berufslebens einige Feinde gemacht. Einer davon sinnt auf Rache und trachtet ihr nach dem Leben und verübt einen Anschlag auf sie in ihren eigenen vier Wänden, dem sie nur knapp entkommt. Den unbekannten Täter aufzuspüren ist für Claire nun lebensnotwendig. Derek St. John, ein alter Bekannter aus der Vergangenheit, unterstützt sie dabei. Zwischen Claire und Derek sprühen schon bald romantische Funken, doch Claire will sich auf keinen Fall ablenken lassen. Oberstes Gebot ist für sie, den heimtückischen Attentäter zur Strecke zu bringen und endlich wieder ein normales Leben führen zu können. Wird es Derek und ihr gelingen, die Gefahr zu bannen…
Mit „Vergeltung in Tanner Hollow“ legt Lynette Eason den vierten Band ihrer Tanner-Hollow-Reihe vor und verwebt darin gekonnt einen spannenden Kriminalfall mit einer sich anbahnenden Liebesgeschichte. Der Leser gleitet durch den flüssig-fesselnden Schreibstil sofort in die Geschichte hinein, die mit einem spannenden Auftakt startet und deren Spannungslevel sich bis zum Finale immer mehr hochschaukelt. Claire ist eine toughe Frau, die gerade eine leitende Position als Forensikerin übernommen hat. Durch ihre Arbeit ist sie einigen Personen ein Dorn im Auge, den sie unbedingt beseitigen wollen. Claire sitzt auf einem Pulverfass, dass sie fast das Leben kostet. Hilfe und Unterstützung findet sie bei Derek, der aufgrund seiner Familie in Polizei- und Strafverfolgungskreisen gut vernetzt ist. Gemeinsam machen sich die beiden daran, den Täter aufzuspüren. Die Autorin erzählt nicht nur von den Schicksalsschlägen, die Claire schon durchleben musste, sondern lässt diese auch charakterlich an diesen wachsen. Die Handlung ist wohl durchdacht und für die 160 Seiten recht komplex, doch gleichzeitig für den Leser nicht nur ein gut konstruierter Fall zum Miträtseln, sondern auch ein stimmiges Leseerlebnis mit hohem Unterhaltungswert.
Die Charaktere sind lebendig gezeichnet und in Szene gesetzt, sie strahlen Glaubwürdigkeit aus und lassen den Leser sehr nahe an sich heran, der ihnen auf Schritt und Tritt folgt. Claire ist eine starke und mutige Frau mit einer schicksalsträchtigen Vergangenheit. Sie lässt sich nicht unterkriegen und vor allem nicht bedrohen. Sie ist wie ein Pitbull, der nicht locker lässt, bis sie die Lösung vor Augen hat. Derek ist ein toller Kerl, dem Hilfsbereitschaft, Unterstützung und Ehrlichkeit wichtig sind.
„Vergeltung in Tanner Hollow“ ist ein sehr gelungener Mix aus Kriminalfall, Lebens- und Liebesgeschichte, der mit seiner Handlung von der ersten Seite an den Leser in seinen Bann zieht und ihn regelrecht hineinsaugt. Kurzweilige wunderbare Unterhaltung, die eine absolute Leseempfehlung verdient!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.01.2023
Geheimnisse von Tanner Hollow
Eason, Lynette

