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Magnolia
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Bayern

Bewertungen

Insgesamt 621 Bewertungen
Bewertung vom 19.04.2024
Das Flüstern des Totenwaldes (Thriller)
Schwarz, Gunnar

Das Flüstern des Totenwaldes (Thriller)


ausgezeichnet

Ganz schön nervenaufreibend

Im Wald können so manche Gefahren lauern. Je undurchdringlicher und unübersichtlicher, desto eher verliert man die Orientierung.

Wie jedes Jahr treffen sie sich für einige Tage, um gemeinsam zu wandern - diesmal soll es eine ganz besondere Gegend sein. Der Grünländer Forst ist eher abgeschieden und nicht von Wandergruppen überrannt. Genau das Richtige, ein Geheimtipp sozusagen, der Ruf des eher Mystischen eilt dem Forst voraus. Drei Frauen und drei Männer machen sich auf den Weg – einer davon ist Boris, ein Kollege der beiden Ermittler Henning und Lena.

Derweilen liegt auf Lenas Schreibtisch eine Vermisstenanzeige. Die siebenunddreißigjährige Susanne Scherer ist seit gestern Mittag abgängig. Auch wenn es noch zu früh für eine konkrete Suche ist, so machen sich Lena und Henning doch auf den Weg zu Susannes Lebensgefährten und treffen auf einen ziemlich ruppigen, sorglosen Typen, der – wie sich bald herausstellt – sich so gar nicht im Griff hat. Gewalt scheint für ihn ein probates Mittel nicht nur in der Partnerschaft zu sein.

Kurz darauf wird eine weibliche Leiche gefunden, übelst zugerichtet, der dick aufgetragene Lippenstift verwandelt ihr Gesicht in eine Clownmaske.

Schon allein der Titel von Gunnar Schwarz neuestem Thriller lässt mich mit einem mulmigen Gefühl zurück. „Das Flüstern des Totenwaldes“ ist wahrlich nichts für Zartbesaitete. Man spürt diese lauernde Gefahr, ein mehr als ungutes Gefühl macht sich breit. Die beiden Ermittler wissen, dass die Zeit drängt. Sie kennen und schätzen sich, sie arbeiten gut zusammen, ihre akribische Kleinarbeit führt sie schon zielsicher weiter, es sind aber doch viel zu viele lose Versatzstücke. Sie stoßen dabei auch auf einen zwanzig Jahre zurückliegenden, ungeklärten Fall, der – so scheint es – mit ihren jetzigen Ermittlungen zu tun haben könnte. Zu der ersten Toten kommen weitere hinzu…

Das Lesen war spannend und ganz schön nervenaufreibend von der ersten bis zur letzten Seite – ich habe diesen Thriller am Stück konsumiert, weglegen wäre keine Option gewesen. Neben Lena und Hennings Ermittlungsarbeit greift auch das Grauen in der Wandergruppe um sich, zwischendurch bekomme ich die Stimme der Täterperson schon auch mit, wenngleich ich hierfür mehrere in Verdacht habe. Denn der Autor hat einige finstere Gestalten angeboten, jedem hätte ich diese Grausamkeiten zugetraut. Was letztendlich alles zutage gefördert wird, hat mich schier atemlos bis zum bitteren Ende weiterlesen lassen. Gunnar Schwarz hat mir wiederum spannende Lesestunden beschert, ich freue mich schon auf seinen nächsten Thriller.

