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Benutzername: 
Zabou1964
Wohnort: 
Krefeld

Bewertungen

Insgesamt 188 Bewertungen
Bewertung vom 01.03.2015
Menschenfischer / Zoe Lenz Bd.2
Henke, Helene

Menschenfischer / Zoe Lenz Bd.2


ausgezeichnet

Als großer Fan der Autorin habe ich jedes ihrer Bücher gelesen und die Fortsetzung der Reihe um Deutschlands jüngste Bestatterin Zoe Lenz bereits sehnsüchtig erwartet. Auch mit ihrem neuesten Werk konnte Helene Henke mich wieder fesseln und begeistern.

Als im Wald zwei verweste Kinderleichen gefunden werden, bekommt Zoe die Chance, bei der Obduktion und der Rekonstruktion der Gesichter mitzuhelfen. Schnell wird klar, dass die Mädchen vor ihrem Tod misshandelt wurden. Zoe beginnt, Nachforschungen anzustellen. Ihre Praktikantin Alina reagiert merkwürdig und verschwindet eines Tages spurlos. Aus Sorge um die junge Frau begibt sich Zoe auf die Suche nach ihr und sich selbst damit in große Gefahr.

Dieser zweite Teil der Reihe ist stark mit dem ersten Band verknüpft. Zoe lebt mittlerweile allein, ihre Mutter ist in einer Psychiatrie untergebracht. Mit dem Mainzer Kommissar Leon führt sie eine Fernbeziehung. Die Leichenfunde weisen auf eine Sekte hin, die sich vor vielen Jahren in den Wäldern des Hunsrücks niedergelassen hatte. Zoes Begabung, Totenmasken herzustellen, wird wieder ausführlich beschrieben. Man merkt, dass die Autorin sich mit dem Thema beschäftigt hat.

Die Vorkommnisse rund um die Sekte sowie die Beschreibung der Kinderleichen sind nicht zu detailliert dargestellt. Zoes Handeln war für mich nicht immer nachvollziehbar, hat den Roman jedoch sehr spannend gemacht. Die Figur Alina hat mir in diesem Buch besonders gefallen. Sie ist ein starker Charakter, deren Leben mich sehr bewegt hat.

Durch geschickt eingesetzte Rückblenden ist die Lektüre des ersten Bandes nicht zwingend notwendig, um diesen zweiten Teil zu verstehen. Ich empfehle trotzdem, auch „Totenmaske“ zu lesen, denn es ist ein spannendes Buch. Die Reihenfolge sollte man allerdings unbedingt einhalten.

Ich würde mich sehr über eine Fortsetzung dieser Reihe freuen. Zoe ist mir mittlerweile ans Herz gewachsen und ich wüsste zu gerne, wie es mit ihr weitergeht.

Fazit:
Spannende Unterhaltung mit einer überaus interessanten Protagonisten.

Bewertung vom 22.02.2015
Kölner Grätsche
Keller, Stefan

Kölner Grätsche


sehr gut

Passend zur Fußball-WM, die 2014 in Brasilien stattfand, brachte Gmeiner diesen nunmehr vierten Fall für Marius Sandmann auf den Markt. Schon die ersten drei Fälle haben mir sehr gut gefallen, sodass ich selbstverständlich auch diesen Band der Reihe lesen wollte. Wer mit dem Thema Fußball nichts anfangen kann, kann trotzdem getrost zu diesem Krimi greifen, denn es geht nicht nur um dieses Thema, sondern auch um Kunstraub und Entführung.

Während Marius Sandmann versucht, sich durch das Auffinden von Raubkunst ein Einkommen zu sichern, wird er von Rui Barque, einem ehemaligen Spieler des 1. FC Köln, kontaktiert. Dessen Freundin wurde entführt. Da die Täter ihm gedroht haben, auf keinen Fall die Polizei einzuschalten, wenn er seine Freundin lebend wiedersehen will, wendet er sich an den Privatdetektiv. Marius will den Fall eigentlich nicht annehmen, da er sich der Sache nicht gewachsen fühlt. Aber aus Mitleid mit Rui geht er doch auf die Suche nach der Entführten. Es dauert nicht lange, bis er in ein wahres Wespennest aus Korruption, Drogenhandel und Kunstraub stößt.

