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Sikal
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Österreich

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Insgesamt 1155 Bewertungen
Bewertung vom 17.05.2018
Gesunde Wildkräuter aus meinem Garten
Holzmann, Gerda

Gesunde Wildkräuter aus meinem Garten


ausgezeichnet

Viele interessante Schätze

Die Autorin Gerda Holzmann, Biologin, Energetikerin und zertifizierter Wildkräuterguide zeigt in ihrem Buch „Gesunde Widkräuter aus meinem Garten“ ihre Begeisterung für dieses „Unkraut“. Für sie liegt darin ein Zauber, Kräuter vermitteln Bodenständigkeit - sie bringt jeglichem Grün eine besondere Wertschätzung entgegen.

Anfangs erfährt man einiges über diverse Kräuter, der notwendigen Aufmerksamkeit für die Natur, dem Bestimmen der Wildkräuter, das richtige Sammeln, den respektvollen Umgang und einiges mehr. Viele Tipps über den Umgang und den Anbau von Wildkräutern ergänzen die Einleitung.

Im Anschluss daran werden 30 Wildkräuter näher vorgestellt, wobei zuerst eine Art Steckbrief mit Hinweisen auf den Sammelzeitraum, die Verwendung und auch die Vermehrung angeführt werden. In den darauf folgenden Beschreibungen werden besondere Merkmale genannt, um die Bestimmung zu erleichtern. Verwechslungsmöglichkeiten werden separat nochmal hervorgehoben, was mich hier sehr angesprochen hat. Zwischendurch findet man immer sehr interessante Ergänzungen, wie z.B. dass das Gänseblümchen in der nordischen Mythologie der Göttin Freya zugesprochen wurde. Und wer hat als Kind nie die Blätter gezupft und „Er liebt mich, er liebt mich nicht.“ geflüstert … Am Ende jedes Pflanzenporträts gibt es noch Hinweise über die Verwendung und den besonderen Tipp (Gerdas Tipp).

Außerdem findet man einen doppelseitigen Sammelkalender, in dem sämtliche Kräuter alphabetisch aufgelistet sind – immer mit einem Verweis auf die jeweilige Seite, wo man genauer wieder nachschlagen kann.

Besonderes Augenmerk wurde auf das Kapitel der Haltbarmachung, Trocknung und sonstigen Verwendung gelegt. Hier habe ich für mich einige Schätze entdeckt, die nun in unseren Küchenalltag eingezogen sind. Unterschiedlichste Möglichkeiten werden hier angeführt und regen zum Nachmachen an – trocknen, einfrieren, Kräuterauszüge (warm und kalt) um nur einige zu nennen. Die im Anschluss erwähnten Rezepte sind sehr vielseitig. Nicht nur Tees und Suppen, auch Aufstriche, Pesto, Quiche und Risotto werden angeboten. Oder wie wäre es mit einem regionalen Wildkräuter-Smoothie? Auch Rezepte für Pflegeprodukte finden sich in dem Buch, ein Salben-Grundrezept sowie Hinweise zum Räuchern.

Ein Buch, das begeisterten Kräutersammlern bestimmt gute Dienste leisten wird. Es lädt ein, neues Auszuprobieren, zu experimentieren und sich dem Schatz Natur in vollem Umfang zu widmen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.05.2018
Geheime Depeschen aus Berlin

Geheime Depeschen aus Berlin


ausgezeichnet

Geheime Depeschen aus Berlin

„Die französische Öffentlichkeit neigt dazu, die nationalsozialistische Revolution als überwiegend politisch motiviertes, gewagtes Unterfangen abzutun, das durch Arbeitslosigkeit und Armut beflügelt und von schlichten Abenteurern in die Tat umgesetzt worden sei“, erklärt eine Depesche schon im Juni 1933.

Als französischer Botschafter in Deutschland war André Francois-Poncet von 1931 bis 1938 mitten im politischen Umbruch durch die Nazis direkt vor Ort. Er dokumentierte sehr ausführlich, hatte die Presse ständig unter Beobachtung und tat seinen Unmut kund. Bereits zu Beginn seiner Tätigkeit in Berlin ging er auf die beunruhigenden Vorfälle ein, man merkt seine Unruhe durch den fortschreitenden Erfolg der NSDAP.

