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Karo adores... [http://karoadores.blogspot.com]
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 99 Bewertungen
78910
Bewertung vom 17.04.2011
Sturmsommer
Belitz, Bettina

Sturmsommer


sehr gut

Wenn Tom im Stall bei seinem Schimmelwallach Damos sein kann, ist er glücklich und zufrieden. Er braucht den ganzen Kram nicht, den die Pubertät so mit sich bringt: Verliebtsein, Mädchen und so. Mit Damos im Galopp über die Wiesen reiten ist für ihn das beste Gefühl der Welt, deswegen möchte er auch so gern mit auf die Reiterfreizeit in den Sommerferien. Dafür würde er alles tun, und er muss sich auch wirklich anstrengen: Denn wenn er nicht in der nächsten Mathe-Klassenarbeit mindestens eine Vier bekommt, darf er nicht mit. Mathe ist für ihn ein Rätsel, genauso wie Tanja, die immer nur Einsen bekommt und sich von allen zurückzieht - und die muss ihm nun zu allem Überfluss auch noch Nachhilfe geben, und dass, wo er sie doch wirklich überhaupt nicht leiden kann. Nur eins verbindet sie: die Liebe zu Pferden. Und diese Liebe soll auch zwischen den beiden letztendlich zu einem Verständnis führen; doch nicht ohne einen tragischen Showdown in den Reiterferien...

Mein nunmehr siebtes Buch von Bettina Belitz, die es endgültig in die Hall of Fame meiner absoluten Lieblingsautoren geschafft hat, hat es mal wieder in sich. Liebe, Pferde, Druck in der Schule, Vorurteile... Alles ist in einem 245-Seiten-starken Buch drin, und das nicht zu knapp. Bettina Belitz erzählt mal wieder von einem starken, aber auch sensiblen Jungen, der sich selbst und die Welt langsam anfängt zu verstehen, aber trotzdem mit vielen Selbstzweifeln und Unsicherheiten geplagt wird. Frau Belitz versteht es, sich in ihre jungen Protagonisten hineinzuversetzen, kann ihre Gefühle genau schildern und nachvollziehen. Erstaunlich, wie oft ich dachte: "Genauso hab ich mich damals als 14-Jährige auch oft gefühlt." Das Pferdethema ist wieder ein tragendes, jedoch nicht das einzige: Wie ich schon sagte verarbeitet die Autorin hier sehr viele Themen, die junge Leser definitiv ansprechen und schildert Situationen, die vollkommen aus dem Leben gegriffen sind. Faszinierend, wie sie es immer wieder schafft, auch kleine Botschaften in noch so subtilen Sätzen einzubauen. Man kämpft förmlich zusammen mit Tom, um die Ungerechtigkeiten der Welt zu verstehen, und wenn es nur darum geht, dass er keine Logik in binomischen Formeln findet.

Jedoch muss ich trotzdem sagen, dass meiner Meinung nach dieses Buch bis jetzt das schwächste ist, was ich von ihr lesen durfte. Der Schreibstil ist noch nicht so ausgefeilt, wie bei ihren späteren Werken, besonders am Anfang hat mich der teilweise telegrammartige Satzbau gestört. Auch fand ich, dass Tom teilweise doch zu extrem reagierte, selbst für einen pubertierenden 14-Jährigen, und dass ihm vermeintliche Kleinigkeiten doch etwas zu stark auf die Stimmung drückten, weshalb er fast durchgängig schlechte Laune zu haben scheint.

Das Ende jedoch hat mich wieder versöhnt, es kommt alles zusammen und löst sich in einem spannenden Finale auf. Denn eins kann ich nicht bestreiten: Auch dieses Buch war trotz allem wieder ein echter Pageturner!