Geheimnisse von Tanner Hollow


sehr gut

Rettendes Erbe
Als Honor McBride von ihrer Großtante ein Haus in dem kleinen Städtchen Tanner Hollow erbt, ist dies der rettende Strohhalm die mehrfache verwitwete Mutter, die kurzerhand ihre Kinderschar in den Wagen verfrachtet und der Zukunft in einem neuen Umfeld eine Chance gibt. Doch so schnell wird sie alten Ballast nicht los, denn ihr verstorbener Mann hat sich mit schlimmen Typen eingelassen, die sich nun an ihre Fersen geheftet haben. Honors überstürzte Flucht hält die Gauner nicht auf und ihr Neuanfang in Tanner Hollow steht unter keinem guten Stern, auch wenn sie in dem kleinen Ort schnell von den Bewohnern und vor allem von Nachbar Eli Marschall aufgefangen und unterstützt wird…
Lynette Eason hat mit „Geheimisse von Tanner Hollow“ den 3. Band ihrer Tanner-Hollow-Reihe vorgelegt, der auf spannende und unterhaltsame Weise Krimielemente mit einer Familien- und Liebesgeschichte in sich vereint. Der flüssige und fesselnde Erzählstil gibt dem Leser von Beginn an die Möglichkeit, sich als Honors Schatten an ihre Fersen zu heften und ihr Schicksal hautnah mitzuerleben. Honor hat schon einiges in ihrem Leben mitgemacht. Die Ehe mit dem falschen Mann hat ihr nicht nur Misshandlungen eingebracht, nach seinem Tod muss sie mit ihren Kindern nun auch um ihr Leben fürchten, denn Gauner wollen sie für die Taten ihres Mannes zur Rechenschaft ziehen. Honor lebt immer in Angst um sich und ihre Familie, die sie mit ihrem Erbe in Tanner Hollow nun in Sicherheit wiegt. Nachbar Eli nimmt sie ebenso freundlich in Empfang wie der Rest der Stadtbewohner. Honor erfährt zum ersten Mal, was es heißt, Vertrauen entgegengebracht zu bekommen, ebenso Hilfe und Unterstützung. Aber die Flucht war nur eine kurze Atempause, denn der Vergangenheit entkommt man nicht. Die Autorin versteht es sehr gut, ihren Spannungslevel im Verlauf ihrer Geschichte konstant weiter zu steigern. Gleichzeitig zeichnet sie für den Leser eine Kleinstadt mit hilfsbereiten Bewohnern, die Neuankömmlingen freundlich und unterstützend beispringen und ihnen die Aufnahme in die Gemeinschaft erleichtern. Die ebenfalls eingewebte Liebesgeschichte bringt Auflockerung neben der unterschwellig ständig lauernden Gefahr.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und warten mit authentischen menschlichen Ecken und Kanten auf. Der Leser fühlt sich in ihrer Mitte sofort wohl und folgt ihnen gern auf Schritt und Tritt, um keinen Handlungsaugenblick zu verpassen. Honor musste schon einige Schicksalsschläge hinnehmen und gleichzeitig für ihre Kinder da sein. Sie ist eine liebevolle Mutter, die gleichzeitig in ständiger Angst lebt. Sie besitzt ein großes Misstrauen gegenüber allen und muss erst wieder lernen zu vertrauen. Elis Marshall ist ein liebenswerter Mann mit großem Herzen und viel Geduld sowie Einfühlungsvermögen. Er ist hilfsbereit und unaufdringlich.
„Geheimnisse von Tanner Hollow“ vereint neben Krimispannung auch Familienschicksal und Romanze in sich. Verdiente Leseempfehlung für eine packende und kurzweilige Lektüre, die eine unterhaltsame Auszeit spendiert.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.01.2023
Gefährliches Spiel in Tanner Hollow
Eason, Lynette

