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Alais

Bewertungen

Insgesamt 190 Bewertungen
Bewertung vom 24.03.2020
Das Gerücht
Kara, Lesley

Das Gerücht


sehr gut

Ein fesselnder und ungewöhnlicher Thriller, in dem es um einen lang zurückliegenden Mordfall unter Kindern geht, der in der Gegenwart der Romanwelt erneut zu einer Bedrohung führt. Gleichzeitig behandelt dieses Buch jedoch auch Fragen, die mich gerade jetzt, zu Beginn der Coronavirus-Krise in Europa, und durch diese ganz spezielle Perspektive, die wir Menschen in diesen Krisenzeiten haben, besonders bewegen: die natürliche Fehlbarkeit des Menschen, die allseits mangelnde Bereitschaft zur Vergebung, die Begeisterung für Gerüchte und Hetze.
Die Autorin Lesley Kara, die unter anderem als Krankenschwester und Sekretärin tätig war, lässt in ihren Roman ein hohes Maß an Menschenkenntnis und Bodenständigkeit einfließen. Der Schreibstil ist unprätentiös und schlicht, die Erzählung bietet dafür ein raffiniertes Verwirrspiel, das in dem typischen Milieu einer Kleinstadt eingebettet ist. Bald kam mir jeder irgendwie geheimnisvoll und suspekt vor ...
Mit Joanna hat die Autorin eine Hauptfigur geschaffen, der ich mich als Leserin sehr nahe fühlte. Aufgrund ihrer Fähigkeit zur Selbsterkenntnis und Selbstkritik ist sie mir außerdem sehr sympathisch. Sie liebt ihren Sohn Alfie über alles und versucht, gewissenhaft durchs Leben zu gehen, doch unterlaufen ihr immer wieder Fehler und einer bringt ihre Familie in große Gefahr ...
Ein spannendes Leseerlebnis!