In diesem Band muss Marius erkennen, dass er auch an seine Grenzen stoßen kann. Das macht ihn menschlich. Er ist nach wie vor ein Asket, der nicht raucht, keinen Alkohol trinkt und exzessiv seinen Körper trainiert. All das hilft ihm beim Zusammentreffen mit dem organisierten Verbrechen aber nicht. Die Verbrecher sind eine Nummer zu groß für ihn. Sein Mandant Rui Barque ist auch nicht gerade hilfreich. Er verbirgt einiges vor Marius, wirft ihm damit immer wieder Knüppel zwischen die Beine.

Der Wettlauf gegen die Zeit gestaltet sich durchaus spannend. Jedoch muss man aufmerksam bleiben, denn Stefan Keller vereint in diesem Fall diverse Verbrechen und Organisationen. Der große Zusammenhang wird erst am Ende aufgedeckt.

Als Quereinsteiger in diese Serie dürfte man keine Probleme haben, da der Autor immer wieder kurze Erklärungen zu den Figuren einfließen lässt. Ich empfehle trotzdem, diese spannende Reihe von Anfang an zu lesen. Mir hat bisher jeder Teil gut gefallen und ich freue mich schon sehr auf die Fortsetzung der Reihe.

Fazit:
Sandmanns vierter Fall ist wieder spannend, erfordert aber konzentriertes Lesen.

Bewertung vom 15.01.2015
Provenzalische Verwicklungen / Pierre Durand Bd.1
Bonnet, Sophie

Provenzalische Verwicklungen / Pierre Durand Bd.1


sehr gut

Sophie Bonnet ist das Pseudonym einer Autorin, die mir bereits mit anderen Werken bekannt war. Diese haben mir sehr gut gefallen. Deshalb wollte ich natürlich wissen, wie sie sich im Genre Kriminalroman macht. Schon das Cover des Buches lädt zum Träumen ein: Es zeigt Häuser in warmen Brauntönen unter einem bewölkten Himmel.

Pierre Durand war einst Kommissar in Paris, bevor er sich mehr oder weniger freiwillig in das beschauliche Sainte-Valérie in der Provence versetzen ließ. Hier passiert nicht viel, seine Arbeit ist eher müßig und er genießt das Leben. Bis eines Tages der Dorfcasanova ermordet wird. Er wird tot in einem Weintank eines noblen Hotels gefunden. An dem Gefäß ist ein Rezept für Coq au vin angebracht aus dem Kochkurs, der im Hotel stattfindet. Obwohl die Ermittlungen nicht in seinen Aufgabenbereich als Dorfpolizist fallen, kann Pierre sich nicht beherrschen und mischt sich ungefragt ein. Schon bald passiert ein weiterer Mord.

Man merkt der deutschen Autorin an, dass sie die Provence und die französische Küche liebt. Die Beschreibungen der Landschaft, der Menschen und des Essens sind sehr bildhaft und haben mich sofort auf diese Region Frankreichs neugierig gemacht. Der Protagonist Pierre war mir auf Anhieb sympathisch. Er ist etwas chaotisch, aber trotzdem liebenswert. Am Anfang der Geschichte geht seine Beziehung zur Sekretärin Celestine in die Brüche. Als er ihr zuliebe einen Kochkurs macht, lernt er die charmante Köchin Charlotte kennen. Schon bald ist er zwischen beiden Frauen hin- und hergerissen. Sehr gut hat mir auch Pierres Assistent Luc gefallen. Mit seiner trotteligen Art hat er mich oft zum Schmunzeln gebracht. Der Kriminalfall ist spannend erzählt. Lange habe ich im Dunkeln getappt, wer der Mörder sein könnte, der sich Kochrezepte als Vorlage nimmt.

Dies ist der Auftakt einer neuen Reihe, die ich auf jeden Fall weiterlesen werde. Das Ende des ersten Teils hat mich jedenfalls zufrieden zurückgelassen. Nun warte ich mit Spannung auf die Fortsetzung, die „Provenzalische Geheimnisse“ heißt und im Mai 2015 erscheinen wird.

Fazit:
Gelungener Auftakt zu einer neuen Reihe, die in der Provence spielt.