Gefährliches Spiel in Tanner Hollow


ausgezeichnet

Feuer und Flamme
Lilly ist als Zeugin eines Mordes ihres Lebens nicht mehr sicher. Als ihr Haus einem Brand zum Opfer fällt, kann sie in letzter Minute vom Feuerwehrmann Jason Tanner gerettet werden. Da die Polizei ihren Befürchtungen keinen Glauben schenkt, dass man sie aus dem Weg räumen will, und sie für verrückt erklärt, vertraut sie sich in ihrer Not Jason an. Jason nimmt Lillys Sorgen ernst und hilft ihr dabei, unterzutauchen. Gleichzeitig versucht er, den heimtückischen Täter mithilfe seines Bruders Nolan zur Strecke zu bringen, wobei sie sich selbst in Gefahr bringen…
Mit „Gefährliches Spiel in Tanner Hollow“ legt Lynette Eason den 2. Band ihrer vierteiligen Serie rund um den Ort Tanner Hollow vor und kann auch diesmal wieder mit einem hoch angelegten Spannungslevel sowie einer fesselnden Handlung den Leser in ihren Bann ziehen. Der flüssige und packende Erzählstil nimmt den Leser sofort mit hinein ins Geschehen und lässt dessen Puls bis zum finalen Schluss auf Hochtouren rasen, während er sich gemeinsam mit den Protagonisten auf die Spuren des Täters begibt. Lilly ist auf der Flucht vor einem unbekannten Gegner, der ihr nach dem Leben trachtet angesichts der Tatsache, dass sie Zeugin eines Mordes ist. Sie steht völlig allein und ungeschützt da, weil die örtliche Polizei ihre Aussagen als Hirngespinste abtut. Einzig Jason, der ihr das Leben gerettet hat, schenkt ihr Glauben und versucht alles, um Lilly aus der Schusslinie des unbekannten Täters zu bringen und diesen gleichzeitig aufzuspüren. Die Autorin versteht es sehr geschickt, nicht nur ihren Spannungslevel auf konstant hohem Niveau zu halten, sondern auch den Leser in die Ermittlungen miteinzubeziehen. Die Handlung ist glaubwürdig konzipiert und lässt bei der Auflösung des Kriminalfalls keine Wünsche und Fragen seitens des Lesers offen, was für die Kürze des Romans eine meisterhafte Leistung ist.
Die Charaktere werden lebendig in Szene gesetzt und überzeugen mit glaubwürdigen Eigenschaften, so dass der Leser sich ihnen gern anschließt und ihr Schicksal mit ihnen teilt. Lilly ist eine starke Frau, die sich ohne Zutun in Gefahr gebracht hat und dafür nun bezahlen soll. Sie ist ehrlich, liebenswert und erobert das Leserherz im Sturm. Jason Tanner ist ein mutiger Mann, der aufgrund seines Berufes jeden Tag für andere sein Leben riskiert. Er ist eloquent und mit einer gesunden Neugier ausgestattet, zudem hat er ein sympathisches Helfersyndrom, das zum Teil berufsbedingt ist.
„Gefährliches Spiel in Tanner Hollow“ kann mit einer gutdosierten Mischung aus Hochspannung und einnehmenden Charakteren sowie einer gut durchdachten Handlung von Anfang bis Ende überzeugen. Kurzweilige Lesestunden mit absoluter Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.01.2023
Ginsterhöhe
Caspari, Anna-Maria