Bewertung vom 26.02.2020
Rote Kreuze
Filipenko, Sasha

Rote Kreuze


sehr gut

Während Deutschland wieder einmal vom rechten Terror überzogen wird und die rechtsradikalen Brandstifter-Ideen, die dieses Land schon einmal in den Abgrund getrieben haben, es sogar wieder in die Parlamente geschafft haben, muss auch in anderen Ländern leider wieder einmal gegen das Vergessen angeschrieben werden … Das scheint zumindest ein wichtiger Beweggrund Filipenkos zu sein, wie in dem Interview im hinteren Teil des Buchs zu erfahren ist.
Dabei steht in diesem Roman, der in mir einen Sturm der Gefühle ausgelöst hat, keineswegs nur Stalins Terrorherrschaft im Mittelpunkt, auch wenn sie und ihre Folgen zwangsläufig den größten und grauenvollsten Eindruck hinterlassen. Es geht vielmehr um eine Begegnung zwischen zwei Menschen verschiedener Generationen, die in ihrem Leben auf unterschiedliche Weise sehr großes Leid erfahren mussten, und – so interpretiere ich diesen Roman – um das Überleben und das Weiterleben, trotz all des Schrecklichen.
Durch die Geschichte der einundneunzigjährigen Tatjana, die mit ihrem Galgenhumor und ihrer Selbstironie schnell einen Platz in meinem Herzen fand, wird ein düsterer Blick auf die russische Geschichte geworfen und ich erfuhr auch von einem für mich neuen, so völlig absurden wie grausamen Aspekt des Zweiten Weltkriegs – der Haltung der russischen Regierung gegenüber den eigenen Soldaten, die das „Verbrechen“ begangen hatten, in Kriegsgefangenschaft zu geraten, und ihren Familien, die für dieses „Verbrechen“ gleich mitbestraft wurden.
Der junge Alexander war mir aufgrund all seiner Vorurteile, mit denen er Tatjana zunächst (und generell seinem Stiefvater Grischa) begegnet, weniger sympathisch. Allerdings steht er auch unter einem enormen Druck – er ringt mit Trauer und Verlust und muss doch bald eine wichtige Verantwortung übernehmen … Sicher ist es kein Zufall, dass er denselben Vornamen wie der Autor trägt (Sascha/Sasha ist eine Kurzform von Alexander) und wie der Autor ein Fußballfan ist, umso mehr beeindruckt mich, dass Filipenko Tatjana so weise darstellt, während Alexander ein paar Ecken und Kanten mehr hat.
Ich hätte mir noch etwas mehr Einblick in die Freundschaft der beiden gewünscht, aber natürlich ist leider von Anfang an klar, dass Tatjana, die an Alzheimer erkrankt ist, immer mehr verschwindet und ihnen nicht mehr viel Zeit bleibt …
Sehr gekonnt fand ich in der Erzählung Tatjanas die Darstellung des Drucks, der auf Menschen lastet, die in einem Terrorregime leben. Auch wird gut vermittelt, wie problematisch es ist, wenn das Individuum, wenn Einzelschicksale nicht zählen. Und dieser Gedanke, dass Tatjana Alexejewna sogar für sehr viele Einzelschicksale steht, macht mich über alle Maßen traurig.
Meine anfänglich große Begeisterung für diesen Roman wurde allerdings durch die einseitige, karikaturistische Darstellung von Saschas Stiefvaters Grischa, der Stalins Taten verharmlost oder schlicht leugnet, gebremst. Sicher, solche Verharmlosungen sind unerträglich und lassen auch meinen Blutdruck in die Höhe schnellen. Aber Grischa wird nur von außen betrachtet und verurteilt, das ist für einen Schriftsteller ein bisschen schwach.
Verständlicher, aber mir zu weit gehend fand ich die Verurteilung eines besonders grausamen Vertreters des Regimes („dass dieses ganze System, diese riesige Maschinerie, auf komplexbeladenen Nullen wie ihm beruht“, S. 161). Natürlich drängt sich beispielsweise beim Anblick der AfD-Wähler, die das Erbe von Stalins Freund Hitler weitertragen, ein solches Bild von Extremisten auf – das sind keine glücklichen, geliebten oder erfolgreichen Menschen. Aber Beleidigungen sind meiner Meinung nach der falsche Weg. Es ist natürlich schwer, angesichts dieser Thematik ein versöhnliches Buch zu schreiben, dennoch habe ich das Gefühl, dass der Autor in diesem Punkt versagt hat und dass sein Buch zur Spaltung beiträgt.
Dennoch: ein wichtiges Buch gegen das Vergessen, in einem brillanten Schreibstil verfasst.