Bewertung vom 13.12.2014
Kaimankacke / Torsten, Rainer & Co. Bd.2
Simon, Lars

Kaimankacke / Torsten, Rainer & Co. Bd.2


ausgezeichnet

Der erste Teil der – voraussichtlichen – Tetralogie Lars Simons um den sympathischen Antihelden Torsten Brettschneider, „Elchscheiße“, hatte mich sehr amüsiert und gut unterhalten. Also wollte ich natürlich wissen, wie es mit Torsten und seinen chaotischen Freunden weitergeht.

In diesem zweiten Teil verschlägt es Torsten nach Costa Rica. Wieder mit von der Partie sind der liebenswerte Chaot Rainer, meine absolute Lieblingsfigur, Torstens Vater Gerd nebst Freundin Renate und Björn, der alte norwegische Kriegsveteran. Aber damit nicht genug: Schon auf dem Hinflug begegnen Torsten zwei schwedisch Damen, die ihn „total süß“ finden, eine alleinerziehende Mutter nebst nerviger Tochter und schließlich ein Ehepaar aus Hessen, das sich ständig in die Haare bekommt und im schönsten hessischen Dialekt streitet.

Der Club „Mucho Gusto“ ist leider alles andere als erfreulich, ganz im Gegenteil. Dies führt zu einigen äußerst amüsanten Situationen. Die chaotische Truppe, die sich im „Urlaubsparadies“ tummelt, macht den Urlaub auch nicht besser. Bei einer Dschungelexkursion entdeckt Torsten etwas Erstaunliches. Doch das ist noch nicht das Ende des Horrortrips.

Lars Simon versteht es auf grandiose Art und Weise, mich immer wieder zum Lachen zu bringen. Auch in diesem Werk sind einige Situationen und Figuren wieder total überzeichnet. Aber gerade das gefällt mir. Der trottelige, aber liebenswerte, Student der Sozialpädagogik Rainer ist wieder meine Lieblingsfigur. Wenn er den Mund aufmacht und in seiner einzigartigen klugscheißerischen Art Weisheiten und neuerdings auch revolutionäre Kampfparolen von sich gibt, muss ich sofort grinsen. Aber auch das hessische Ehepaar „Gedda und Kall-Hainz“ hat mich köstlich amüsiert. Szenen einer Ehe – und das im hessischen Dialekt – einfach wunderbar.

Wie ich aus „gut unterrichteten Kreisen“ weiß, wird es voraussichtlich im Oktober 2015 eine Fortsetzung geben. Ich freue mich schon sehr darauf, Torsten auf seiner nächsten Reise zu begleiten.

Fazit:
Amüsante Unterhaltung, die mich wieder begeistern konnte.

Bewertung vom 13.12.2014
Ein Toter, der nicht sterben darf / Kea Laverde Bd.7
Schmöe, Friederike

Ein Toter, der nicht sterben darf / Kea Laverde Bd.7


ausgezeichnet

Friederike Schmöe gehört zu meinen Lieblingsautorinnen. Mit „Ein Toter, der nicht sterben darf“ setzt sie die Reihe um die Ghostwriterin Kea Laverde fort, deren letzter Teil im Jahr 2011 erschienen war. Ich mag diese Protagonistin besonders und war deshalb sehr auf diesen Roman gespannt. Frau Schmöe hat mich mit ihrem neuesten Werk sehr nachdenklich gemacht.

Die junge Alexa bekommt ein Spenderherz. Durch einen Zufall findet sie heraus, wer der Spender gewesen sein könnte. Sie fühlt sich vollkommen verändert, seit sie das neue Organ hat. Es geht ihr nicht nur gesundheitlich wieder sehr gut, sie verspürt auch außergewöhnliche Gelüste, z. B. nach Oliven, und eine Sehnsucht zu reisen. Um diesen Dingen auf den Grund zu gehen, bittet sie die Ghostwriterin Kea Laverde, ihre und die Geschichte des Spenders aufzuschreiben. Kea nimmt den Auftrag an und beginnt zunächst mit Nachforschungen zum Thema Organspende. Schließlich reisen die beiden Frauen nach Lissabon, woher der Spender stammte. Dort und in München stoßen sie auf einige Ungereimtheiten seinen Tod betreffend. Ist er tatsächlich bei einem Autounfall ums Leben gekommen?