Bewertung vom 17.04.2011
Water for Elephants
Gruen, Sara

Water for Elephants


ausgezeichnet

Als Jacobs Eltern bei einem Autounfall ums Leben kommen, steht Jacob vor dem Nichts. Er muss erfahren, dass seine Eltern hoch verschuldet waren, und er dadurch nicht wie geplant die Tierarztpraxis seines Vaters übernehmen kann. Hals über Kopf verlässt er sein Elite-College kurz vor der Abschlussprüfung und springt des Nächtens auf einen Zug auf. Und schon befindet er sich im größten Abenteuer seines Lebens: Denn der Zug ist nicht irgendeiner, nein, er beherbergt die "Benzini Brother's Most Spectacular Show on Earth", ein Wanderzirkus mit allerlei Absurditäten und exotischen Tieren. Dort verdingt er sich als Tierarzt und muss bald erkennen, dass der schöne Schein des Zirkuslebens nur oberflächlich ist: Es gibt eine strenge Hierarchie zwischen Arbeitern und Künstlern, und auch die Tiere zählen nicht viel. Als sich Jacob dann auch noch in Marlena, die wunderschöne Tierdompteuse des Zirkuses, verliebt, ist eine Tragödie vorprogrammiert: Denn August, ihr Ehemann, ist jähzornig und unberechenbar. Es dauert nicht lange, und die Situation eskaliert.

Water for Elephants ist wirklich ein faszinierender Roman. Die Geschichte ist schillernd und bunt, ganz so, wie man sich auch einen Zirkus vorstellt. Sara Gruen schildert die Ereignisse leicht und ungekünstelt, ihre Charaktere sind äußerst interessant und haben alle etwas Geheimnisvolles an sich. Dass Sara Gruen die Geschichte aus Jacobs Sicht, und vor allem sozusagen in der Retrospektive schildert, macht die Geschichte nur noch glaubwürdiger, man fühlt sich noch näher am Geschehen. Es beginnt damit, dass man den 90-jährigen (oder vielleicht ist er auch 93, er weiß es nicht mehr so ganz genau) Jacob kennenlernt, der in einem Seniorenheim wohnt. Es kommt ein Zirkus in die Stadt, und das bewirkt, dass sich der alte Jacob an seine Zeit beim Zirkus erinnert. Der Großteil des Buches erzählt die Geschichte des jungen Jacob, aber auch dem alten Jacob sind durch einige Zeitsprünge mehrere Kapitel gewidmet, die noch einmal eine Geschichte erzählen. Diese Vorgehensweise ist spannend und außergewöhnlich, und ich fand es sehr angenehm, zwischendurch auch mal von den Geschehnissen der Haupthandlung aufatmen zu können. Ich mochte das Setting des Buches sehr, Zirkusse haben immer eine tolle Atmosphäre und gerade auch die Zeit der Prohibition in Amerika gibt dem ganzen noch einen interessanten Kontext. Was im Zirkus der Benzini Brothers passiert, ist gleichzeitig faszinierend, wie erschreckend, was mich auch gleich zu meinem größten und vor allem einzigen Kritikpunkt bringt: Ich bin eine sehr sensible Haut, wenn es um Tiermisshandlungen geht. Die Schilderungen, wie August, Marlenas Mann, die Elefantendame Rosie, den neuen Star des Gespanns, durch Gewalt brechen will, waren mir teilweise einfach zu viel. Auch alle anderen Tiere werden nicht gerade artgerecht behandelt, und das war für mich wirklich schwer zu lesen. Ich bin da schon seit der Kindheit sehr empfindlich, und daher hat sich bei solchen Szenen für mich der Lesegenuss ein bisschen geschmälert. Nichtsdestotrotz bin ich mir vollkommen darüber im Klaren, dass das damals (und vielleicht ist es das auch heute noch) nun mal Alltag im Zirkusgeschäft war, daher kritisiere ich das nicht grundsätzlich, sondern will nur warnen, dass es äußerst schwere Kost ist für solche, die genauso sensibel sind wie ich.
Doch insgesamt betrachtet, ist das Buch dennoch eines der schönsten, die ich in der letzten Zeit gelesen habe, und ich finde es grandios, dass es demnächst als Film in die Kinos kommt. Ich denke, das Buch ist die perfekte Grundlage für einen wunderschönen Film, und ich finde die Besetzung mit Robert Pattinson, Reese Witherspoon und Christoph Waltz mehr als gelungen.

Bewertung vom 17.04.2011
Gegen die Zeit / Magierdämmerung Bd.2
Perplies, Bernd

Gegen die Zeit / Magierdämmerung Bd.2


sehr gut

(Da es sich um den zweiten Teil einer Reihe handelt, ist die Inhaltsangabe natürlich mit Vorsicht zu genießen, da sie Spoiler zu Teil 1 enthalten könnte!)