Bewertung vom 14.02.2020
Das Evangelium der Aale
Svensson, Patrik

Das Evangelium der Aale


weniger gut

Obwohl bereits eifrig von Aristoteles erforscht gibt der Aal bis in die heutige Zeit den Naturwissenschaftlern Rätsel auf. In diesem Buch bietet der Autor Einblick in das Wissen, das bisher über diese erstaunlichen Wesen zusammengetragen wurde, und setzt seinem verstorbenen Vater in liebevoller Erinnerung ein Denkmal.
Was so brillant und lehrreich begann, entpuppte sich leider für mich als eine zunehmend schwer zu ertragende Lektüre und daher fällt mir auch diese Rezension äußerst schwer. Ich wusste ja, dass das gemeinsame Angeln des Autors mit seinem Vater und somit eine besonders grausame Tötungsart Thema sein wird, hatte aber gehofft, dass dies im weiteren Verlauf in den Hintergrund rückt. Schließlich zeichnet der Autor gleich zu Beginn seines Buches ein faszinierendes und mit viel Bewunderung gezeichnetes Bild von Aalen, ihren Verwandlungen im Laufe ihres langen Lebens und ihrer Wanderung. Sehr schade, dass versäumt wurde, diesen ersten Teil mit ein paar Fotos zu illustrieren.
Tatsächlich drängte sich in den Kapiteln aber immer mehr die Beschreibung sinnloser Grausamkeit (beispielsweise auf S. 96: "man briet ihn im Ganzen und noch lebendig" oder die Erklärung von "Pöddern" auf S. 103), aus Eigennutz, zu Forschungszwecken oder aus völlig unverständlichen Gründen wie einem ganz und gar merkwürdigen Verantwortungsgefühl ("dafür, sie leben oder sterben zu lassen", S. 133) heraus, in den Vordergrund. Die eigentlich einfühlsame Schilderung der Beziehung zu seinem Vater hätte mir gefallen, wenn es sich bei dem Vater nicht um einen Mann gehandelt hätte, der angeblich Tiere mochte, aber bereits als Kind Tiere quälte und sich später gern zum Herrn über Leben und Tod machte ... Und der Gedanke an die arme ältere, kranke Katze, die der Vater erschießen wollte, anstatt sie wie jeder zivilisierte Mensch schmerzfrei von einem Tierarzt einschläfern zu lassen, die ihm aber tapfer entkommen war und dann allein und womöglich mit Schmerzen und ohne medizinische Hilfe durch die Wildnis irrte, ließ mich die letzten Tage kaum schlafen. Zumal sich mir angesichts ihrer Flucht die Frage aufdrängt, ob sie wirklich so sterbenskrank war – wer weiß, ob das arme Wesen überhaupt von einem professionellen Tierarzt untersucht worden war und ob man ihr mit einer medizinischen Behandlung nicht noch etwas schöne Lebenszeit hätte verschaffen können …
Durch mein Entsetzen über die mangelnde Kritik des Autors an der immer wieder in diesem Buch geschilderten Grausamkeit ist mein Urteil über dieses Buch leider stark getrübt und es fiel mir schwer, bis zum Ende durchzuhalten. Dabei kamen durchaus auch immer wieder wunderbare und zum Nachdenken anregende Stellen, beispielsweise als Svensson mit spürbarer Erschütterung über bereits ausgestorbene Tierarten berichtet und auf die Gefährdung des Aals eingeht. Auch über ausgesprochen kluge Textstellen wie auf S. 244, auf der es um die Grenzen des menschlichen Wissens und um mögliche Bewusstseinszustände, die wir nicht kennen, geht, und über einige deutliche Worte zum vom Menschen verursachten Klimawandel freute ich mich.
Dann aber wieder diese merkwürdige Stelle auf S. 101, die er allerdings selbst als "großes Paradox" bezeichnet und die nicht unbedingt seine eigene Meinung, sondern die einiger der Menschen, "die dem Aal immerhin am nächsten gekommen sind", widerspiegelt: "Um den Aal zu verstehen, müssen wir uns für ihn interessieren, und um uns für ihn zu interessieren, müssen wir ihn weiterhin jagen, töten und essen." Da kann ich nur hoffen, dass niemand auf die Idee kommt, mich verstehen zu wollen ...
Zwar habe ich das Gefühl, dem Buch gegenüber etwas ungerecht zu sein, da es die geschilderten Denk- und Handlungsweisen sind, die mich abstoßen, und nicht unbedingt die Ansichten des Autors selbst, aber Svensson distanziert sich für mich einfach nicht genug von dieser Grausamkeit. Und das können dann auch sein wunderschöner Schreibstil und der spannende Einblick in die Welt der Aale nicht mehr kitten ...