Ginsterhöhe


ausgezeichnet

Das Schicksal des Eifeldorfes Wollseifen
1919 Eifel. Albert Lintermann kehrt aus dem ersten Weltkrieg als schwer gezeichneter Mann zurück auf seinen Hof im kleinen Eifeldörfchen Wollseifen. Eine Granate hat sein Gesicht schwer entstellt, so dass seine Frau Bertha sich regelrecht vor ihm ekelt und ihn kaum ansehen kann. Albert jedoch ist nur froh, noch am Leben zu sein, und widmet sich nicht nur mit viel Fleiß und neuen Ideen der Arbeit auf dem Hof, sondern bringt sich immer mehr in die Dorfgemeinschaft ein, wobei er von Leni, der Verlobten seines im Krieg gefallenen Freundes Hannes, viel Unterstützung erhält. Eine Rekonstruktion seines Gesichts lässt Albert wieder selbstsicherer werden, die alten Wunden langsam verheilen und das Leben wieder in normalen Bahnen verlaufen, auch wenn die Inflation den Menschen arg zu schaffen macht. Das alles endet abrupt, als die Nationalsozialisten Wollseifen vereinnahmen und ihre großspurigen Pläne das Ende des Dorfes ankündigen…
Anna-Maria Caspari hat mit „Ginsterhöhe“ einen beeindruckenden historischen Roman vorgelegt, dessen gekonnter Mix aus Realität und Fiktion auf wahren Begebenheiten und Aussagen von Zeitzeugen beruht. Der flüssige, farbenfrohe und empathische Erzählstil saugt den Leser regelrecht in die Geschichte hinein und katapultiert ihn ins vergangene Jahrhundert, wo ihm die Handlung über einen Zeitraum von 30 Jahren präsentiert wird. Dort erlebt er nicht nur die Rückkehr des geschundenen Albert Lintermann hautnah mit, sondern auch die Veränderungen, die sowohl das Dorf Wollseifen als auch seine Bewohner betreffen. Gekonnt legt die Autorin Alberts innere Zerrissenheit dem Leser offen, aber auch Berthas Widerwillen gegenüber ihrem Ehemann wird realistisch geschildert. Interessant ist die Tatsache, dass man sich zur damaligen Zeit schon an Gesichtsrekonstruktionen gewagt hat, die Albert danach wieder ein erfülltes Leben ermöglichten. Der historische Hintergrund wurde exzellent recherchiert und mit der Handlung verwebt. Einmal mehr wird deutlich, welch hinterhältige Fratze die Nationalsozialisten an den Tag legten, um ihre hochfliegenden, wahnsinnigen Pläne durchzusetzen. Ganze Ortschaften und deren Bewohner waren ihnen bei der Umsetzung völlig egal. Die Autorin zeichnet ein Bild von fleißigen Menschen, die sich von Schicksalsschlägen nicht unterkriegen lassen und tapfer jeden Tag erneut mit harter Arbeit für ihre Familien den Lebensunterhalt erkämpfen. Dabei bietet sie dem Leser ein Zeitzeugnis, dass dieser durch ihre bildhaften Beschreibungen während der Lektüre regelrecht vor Augen hat. Die Aufzeichnungen des Dorflehrers Martin Faßbender untermalen noch zusätzlich die realitätsnahe Handlung mit gesellschaftlichen und politischen Ereignissen der damaligen Zeit.
Die Charaktere sind lebendig gezeichnet und in Szene gesetzt, ihre authentischen menschlichen Eigenschaften machen es dem Leser leicht, ihrem Schicksal zu folgen. Albert ist ein starker und mutiger Mann, der sich ins Leben zurückkämpft und nie aufgibt, obwohl das Schicksal ihm immer wieder ein Bein stellt. Johann Meller ist ein Kotzbrocken, der über Leichen geht, wenn er darin einen Vorteil sieht. Leni ist eine liebevolle Frau mit großem Herzen. Silvio ist Albert ein wahrer Freund in allen Lebenslagen. Aber auch Maria, Bertha und weitere Protagonisten dürfen in dieser Geschichte auf keinen Fall fehlen.
„Ginsterhöhe“ ist mit seiner Mischung als realer Historie und fiktiver Familiengeschichte ein wahres Meisterwerk zeitgenössischer Geschichte, die der Leser während der Lektüre hautnah miterlebt. Schicksalsschläge, Freundschaft, Spannung, Verrat sowie das gesamte Emotionsbarometer werden dem Leser hier geboten. Absolute Leseempfehlung für einen Roman, der keine Wünsche offen lässt!

5 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.01.2023
Rückkehr nach Tanner Hollow
Eason, Lynette