Bewertung vom 18.04.2024
Schneeweißchen stirbt
Haller, Elias

Schneeweißchen stirbt


ausgezeichnet

Grandioser Abschluss

„Ich bin der Erzähler! Und ihr hört und seht heute die Märchen der Brüder Grimm, wie ihr sie noch nie erlebt habt…“

Die Grimm-Thriller-Trilogie hat mit „Schneeweißchen stirbt“ ihr Ende erreicht. Nora Rothmann, die Sonderermittlerin des LKA Berlin, war von Anfang an dabei. Auch dieser dritte Band bietet wie die beiden Vorgängerbände eine in sich abgeschlossene Geschichte. Das große Ganze, die Story an sich, zieht sich jedoch über alle drei Bände. Denn erst am Ende wird klar, wie alles zusammenhängt, was es mit diesen ominösen Grimm-Akten auf sich hat. Es sei also dringend angeraten, mit „Rotkäppchen lügt“ zu beginnen und sich über „Vöglein schweigt“ hin zu diesem finalen Abschlussband durchzulesen. Jedes dieser Bücher hat ein Märchen im Hintergrund, das aufs Grausamste neu interpretiert und erbarmungslos durchgezogen wird.

„Eins muss man dem Täter lassen… Er ist auf eine grausame Art ziemlich einfallsreich.“

Grimms „Schneeweißchen und Rosenrot“ blitzt hier immer wieder durch, neben Nora hat auch ihre Freundin aus Kindertagen ihren Auftritt. Ab Band eins ist Nora auf der Suche nach demjenigen, der ihre Familie ausgelöscht hat und nicht nur das, es geschehen weitere Morde, die Opfer werden aufs Brutalste misshandelt und schließlich getötet. Man braucht schon starke Nerven, um all dies auszuhalten. Warum Schneeweißchen sterben muss, wird dem zu Ende klar. Die Offenbarung dessen, was es denn mit all diesen Barbareien auf sich hat, hat mich kalt erwischt. Nie und nimmer hätte ich diesen grandios erdachten Schluss erwartet.

Und nicht nur der Schluss ist grandios, die Grimm-Trilogie ist durchweg spannend. Ein kurzweiliges, gruseliges und absolut fesselndes Lesehighlight. Genau richtig für jeden Thriller-Fan.

Bewertung vom 17.04.2024
Die Spaghetti-vongole-Tagebücher
Maiwald, Stefan

Die Spaghetti-vongole-Tagebücher


ausgezeichnet

Buon appetito

Alles ist eingekauft, der Tisch festlich gedeckt und wo sind sie alle? In der Küche natürlich, wo sonst. Das Geburtstagskind steht am Herd, die Gäste drumherum. Sie genießen das Essen, plaudern, sind gut gelaunt – Familie eben. Aber von Anfang an.

Zunächst fällt das so einladend gestaltete Cover ins Auge, das Hineinblättern in diese 200 Seiten voller Anekdoten und Köstlichkeiten steht diesem ersten Eindruck ins nichts nach. Gegliedert ist das Buch in drei Teile, wobei die Vorbereitungen (logischerweise) den größten Anteil haben. So etliche Seiten im Inneren des Buches sind in kräftigem Orange gehalten. Diese bergen so einiges, etwa kleine Geschichten am Wegesrand, auch wird so manche Aussage des soeben gelesenen Textes extra nochmal hervorgehoben. Dies sind charmante, auflockernde Eyecatcher.

Nachdem Maiwald seine Leser begrüßt hat, sind wir schon mittendrin in den Vorbereitungen. Teil I zeigt im zweiseitigen Vorblatt seine Reiseroute von Conegliano mit etlichen Zwischenstationen bis nach Grado. Ein edler Prosecco sollte es schon sein, diesen gibt es etwa 40 km von Venedig entfernt, in Conegliano beim Winzer Roccat. Die Beschreibung dieses mit dem Qualitätssiegel DOCG ausgestatteten Tropfens liest sich schon mal so, als ob man diesen erstklassigen Prosecco unbedingt und sofort genießen möchte. Der Autor jedenfalls hat drei Kisten davon im Auto. Weiter geht es nach Venedig, hier treffen wir auf Walter und den wahren Bellini, auf Gewürze am Wegesrand und auf noch so einiges mehr.

