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Alais

Bewertungen

Insgesamt 188 Bewertungen
Bewertung vom 14.02.2020
Das Evangelium der Aale
Svensson, Patrik

Das Evangelium der Aale


weniger gut

Obwohl bereits eifrig von Aristoteles erforscht gibt der Aal bis in die heutige Zeit den Naturwissenschaftlern Rätsel auf. In diesem Buch bietet der Autor Einblick in das Wissen, das bisher über diese erstaunlichen Wesen zusammengetragen wurde, und setzt seinem verstorbenen Vater in liebevoller Erinnerung ein Denkmal.
Was so brillant und lehrreich begann, entpuppte sich leider für mich als eine zunehmend schwer zu ertragende Lektüre und daher fällt mir auch diese Rezension äußerst schwer. Ich wusste ja, dass das gemeinsame Angeln des Autors mit seinem Vater und somit eine besonders grausame Tötungsart Thema sein wird, hatte aber gehofft, dass dies im weiteren Verlauf in den Hintergrund rückt. Schließlich zeichnet der Autor gleich zu Beginn seines Buches ein faszinierendes und mit viel Bewunderung gezeichnetes Bild von Aalen, ihren Verwandlungen im Laufe ihres langen Lebens und ihrer Wanderung. Sehr schade, dass versäumt wurde, diesen ersten Teil mit ein paar Fotos zu illustrieren.
Tatsächlich drängte sich in den Kapiteln aber immer mehr die Beschreibung sinnloser Grausamkeit (beispielsweise auf S. 96: "man briet ihn im Ganzen und noch lebendig" oder die Erklärung von "Pöddern" auf S. 103), aus Eigennutz, zu Forschungszwecken oder aus völlig unverständlichen Gründen wie einem ganz und gar merkwürdigen Verantwortungsgefühl ("dafür, sie leben oder sterben zu lassen", S. 133) heraus, in den Vordergrund. Die eigentlich einfühlsame Schilderung der Beziehung zu seinem Vater hätte mir gefallen, wenn es sich bei dem Vater nicht um einen Mann gehandelt hätte, der angeblich Tiere mochte, aber bereits als Kind Tiere quälte und sich später gern zum Herrn über Leben und Tod machte ... Und der Gedanke an die arme ältere, kranke Katze, die der Vater erschießen wollte, anstatt sie wie jeder zivilisierte Mensch schmerzfrei von einem Tierarzt einschläfern zu lassen, die ihm aber tapfer entkommen war und dann allein und womöglich mit Schmerzen und ohne medizinische Hilfe durch die Wildnis irrte, ließ mich die letzten Tage kaum schlafen. Zumal sich mir angesichts ihrer Flucht die Frage aufdrängt, ob sie wirklich so sterbenskrank war – wer weiß, ob das arme Wesen überhaupt von einem professionellen Tierarzt untersucht worden war und ob man ihr mit einer medizinischen Behandlung nicht noch etwas schöne Lebenszeit hätte verschaffen können …
Durch mein Entsetzen über die mangelnde Kritik des Autors an der immer wieder in diesem Buch geschilderten Grausamkeit ist mein Urteil über dieses Buch leider stark getrübt und es fiel mir schwer, bis zum Ende durchzuhalten. Dabei kamen durchaus auch immer wieder wunderbare und zum Nachdenken anregende Stellen, beispielsweise als Svensson mit spürbarer Erschütterung über bereits ausgestorbene Tierarten berichtet und auf die Gefährdung des Aals eingeht. Auch über ausgesprochen kluge Textstellen wie auf S. 244, auf der es um die Grenzen des menschlichen Wissens und um mögliche Bewusstseinszustände, die wir nicht kennen, geht, und über einige deutliche Worte zum vom Menschen verursachten Klimawandel freute ich mich.
Dann aber wieder diese merkwürdige Stelle auf S. 101, die er allerdings selbst als "großes Paradox" bezeichnet und die nicht unbedingt seine eigene Meinung, sondern die einiger der Menschen, "die dem Aal immerhin am nächsten gekommen sind", widerspiegelt: "Um den Aal zu verstehen, müssen wir uns für ihn interessieren, und um uns für ihn zu interessieren, müssen wir ihn weiterhin jagen, töten und essen." Da kann ich nur hoffen, dass niemand auf die Idee kommt, mich verstehen zu wollen ...
Zwar habe ich das Gefühl, dem Buch gegenüber etwas ungerecht zu sein, da es die geschilderten Denk- und Handlungsweisen sind, die mich abstoßen, und nicht unbedingt die Ansichten des Autors selbst, aber Svensson distanziert sich für mich einfach nicht genug von dieser Grausamkeit. Und das können dann auch sein wunderschöner Schreibstil und der spannende Einblick in die Welt der Aale nicht mehr kitten ...