Francois-Poncet war sehr engagiert im Zusammentragen von Informationen, schickte auch seine Botschaftsmitarbeiter zu Aufmärschen und Versammlungen, um die Veränderungen des politischen Geschehens zu beobachten. Von deren privaten Reisen ließ er sich berichten, was sie innerhalb Deutschlands erlebt und gesehen hatten.

Der Autor Jean-Marc Dreyfus unterrichtet an der University of Manchester und publizierte bereits Görings Kunstsammlung in einem Katalog. Er hat in diesem Buch „Geheime Depeschen aus Berlin“ den diplomatischen Schriftverkehr zwischen Berlin und Paris zusammengestellt. Nach Themen strukturiert, werden innerhalb der einzelnen Kapitel die Dokumente chronologisch geordnet, wobei die Dokumente teilweise gekürzt wurden oder nur Ausschnitte wiedergeben werden. Trotzdem – oder gerade deshalb – werden die politischen Veränderungen sehr gut nachvollziehbar, wird das „Dritte Reich“ und der Nationalsozialismus auf dem Weg nach oben begleitet.

Bereits 1931 wird auf einer Kundgebung Goebbels verkündet, dass die NSDAP die deutschen Arbeiter aus den Klauen der Sozialdemokraten zu befreien hat. Das Motto lautete: „Hinein in die Betriebe“.
Die Botschaftsberichte begannen schon 1933 auf diverse autokratische und totalitäre Entwicklungen hinzuweisen – bereits vor der Wahl Hitlers zum Reichskanzler…

„Zum ersten Mal kann die Nazi-Partei in den Dienst ihrer Propaganda sämtliche Mittel stellen, auf die sie dank ihrer Regierungsbeteiligung Zugriff hat, und man weiß, dass sie diese skrupellos nutzen wird. Innerhalb weniger Tage hat die Partei Männer ihres Vertrauens an Spitzenpositionen in den Verwaltungen der Länder und in der Polizei gesetzt. Der Rundfunk ist inzwischen zum bevorzugten Instrument der Regierungspropaganda geworden.“
Doch Poncet kritisiert auch die Haltung der Opposition (5. April 1933): „Besonders traurige Aspekte des Schauspiels, dem wir seit zwei Monaten in Deutschland beiwohnen, sind die Kleinmütigkeit der Gegner des neuen Regimes, der schwache Widerstand der Oppositionsparteien gegen die Errichtung von Hitlers Diktatur …“

Erschreckend finde ich, dass es in der heutigen politischen Landschaft etliche Parallelen zu diversen Aussagen Francois-Poncets gibt und natürlich werden diese auch erkannt und dokumentiert. Doch sind die Gegenstimmen auch jetzt wieder zu schwach oder zu leise? Die Zukunft wird zeigen, ob aus der Vergangenheit gelernt wurde oder ob sich die Geschichte wiederholt…

Das Buch ist ein sehr wichtiges Zeitdokument. Die Botschafter-Texte werden durch Analysen und Bemerkungen des Autors ergänzt, zusätzlich finden sich einige Fotos dieser Zeit. Ich kann dieses Werk für Geschichtsinteressierte uneingeschränkt empfehlen und vergebe gerne 5 Sterne.

Bewertung vom 17.05.2018
Das große Buch vom Handwerk

Das große Buch vom Handwerk


ausgezeichnet

Verlockende Einblicke

Der Servus-Verlag hat hier wieder mal ein wunderbares Exemplar an beinahe vergessenen Traditionen herausgebracht. Hochwertig verarbeitet und sehr ansprechend wird das Buch dem Inhalt mehr als gerecht. Der Autor Achim Schneyder hat hier verschiedenste Bereiche an alter Handwerkskunst gesammelt und nimmt uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit, zeigt qualitativ hochwertige Produkte – als Gegenpol zum Massenwahn. Jedes Produkt wird liebevoll und sorgfältig in reiner Handarbeit hergestellt. Viele Berufe waren mir bis jetzt unbekannt, neugierig taucht man in die unbekannte Welt der Geigenbauer oder der Keramiker, der Schneekugel-Hersteller, Federnsticker, Murmelhersteller und viele mehr.