Bewertung vom 14.02.2020
Die Nebelspur
Soentgen, Jens

Die Nebelspur


ausgezeichnet

Alles an diesem Buch bezaubert, angefangen bei der Gestaltung in den Farben Schottlands mit himmelblauen Kapitelüberschriften und humorvollen Schwarz-Blau-Weiß-Zeichnungen (zum Beispiel von einem Mann im Schottenrock, der über einen Maulwurfhügel springt, diversen praktischen Karten und erklärenden Schaubildern, Einhörnern, Porträtzeichnungen der erwähnten Gelehrten etc.). Diese wunderbaren Zeichnungen sind Vitali Konstantinov zu verdanken und passen hervorragend zu den ebenso liebevoll und mit ebenso vielen schillernden Details verfassten Texten von Jens Soentgen. Der Autor schreibt voller Charme und Eleganz und unterhält in der Manier eines Universalgelehrten mit so vielen faszinierenden Wissensperlen, dass ich das ganze Buch über ein Lächeln auf den Lippen hatte – wie schön und voller Wunder der Natur die Welt doch ist!
Als Philosoph und Naturwissenschaftler schöpft Soentgen aus beiden Fachgebieten, überfordert den Leser jedoch nicht, sondern liefert einen Wissensschatz, der Jung und Alt jede Menge Spaß macht. Die Altersempfehlung liegt bei ab 14 Jahren, viele längst Erwachsene können aber sicher noch wie ich viel aus diesem Buch lernen.
Soentgen blickt in die Wolken und in die Geschichte, stellt Tau-, Smog- und Wolkenforscher vor, schreibt über typisch schottische Eigenheiten und Gegebenheiten und wie diese eine so einfache wie geniale Erfindung begünstigten: "Die Nebelkammer verdankt sich einer so außergewöhnlichen Kombination von Einflüssen – Wolken, schottische Sparsamkeit, Kernphysik und schottische Geduld –, dass man getrost davon ausgehen kann, sie wäre der Menschheit auf immer unbekannt geblieben, hätte Wilson nicht erfunden." (S. 72)
Wilson ist der schottische Physiker Charles Wilson, der mit seiner Erfindung, der Nebelkammer, im Zentrum dieses Buches steht und vom Autor als ein unglaublich liebenswürdiger Mensch voller Bescheidenheit und Ausdauer geschildert wird. So bringt der Autor seinen Lesern Wilson auch als Mensch näher, das ist sehr geschickt bei der Wissensvermittlung und ich hoffe, dass auch viele Lehrer dieses Buch lesen werden und sich inspirieren lassen!
Im hinteren Teil des Buches befindet sich eine Reihe von Anleitungen für Experimente, die mich positiv überraschten, weil sie recht einfach gehalten sind und doch zu verblüffenden Ergebnissen führen können. Und auch hier wieder lässt es sich der Autor nicht nehmen, zwischendurch einen kleinen Blick in die Geschichte (auf Goethe und seine Experimente) zu werfen.
Originell, unterhaltsam und hochwertig gestaltet!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.01.2020
Im Netz des Lemming / Lemming Bd.6
Slupetzky, Stefan