Der Kriminalfall rückt in diesem Roman ziemlich in den Hintergrund. Mir war die Lösung relativ schnell klar. Umso interessanter fand ich die Ausführungen zum Thema Organspende. Mit Dr. Schmidt hat Friederike Schmöe eine Figur erschaffen, die einen Einblick in das Prozedere rund um Transplantationen gewährt. Die Schilderungen sind zum Teil sehr direkt und unappetitlich, geben aber wohl die Realität wieder. Im Anhang gibt es eine Liste mit Quellenangaben, die dies untermauert. Die Autorin schildert aber auch die positiven Seiten der Transplantationen anhand ihrer Hauptfigur Alexa, die durch das Spenderherz weiterleben darf.

Sehr interessant ist auch die Frage, inwieweit die Zellen eines Spenderorgans Erinnerungen speichern können. Rein medizinisch ist dies wohl nicht möglich. Patienten, denen ein Organ transplantiert wurde, berichten aber häufig, dass sie nach der Operation Eigenschaften und Erinnerungen haben, die sie vorher nicht hatten.

Bei Kea Laverde kommen im Zuge der Recherchen Erinnerungen an ein Attentat hoch, dem sie vor einigen Jahren zum Opfer fiel. Auch ihr Leben hing damals an einem seidenen Faden. Ein Spenderorgan hat sie aber nicht benötigt. Trotzdem beginnt sie, ihr Leben und ihre Partnerschaft zum Polizisten Nero zu überdenken.

Fazit:
„Ein Toter, der nicht sterben darf“ ist ein außergewöhnlicher Kriminalroman, der mich sehr nachdenklich gemacht hat. Obwohl die übliche Jagd nach dem Mörder eher im Hintergrund bleibt, ist die Geschichte spannend erzählt.

Bewertung vom 08.10.2014
Die Rebellin von Shanghai
Vanek, Tereza

Die Rebellin von Shanghai


ausgezeichnet

Als großer Fan der Autorin habe ich selbstverständlich alle ihre Bücher gelesen. Mich beeindruckt besonders ihre Art, die Handlung, die Figuren und die Orte authentisch zu schildern. Dabei kommt die Spannung nie zu kurz. Auch „Die Rebellin von Shanghai“ hat mich wieder von der ersten bis zur letzten Seite fesseln können.

Das neueste Werk Tereza Vaneks ist die Fortsetzung von „Das Geheimnis des Jaderinges“, kann aber auch Vorkenntnisse gelesen werden. Die Handlung setzt zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Shanghai ein. Charlotte, eine junge Chinesin, ist als Adoptivkind von Viktoria und Jinzi Huntingdon aufgewachsen. Sie verliebt sich in einen englischen Soldaten, muss jedoch bald erkennen, dass einer Beziehung zwischen einer Chinesin und einem Europäer von allen Seiten Steine in den Weg gelegt werden. Enttäuscht begibt sie sich auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter nach Beijing, wo sie sich gemeinsam mit ihrem Jungendfreund Shao Yu den aufständischen Boxern anschließt.

Kurz vor ihrer Abreise kommt die junge und strebsame Elsa Skerpov ins Haus der Huntingdons. Durch unglückliche Umstände musste sie Hamburg verlassen. Ihr Ziel ist es, sich ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit zu sichern. Auch sie verschlägt es nach Beijing, wo sie im Gesandtschaftsviertel eine Anstellung findet. Doch schon bald sieht sie sich den Angriffen der Aufständischen ausgesetzt. Die Gesandtschaft wird belagert, der Boxeraufstand beginnt.

Die beiden weiblichen Hauptfiguren könnten unterschiedlicher nicht sein. Charlotte ist zu Beginn der Geschichte ein verwöhnter Backfisch, Elsa dagegen eine ernste und ehrgeizige junge Frau. Beide Frauen machen im Laufe der Geschichte erstaunliche Wandlungen durch. Charlotte verlässt ihr sicheres Zuhause und macht ihre Erfahrungen bei den Boxern. Elsa lernt in Beijing die Liebe kennen.

Sehr gut hat mir gefallen, dass die Autorin auch die europäischen Befreier nicht nur heldenhaft geschildert hat. Auch von deren Seite gingen grausame Taten aus, Vergewaltigungen, Hinrichtungen und Plündereien waren an der Tagesordnung. Das macht die Handlung authentisch.

Das Ende der Geschichte lässt mich sehr auf einen dritten Teil hoffen. Alle Handlungsstränge sind zwar abgeschlossen, aber eine Fortsetzung könnte ich mir sehr gut vorstellen.