Bewertung vom 14.02.2020
Die Nebelspur
Soentgen, Jens

Die Nebelspur


ausgezeichnet

Alles an diesem Buch bezaubert, angefangen bei der Gestaltung in den Farben Schottlands mit himmelblauen Kapitelüberschriften und humorvollen Schwarz-Blau-Weiß-Zeichnungen (zum Beispiel von einem Mann im Schottenrock, der über einen Maulwurfhügel springt, diversen praktischen Karten und erklärenden Schaubildern, Einhörnern, Porträtzeichnungen der erwähnten Gelehrten etc.). Diese wunderbaren Zeichnungen sind Vitali Konstantinov zu verdanken und passen hervorragend zu den ebenso liebevoll und mit ebenso vielen schillernden Details verfassten Texten von Jens Soentgen. Der Autor schreibt voller Charme und Eleganz und unterhält in der Manier eines Universalgelehrten mit so vielen faszinierenden Wissensperlen, dass ich das ganze Buch über ein Lächeln auf den Lippen hatte – wie schön und voller Wunder der Natur die Welt doch ist!
Als Philosoph und Naturwissenschaftler schöpft Soentgen aus beiden Fachgebieten, überfordert den Leser jedoch nicht, sondern liefert einen Wissensschatz, der Jung und Alt jede Menge Spaß macht. Die Altersempfehlung liegt bei ab 14 Jahren, viele längst Erwachsene können aber sicher noch wie ich viel aus diesem Buch lernen.
Soentgen blickt in die Wolken und in die Geschichte, stellt Tau-, Smog- und Wolkenforscher vor, schreibt über typisch schottische Eigenheiten und Gegebenheiten und wie diese eine so einfache wie geniale Erfindung begünstigten: "Die Nebelkammer verdankt sich einer so außergewöhnlichen Kombination von Einflüssen – Wolken, schottische Sparsamkeit, Kernphysik und schottische Geduld –, dass man getrost davon ausgehen kann, sie wäre der Menschheit auf immer unbekannt geblieben, hätte Wilson nicht erfunden." (S. 72)
Wilson ist der schottische Physiker Charles Wilson, der mit seiner Erfindung, der Nebelkammer, im Zentrum dieses Buches steht und vom Autor als ein unglaublich liebenswürdiger Mensch voller Bescheidenheit und Ausdauer geschildert wird. So bringt der Autor seinen Lesern Wilson auch als Mensch näher, das ist sehr geschickt bei der Wissensvermittlung und ich hoffe, dass auch viele Lehrer dieses Buch lesen werden und sich inspirieren lassen!
Im hinteren Teil des Buches befindet sich eine Reihe von Anleitungen für Experimente, die mich positiv überraschten, weil sie recht einfach gehalten sind und doch zu verblüffenden Ergebnissen führen können. Und auch hier wieder lässt es sich der Autor nicht nehmen, zwischendurch einen kleinen Blick in die Geschichte (auf Goethe und seine Experimente) zu werfen.
Originell, unterhaltsam und hochwertig gestaltet!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.01.2020
Im Netz des Lemming / Lemming Bd.6
Slupetzky, Stefan