Ich lese von Bekanntem und Unbekanntem. Als Italien-Fan schlechthin schwelge ich in Erinnerungen, lese von all den Köstlichkeiten, mache mir gedanklich Notizen und habe so manchen Duft direkt in der Nase. Die perfekten Spaghetti vongole stehen bei mir demnächst auf dem Speiseplan und nicht nur dieses Gericht ist gut nachzukochen. Von den Cicchetti etwa, diesen kleinen, auf einer Scheibe Brot angerichteten Köstlichkeiten, die für jeden Geschmack etwas bereit halten, muss ich demnächst unbedingt probieren.

Neben dem Kulinarischen sind es auch die witzig-spritzigen Geschichten und Geschichtchen etwa über die Lieblingsnudeln berühmter Italienerinnen und Italiener. Interessant finde ich auch die Wegesrand-Notiz über die Vongole. Es gäbe noch so vieles mehr zu berichten, hier aber ist es weitaus schöner, sich selber in diese „Spaghetti-vongole-Tagebücher“ einzulesen. Es ist eine abwechslungsreiche und sehr anregende Feinschmeckerreise durch ein auch landschaftlich wunderschönes Italien, an deren Ende eine Familienfeier steht. „Ein Mann, ein Plan, eine Reise, ein gemeinsames Essen – eine famiglia.“ Buon appetito.

Bewertung vom 15.04.2024
Der Wind kennt meinen Namen
Allende, Isabel

Der Wind kennt meinen Namen


ausgezeichnet

Eindrucksvoll erzählt

Die Nachrichten und die herzzerreißenden Bilder von Flüchtlingskindern, die in den USA von ihren Eltern getrennt werden, sind noch sehr präsent. Dieser Thematik hat sich Isabel Allende in ihrem neuesten Roman „Der Wind kennt meinen Namen“ angenommen. Stellvertretend für die vielen Einzelschicksale erzählt sie von der siebenjährigen Anita Díaz, die mit ihrer Mutter von El Salvador in die USA flieht. An der Grenze wird sie von ihrer Mutter getrennt und in ein Lager gesteckt. Alles, was ihr bleibt, sind eine Stoffpuppe und ihre ganz eigene Fantasiewelt Azabahar - ein sehr weit entfernter Stern, ihr Zufluchtsort.

Isabel Allende prangert die Grenzpolitik der USA an, sogar Babys werden den Müttern entrissen, eine spätere Familienzusammenführung scheitert oftmals. Zurück bleiben traumatisierte Kinder und verzweifelte Eltern. Aber nicht nur hier, an allen Ecken und Enden drängt sich vermehrt der Eindruck auf, dass die Welt mehr und mehr aus den Fugen gerät. Die Nazizeit ist ein weiteres Beispiel, wie eiskalt mit denen umgesprungen wird, die auf Hilfe hoffen, die lediglich leben wollen.

Der Roman beginnt in Wien im Jahre 1938. Die Zeit ist eine ganz andere und doch ist es auch hier ein Kind - der sechsjährige Jude Samuel Adler – dessen Schicksal durch die Nationalsozialisten eine traurige Wendung nimmt. Sein Vater verschwindet spurlos nach der Pogromnacht, seine Mutter schickt ihn mit einem Kindertransport nach England. Er wird durch etliche Familien gereicht und landet in einem Heim. Halt geben ihm schließlich das Ehepaar Evans und seine Musik. Nach Kriegsende, als Zwölfjähriger, hofft er auf ein Wiedersehen mit seinen jüdischen Eltern.

Und dann gibt es in all dem Elend auch die anderen, diejenigen, die ganz uneigennützig helfen. Die Sozialarbeiterin Selena ist eine davon und sie findet in einem Anwalt Unterstützung für ihr Projekt „Magnolia“. Sie setzen sich dafür ein, dass Anita in den USA bleiben kann und machen sich auf die Suche nach ihrer Mutter.

Anhand der Kinderschicksale bekommt man einen Einblick in die verzweifelten Familien. Immer wieder verschwinden Menschen, die Kriminalität in Mexiko etwa wird durch gewalttätige Banden verschärft, nicht nur die Berichte um das Massaker von El Mozote gingen um die Welt.