Rückkehr nach Tanner Hollow


ausgezeichnet

Alles, was man für einen guten Krimi braucht, ist ein guter Anfang. (Georges Simenon)
Kallie Ainsworth hat ihren Heimatort Tanner Hollow seit sechs Jahren gemieden wie die Pest. Nun ist ihr Stiefvater Rick tot und einer Rückkehr steht nichts mehr im Wege, da ihre Mutter sie jetzt braucht. Doch bereits auf dem Weg dorthin scheint es jemand auf Kallie abgesehen zu haben und attackiert sie mit seinem Auto. Kallie kann sich gerade noch retten und ihr altes Elternhaus erreichen. Als Kallie den Anschlag auf sich bei der Polizei meldet, ist es ausgerechnet Detective Nolan Tanner, der sich um den Fall kümmern wird. Er war vor Kallies überstürztem Weggang ihre große Liebe. Ob es Nolan und Kallie gelingen wird, den unsichtbaren Angreifer zu entlarven, der ihr nach dem Leben trachtet?
Lynette Eason hat mit „Rückkehr nach Tanner Hollow“ den Auftaktband ihrer Tanner Hollow-Serie vorgelegt, der sich nicht nur als spannender Pageturner entpuppt, sondern auch mit einiger Romantik punkten kann. Der flüssige, bildhafte und fesselnde Erzählstil treibt schon gleich zu Beginn der Lektüre den Adrenalinspiegel des Lesers in die Höhe und lässt diesen bis zum Finale kaum abfallen. Kallies Rückkehr in ihren Heimatort nach so langer Zeit scheint einigen Menschen ein Dorn im Auge zu sein. Informationen über Charaktere und die üblichen Verdächtigen werden dem Leser nach und nach präsentiert, so dass dieser sich an den Ermittlungen von Kallie und Nolan beteiligen kann, um das Rätsel gemeinsam mit ihnen zu lösen. Während der Handlung werden einige Familiengeheimnisse aufgedeckt, die die Spannung nicht nur erhöhen, sondern auch die Ermittlungsarbeit interessant gestalten. Gleichzeitig stehen sich Kallie und Nolan nach vielen Jahren endlich wieder gegenüber und müssen sich ihrer gemeinsamen Vergangenheit stellen, die so einige Gefühle in ihnen aufwallen lässt. Die Autorin versteht es sehr gut, nicht nur einen spannenden Kriminalfall zu präsentieren, der keine Wünsche offen lässt, sondern bindet auch noch eine authentische Romanze in ihre Handlung ein. Wenn man bedenkt, dass der Roman nur 144 Seiten stark ist, ist das schon eine ganz hervorragende Leistung.
Die Charaktere sind mit menschlichen Zügen versehen, wirken auf den Leser glaubhaft und authentisch, so dass es leicht fällt, sich an ihre Fersen zu heften und die Rätsel mit ihnen in Angriff zu nehmen. Kallie ist eine offene und sympathische Frau, die schon einige Schicksalsschläge hinter sich hat. Die Rückkehr in ihre Heimat ist für sie sowohl Freud als auch Leid, denn die alten Erinnerungen verfolgen sie noch immer. Nolan ist ein feiner Kerl, der nicht nur seinen Job sehr ernst nimmt.
„Rückkehr nach Tanner Hollow“ ist ein wunderbarer Pageturner und perfekter Mix von Spannung, alten Familiengeheimnissen und Romantik. Absolute Leseempfehlung für eine kurze (Ent-)Spannungsauszeit!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.01.2023
Die Sehnsucht nach Licht
Naumann, Kati