Im Netz des Lemming / Lemming Bd.6


ausgezeichnet

Ein schönes Leseerlebnis – unterhaltsam und klug!
Dieser Kriminalroman mit österreichischem Lokalkolorit hat mich mit seinem Facettenreichtum und einem gelungenen Balanceakt zwischen Leichtigkeit und Tiefgründigkeit tief beeindruckt. Es ist wirklich erstaunlich, wie gut es Slupetzky gelingt, einen feinen Humor mit einem scharfen Blick auf gesellschaftliche Phänomene und politische Entwicklungen sowie der traurigen Geschichte eines kleinen Jungen, der in den Tod getrieben wird, zu kombinieren, ohne dass diese Kombination an irgendeiner Stelle unpassend erscheint. Der ganze Roman ist von einer tiefen Menschlichkeit geprägt.
Durch die Thematik von Cybermobbing, Hasspostings und Meinungsbildung im Internet werden bedrohliche gesellschaftliche Phänomene angesprochen. Zum Nachdenken über mein eigenes Verhalten brachten mich vor allem die wichtigen Themen der Leichtgläubigkeit vieler Internetnutzer und der mangelnden Streitkultur – und ich liebe es, wenn ein Buch es schafft, dass ich mich selbst kritisch betrachte! Dass auch gewisse politische Entwicklungen in Österreich den Autor inspirierten, ist offensichtlich ...
Dennoch ist dies kein politisches oder rein gesellschaftskritisches Buch, das mit erhobenen Zeigefingern wedelt oder zu belehren versucht, sondern ein einfühlsam geschriebener Roman, in dem es um eine Reihe persönlicher Schicksale geht. Dabei präsentiert Slupetzky viele interessante Charaktere, auch Nebenfiguren hinterlassen trotz der Kürze ihres Auftritts einen starken Eindruck. Und immer wieder kreieren wenige Zeilen Wow-Momente.
Ich kann diesen Roman nur mit ganz vielen positiven Adjektiven überschütten – der Autor schreibt wortgewandt, weise, warmherzig, berührend, unterhaltsam, tiefgründig … Sein Schreibstil ist voller Leichtigkeit verfasst und gleichzeitig ist die Geschichte stark verdichtet, sodass es sich lohnt, genauer hinzuschauen, und sich viele Entdeckungen bieten.
Für mich ein ganz großes Lese-Highlight!