Das Buch ist in unterschiedliche Bereiche gegliedert und in jedem dieser Bereiche werden besondere Geschichten von besonderen Menschen erzählt. Menschen, die aus Liebe zum Handwerk so manches aufgaben und denen man anmerkt, welche Berufung hinter der Tätigkeit steckt. Manches Mal fragt man sich, warum sich das jemand antut… Die Verlockung nach Geld und Ruhm kann es nicht sein. Vielleicht die Liebe zum Detail und zum Besonderen …

Töne und Klänge
Von Kopf bis Fuß
Essen & Wohnen
Draußen vor der Tür
Farben & Formen
Sport & Freizeit
Kind & Kegel
Edel & Schön

Man darf dem Kachelmacher ebenso über die Schulter schauen wie der Blaudruckmanufaktur, man erfährt einiges über die Herstellung eines Klapotetz, über die Lederhosenherstellung, Schirmhersteller, Tischkreuzschnitzer und Vergolder … Herrlich, die Geschichten dazu zu lesen und die oft detaillierten Fotos zu betrachten. Man versinkt in eine andere Welt, unzählige Stunden liebevoller Handarbeit sind nötig, um das ein oder andere Liebhaberstück hervorzubringen (z.B. 160 Arbeitsstunden für eine Lederhose).

Man darf hoffen, dass dieses Handwerk nicht verloren geht und auch in Zukunft hochgehalten wird. Ich empfehle das Buch sehr gerne weiter und werde mich noch oft an den Geschichten freuen.

Bewertung vom 16.05.2018
Der Schrei des Schweigens
Dadin, Ildar;Virnich, Birgit

Der Schrei des Schweigens


gut

Eine Art Tagebuch

„Ich werde tatsächlich in ein Straflager transportiert, nur weil ich friedlich auf Plakaten meine Kritik an der Regierung geäußert habe, weil ich den unerklärten Krieg Russlands gegen die Ukraine und die militärische Einmischung in den Syrienkonflikt verurteilt habe. Eigentlich werde ich dafür bestraft, dass ich die Wahrheit gesagt habe – eine unbequeme Wahrheit, die das Regime nicht zulässt.“

Ildar Dadin beschreibt in seinem Buch „Der Schrei des Schweigens“ über seine Verurteilung in ein Straflager, in dem er Folter und Demütigungen ertragen muss. Zwischendurch schweift er von seinem dortigen Alltag ab, um seine politischen Ansichten, seine Darstellung des Ukraine-Konfliktes und generell seine Einstellung zu Putin darzulegen. Dass er hier eine sehr einseitige Auslegung beschreibt, versteht sich von selbst… Er zählte bereits vor seiner Verhaftung zu keinem Freund der russischen Regierung, was sich nach diesem traumatischen Erlebnis nicht unbedingt verbesserte.

Die Erlebnisse in diesem Lager sind äußerst schockierend, keine Privatsphäre, keine oder nur geringe soziale Kontakte und keine Kommunikation nach außen – ich möchte mir nicht mal im Entferntesten vorstellen, ein solches Leben führen zu müssen. Dass er letztendlich den Mut aufbringt, seine Geschichte in die Öffentlichkeit zu schmuggeln, zeugt von seiner Verzweiflung.

Doch leider beschränkt sich Dadin nicht nur darauf, seine Geschichte zu erzählen, sondern er interpretiert auch politische Zusammenhänge – diese jedoch sehr einseitig und teilweise aus dem Kontext. Hier wird die gängige Meinung der Boulevardmedien z.B. zum Ukraine-Konflikt übernommen, ohne auch nur ansatzweise den Status des Westens zu erwähnen. Oftmals wird nicht klar argumentiert, sondern nur erwähnt, was „Vom-Hören-Sagen“ durchgedrungen ist. Wer sich bereits über die Zusammenhänge informierte, wird keinesfalls mit Dadin einer Meinung sein. Für alle, die sich ausschließlich in der gängigen Medienlandschaft bewegen, wird durch die Darlegungen natürlich verständnisvolles Nicken hervorgerufen.

Das Buch zu bewerten, finde ich ziemlich schwierig. Die Geschichte rund um Verhaftung und sein Durchhaltevermögen ist bemerkenswert. Hierfür gebe ich gerne 4 Sterne, für einseitige und oft undurchsichtige politische Einblicke 2 Sterne. Somit 3 Sterne gesamt.