Einmal mehr bin ich von Isabel Allende und ihren so eindringlich erzählten Geschichten, die stets auf wahren Begebenheiten beruhen, überwältigt. Flucht und die damit einhergehende Hoffnungslosigkeit, verbunden mit einem lebenslangen Trauma, ist Thema. Und doch gibt es ein Leben danach, geprägt von Hoffnung, Freundschaft und Liebe. Die Charaktere hier sind allesamt überzeugend und lebensnah gezeichnet, wobei mir die kleine Anita, gefolgt vom jungen Samuel, besonders nahe waren. Aber nicht nur sie, auch Selena mit ihrer uneigennützigen Hilfsbereitschaft gibt Anlass, den Glauben an das Gute nicht zu verlieren. Allendes Erzählton ist stets leise und kommt doch gewaltig daher, ihr neuestes Werk bleibt im Gedächtnis, die Thematik um die Flüchtlingspolitik ist leider zu präsent. „Der Wind kennt meinen Namen“ ist ein Buch, das gelesen werden will, gelesen werden soll.

Bewertung vom 14.04.2024
Das Schweigen des Wassers (MP3-Download)
Tägder, Susanne

Das Schweigen des Wassers (MP3-Download)


sehr gut

Eine Mauer des Schweigens

Susanne Tägder hat sich für ihren ersten Kriminalroman von einem wahren Fall inspirieren lassen. Neben der fein austarierten Geschichte spielt auch das Politische durchaus eine Rolle.

Arno Groth, der einst in den Westen ging, wird Anfang der Neunziger Jahre als Aufbauhelfer Ost in seine ehemalige Heimat geschickt. Dort begegnet er dem Bootsverleiher Siegmar Eck, dessen Leiche kurz danach im nahegelegenen See gefunden wird. Groths Kollegen gehen von einem Unfall aus, er jedoch gräbt tiefer, er sieht einen Zusammenhang zu einem früheren Mordfall, der nie aufgeklärt wurde.

Groth ist ein Kommissar, dem man gerne folgt. Er ist ein Typ, hat Ecken und Kanten, lässt sich nicht verbiegen. Er weiß, dass er richtig liegt und doch stößt er auf eine Mauer des Schweigens. Eck wurde damals beschuldigt, ein Mädchen ermordet zu haben, wurde aber nie verurteilt. Groth steht ziemlich alleine da, seine Ost-Kollegen sehen ihn und seine Aufgabe, sie an die westliche Arbeitsweise heranzuführen, grundsätzlich eher kritisch. In Gerstacker findet er dann doch einen Kollegen, auf den er sich verlassen kann.

Es ist nicht nur ein Kriminalfall, der gelöst werden will, es ist auch eine Ost-West-Geschichte, ein Zusammenfinden. Es ist ein eher leiser Krimi, der die Charaktere gut beschreibt. Dieser ungelöste Fall zu DDR-Zeiten lässt Groth nicht los und auch wenn es dauern mag, er lässt nicht locker.

Das Hörbuch, das mir Oliver Dupont mit seiner ausdrucksstarken Stimme vorgetragen hat, war für mich die perfekte Art, in diese Geschichte, in diesen Landstrich kurz nach der Wende direkt einzutauchen. Er hat die Stimmung dieser Zeit gekonnt eingefangen.

Der eher ruhige Krimi bedarf keiner actionreicher Szenen, die Aufklärung schreitet voran, die einzelnen Sequenzen verbinden sich letztendlich miteinander. Ein vielschichtiger Krimi, der auch die Stimmung um die Wende gut einfängt.