Bewertung vom 27.01.2020
Der unschuldige Mörder
Edvardsson, Mattias

Der unschuldige Mörder


sehr gut

Dieser Roman ist weit von einer oberflächlichen, bluttriefenden Thrillerwelt entfernt und überrascht mit einer einfühlsam geschilderten Erzählung und spannenden Einblicken in die Kunst des Schreibens. Ein ansprechender Schreibstil trifft bei diesem Hörbuch auf einen hervorragenden Erzähler, Torben Kessler, dessen Stimme mich ganz in den Bann der Geschichte zog.
Im Mittelpunkt der Handlung steht Zack, der aufgrund des Zeitungssterbens seinen Job verloren hat und nun versucht, im kreativen Bereich Zuflucht zu finden. Seine Idee, ein Buch über den Fall eines verschwundenen und vermutlich ermordeten Schriftstellers Leo Stark, der sich während seiner Studienzeit ereignet hatte, zu schreiben, weckt die Geister der Vergangenheit …
Zack war mir aufgrund seiner Gradlinigkeit sehr sympathisch. Dass die Hörer die beiden Handlungsebenen, die Vergangenheit und die Gegenwart, zum größten Teil aus seiner subjektiven Sicht erleben, ist allerdings nicht ganz unproblematisch, was auch vom Autor auf geschickte Weise thematisiert wird, beispielsweise merkt Zack selbst, dass er sich lange Zeit ein völlig falsches Bild von seiner Tante gemacht hat. Vielleicht liegt es also an der Tatsache, dass auf Zacks Einschätzung nicht unbedingt Verlass ist, dass der große gefeierte Autor Leo Stark, das mutmaßliche Opfer, auf mich so extrem eindimensional und abstoßend wirkt. Leo Stark benutzt und verachtet andere Menschen nur und die Faszination, die er auf sein Umfeld ausübt, wird so nur schwer nachvollziehbar.
Auch Zacks Mutter ist (aus Zacks Sicht erlebt) etwas übertrieben karikaturistisch dargestellt. Allerdings schenkt dies den Szenen mit Zack und seiner Mutter eine erfrischend lustige Note, was der ansonsten eher traurigen Erzählung guttat.
Durch den literarischen Kurs, den Zack und seine Freunde während ihrer Studienzeit belegt hatten und der sie auch mit Leo Stark in Kontakt brachte, bietet dieses Hörbuch auch eine Fülle von Thesen und Überlegungen zur Kunst des Schreibens, die ich als Bücherwurm unglaublich interessant fand, auch wenn mich das enge und elitäre Bild, das Zacks Dozentin und Leo Stark zeichnen, eher abstößt.
Ein Thriller der etwas anderen Art – hat mir gut gefallen!

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.01.2020
Das Geheimnis von Wishtide Manor / Laetitia Rodd Bd.1
Saunders, Kate

Das Geheimnis von Wishtide Manor / Laetitia Rodd Bd.1


gut

Eigentlich liebe ich es, lesend in andere Zeiten einzutauchen, und daher habe ich mich auch sehr über das historische Setting und passende Vergleiche wie „gefühlsdusseliges altes Dampfkesselchen“ (S. 16) gefreut. Doch der Standesdünkel und die Grausamkeit der gesellschaftlichen Regeln brachten mich, auch wenn sie der Erzählung natürlich einen authentischen Anstrich verliehen, immer wieder zum Augenrollen und so war ich von dieser literarischen Zeitreise leider eher genervt als fasziniert.
Dafür fand ich die Hauptfigur Laetitia Rodd gut dargestellt, gerade weil sie ein paar Ecken und Kanten hat. Sie ist zwar sehr schnell darin, andere in Schubladen zu stecken, ist aber auch bereit, ihre Meinung zu ändern. Sie besitzt ein großes Herz und ist als nicht gerade vermögende Witwe, die sich in diesen Zeiten behaupten muss, bewundernswert tapfer.
Der Untertitel „Laetitia Rodds erster Fall“ ist im Übrigen irreführend, denn es wird immer wieder auf frühere Fälle verwiesen, in denen sie ermittelt hat, es handelt sich also lediglich um den ersten Roman zu einem ihrer Fälle. Zum Fall selber: Er hat eine romantisch-tragische Note, die mich etwas an die Brontë-Romane erinnerte, auch wenn ich diese wesentlich beeindruckender als dieses Buch fand. Die begangenen Verbrechen hingegen können mit ihrer Grausamkeit durchaus mit den Bluttaten moderner Thriller mithalten ...
So fand ich die Erzählung zwar spannend und fühlte mich unterhalten, war aber auch etwas enttäuscht. Auch der Schreibstil wagte leider keine größeren Höhenflüge, sondern blieb im annehmbaren Durchschnitt.