„Meine wichtigste Motivation zum Durchhalten ist der Wunsch, über die Willkür und Gewalt in dieser Strafkolonie zu berichten.“

Bewertung vom 16.05.2018
Genial beweglich!
Steckel, Hanno

Genial beweglich!


ausgezeichnet

Früher oder später zwickt es

Wer kennt sie dich, diese Wehwehchen, dank derer man einiges an Lebensqualität einbüßt. So lange man keine Schmerzen hat und der Bewegungsapparat einwandfrei funktioniert, macht man sich keine Gedanken über das „Wunderwerk Körper“…

„Knochen sind etwas Wunderbares, und jeder von ihnen, auch der kleinste, hat einen Sinn. Zusammen mit Muskeln, Bändern, Knorpeln und Gelenken formen sie eines der faszinierendsten Gebilde, die die Evolution hervorgebracht hat: den menschlichen Bewegungsapparat.“

Der Autor Prof. Dr. med. Hanno Steckel, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie schreibt hier auf sehr humorvolle Weise über unser Skelett und alles was dazu gehört. Er beschreibt, warum der menschliche Körper eine solche Faszination auf ihn ausübt und steckt mit seiner Begeisterung an.

Das Buch ist in mehrere Kapitel unterteilt:
Knochen, Gelenke und Knorpel
Muskeln, Bänder und Sehnen
Das Knocheneinmaleins
Wer, wie, was – wieso, weshalb warum
Die häufigsten Erkrankungen
Prävention ist die moderne Medizin

Man erhält aus erster Hand einen Gesamtüberblick über sämtliche „Körperbestandteile“ und auch Hinweise für deren Pflege. Ebenso erfährt man einiges darüber, wenn das Knie nicht mehr so will oder die anfällige Schulter. Auch mit der Hüfte ist nicht zu spaßen – entwickelt diese doch häufig so manches Leiden. Immer weist er darauf hin, dass Operationen nur als letzter Ausweg gesehen werden sollen, vorher gibt es eine Menge an anderen Therapieformen, die es auszuprobieren gilt.

Besonders gefällt mir der ganzheitliche Ansatz – nicht nur Pflege und Achtsamkeit im Umgang mit dem Körper ist gefragt, auch Bewegung und gesunde Ernährung tun ihr Übriges. Immer wieder finden sich Vergleiche mit dem Auto, dem genügend Aufmerksamkeit zuteilwird. Keiner erwartet sich, dass Reifen jahrzehntelang nicht erneuert werden müssen. Doch der Körper soll ohne Probleme Tag für Tag einsatzbereit sein. Dr. Steckel streut so manche Anekdote aus seinem beruflichen Alltag ein und man schmunzelt (oder ertappt sich selbst bei ähnlichen Gedanken) des Öfteren – und wer kann von sich behaupten, noch nie Dr. Google befragt zu haben?

Es werden unterschiedlichste Themen angesprochen, wie z.B. Sitzen und Bewegungsmangel und die daraus resultierenden Haltungsschäden oder Rückenschmerzen. Dies gibt es nicht nur bei Erwachsenen, sondern bereits im Kindesalter. Nicht jedes Mal wachsen sich X-Beine aus und was kann man gegen einen Rundrücken unternehmen… Ebenso erfährt man einiges über Arthrose und die verschiedensten Ausprägungen, die Veränderungen des Skeletts im Laufe des Lebens und und und…

Jedes Thema wird mit einem abschließenden Fazit noch einmal zusammengefasst, das Wichtigste noch einmal hervorgehoben. Die ergänzenden Illustrationen von Katrin Fiederling sind ein Genuss und passen hervorragend zum Gesamtbild.

Ein äußerst umfangreiches und wichtiges Thema wurde hier auch für den Laien verständlich aufbereitet und kann nur empfohlen werden, um dem Schmerz ein Schnippchen zu schlagen. Gerne vergebe ich 5 Sterne.