Seitdem Jonathan den sterbenden Lordmagier Dunholm in einer Gasse fand, hat sich sein Leben von Grund auf geändert: Nicht nur, dass er von einer geheimen Welt der Magie erfährt und er nun selbst auch Magie wirken kann. Nein, diese Welt ist auch noch im Begriff, zusammenzustürzen, da der Verrückte Wellington die Wahre Quelle der Magie geöffnet hat und nun versucht, die Macht zu übernehmen. Jonathan wird hineingezogen in einen Strudel tragischer Ereignisse, an denen er nicht ganz unbeteiligt ist. Und schlimmer noch, auch seine Freunde aus der "alten" Welt werden hineingezogen, als Druckmittel, um ihm den Ring Dunholms abzunehmen. Dieser ist nämlich der Schlüssel, wie Dunholm ihm im Sterben schon anvertraute. Doch wofür dieser der Schlüssel ist, muss Jonathan erst noch rausfinden, und diese Suche ist nicht ohne Verluste zu bewältigen, auf beiden Seiten...

Atemlos habe ich vor ein paar Minuten das Buch zugeklappt und bin immer noch aufgeregt ob der Ereignisse im letzten Teil des Buches. Bernd Perplies hat hier wiederrum ein Steampunk-Spektakel geschaffen, und das nicht zu knapp. Die Besonderheit dieses Genres kommt im zweiten Band der Magierdämmerung-Trilogie noch mehr zum Tragen, trifft man doch auf weitere unglaubliche Verbindungen von Magie und Technik, nicht zuletzt die legendäre Nautilus mit einem seltsamen Eigenleben. Wer nun sagt, das wäre nichts für ihn, dem empfehle ich, es einmal zu probieren: Mir ging es anfangs genauso, nun aber muss ich zugeben, dass mich das Genre, zumindest bei Herrn Perplies (denn nur von ihm kenne ich derzeit Steampunk), vollkommen überzeugt.
Die Geschichte an sich braucht etwas, um einen vollkommen an die Seiten zu fesseln, so wie es auch schon beim ersten Band war, aber wenn man dann einmal wieder dabei ist, dann mit Haut und Haar. Zum Finale überschlagen sich die Ereignisse und lassen einen voller Spannung auf den dritten Teil zurück. Wie auch schon beim letzten Teil muss man hier die Charaktere lobend erwähnen. Sie sind liebevoll gezeichnet und haben alle ihren ganz besonderen Reiz, die einen mehr, die anderen weniger. Lediglich die weibliche Hauptperson, Kendra, hat Perplies meiner Meinung nach etwas stiefmütterlich behandelt. Über diese Person würde ich im letzten Band gern mehr erfahren. Desweiteren zeichnete sich nur seeeeehr zart eine beginnende Liebesgeschichte zwischen Kendra und Jonathan ab, die ich auch gern mehr ausgebaut sehen würde (ich bin eben doch ein Mädchen, was nicht ganz ohne Liebe auskommt... ^^).
Ansonsten kann ich nur sagen: Lest diese Bücher, ihr werdet es nicht bereuen!

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.04.2011
Waiting for you
Colasanti, Susane

Waiting for you


sehr gut

Marisa wünscht sich nur eins für das neue Schuljahr: Endlich einen Freund haben. Derek wäre der perfekte Kandidat dafür, doch der scheint sich nicht für sie zu interessieren. Als er jedoch endlich auf sie aufmerksam wird, und eigentlich alles gut sein müsste, erfährt Marisa etwas Schreckliches: Ihre Eltern wollen sich trennen. Und das, wo sie immer dachte, ihre Eltern wären anders als die anderen. Für sie bricht eine Welt zusammen, und sie gerät in die Gefahr, wieder in eine Depression abzurutschen, so wie sie sie im Jahr davor schon hatte. Die einzigen zwei Menschen, die sie da noch herausholen können, sind ihr bester Freund Nash, mit dem sie jedoch ein paar Problemchen hat, seitdem er ihr gestanden hat, dass er in sie verliebt ist, und "Dirty Dirk", ein Typ, der jeden Abend eine amateurhafte Radioshow sendet, bei der die ganze Schule zuhört... Marisa hat das Gefühl, dass er genau wüsste, wie es ihr geht und dass er ihr dadurch auch helfen könnte, sich wieder besser zu fühlen. Wenn sie doch nur wüsste, wer er ist.