Bewertung vom 11.04.2024
Südbahn nach Triest (eBook, ePUB)
Neuwirth, Günter

Südbahn nach Triest (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Eine gar kriminalistische Reise mit der Südbahn

Bruno Zabini ist mit Luise, Freifrau von Callenhoff und ihrem Sohn Gerwin unterwegs nach Wien. Hier wartet die Suite im vornehmen Sacher schon auf sie, es sollten unbeschwerte Urlaubstage werden. Es kommt jedoch, wie es kommen muss – im Kaffeehaus trifft Bruno auf Conrad Speyer, ein Blick auf seine Visitenkarte zeigt an, dass Speyer Inspector I. Klasse des Wiener k.k. Polizeiagenteninstituts ist, ein Kollege also. Denn Bruno hat denselben Rang inne, er ist für Triest zuständig. Auch in Wien ist das Verbrechen allgegenwärtig, ist doch die reiche Witwe Henriette Hohenau ermordet worden.

Henriette Hohenau war nicht wohlhabend, sie war – wie man hier so schön sagt – stinkreich. Da ihre Ehe kinderlos blieb, drängt sich die Erbfrage direkt auf. Bald stellt sich heraus, dass es mehrere Familienlinien gibt, die untereinander heillos zerstritten sind. Eine akribische Kleinarbeit beginnt. Bruno hat zwar Urlaub, aber so ganz lässt ihn der Fall nicht los.

Er reist zurück nach Triest und wird noch am Bahnhof mit einem neuerlichen Todesfall konfrontiert. Ein strangulierter Mann wird im Gepäckwagen gefunden. Dieser Tote weist Parallelen zu dem Wiener Mordfall auf, auch ein drittes Mordopfer, das kurze Zeit später gefunden wird, muss diesen beiden Taten zugeordnet werden.

Bruno hat einst für fortschrittliche Ermittlungsmethoden gesorgt, er nimmt Fingerabdrücke, hat stets den Photoapparat dabei, nicht jedem gefällt dieses neumodische Zeugs. Der Erfolg jedoch gibt ihm recht, auch in diesen verzwickten Mordfällen kommt ihm seine Vorgehensweise zugute.

Das Berufliche nimmt schon viel Zeit in Anspruch, jedoch kommt das Private nicht zu kurz. Bruno ist mir mittlerweile ans Herz gewachsen, die Bücher davor habe ich gelesen und gebangt, ob es denn nach dem „Sturm über Triest“ weitergehen mag. Nur gut, dass ich ihm hier wieder über die Schulter schauen durfte. Seine Liaison mit Luise bleibt natürlich nicht verborgen, die beiden gehen ganz offen und ungezwungen miteinander um. Das Hauptaugenmerk liegt aber schon auf Brunos Ermittlungen, denn diese schreiten voran.

Günter Neuwirth verwebt gekonnt Fiktives mit Historischem. Wir sind hier im Jahre 1908, die technischen Errungenschaften wie etwa eine Schreibmaschine sind beileibe nicht selbstverständlich. Das fundierte Wissen Neuwirths rund um die Eisenbahn etwa, speziell das der damals eingesetzten Lokomotiven, hat Charme und lockert die präzise Polizeiarbeit bestens auf. Der Schreibstil ist der Zeit perfekt angepasst, ohne altbacken zu wirken. Das Lesen ist ein Sich-Wohlfühlen, die rundum gelungene Story ist gerade deshalb auch so glaubwürdig.

Das Personenverzeichnis gleich zu Anfang sei noch erwähnt, es macht durchaus Sinn, denn es sind schon einige, die hier ihren Auftritt haben. Gegliedert ist dies in Brunos privatem Umfeld, dann kommt die Triester Polizei, gefolgt von den hier wichtigsten Akteuren. Das Cover sollte man sich schon genauer anschauen, zeigt es doch eine lebhafte Triester Szene mit Hafen, die Südbahn fährt mit ihrer dampfenden Lokomotive vor. Alles einsteigen bitte!

Es war ein wiederum sehr angenehmer Aufenthalt zunächst in Wien und dann die Fahrt mit der „Südbahn nach Triest“ und ich hoffe sehr, dass es nicht meine letzte Begegnung mit Bruno Zabini war.