Bewertung vom 12.05.2018
Wofür es lohnte, das Leben zu wagen
Machemer, Hans; Hardinghaus, Christian

Wofür es lohnte, das Leben zu wagen


ausgezeichnet

Erschütterndes Kriegsdokument

„Im Morgengrauen des 22. Juni 1941 brachen über drei Millionen deutsche Soldaten in 121 Divisionen auf, um ohne Kriegserklärung in die Sowjetunion einzurücken. Adolf Hiltler hatten den längsten und grausamsten Feldzug des Zweiten Weltkrieges ausgelöst, der erst mit der Kapitulation Deutschlands am 8./9. Mai 1945 endete und mehr als die Hälfte der insgesamt über 60 Millionen Kriegstoten einforderte.“

Der junge Augenarzt Helmut Machemer litt unter der Bedrohung seiner Familie, als er sich zu einem drastischen Schritt entschloss. Er meldete sich freiwillig für den Russlandfeldzug, um an vorderster Front zu kämpfen – aus einem Grund: Seine Frau Erna war aufgrund der Nürnberger Gesetze plötzlich als Halbjüdin eingestuft und seine drei kleinen Söhne sollten keine Chance im damaligen Deutschland haben. Das Makabre an der Sache war, dass Erna von ihrer Abstammung anfangs nichts wusste…

Es gab eine Ausnahmeregelung, die sich Machemer als Ziel vor Augen hielt: Als arischer Reichsbürger konnte er durch besondere Tapferkeitsauszeichnungen eine Arisierung der Familie erwirken. Somit wollte Machemer unbedingt um das „EK I“ (Eiserne Kreuz) kämpfen, damit seiner Familie in Zukunft ein friedliches Leben beschienen sei. Er konnte nicht ahnen, welches Ausmaß dieser Wahnsinn nehmen sollte. Doch er schaffte es, seine Erlebnisse in über 160 Briefen, 2000 Fotos und beeindruckendem Filmmaterial zu dokumentieren. Einen Ausschnitt daraus findet man in diesem Buch.

Sein Sohn Hans sowie der Historiker Christian Hardinghaus haben hier ein eindrucksvolles Stück Zeitgeschichte zusammengestellt. Ein Kriegsdokument, welches erschütternd das Grauen an der Front darlegt und doch auch die menschliche Seite zeigt, den Zusammenhalt unter den Kameraden, die Verbindung zur Heimat. Anfangs findet man auch eine kurze Einleitung der beiden Autoren, bevor man die Briefe zwischen Erna und Helmut liest sowie einige der Fotos betrachtet.

Die Briefe schildern ab Oktober 1941 die Kämpfe, die Todesängste, die unglücklichen Zufälle, sinnlose Gegebenheiten, die Beisetzung von Kameraden, das stets präsente Ungeziefer, das Weihnachtsfest an der Front, die gnadenlose Kälte und den Mangel an diversen lebenswichtigen Dingen (z.B. fehlender Winterkleidung bei argen Minustemperaturen). Helmut Machemer schreibt sehr sachlich, versucht seinen Stil immer wieder zu verbessern – hier leistet auch Erna einen Beitrag, kritisiert konstruktiv seine langen Sätze…

Zwischendurch erfährt man auch einen Bericht über die Propaganda, wie Kriegsszenarien gestellt wurden. Z.B. beschreibt er, wie ein bereits ausgebrannter Panzer für Filmszenen noch einmal angezündet wurde. Immer wieder merkt man, wie die Gegenseite negativ dargestellt und die Vorzüge der deutschen Armee hervorgehoben wurde.

Durch seine Tapferkeit an vorderster Front erhält Dr. Helmut Machemer das ersehnte EK I –wenige Tage vor seinem Tod am 18. Mai 1942.
Zumindest war sein Einsatz und sein Tod nicht umsonst, denn der Familie wurde Anfang 1943 zugestanden, als „deutschblütig“ zu gelten.

Das Buch enthält auch eine DVD, auf der einige Filmaufnahmen Helmut Machemers gezeigt werden.
Ein sehr beeindruckendes Stück Zeitgeschichte über Betroffene des Dritten Reiches, die ein wirklich wichtiges Ziel vor Augen hatten – dafür lohnte es sich, das Leben zu wagen. Gerne vergebe ich 5 Sterne und empfehle dieses Buch weiter.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.05.2018
Aasplatz
Wieninger, Manfred

Aasplatz


ausgezeichnet

Eine Unschuldsvermutung?

Gleich vorweg – das Buch wurde als Roman geschrieben, obwohl es viele Sachbuchelemente aufweist und durch die hervorragende Recherchearbeit des Autors ein Zeitdokument darstellt. Die Frage „Opfer oder Täter?“ steht hier im Mittelpunkt. Erfuhren nach 1945 die Opfer Gerechtigkeit oder kamen die Täter ungeschoren davon? Menschen, die sich nie ihrer Verantwortung stellen müssen, gibt es zuhauf, doch Menschen, die den Mut aufbringen, genau darauf zu pochen sind äußerst selten.