Die Beschreibung klingt auf den ersten Blick relativ seicht, das Buch ist es jedoch nicht. Susane Colasanti beschreibt ein Mädchen, dass stellvertretend für viele Mädchen dieses Alters stehen könnte: von Selbstzweifeln geplagt, den Druck der Schule und der Schulkameraden auf den Schultern, sucht sie trotzdem nach ihrem Glück und nach einem erfüllten Leben. Dass da Beziehungsprobleme und Probleme mit ihren Eltern ihr ab und zu einen Strich durch die Rechnung machen, ist eigentlich das Normalste der Welt. Doch Marisa, die Protagonistin, leidet hier sehr unter solchen vermeintlich banalen Problemen, ist sehr anfällig für Stimmungsänderungen und verkriecht sich schnell davor. Susane Colasanti beschreibt ihren Schmerz und ihre Verzweiflung, solche "einfachen" Probleme nicht in den Griff zu bekommen und die Angst davor, wieder depressiv zu werden, sehr eindringlich und glaubhaft, und zeigt auch Wege aus diesem Tief.
Auch Nash ist eine sehr interessante Figur, auch wenn er mir am Anfang viel zu kindisch vorkommt, im Gegensatz zum weiteren Verlauf, in dem er eine rasante Entwicklung zum fast Traumtypen durchmacht. Dass er sehr stark ist, aber Susane Colasanti ihn auch äußerst verletzlich darstellt, macht ihn nur noch authentischer.

Insgesamt war mir der Plot jedoch zu unausgereift, trotz der aussagekräftigen Charaktere. Colasanti packt viel in ihren Roman, und ich hatte manchmal das Gefühl, dass sie einfach jedes einzelne Problem, was Teenager haben könnten, ansprechen wollte. Das war mir zu überladen. Auch der Schreibstil war nicht meins. Das macht es jedoch trotzdem zu einem lesenswerten Jugendroman für Jugendliche ab ca. 13 Jahren, mit deutlicher Neigung zu den weiblichen Lesern. Schon allein das Cover ist natürlich eher für Mädchen geeignet.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.04.2011
Level 3: Noughts and Crosses Book and MP3 Pack
Blackman, Malorie

Level 3: Noughts and Crosses Book and MP3 Pack


gut

Sephy und Callum wachsen zusammen auf, spielen zusammen, sind beste Freunde. Doch in ihrer Welt dürfen sie nicht zusammen sein. Denn Sephy ist eine Cross, die führende Rasse ihrer Welt, bestimmt durch ihre Hautfarbe, sie ist schwarz. Callum ist weiß, und daher ein Nought, und wie der Name schon sagt: ein Nichts, ein Niemand. Noughts waren früher die Sklaven der Crosses, das hat sich geändert. Politische Bewegungen haben dazu geführt, dass Noughts nun sogar zusammen mit Crosses die Schule besuchen dürfen, sofern sie die Aufnahmeprüfung bestehen. Callum ist so ein Nought, er darf auf Sephys Schule gehen. Doch dort ergeben sich für die beiden Freunde ganz neue Probleme: Hier sind sie nicht unter sich, sondern müssen ihre Freundschaft gegenüber anderen rechtfertigen. Callum erkennt sofort, dass das nicht möglich ist, wohingegen Sephy es auf Biegen und Brechen versucht, und erst auf die harte Tour lernen muss, dass eine Freundschaft zwischen Crosses und Noughts von niemandem gern gesehen wird. Und je älter Sephy und Callum werden, desto mehr zeigt sich ihnen die harte Realität: Irgendwann geht es nicht mehr nur um Hautfarbe, oder um das Zusammensitzen in der Cafeteria. Es geht um Leben und Tod.

