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Märchens Bücherwelt
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Wolfenbüttel

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Insgesamt 231 Bewertungen
Bewertung vom 25.11.2023
Die Ballkönigin - Walzernächte in Wien
Andeck, Mara

Die Ballkönigin - Walzernächte in Wien


ausgezeichnet

Komtess Clea de Conteville nimmt uns mit an den königlichen Hof von Wien, denn dort steht ihr und ihrer Schwester Sophie die Einführung in die Gesellschaft und die Wahl eines Ehemannes bevor.
All ihre Versuche, sich vor einer langweiligen Heirat zu drücken schlagen fehl, egal wie gut und ausgeklügelt ihre Pläne auch sein mögen. Auf dem ersten Wiener Opernball begegnet sie unwissend dem begehrtesten Junggesellen der Saison Nikolaj, allerdings führt ein Missverständnis dazu, dass beide versuchen, sich gegenseitig zu meiden, schon allein um sämtlichen Heiratsideen entgegenzuwirken.

Dieser Roman ist von Anfang bis Ende perfekt. Ich hatte so viel Spaß, mit Cleas trockener, humorvoller Art gibt es eine Menge zu lachen. Nichts ist kitschig, langatmig oder vorhersehbar. Es gibt Wendungen und Entwicklungen, die mich positiv überrascht haben und man will das Buch auch gar nicht aus der Hand legen.
Cleas Familie ist speziell, aber liebenswert, obwohl gerade die Mama so viel Wert auf Ruf und eine gute Partie legt, verblüfft sie so manches Mal, ebenso wie ihre Schwester, denn hier gibt es kein Schwesterngezicke.

Dennoch sorgen Intrigen, Geheimnisse und anonyme Briefe für die erhoffte Spannung. Es ist insgesamt eine ganz andere Aufmachung, eine Handlung, die mich mitgerissen hat - nicht wie so oft stocksteif, absehbar und wiederholend, sondern mit viel Abwechslung und für regelmäßiges Herzklopfen und etliche Lachanfälle sorgt.

Jedes Kapitel startet mit einem Auszug aus Cleas Tagebuch, in der sie Begriffe aus ihrer Sicht beschreibt, da muss man schon immer schmunzeln. Zwischendurch liest man auch so manchen Briefwechsel verschiedener Personen und dennoch erfährt man erst am Ende, wer hinter dem Geheimnis steckt.

Nicht nur das Cover ist ein Hingucker, inhaltlich bietet der Roman alles, was man sich für beste Unterhaltung wünscht. Amüsant, lebendig, verzaubernd, mit liebenswerten Charakteren, die überzeugen und authentisch sind. Eine gelungene Mischung historischer Hintergründe und Persönlichkeiten samt einigen fiktiven Charakteren, die genial zusammen harmonieren und für mich insgesamt ein absolutes Lesehighlight bieten.

Bewertung vom 24.11.2023
Die Königin von der Ruhr
Ebbert, Birgit

Die Königin von der Ruhr


gut

Die Autorin zeichnet hier ein interessantes Porträt einer beeindruckenden, sozial engagierten und bescheidenen Frau, die sich trotz aller Widrigkeiten für das Wohl der Mitarbeiter und Bewohner Essens einsetzt.

Dank der Heirat mit dem Großindustriellen Friedrich Krupp, ist es Margarethe möglich, Geld und Mittel zur Verfügung zu stellen, um zum Gemeinwohl beizutragen. Als ihr Mann umwoben von Intrigen und Skandalen verstirbt, führt sie treuhänderisch bis zur Großjährigkeit ihrer erstgeborenen Tochter Bertha das Unternehmen, das schon bald zur Aktiengesellschaft umgewandelt wird.

Sie sprüht vor Ideen, wird von treuen Gefährten ihres Mannes begleitet, die sie in ihren Projekten beraten und unterstützen, ihr helfen, die Firma erfolgreicher zu machen, aber immer ein Auge auf die sozial Schwächeren zu haben. Auch Johanna Brandt, ihre treue Gesellschafterin, ist eine echte Freundin geworden und für mich eine ganz starke Persönlichkeit in diesem Buch.