Fazit:
Mit „Die Rebellin von Shanghai“ ist Tereza Vanek erneut ein spannender, gefühlvoller und authentischer Roman in einer außergewöhnlichen Kulisse gelungen.

Bewertung vom 14.09.2014
Das Haus am Alsterufer
Jary, Micaela

Das Haus am Alsterufer


ausgezeichnet

Nachdem mir bereits „Das Bild der Erinnerung“ von Micaela Jary sehr gut gefallen hat, habe ich „Das Haus am Alsterufer“ schon sehnsüchtig erwartet. Auch mit ihrem neuesten Werk konnte die Autorin mich wieder begeistern. Sie versteht es vorzüglich, die Figuren und Orte vor meinem inneren Auge in Szene zu setzen. Durch ihre eigene Biografie und die ihrer Familie, sowie eine gründliche Recherche, kennt sie sich zudem in sehr vielen Gebieten aus, die sie dem Leser in ihren Geschichten mit viel Herzblut beschreibt.

Das Leben der Familie Dornhain im Jahre 1911 ist durch die gehobene Stellung des Vaters Victor recht sorglos. Als Reeder verfügt er über die nötigen Mittel, seinen drei Töchtern ein angemessenes Auskommen zu ermöglichen. Das ändert sich mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs 1914. Zwar leben die Dornhains nach wie vor gut, aber auch sie müssen, bedingt durch den Krieg, Verluste hinnehmen. Insbesondere Ellinor, später auch Nele und Livi, setzt sich für die Armen in der Bevölkerung ein.

Neles Werdegang hat mich besonders berührt. Zunächst studiert sie in München Malerei und verkehrt in Künstlerkreisen. Durch eine unglückliche Liebe erkrankt sie jedoch und orientiert sich völlig neu. Sie war neben dem Hausmädchen Klara meine Lieblingsfigur im Buch.

Die flatterhafte Lavinia, genannt Livi, ist zu Beginn der Geschichte sehr oberflächlich und egoistisch. Im Verlauf der Handlung erkennt jedoch auch sie, dass sich nicht immer alles nur um sie dreht.

Ellinor geht von Anfang an zielstrebig ihren Weg. Sie ist neben Victor und dessen Mutter Charlotte eine der beständigsten und stärksten Figuren im Buch. Ihr Einsatz für die Armen gibt einen Einblick in die Verhältnisse im einfachen Volk.

Das Hausmädchen Klara kommt als 16-jährige ins Haus am Alsterufer. Sie hat keine Familie, ist bei einer Ziehmutter aufgewachsen. Auch durch diese Figur, sowie durch die ihre Kollegin Meta, bekommt der Leser Einblicke in das Leben der einfachen Bevölkerung vor und während des Ersten Weltkriegs.

„Das Haus am Alsterufer“ ist eine bewegende Familiengeschichte, die einen Teil des Lebens vierer unterschiedlicher Frauen erzählt. Die Figuren sind mir sehr ans Herz gewachsen. Am Ende war ich sehr traurig, dass ich mich von ihnen verabschieden musste. Eine Fortsetzung würde ich sehr begrüßen. Zu gerne wüsste ich, wie sich die Figuren weiterentwickeln.

In einem Nachwort erklärt die Autorin einige historische Zusammenhänge sowie ihren persönlichen Bezug zu den Handlungsorten in der Geschichte.

Zum Schluss noch ein Wort zum Klappentext: Bitte NICHT lesen. Hier werden Einzelheiten der Geschichte verraten, die ich lieber während des Lesens selbst herausgefunden hätte. Mir ist bewusst, dass der Autor hier kein Mitspracherecht hat. Was sich der Verantwortliche im Verlag jedoch dabei gedacht hat, ist mir vollkommen schleierhaft.

Fazit:
Eine bewegende Familiengeschichte, die mich von der ersten bis zur letzten Zeile fesseln konnte.