Ich hatte mir irgendwie sehr viel von dem Buch erwartet. Soviel Lob und so viele Preise, wie dieses Buch eingeheimst hatte, konnte ich mir nicht vorstellen, dass es mir nicht gefallen würde.
Das stimmt auch, wenn wir vom Schreibstil und von den Charakteren sprechen. Malorie Blackman schreibt sehr flüssig, beschönigt nichts, sucht keine blumigen Worte. Das würde hier auch sicherlich nicht passen. Dennoch sind ihre Hauptfiguren Callum und Sephy Figuren, mit denen man sich identifizieren kann. Sie wollen nichts Außergewöhnliches, haben Träume von einem ganz normalen Leben, die jeder Teenager hat, und wahrscheinlich nachvollziehen kann, die ihnen jedoch leider verwehrt bleiben. Deswegen fiebert man mit den beiden mit, kann ihren Schmerz, ihre Wut, aber auch ihre Liebe spüren. Mit einem anderen Hintergrund hätte das Buch definitiv die volle Punktzahl verdient.
Was mir jedoch nicht gefallen hat, ist die Problematisierung des Themas. Das Thema ist schnell gefunden, es geht um Diskriminierung, um Rassismus, um Vorurteile. Und genau da setzt auch meine Kritik an: Malorie Blackman stößt uns sozusagen mit der Nase darauf. Subtilität ist nicht ihr Ding, nein, sie mag es eher plakativ. So wird in ihrem Buch aus Schwarz lediglich Weiß, und aus Weiß Schwarz. Ich meine, offensichtlicher geht es doch kaum, oder? Diese Umkehr unserer Realität, diese Frage nach dem "Was wäre, wenn es umgekehrt wäre?" drängt sich so sehr auf, dass ich es schon fast aufdringlich finde. Wortspielereien, wie wenn aus "Christmas" "Crossmas" wird, finde ich dann nur noch die Spitze des Eisbergs. Malorie Blackman zeigt uns die Welt in ihrem Buch tatsächlich mehr schwarz-weiß als in Grautönen, und das kreide ich ihr sehr an. Eigentlich sollte das Buch ja Bewusstsein für dieses Thema schaffen, so, dass man auch sensibler damit umgeht; ich finde jedoch nicht, dass das Buch das schafft. Es schafft Betroffenheit, Schockiertheit, Mitgefühl beim Lesen - das definitiv - aber Bewusstsein, wenn man es sozusagen auf dem Silbertablett serviert bekommt? Nicht unbedingt. Somit kann ich das Buch nicht, wie viele andere, gut bewerten und es bekommt nur dreieinhalb von fünf Sternen

Bewertung vom 17.04.2011
Krieg
Teller, Janne

Krieg


gut

Janne Teller macht in ihrem kleinen Büchlein ein interessantes Gedankenexperiment. Sie überlegt sich ein Szenario, in dem Deutschland Kriegsgebiet wird, aufgrund des Zusammenfalls der europäischen Union, und nun die Einwohner Asyl in einem anderen Land suchen müssen. Hier begegnen ihnen Probleme: fehlende Integration, Schwierigkeiten mit der Sprache, Verständnisprobleme beim Zusammentreffen verschiedener Kulturen. Bezeichnenderweise ist es ein arabisches Land, das den deutschen Kriegsflüchtlingen hier Asyl bietet.

Ich fand den Klappentext des Buches von Janne Teller von Anfang an sehr interessant. Hier wird ein - leider - ganz "normales" Szenario dargestellt, was uns im Alltag immer wieder begegnet: Kriegsflüchtlinge kommen in ein fremdes Land und müssen sich dort integrieren. Jedoch ist hier die Perspektive ein bisschen verdreht, denn plötzlich sind es die Deutschen, die Asyl suchen und von einem arabischen Land aufgenommen werden. Eine ungewöhnliche Perspektive, wie sie noch nicht vorgekommen ist. Janne Teller schreibt sehr präzise, formuliert ihre Sätze fast in Versform, das Buch ist zudem immer wieder unterbrochen von Illustrationen und kleinen Zeichnungen. Überhaupt ist das Buch ein kleines Kunstwerk, das Format und die Aufmachung sehen einem deutschen Pass täuschend ähnlich, leider ist deswegen aber auch der Umfang des Buches eher dürftig. Es ist wohl eher ein kleiner Kommentar, ein Bericht, ein Denkanstoß, den Janne Teller hier bietet. Tiefgründig kann die Geschichte daher nicht werden, sie bleibt oberflächlich, schafft es aber zum Ende dennoch, Fragen aufzuwerfen und interessante Ansätze zu liefern. Trotzdem ist es kein Buch, dass man lesen muss, somit gebe ich nur drei von fünf Sternen.