Im Netz des Lemming / Lemming Bd.6


ausgezeichnet

Ein schönes Leseerlebnis – unterhaltsam und klug!
Dieser Kriminalroman mit österreichischem Lokalkolorit hat mich mit seinem Facettenreichtum und einem gelungenen Balanceakt zwischen Leichtigkeit und Tiefgründigkeit tief beeindruckt. Es ist wirklich erstaunlich, wie gut es Slupetzky gelingt, einen feinen Humor mit einem scharfen Blick auf gesellschaftliche Phänomene und politische Entwicklungen sowie der traurigen Geschichte eines kleinen Jungen, der in den Tod getrieben wird, zu kombinieren, ohne dass diese Kombination an irgendeiner Stelle unpassend erscheint. Der ganze Roman ist von einer tiefen Menschlichkeit geprägt.
Durch die Thematik von Cybermobbing, Hasspostings und Meinungsbildung im Internet werden bedrohliche gesellschaftliche Phänomene angesprochen. Zum Nachdenken über mein eigenes Verhalten brachten mich vor allem die wichtigen Themen der Leichtgläubigkeit vieler Internetnutzer und der mangelnden Streitkultur – und ich liebe es, wenn ein Buch es schafft, dass ich mich selbst kritisch betrachte! Dass auch gewisse politische Entwicklungen in Österreich den Autor inspirierten, ist offensichtlich ...
Dennoch ist dies kein politisches oder rein gesellschaftskritisches Buch, das mit erhobenen Zeigefingern wedelt oder zu belehren versucht, sondern ein einfühlsam geschriebener Roman, in dem es um eine Reihe persönlicher Schicksale geht. Dabei präsentiert Slupetzky viele interessante Charaktere, auch Nebenfiguren hinterlassen trotz der Kürze ihres Auftritts einen starken Eindruck. Und immer wieder kreieren wenige Zeilen Wow-Momente.
Ich kann diesen Roman nur mit ganz vielen positiven Adjektiven überschütten – der Autor schreibt wortgewandt, weise, warmherzig, berührend, unterhaltsam, tiefgründig … Sein Schreibstil ist voller Leichtigkeit verfasst und gleichzeitig ist die Geschichte stark verdichtet, sodass es sich lohnt, genauer hinzuschauen, und sich viele Entdeckungen bieten.
Für mich ein ganz großes Lese-Highlight!

Bewertung vom 27.01.2020
Der unschuldige Mörder
Edvardsson, Mattias

Der unschuldige Mörder


sehr gut

Dieser Roman ist weit von einer oberflächlichen, bluttriefenden Thrillerwelt entfernt und überrascht mit einer einfühlsam geschilderten Erzählung und spannenden Einblicken in die Kunst des Schreibens. Ein ansprechender Schreibstil trifft bei diesem Hörbuch auf einen hervorragenden Erzähler, Torben Kessler, dessen Stimme mich ganz in den Bann der Geschichte zog.
Im Mittelpunkt der Handlung steht Zack, der aufgrund des Zeitungssterbens seinen Job verloren hat und nun versucht, im kreativen Bereich Zuflucht zu finden. Seine Idee, ein Buch über den Fall eines verschwundenen und vermutlich ermordeten Schriftstellers Leo Stark, der sich während seiner Studienzeit ereignet hatte, zu schreiben, weckt die Geister der Vergangenheit …
Zack war mir aufgrund seiner Gradlinigkeit sehr sympathisch. Dass die Hörer die beiden Handlungsebenen, die Vergangenheit und die Gegenwart, zum größten Teil aus seiner subjektiven Sicht erleben, ist allerdings nicht ganz unproblematisch, was auch vom Autor auf geschickte Weise thematisiert wird, beispielsweise merkt Zack selbst, dass er sich lange Zeit ein völlig falsches Bild von seiner Tante gemacht hat. Vielleicht liegt es also an der Tatsache, dass auf Zacks Einschätzung nicht unbedingt Verlass ist, dass der große gefeierte Autor Leo Stark, das mutmaßliche Opfer, auf mich so extrem eindimensional und abstoßend wirkt. Leo Stark benutzt und verachtet andere Menschen nur und die Faszination, die er auf sein Umfeld ausübt, wird so nur schwer nachvollziehbar.
Auch Zacks Mutter ist (aus Zacks Sicht erlebt) etwas übertrieben karikaturistisch dargestellt. Allerdings schenkt dies den Szenen mit Zack und seiner Mutter eine erfrischend lustige Note, was der ansonsten eher traurigen Erzählung guttat.
Durch den literarischen Kurs, den Zack und seine Freunde während ihrer Studienzeit belegt hatten und der sie auch mit Leo Stark in Kontakt brachte, bietet dieses Hörbuch auch eine Fülle von Thesen und Überlegungen zur Kunst des Schreibens, die ich als Bücherwurm unglaublich interessant fand, auch wenn mich das enge und elitäre Bild, das Zacks Dozentin und Leo Stark zeichnen, eher abstößt.
Ein Thriller der etwas anderen Art – hat mir gut gefallen!