Bewertung vom 17.08.2014
Der Sommer der Freiheit
Rehn, Heidi

Der Sommer der Freiheit


ausgezeichnet

Die Handlung dieses neuen Romans von Heidi Rehn ist zu Beginn des 20. Jahrhunderts angesiedelt. Im Sommer des Jahres 1913 ist das Leben der jungen Selma und ihrer Gefährten noch unbeschwert. Wie jedes Jahr verbringt die Familie ihre Sommerfrische in Baden-Baden. Neben Selma befinden sich noch ihr jüngerer Bruder Grischa, ihre Eltern und ihre Großmutter im noblen Hotel Bellevue. Auf einem Ausflug lernen Selma und Grischa die junge Constanze kennen, eine sehr praktisch veranlagte junge Dame, die vorhat, zum Studieren des Ingenieurswesens nach Berlin zu gehen. Die beiden jungen Frauen freunden sich schon recht bald an. Gemeinsam lernen sie den französischen Fotografen Robert kennen, in den sich beide verlieben. Doch Selma ist verlobt. Und so unbeschwert und frei der Sommer im Jahr 1913 noch war, im Folgejahr bricht der Erste Weltkrieg aus.

Heidi Rehn ist es gelungen, mir die Zeit vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg bildlich vor Augen zu führen. An der Seite der jungen Selma, die zunächst recht naiv und oberflächlich ist, im Laufe der Geschichte aber erwachsen wird, konnte ich die Gegend um Baden-Baden, aber auch Berlin und Bonn entdecken. Auch die Nebenfiguren waren sehr liebevoll beschrieben. Von ihnen mochte ich am liebsten Selmas Großmutter, die für die Rechte der Frauen kämpfte und Selma immer mit Rat und Tat zur Seite stand. Aber auch Constanze, die ganz anders als ihre Freundin Selma ist, hat mir ausgesprochen gut gefallen.

Das Kriegsgeschehen, das Leid und die Not der Menschen findet Erwähnung, nimmt aber nicht Überhand in der Handlung. Natürlich hat der Krieg auch Auswirkungen auf die Figuren des Romans. Hier schildert die Autorin mit großem Einfühlungsvermögen, wie sich der Krieg auf die Psyche der Menschen ausgewirkt hat.

Alles in allem gibt dieser Roman einen guten Einblick in die Jahre um den Ersten Weltkrieg. Die Figuren sind authentisch. Obwohl sie eher der gehobenen Mittelschicht entstammen, konnte ich mir gut vorstellen, wie die Menschen den Krieg empfunden haben. Für die einfache Bevölkerung mögen die Auswirkungen wohl noch schlimmer gewesen sein. Aber das ist nicht Thema der Geschichte.

Fazit:
Heidi Rehn ist mit „Der Sommer der Freiheit“ ein unterhaltsamer und interessanter Roman aus der Zeit um den Ersten Weltkrieg gelungen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.07.2014
Schlagwetter
Steinhausen, Mike

Schlagwetter


ausgezeichnet

Robert Kettner, ein ehemaliger Polizist, der jetzt als Privatdetektiv arbeitet, springt während einer Autofahrt ein junger Mann in den Wagen, der kurz zuvor mit dem Motorrad vor ihm gestürzt ist. Eine Verfolgungsjagd beginnt, während der auf Kettner und seinen unbekannten Begleiter geschossen wird. Genauso schnell, wie der Fremde in sein Leben trat, verschwindet dieser auch wieder. Kettner, von seinen Exkollegen Steiger genannt, bleibt ratlos zurück mit einem lädierten Fahrzeug.

Kurz darauf wird auf ihn selbst ein Attentat verübt, dem er nur knapp entkommen kann. Er flüchtet sich zu seiner Exfrau Claudia, die Anwältin ist. Sein ehemaliger Kollege Welke nimmt derweil die Ermittlungen auf, unfreiwillig unterstützt von einem LKA-Beamten. Für Kettner geht es um Leben und Tod. Er beginnt selbst, Nachforschungen anzustellen und entdeckt Ungeheuerliches.

Ich habe selten einen so intelligent durchdachten Kriminalroman gelesen. Man merkt dem Autor an, dass er selbst Polizist ist. Die Schilderungen der Ermittlungsarbeiten könnten kaum spannender sein. Aber auch andere Themen, die im Roman angeschnitten werden, wie z. B. der Bergbau und die Stasi, sind sehr genau recherchiert und werden anschaulich geschildert und erklärt.

Sowohl Robert Kettner als auch sein Exkollege Hermann Welke waren mir auf Anhieb sympathisch. Kettners Beweggründe, die Polizei zu verlassen, werden am Ende des Buches noch sehr genau geschildert und haben mich nachdenklich gemacht.