Bewertung vom 17.04.2011
Das Blut der Lilie
Donnelly, Jennifer

Das Blut der Lilie


ausgezeichnet

Diandra, genannt Andi, lebt in Brooklyn, New York, geht zur besten Schule der Stadt, hat einen Genetik-Professor als Vater und eine Künstlerin zur Mutter. Eigentlich könnte ihr Leben perfekt sein, ist es aber nicht: Vor zwei Jahren starb ihr kleiner Bruder, und sie gibt sich immer noch die Schuld daran. Die Mutter hat sich vollkommen zurückgezogen und malt nur noch Porträts ihres verstorbenen Sohns, Andis Vater hat eine neue Familie gegründet. Andi selbst sieht kaum mehr Sinn in ihrem Leben, steht mehrmals am Abgrund. Nur ihre Musik hält sie davon ab, zu springen: Andi ist eine außergewöhnlich begabte Gitarrenspielerin. Die Musik hilft ihr zu vergessen, sich für ein paar Augenblicke wieder besser zu fühlen; alles andere schafft das nicht mehr. Als ihr Vater sie in den Ferien mit nach Paris nehmen möchte, ist sie zuerst alles andere als begeistert. Sie möchte lieber bei ihrer Mutter bleiben, welche gerade erst in eine Klinik eingeliefert wurde, doch ihr Vater bleibt standhaft. In Paris angekommen, findet Andi ein altes Tagebuch in einem Gitarrenkoffer, in dem ein Mädchen namens Alexandrine von den Ereignissen der französischen Revolution berichtet. Und Andi ist vollkommen gefangen vom Tagebuch, wird förmlich hineingezogen. Denn auch Alex hat einen geliebten Jungen verloren: Den damaligen Kronprinzen Louis Charles, den Sohn von Marie Antoinette und Ludwig XVI. ...

Ich habe von Jennifer Donnelly schon Die Teerose und Die Winterrose gelesen und förmlich verschlungen. Deswegen habe ich mich auf ein neues Buch von ihr sehr gefreut. Jedoch muss ich sagen, dass ich etwas ganz anderes erwartet hatte. Ihre zwei historischen Romane sind echte Schmöker, lesen sich toll und sind dadurch aber auch nicht sehr tiefgründig. Dieses Buch hat aber etwas ganz Besonderes: Die Geschichte fesselt einen von Anfang an, man will wissen, was mit Andi passiert ist, dass es ihr so schlecht geht. Zudem sind die Personen, die Begebenheiten, die Musik, die historischen Fakten so gekonnt miteinander verwoben, dass man denkt, man wäre selbst dabei. So wie auch Andi förmlich vom Tagebuch verschlungen wird, taucht man tief in Andis und auch in Alex' Geschichte ein. Andi ist ein ganz besonderer Mensch: Tief von Selbstzweifeln und Schuldgefühlen geplagt, ist sie der Welt überdrüssig, obwohl man sehr deutlich merkt, dass sie wieder am Leben teilnehmen möchte, jedoch nicht weiß, wie. Ihre Liebe zur Musik wird zu einem zentralen Thema im Buch und man merkt immer wieder, wie liebevoll die Autorin dieses Thema einflicht. Es sind viele verschiedene Geschichten, die Jennifer Donnelly miteinander verkettet: Einmal natürlich Andis, dann die von Alex und zum Schluss schreibt sie sogar über das Schicksal des fiktiven Musikers aus dem 18. Jahrhundert Amadé Malherbeau. Der Schluss bekommt eine leicht fantastische Komponente, die man verschieden interpretieren kann, aber nicht nur zuletzt das macht das Buch zu einem ganz besonderen, nie dagewesenen. Dass als historischer Hintergrund eine der interessantesten (zumindest für mich) Epochen der Geschichte beschrieben wird, nämlich die Französische Revolution, gewählt wird, ist nur ein weiterer Punkt auf der langen Liste der positiven Punkte des Buches. Es gibt viel zu wenige gute Bücher über diese Zeit. Meine Erwartungen an das Buch wurden also demnach nicht erfüllt, nein, sondern vollkommen übertroffen! Einen kleinen Kritikpunkt muss ich an den Verlag richten: Die Aufmachung des Buches und der Klappentext werden dem Buch nicht annähernd gerecht, man könnte meinen, dass es sich hier um einen typischen Frauenroman handelt (so wie ihre anderen Werke), so ist es aber überhaupt nicht. Also empfehle ich das Buch auch allen, die nicht gern Frauenromane lesen. Hier geht es um so viel mehr, und es ist ein Genuss, das Buch zu lesen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.04.2011
Sternenwandler
Buchanan, Tracy

Sternenwandler


gut

Als Tori den mysteriösen Cam trifft, hat sie sofort das Gefühl, dass er anders ist als die anderen. Zudem fühlt sie sich sehr zu ihm hingezogen, was sich nur noch verstärkt, als sie merkt, dass er wirklich anders ist: Cam ist ein Gestaltenwandler aufgrund eines seltenen Gendefekts, er kann sich in jede erdenkliche Gestalt verwandeln, die er möchte. Tori ist vollkommen fasziniert und schnell verliebt sie sich mit Haut und Haar. Doch ihr Vater sieht die Verbindung alles andere als gern, ist er doch der Chef der Security der Firma, die diesen Gendefekt verursacht hat. Die Firma will das alles vertuschen, will nicht, dass es an die Öffentlichkeit gerät, und plötzlich steht Tori genau zwischen den Fronten und befindet sich sogar in Lebensgefahr.