Die Sehnsucht nach Licht


ausgezeichnet

Glückauf, der Steiger kommt; und er hat sein helles Licht bei der Nacht. (Steigerlied)
2019. Das Besucherbergwerk der Firma Wismut im erzgebirgischen Bad Schlema ist Luisa Steiners Arbeitsplatz, wo sie ehrenamtlich Führungen für interessierte Besucher unter Tage leitet und ihnen ihre Heimat und den Bergbau, der in ihrer Familie seit vielen Generationen eine große Rolle spielt, näher zu bringen. Die Geschichte ihres Großonkels Rudolph, der 1951 spurlos verschwand, lässt Luisa nicht los, zu groß ist ihre Neugier, was damals mit ihm passiert ist. Deshalb macht sie sich daran, den Dingen auf den Grund zu gehen und stöbert dabei so manches zutage, was über lange Zeit vergraben war…
Kati Naumann hat mit „Die Sehnsucht nach Licht“ einen sehr eindrucksvollen, atmosphärischen Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur mit vielen fundierten Informationen über den Bergbau sowie seinen Auswirkungen auf die Region im Erzgebirge versorgt, sondern ihm auch die damit verbundenen Lebensläufe und Schicksale der fiktiven Familie Steiner näher bringt, die in der Handlung eng mit der Gegend sowie dem Tagebau verknüpft ist. Der flüssige, bildhafte und packende Erzählstil erlaubt dem Leser, sich an Luisas Fersen zu heften, um mit ihr von der Gegenwart in die Vergangenheit ihrer Familiengeschichte einzutauchen und so nach und nach die einzelnen Mitglieder gut kennenzulernen und an ihren Erlebnissen teilzuhaben. Die Handlung erstreckt sich über zwei Zeitebenen, wobei der eine den Schwerpunkt auf die Gegenwart und Luisas Suche nach ihrem vermissten und für tot erklärten Großonkel Rudolph im Jahr 2019 legt, während der andere die Vergangenheit der Familie über mehrere Generationen umfasst und die Jahre von 1908 bis 1989 abdeckt. Naumann hat exzellent recherchiert und den historischen politischen wie gesellschaftlichen Hintergrund wunderbar mit ihrer Geschichte verwebt. Dabei zeigt sie nicht nur die Veränderungen auf, die während fast eines Jahrhunderts im Bergbau vonstattengingen, sondern spinnt ihre Familiengeschichte ganz dicht drum herum, so dass man als Leser das Gefühl hat, so könnte es durchaus passiert sein. Tagebauunfälle, die geliebte Familienmitglieder für immer unter der Erde halten, gefährlicher Rohstoffabbau von Kobalt und Uran, der für Gesundheitsprobleme bei der arbeitenden Bevölkerung sorgt sowie Radonbehandlungen sind nur einige erschreckende Dinge, die heutzutage fast in Vergessenheit geraten sind. Naumann erzählt so lebendig und fesselnd, dass der Leser während der Lektüre ein sehr farbenfrohes Kopfkino erleben darf und sich während der „Familien“-Zeitreise in einem Wechselbad der Gefühle befindet.
Den facettenreich gestalteten Charakteren wurde regelrecht Leben eingehaucht. Ihre glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften nehmen den Leser sofort für sich ein, der sich nur zu gern unter ihnen tummelt, um alles hautnah mitzuerleben und keinen Moment zu verpassen. Luisa ist mit ihrer Heimat und ihrer Familie eng verbunden. Die Nähe zu ihrer Familie, ihre liebenswürdige Art und ihre hartnäckige Neugier machen sie sehr sympathisch. Urgroßvater Wilhelm ist ein Mann, der viel erlebt hat und sich dabei sein großes Herz bewahrt hat. Großtante Irma ist eine liebevolle Frau, die zeit ihres Lebens wegen des Verschwindens ihres Bruders hadert. Gretchen ist ihr eine gute Freundin, die beiden Frauen tun sich gegenseitig gut an Herz und Seele.
„Die Sehnsucht nach Licht“ ist nicht nur ein hervorragender Titel für dieses ausgezeichnet zu Papier gebrachte Zeitzeugnis, sondern auch Programm, steht er doch für die Hoffnung eines jeden Bergarbeiters, wenn er im Schacht ist. Akribische Recherche in Verbindung mit einer sehr vielschichtigen Familiengeschichte und einem unwiderstehlichen Erzählstil bezaubern den Leser und schenken wunderbare Lesestunden. Absolute Empfehlung für ein Lesehighlight!!!