Kapfenberg, Steiermark 1957: Anna Koinegg zeigt im Zuge eines Sorgerechtsstreites den Vater ihres Kindes, einen ehemaligen SS-Mann, als Judenmörder an. Anfang 1945 soll er an der Erschießung von 29 ungarisch-jüdischen Zwangsarbeitern beteiligt gewesen sein. Die Anzeige wird „verschlampt“ und verschwindet in den Untiefen der unzähligen Aktenberge (bewusst oder unbewusst, das wird hier nicht erläutert). Mehr oder weniger durch Zufall fällt dieser Akt 1966 dem Kriminal-Bezirksinspektor Hans Landauer in die Hände, der selbst KZ-Insasse in Dachau war und der es nicht fassen kann, was nach 1945 alles verdrängt und verschleiert wurde. Landauer und einige Juristen fahren an den Ort des Geschehens nach Jennersdorf und versuchen Licht ins Dunkel zu bringen. Doch dies ist gar nicht so einfach, denn plötzlich kann sich keiner erinnern …

Jennersdorf galt bereits früh als Nazi-Hochburg und blieb dies im Geheimen auch während des Verbotes der NSDAP, auch konnten nach dem Krieg ehemalige Sympathisanten dieser Partei ein gutbürgerliches Leben führen, ohne für ihre Verbrechen belangt zu werden – das war jetzt nicht nur in Jennersdorf so, sondern in sehr, sehr vielen Orten.

Der Autor Manfred Wieninger wählte eine sehr ungewöhnliche Darstellungsweise des Geschehens. Er bettet seine historischen Recherchen in einen Roman und verbindet reale Personen mit fiktiven Charakteren während sich langsam die Hintergründe dieses Dramas auftun. Wieninger trifft die österreichischen Gepflogenheiten auf den Punkt, Menschen, die plötzlich an Erinnerungslücken leiden, keiner weiß was, keiner hat diese schrecklichen Dinge wahrgenommen, aber der und der könnte vielleicht … usw.

Eine Opferrolle ist einfach zu übernehmen, doch die Mitschuld an einem Verbrechen sich und der Öffentlichkeit einzugestehen, ist natürlich nicht ganz so einfach. Erst heute wissen wir, dass Österreich sich nicht nur unter dem Opfer-Deckmantel verstecken darf.

Das Buch liest sich beinahe wie ein Krimi, wenn nicht die grausamen Begebenheiten dermaßen bedrückend wären …

Ein wichtiges Buch gegen das Vergessen über die Schrecklichkeiten dieser Zeit, wie selbstverständlich Morden gelebt wurde und wie Antisemitismus und Ausgrenzung von Minderheiten zum guten Ton gehörten. Es gilt die Unschuldsvermutung – aber längst nicht für alle.

Bewertung vom 09.05.2018
Das große Jahreszeiten-Backbuch
Fuchs, Lena

Das große Jahreszeiten-Backbuch


ausgezeichnet

Genussvolle Auswahl

Ich kenn wirklich niemanden, der sich nicht ab und zu von einem Stückchen Kuchen verführen lässt, ein Stück Torte genießt oder frischgebackene Frühstücksleckereien schätzt. Doch nicht nur süße Backideen finden sich in dem umfangreichen Jahreszeiten Kochbuch von Lena Fuchs, sondern auch pikante Rezepte entdeckt man hier einige – nach Jahreszeiten geordnet, um die saisonalen Vorzüge einbauen zu können.

Die Autorin Lena Fuchs hat hier wirklich eine sehr breitgefächerte Auswahl an Rezepten getroffen und es findet sich für jeden Geschmack etwas. Bei vielen Backideen werden Obst und Gemüse der jeweiligen Erntesaison verwendet, einige Rezepte findet man sogar, die weniger Zucker enthalten und besonders positiv ist anzumerken, dass ausschließlich mit Dinkelmehl gebacken wird. Keine Sorge – es sind jetzt keine „Gesund-Rezepte“, die nach nichts schmecken. Ganz im Gegenteil, sämtliche Leckereien, die wir bereits versuchten, kamen bei der ganzen Familie gut an und es merkte niemand, dass Zucker nur in Maßen verwendet wurde.