Durch schnelle Perspektivwechsel erzeugt der Autor sehr große Spannung, die sich durch den ganzen Roman zieht. Dem Leser werden immer nur kurze Pausen zur Erholung gegönnt, bevor wieder etwas Atemraubendes passiert. Die Beschreibung diverser Verfolgungsjagden ist ganz großes Kino in Buchform.

Fazit:
Superspannende Unterhaltung in einem intelligent durchdachten Krimi. Bitte mehr davon!

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.07.2014
Hochzeitsglocken
Kruse, Margit

Hochzeitsglocken


ausgezeichnet

Endlich darf Margareta Sommerfeld wieder ermitteln! Nach „Eisaugen“ und „Zechenbrand“ liegt mit „Hochzeitsglocken“ nun ihr dritter Fall im Gmeiner Verlag vor. Die sympathische Hobbyermittlerin bekommt es dieses Mal mit einem Heiratsschwindler zu tun, der aber schon nach wenigen Seiten von ihr tot in seinem Keller aufgefunden wird. Margit Kruse ist es wieder gelungen, mit spitzer Feder den Charme des Ruhrgebiets auf ihre etwas skurrilen Figuren zu übertragen. Ein Muss für jeden, der den „Pott“ mag, aber auch für solche, die diese außergewöhnliche Region und ihre Menschen noch nicht kennen und lieben gelernt haben.

Bei einer Kaffeefahrt, die Margareta mit ihrer Mutter Waltraud unternimmt, trifft sie ihren ehemaligen Klassenkameraden Harald Kleinschnittger wieder. Aus dem unscheinbaren und pummeligen Schuljungen ist ein äußerst gut aussehender Mann geworden. Er bestreitet jedoch, der zu sein, für den Margareta ihn hält. Er gibt sich als Simon von Brehden aus. Unter diesem Namen macht er alten, reichen Damen den Hof, um an ihr Geld zu kommen. Als Margareta ihm hinterherspioniert, rückt er mit der Wahrheit heraus. Der Abend endet in Haralds Bett. Doch schon beim nächsten Treffen ist die kurze Affäre beendet, denn Harald liegt tot in seinem Keller. Auch im eigenen Interesse beginnt Margareta zu ermitteln.

Der Roman ist in drei Teile gegliedert. Der erste Teil beschreibt Margaretas Begegnung mit Harald und das Auffinden seiner Leiche. Im zweiten Teil erhält der Leser einen Einblick in Haralds Vorleben. Seine Frauenbekanntschaften werden vorgestellt. Margaretas Ermittlungen sind Inhalt des dritten Teils.

Margit Kruses besonderes Talent liegt im Beschreiben des typischen Bewohners des Ruhrpotts. Ihre Figuren sind so detailliert dargestellt, dass ich meinte, mitten unter ihnen zu sein. Dabei bedient sie natürlich auch das ein oder andere Klischee, was ich überaus amüsant finde. Besonders gefällt mir immer wieder Margaretas Mutter Waltraud, die mit ihrem üppigen Ruhrpottcharme und ihrer etwas plumpen und schlichten Art zu begeistern weiß. Aber auch die etwas naive Margareta, die ohne jeden Skrupel gegenüber der Polizei die Ermittlungen an sich reißt, bringt mich immer wieder zum Schmunzeln. Kommissar Blauländer ist mittlerweile so weit, dass er sich mit ihr berät.

Das alles ist natürlich nur wenig realitätsnah, dafür aber äußerst humorvoll und charmant erzählt. Auch die Spannung hat in diesem dritten Band wieder nicht gefehlt, denn Margareta denkt nicht eine Sekunde über die Gefahren nach, in die sie sich begibt. Das einzige Manko dieses Buches ist die geringe Seitenzahl. Nach nur 282 Seiten musste ich mich leider schon wieder von Margareta Sommerfeld verabschieden. So bleibt mir nur zu hoffen, dass Frau Kruse bereits an einem neuen Fall für die sympathische Hobbydetektivin schreibt, der mich erneut vom Niederrhein ins benachbarte Ruhrgebiet entführen wird.

Fazit:
Margit Kruse konnte mich mit ihren Figuren und der spannenden Geschichte erneut begeistern. Wer humorvolle Krimis mit Lokalkolorit mag, kommt an dieser Autorin nicht vorbei!