Ganz überraschend flatterte das Rezensionsexemplar von Tracy Buchanans Erstlingswerk in meinen Briefkasten. Ich hatte vorher nichts von diesem Buch gehört, umso überraschter war ich. Allerdings bin ich etwas zwiegespalten. Die Geschichte an sich hat definitiv Potential und ist interessant. Jedoch gab es für mich zu viele Ungereimtheiten. Nie habe ich wirklich verstanden, warum die Firma Altus nun genau verhindern muss, dass die Sache mit dem Gendefekt rauskommt. Zudem waren die wissenschaftlichen Ansätze, dieses Gestaltwandeln zu erklären, für mich nicht nachvollziehbar und einfach auch zu oberflächlich, um wirklich plausibel zu sein. Da hätte ich die gute, alte Magie doch passender gefunden. Zudem war mir der Schreibstil... ja, ich kann es schlecht beschreiben... ich fand ihn etwas holprig, wenn man das so sagen kann. Definitiv sind da gute Ansätze zu erkennen, aber für mich ist er noch zu unausgereift. Ich kann das schlecht festmachen an bestimmten Beispielen, einfach, weil mir auch keine mehr einfallen, aber dieses Gefühl hat mich das ganze Buch über begleitet.
Nichtsdestotrotz unterhält das Buch gut, die Charaktere haben definitiv gute Ansätze und es ließ sich in einem Zug weglesen. Alles in allem also absolut kein kompletter Reinfall, sondern einfach nicht meins.

Bewertung vom 17.04.2011
Neva
Grant, Sara

Neva


sehr gut

"Manchmal kann eine einzige Schneeflocke eine Lawine auslösen."

Ein weiterer Dystopie-Roman hat mich mal wieder in seinen Bann gezogen. Sara Grants Werk konnte mich zum größten Teil überzeugen, mit einigen wenigen Abzügen. Ihr Schreibstil ist angenehm zu lesen, und fesselt einen förmlich an die Seiten. Auch ihre Charaktere zeichnet sie sehr schön, besonders Neva und Sanna lernt man gut kennen. Allerdings sind mir die männlichen Charaktere etwas zu oberflächlich geblieben, sowohl Ethan, Braydon und auch Nevas Vater bleiben mir für den größten Teil etwas fremd, was eigentlich auch mein größter Kritikpunkt ist. Man merkt deutlich, dass Sara Grant besser mit ihren weiblichen Charakteren klarkommt, weswegen sie auch auf diese einen größeren Augenmerk legt.

Die Geschichte allerdings lässt nichts zu wünschen übrig. Man ist genauso fasziniert wie abgestoßen von dieser dystopischen Welt, fragt sich, wie das Leben in Heimatland aussieht und warum es dazu kommen konnte. Die Geschehnisse schockieren immer mehr, bis sie zum Schluss zum absoluten Höhepunkt zugespitzt werden, weshalb man dann nur noch den Kopf schütteln kann. Besonders interessant fand ich, dass Sara Grant eben nicht durch fortgeschrittene Technologien ihre Dystopie aufbaut, sondern eher gegenteilig, nämlich durch Rückschritt der Zivilisation und durch einen biologischen Fakt. Das war für mich neu, und daher auch sehr erfrischend. Wenn man das Buch zuklappt und die letzten Seiten gelesen hat, ist man fast atemlos, zumindest ging es mir so, und tief bewegt. Der Schluss ist an sich offen, man weiß also nicht, wie es wirklich endet, aber die Autorin lässt Platz für Spekulation, für die eigene Vorstellung und deswegen war es doch relativ abgeschlossen. Unter den ganzen Fortsetzungsromanen derzeit ist das eine nette Abwechslung. Alles in allem kann ich das Buch also durchaus für alle Leser von dystopischen Romanen empfehlen, und hoffe, dass wir demnächst noch öfter von Sara Grant hören und vor allem lesen dürfen.

0 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

78910