Bewertung vom 02.01.2020
Offline - Du wolltest nicht erreichbar sein, Jetzt sitzt du in der Falle.
Strobel, Arno

Offline - Du wolltest nicht erreichbar sein, Jetzt sitzt du in der Falle.


ausgezeichnet

Für dieses Buch ließ ich trotz Weihnachtsstress alles stehen und liegen, denn es wollte unbedingt an einem Tag gelesen werden – eine nervenzerfetzend spannende Geschichte mit einer Fülle interessanter Charaktere.
Großartig gewählt fand ich schon den Handlungsort: ein abgelegener, leerstehender Hotelkomplex in den Bergen, in dem eine Gruppe Digital-Detox-Erholungssuchender zusammen mit zwei Hausmeistern durch einen Schneesturm von der Außenwelt und somit jeglicher Hilfe von außen abgeschnitten ist – und in dem ein offenbar schwer gestörter Mensch grausame Taten begeht ... Die schiere Größe und Unüberschaubarkeit mit abgesperrten, noch nicht renovierten Bereichen tragen zum Aufbau der Spannung bei.
Aus diesen Anklängen an die genialen Handlungskonstruktionen von Agatha Christie und mit der Stephen-King-würdigen Location hat Strobel seinen ganz eigenen, unglaublich spannenden Thriller aufgebaut, in dem es in vielerlei Weise um das "Offline"-gehen geht ... Eine Stimmigkeit der Thematik, deren grauenvollem Charakter Strobel sehr einfühlsame Schilderungen der Gefühle der Opfer entgegenstellt. Hier hebt er sich auf wohltuende Weise von vielen Thrillerautoren, die sich allein auf die ach-so-faszinierenden Psychopathen konzentrieren, ab.
Ein großartiger Pageturner für spannende Lesestunden!

Bewertung vom 02.01.2020
Grappa und die Toten vom See / Maria Grappa Bd.23
Wollenhaupt, Gabriella

Grappa und die Toten vom See / Maria Grappa Bd.23


ausgezeichnet

Von der Grappa-Krimireihe von Gabriella Wollenhaupt fühle ich mich immer gut unterhalten und gleichzeitig zum Nachdenken gebracht. Deshalb freute ich mich sehr, für meine Lago-Maggiore-Reise eine passende Urlaubslektüre von dieser Autorin einpacken zu können. Auch dieser Band ist locker-leicht geschrieben und wird doch den beklemmenden und leider immer noch aktuellen Themen Rechtsradikalismus und Rassismus gerecht.
Handlungsort ist dieses Mal nicht nur Grappas Bierstadt (eine fiktive Stadt, von der gemunkelt wird, dass sich die Autorin dabei stark von Dortmund inspirieren ließ ...), sondern wie schon angedeutet auch die idyllische Kulisse vom Lago Maggiore, wo in diesem Roman eine Bierstädter Familie ermordet aufgefunden wird und wo während der Nazizeit schon einmal ein schreckliches Verbrechen stattgefunden hatte ... Letzteres beruht leider auf einer wahren Begebenheit: 1943 begingen deutsche SS-Mitglieder am Lago Maggiore ein Massaker an Juden …
Die Journalistin Grappa, die auch in diesem Band wieder ermittelt, ist zum Leidwesen einiger ihrer Mitmenschen eine ausgeprägte Freidenkerin, die bei mir mit ihrer Schlagfertigkeit immer wieder für gute Laune beim Lesen sorgte.
Nur zwei unwichtige Kleinigkeiten gefielen mir nicht so gut: der Falschgebrauch der Bezeichnung „Übersetzerin“ für „Dolmetscherin“ – das sind zwei verschiedene Berufe, die unterschiedliche Fähigkeiten und Eigenschaften erfordern und somit manchmal auch von sehr unterschiedlichen Menschen ausgeübt werden. Und: Nur Futter hinstellen für Kater Horsti, während sein Mensch im Krankenhaus ist, finde ich nicht toll, sondern das Mindeste und sogar viel zu wenig Engagement angesichts der Tatsache, dass sich noch Katzenhasser in der Umgebung aufhalten … Dafür hatte ich in diesem Band wieder große Freude an den gewählten Namen - Grappa, Bierstadt und vor allem der Name Horsti für einen Kater brachten mich immer wieder zum Lächeln. Ein bisschen positive Energie benötigte ich als Leserin aber auch, angesichts des traurigen und leider gerade wieder so schrecklich aktuellen Themas ... Die Autorin beweist, dass es möglich ist, auf die in Thrillern üblichen voyeuristisch-detaillierten Beschreibungen blutiger Gräueltaten zu verzichten und dennoch deren Grausamkeit zu verdeutlichen. So flossen dieses Mal bei mir auch einmal Tränen beim Lesen ...
Zusammenfassend lässt sich aber sagen, dass „Grappa und die Toten vom See“ eine sehr schöne Mischung aus einer kräftigen Prise Gesellschaftskritik, humorvollen Dialoge und immerhin einer Katze (Kater Horsti) bietet!