Bewertung vom 09.04.2024
Gefährlicher Sog / Liv Lammers Bd.8
Weiß, Sabine

Gefährlicher Sog / Liv Lammers Bd.8


ausgezeichnet

Ein durch und durch undurchschaubarer Mordfall

Liv Lammers ermittelt wieder. Und diesmal ist nicht nur der Fall komplex und auf den ersten Blick ziemlich verworren, auch mischt Livs Tochter- ohne es zu wollen - kräftig mit.

Die Gestalt im Schleppnetz – ein Mensch? Das Anfangsszenario lässt Bilder im Kopf entstehen, die während des Weiterlesens immer mal wieder hervorblitzen, die aber bis zum Schluss nicht zu deuten sind. Mit der männlichen Leiche, die später dann an Land gespült und mit 23 Messerstichen aufgefunden wird, scheint diese Gestalt nichts zu tun zu haben. Bald wird klar, dass es sich bei dem Toten um Timur Roters handelt. Er leitet eine Jugendwohngruppe, zum Team gehören seine Frau Merret und Bernd Beversen, der im Gegensatz zu dem Ehepaar Roters nicht auf dem Hof mit den Jugendlichen wohnt. Die Jungen und Mädchen gelten als schwer erziehbar, sie kommen aus schwierigen Verhältnissen. Vivien, Raffa, Nico, Idris, Alicia und auch Elaine, Timur und Merrets Tochter, leben hier. Nicht jeder kann seine Emotionen unterdrücken, so mancher rastet ziemlich schnell aus. Andere sind sehr empfindsam, ihre Gefühle fahren Achterbahn. Drogen, Tablettensucht, Alkohol, Brandstiftung und noch so einiges mehr sind ihnen nicht unbekannt.

Liv hätte sich auf ein paar Tage mit Sanna, ihrer Tochter, gefreut. Nun aber hat sie Timurs Tod zusammen mit ihrem Kollegen Andreas Bork, der die Ermittlung leitet, aufzuklären. Andreas ist ziemlich daneben, schon die Anfahrt gleicht einer Höllenfahrt. Er lässt den Macho raushängen, er ist so gar nicht teamfähig. Und Sanna arbeitet für We – Jugendliche helfen Jugendlichen, sie ist hier voll engagiert und mit einem der Mädchen befreundet. Liv weiß davon nichts, denn dieser Kontakt kann für sie und die Ermittlungen ernsthafte Folgen haben.

Verdächtige gibt es so einige, allen voran ist es einer, der mit Merret wohl mehr als befreundet ist, auch ist ein Nachbar nicht gut auf die Jugendgruppe zu sprechen. Auch unter den Jugendlichen macht sich so mancher verdächtig, direkt zu fassen ist jedoch keiner.

Sabine Weiss kenne und schätze ich sowohl als Krimiautorin als auch als Verfasserin vieler historischer Romane. Ihr Name bürgt für stets gut recherchierte, zudem sehr unterhaltsame Bücher. Und natürlich hat es mir Liv Lammers angetan, denn um sie geht es hier. „Gefährlicher Sog“ ist der mittlerweile achte, in sich abgeschlossene Fall, in dem sie auf Sylt ermittelt. Kaum angefangen, bin ich mittendrin am Raten, die Spannung ist sofort da. Die Charaktere sind gut beschrieben, sie sind nahbar, andere kaum zu greifen. „Er durfte nicht zulassen, dass seine Verfehlungen ans Licht kommen.“ Die kurzen Einflechtungen dazwischen lassen viel Raum zum spekulieren, sie sind so mysteriös wie unerklärlich.

„Gefährlicher Sog“ hat alles, war ein Krimi braucht. Ein undurchsichtiger Todesfall, in dem es daneben um Kinder- und Jugendgewalt und der damit einhergehenden Strafmündigkeit geht. Schon überzeichnet, aber dennoch fesselnd, dramatisch und auch gefährlich. Das Cover zeigt eine Düsternis, eine stürmische See, die auf diesen Sylt-Krimi bestens einstimmt.