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.01.2020
Das Geheimnis von Wishtide Manor / Laetitia Rodd Bd.1
Saunders, Kate

Das Geheimnis von Wishtide Manor / Laetitia Rodd Bd.1


gut

Eigentlich liebe ich es, lesend in andere Zeiten einzutauchen, und daher habe ich mich auch sehr über das historische Setting und passende Vergleiche wie „gefühlsdusseliges altes Dampfkesselchen“ (S. 16) gefreut. Doch der Standesdünkel und die Grausamkeit der gesellschaftlichen Regeln brachten mich, auch wenn sie der Erzählung natürlich einen authentischen Anstrich verliehen, immer wieder zum Augenrollen und so war ich von dieser literarischen Zeitreise leider eher genervt als fasziniert.
Dafür fand ich die Hauptfigur Laetitia Rodd gut dargestellt, gerade weil sie ein paar Ecken und Kanten hat. Sie ist zwar sehr schnell darin, andere in Schubladen zu stecken, ist aber auch bereit, ihre Meinung zu ändern. Sie besitzt ein großes Herz und ist als nicht gerade vermögende Witwe, die sich in diesen Zeiten behaupten muss, bewundernswert tapfer.
Der Untertitel „Laetitia Rodds erster Fall“ ist im Übrigen irreführend, denn es wird immer wieder auf frühere Fälle verwiesen, in denen sie ermittelt hat, es handelt sich also lediglich um den ersten Roman zu einem ihrer Fälle. Zum Fall selber: Er hat eine romantisch-tragische Note, die mich etwas an die Brontë-Romane erinnerte, auch wenn ich diese wesentlich beeindruckender als dieses Buch fand. Die begangenen Verbrechen hingegen können mit ihrer Grausamkeit durchaus mit den Bluttaten moderner Thriller mithalten ...
So fand ich die Erzählung zwar spannend und fühlte mich unterhalten, war aber auch etwas enttäuscht. Auch der Schreibstil wagte leider keine größeren Höhenflüge, sondern blieb im annehmbaren Durchschnitt.

Bewertung vom 02.01.2020
Offline - Du wolltest nicht erreichbar sein, Jetzt sitzt du in der Falle.
Strobel, Arno

Offline - Du wolltest nicht erreichbar sein, Jetzt sitzt du in der Falle.


ausgezeichnet

Für dieses Buch ließ ich trotz Weihnachtsstress alles stehen und liegen, denn es wollte unbedingt an einem Tag gelesen werden – eine nervenzerfetzend spannende Geschichte mit einer Fülle interessanter Charaktere.
Großartig gewählt fand ich schon den Handlungsort: ein abgelegener, leerstehender Hotelkomplex in den Bergen, in dem eine Gruppe Digital-Detox-Erholungssuchender zusammen mit zwei Hausmeistern durch einen Schneesturm von der Außenwelt und somit jeglicher Hilfe von außen abgeschnitten ist – und in dem ein offenbar schwer gestörter Mensch grausame Taten begeht ... Die schiere Größe und Unüberschaubarkeit mit abgesperrten, noch nicht renovierten Bereichen tragen zum Aufbau der Spannung bei.
Aus diesen Anklängen an die genialen Handlungskonstruktionen von Agatha Christie und mit der Stephen-King-würdigen Location hat Strobel seinen ganz eigenen, unglaublich spannenden Thriller aufgebaut, in dem es in vielerlei Weise um das "Offline"-gehen geht ... Eine Stimmigkeit der Thematik, deren grauenvollem Charakter Strobel sehr einfühlsame Schilderungen der Gefühle der Opfer entgegenstellt. Hier hebt er sich auf wohltuende Weise von vielen Thrillerautoren, die sich allein auf die ach-so-faszinierenden Psychopathen konzentrieren, ab.
Ein großartiger Pageturner für spannende Lesestunden!