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.01.2023
Schmerzwinter
Sander, Aaron

Schmerzwinter


gut

Thriller mit einigen Mankos
Hamburg wird unfreiwillig zum Gruselschauplatz, als zwei im Schnee drapierte extrem grausam zugerichtete Frauenleichen in einem Park aufgefunden werden. Beide Frauen wurden schon länger vermisst, der Mörder hat sie mit eingepflanzten Gegenständen und durchbohrten Gliedmaßen zu Marionetten umfunktioniert. Der gebürtige Schwede Jan Nygård, der in Hamburg als Kommissar arbeitet, vermutet beim Anblick der Leichen sofort einen Nachahmungstäter des Puppenmachers, der allerdings für den Rest seines Lebens das Gefängnis nicht mehr verlassen wird. Nygård macht sich mit seinem Team auf die Suche nach dem Täter, doch private Probleme lenken ihn immer wieder ab, wodurch er nicht nur sich, sondern auch seine Tochter in Gefahr bringt. Wird er den Killer finden und dingfest machen, bevor weitere Leichen gefunden werden?
Aaron Sander hat mit „Schmerzwinter“ sein Thrillerdebüt vorgelegt, das zwar mit rasantem Tempo und interessanten Perspektivwechseln sowie allerlei psychologischen Tricks unterhält, jedoch vom Erzählstil her wenig anspruchsvoll ist. Gleich zu Beginn schon werden die abartig verunstalteten Frauenleichen sehr detailliert beschrieben, so dass sich automatisch Bilder im Kopf des Lesers bilden und das Gefühl vermitteln, man steht selbst am Tatort. Sander lässt dem Leser mit seiner Effekthascherei keine Pause, die Schauplätze wechseln immer wieder, neue Morde geschehen und der recht aggressive Kommissar taumelt durch die Handlung, weil er durch sein aufbrausendes Verhalten und seine eigene Privatbaustellen ständig abgelenkt wird. Unglücklich gelöst ist auch die Tatsache, dass der Leser die Tatbestände des Privatlebens Nygårds nur häppchenweise erfährt und diese bis zum Schluss nicht zufriedenstellend aufgelöst werden. Die Jagd nach dem Täter erfolgt impulsiv und ohne erkennbare reale Ermittlungsarbeit. Die ganze Handlung kommt eher reißerisch als durchdacht rüber. Die Nygård als Wachhund zur Seite gestellte Psychologin Anna Wasmuth wirkt ebenso unglaubwürdig, zeigt es doch, dass der Kommissar ein Pulverfass ist, dem man die Ermittlungsarbeit nur eingeschränkt zutraut. Das wirkt auf den Leser auch nicht gerade vertrauenswürdig. Zudem wird die Identität des Killers recht schnell offengelegt, was das Miträtseln des Lesers abrupt beendet und es nur noch darum geht, diesen dingfest zu machen. Dies wird leider mit viel Brimborium in die Länge gezogen, was für einen guten Psychothriller reines Gift ist. Der Spannungsbogen ist zwar konstant hoch, unglücklicherweise stellt sich der Autor aber mit den einzelnen Mankos aber selbst ein Bein.
Die Charaktere sind 08/15, bieten kaum Sympathiepunkte aufgrund fehlender positiver Eigenschaften. Nygård selbst ist ein Ausbund an Aggressivität, er eckt ständig an, tritt seinen Kollegen auf die Füße und ist eine Gefahr für sein Umfeld. Er hat einen zweifelhaften Lebenswandel und wundert sich, dass seine Tochter mit ihm nur noch das Nötigste zu tun haben will. Anna Wasmuth ist zu lieb und nett, die Psychologin nimmt man ihr nicht ab, dafür gibt sie zu viele Allgemeinweisheiten von sich.
„Schmerzwinter“ ist ein Thriller, von dem man leider nicht zu viel erwarten darf. Er bietet Unterhaltung und einen gewissen Spannungsbogen. Allerdings wird die Identität des Täters viel zu früh präsentiert, das Mitraten und Weiterlesen des Lesers hat sich somit erledigt. Die gesichtslosen, unnahbaren Protagonisten bleiben dem Leser bis zum Schluss fremd. Insgesamt kurzweilige Lektüre für zwischendurch, aber von einem Thriller der Meisterklasse meilenweit entfernt. Kann man lesen, muss man aber nicht. Eingeschränkte Leseempfehlung!

7 von 10 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.