Das Buch ist in vier Kapitel nach Jahreszeiten gegliedert. Jeweils am Beginn eines jeden Kapitels finden sich die süßen Rezepte, am Schluss immer die pikanten. Immer hervorgehoben in einem eigenen Block werden die Zutaten. Die Zubereitungsschritte finde ich sehr klar und einfach erklärt und sind bestimmt auch für Backanfänger locker zu meistern. Bei jedem Rezept kann man einleitend einige persönliche Bemerkungen der Autorin lesen oder einen netten Hinweis. Ergänzt werden die Rezepte durch wunderbare Bilder, die Lust darauf machen, sofort die Küchenmaschine zu starten.

Doch nicht nur Leckereien wie Brioches mit Rhabarbercurd, Bananenschnitten, Bärlauchbrot, Kokos-Limetten-Kuchen, Zitronenbrot mit Camembert, Zimtzucker-Zupfkuchen, Brombeer-Schoko-Trifle und Spekulatius-Kekse finden sich in dem großartigen Buch. Auch viele Tipps und Tricks werden ergänzend erwähnt sowie ein ausführliches Glossar.

Doch Vorsicht: Das Buch birgt Suchtpotential, man möchte alles ausprobieren, was durch den Umfang natürlich einige Zeit in Anspruch nimmt. Ich kann es auf jeden Fall empfehlen und finde auch, dass es ein tolles Geschenk ist.

Bewertung vom 08.05.2018
Die Entstehung der Arten
Darwin, Charles

Die Entstehung der Arten


ausgezeichnet

Charles Darwin - Die Entstehung der Arten

Zu seiner Zeit spaltete Charles Darwin nicht nur die Gemüter sondern wahrhaftig die Gesellschaft. Für die einen unmöglich zu denken, dass wir nicht Gottes Werk sind, war Darwin für die anderen eine Offenbarung.

Radikal, revolutionär, und kontrovers zeigte Darwin auf, dass die Schöpfungsgeschichte nichts mit der tatsächlichen Entwicklung des Menschen zu tun hat. Schlimmer noch war es jedoch für viele, sich mit dem Gedanken anfreunden zu müssen, dass wir vom Affen abstammen – was für ein Affront…

In dieser Ausgabe der Entstehung der Arten finden sich neben den revolutionären Texten auch noch Texte aus anderen Werken Darwins sowie dessen Illustrationen und Fotos, welche die Texte zusätzlich veranschaulichen. Wer mit Darwin nicht oder nur wenig betraut ist, wird hier voll auf seine Kosten kommen – die Erläuterungen zu den Texten, die leicht verständliche Übersetzung sowie die Vorstellung Darwins und seines Lebens werden äußerst spannend ausgeführt.

Darwin selbst benötigte für die Veröffentlichung dieses Buches über 20 Jahre. Um seine Aufzeichnungen während der Fahrten auf der H.M.S. Beagle zu sortieren, genau zu belegen und seine Ergebnisse zu verifizieren, benötigte er einige Jahre, um mit akribischer Genauigkeit seine Forschungsarbeiten zu Papier zu bringen. Vielen seiner Gegner konnte er durch diese Vorgehensweise bereits im Ansatz den Wind aus den Segeln nehmen. Genau das wird auch in dieser Neuauflage eines der wichtigsten wissenschaftlichen Bücher aller Zeiten ersichtlich.

Jedes Wort scheint genau gewählt, jeder Satz ist in seiner Aussage stimmig. Das gesamte Werk spiegelt die Arbeitseinstellung Darwins wieder. Aber so wie Darwins eigentliches Werk ist auch alle Hintergrundinformation aufbereitet. Über 350 historische und zeitgemäße Illustrationen lassen den Blick auf die Schriften in klarem Licht erscheinen.

Der Autor der Neuauflage, David Quammen selbst, ist ebenfalls kein unbeschriebenes Blatt – Autor bei National Geographic und Verfasser von mehreren Büchern befasst sich schon lange mit Charles Darwin und kann wohl als Kenner bezeichnet werden. Diese Arbeit mit dem Meister der Evolutionstheorie kommt klar zum Ausdruck und mach dieses Buch unbedingt lesenswert und zu einem Nachschlagewerk ersten Ranges.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.