Bewertung vom 21.11.2019
Das Ritual des Wassers / Inspector Ayala ermittelt Bd.2
Garcia Saenz, Eva

Das Ritual des Wassers / Inspector Ayala ermittelt Bd.2


ausgezeichnet

Keltische Kultur, Baskenland und Kantabrien, das ist für mich bereits eine spannende Mischung und weitgehend Neuland. In diesem Thriller gesellen sich noch eine gruselige Mordserie und ein Ermittlerteam hinzu, das so ganz anders, viel einfühlsamer und taktvoller als die Ermittler in den meisten anderen Thrillern, ist. Und die Autorin möchte darüber hinaus, wie sie in ihrer Danksagung im hinteren Teil des Buches erläutert, mit ihrer Erzählung auch eine Botschaft vermitteln, zu der ich mich aber jetzt nicht weiter äußern möchte, um nicht zu viel zu verraten. Kurzum: Dieser Roman ist sehr viel mehr als „nur“ ein Thriller!
Mir gefielen besonders die klare, vereinzelt bildhafte Sprache und die so einfühlsam geschilderten Charaktere. Auch vermeidet die Autorin in ihrer Erzählung weitgehend Klischees und lässt ihre Figuren gerne mal ganz agieren als erwartet.
Zwei kleine Kritikpunkte habe ich trotz meiner allgemeinen Begeisterung gesammelt, die sich aber schnell relativieren lassen: So fand ich die Nutzung von WhatsApp durch die Polizei haarsträubend naiv und daher unglaubwürdig, vor allem auf so unbedarfte Weise … Da muss man doch nicht erst wie ich einmal einen Hacker gekannt haben, um zu wissen, dass sensible Daten (oder überhaupt irgendwelche Informationen) nicht WhatsApp anvertraut werden dürfen! Aber ich habe gerade etwas gegoogelt und zu meinem Erstaunen erfahren, dass die dienstliche Nutzung von WhatsApp für Polizisten zumindest in Deutschland verboten wurde. WhatsApp-nutzende Polizisten gibt bzw. gab es also tatsächlich – nicht zu fassen ... Ferner ließ meiner Meinung nach die Qualität der Übersetzung zum Schluss hin etwas nach (beispielsweise auf S. 512: „Päckchen, dass“). Das jedoch ist Jammern auf hohem Niveau, denn gerade den Schreibstil fand ich im Allgemeinen sehr ansprechend.
Besonderes Lob und Anerkennung verdienen im Übrigen auch die Zusammenstellung und Gestaltung des Buches: Vorne enthält das Buch einen Ausschnitt aus einem Stadtplan von Vitoria, hinten eine Karte mit der Lage der wichtigsten Städte – damit kann man mich immer begeistern, das schenkt einer Erzählung einen so herrlichen Anstrich von Authentizität! Wieder einmal viel zu spät entdeckt habe ich das praktische Glossar im Anhang, dem auch ein Personenregister vorangestellt ist. Und schließlich beeindruckte mich, dass trotz manchmal großer Beanspruchungen der Buchrücken wie durch Zauberei das Lesen ohne eine einzige Buchrille überstanden hat.
Ein ungewöhnlicher Thriller in hochwertiger Gestaltung, facettenreich und sensibel erzählt – sehr lesenswert!