In einer Zeit, in der die Position der Frauen ganz klar definiert war, ist es erstaunlich, wie viel Mut und Raffinesse Margarethe zeigt, um sämtlichen Erbschleichern und Intriganten die Stirn zu bieten. Aber auch durch eine eigene Stiftung, durch die die berühmte Margarethenhöhe entstand und noch heute existiert.
Diesen Werdegang mit bekannten Persönlichkeiten wie dem Kaiser Wilhelm, oder auch einem dadurch berühmt gewordenen Architekten erhält man mehr Einblick über die Entwicklung der Firma Krupp, als auch der Stadt Essen selbst.

Allerdings blieb mir Margarethe, trotz der Bewunderung für ihre mutige, gemeinnützige Vorgehensweise leider etwas zu blass. Viel mehr als ständige Reisen im Salonwagen, Festlichkeiten, die Planung ihrer Projekte und Unterhaltungen mit Beratern und ihren Töchtern liest man leider auch nicht, was auf die Länge der Seiten gesehen ziemlich langatmig wurde. Auch wenn es immer wieder mal Disput mit der Presse und einem besonders hartnäckigen Verwandten gab, der auf Zuwendung bestand, war auch dies nicht sonderlich spannend.

Ich bin ehrlich gesagt, etwas hin und hergerissen, gerne hätte ich noch etwas mehr Abläufe und Einblicke im Werk erfahren, darüber wurde gar nichts berichtet, außer welche Werke und Siedlungen die Firma auch andernorts umfasst und was produziert wird.

Ich mochte ihren Einsatz, ihre Kreativität, ihr gutes Verhältnis zu ihren Töchtern, obwohl sie unter dem fortgeschrittenen Alter, einigen Selbstzweifeln und Einsamkeitsgefühlen litt, auch was ihr wichtig war, ihre offenen Sprechstunden für Mitarbeiter und Bewohner, aber insgesamt war mir das an Informationen und richtigem Spannungsaufbau einfach zu wenig und wirkte oft wiederholend.

Ein durchschnittlicher Roman, der noch etwas mehr Tiefe und Emotionen vertragen hätte, aber lesenswert, weil es historisch belegte Geschichte ist und bis in unsere heutige Zeit reicht.

Bewertung vom 23.11.2023
Zeit der Hoffnung / Die Töchter der Ärztin Bd.2
Sommerfeld, Helene

Zeit der Hoffnung / Die Töchter der Ärztin Bd.2


gut

Die 30er Jahre in Berlin waren geprägt von Arbeitslosigkeit, Unruhe, radikalen Aufständen und dem Aufmarsch der NSDAP und auch viele Schauspieler sehen ihre Zukunft nicht mehr in dem dunkler werdenden Deutschland und versuchen ihr Glück in Hollywood.

Ärztin Henny ist durch ihren Mann, der in der Filmbranche tätig ist, auch hin und hergerissen, ihre geliebte Praxis, ihr Zuhause zu verlassen und nach Kalifornien zu gehen. Gerade erst ist ihre kleinere Schwester Toni aus Afrika zurück und will sich hier auch als Ärztin einbringen. Doch ihre Zulassungen werden hier nicht anerkannt. Zerrissen zwischen Tonis Gefühlen für einen Kommunisten, ihrer Zukunftsperspektive und dem Wunsch nach Unabhängigkeit versucht sie, ihr Leben zu sortieren. Doch ein perfider Angriff auf ihre Schwester verändert alles.

Die bislang gute Verbindung zwischen den Familien Thomasius und von Freystetten erhält aufgrund familiärer Vorkommnisse und erschreckender Entscheidungen, die schwerwiegende Auswirkungen auf alle haben, einen herben Schlag. Auch Ricardas Sohn Georg musste für einen Fehler teuer bezahlen und die Folgen tragen.

Die Stimmung ist angespannt, nicht nur politisch, sondern auch familiär und die beiden Schwestern und ihre Mama versuchen an allen Ecken und Enden auszuhelfen, beizustehen und die schweren Folgen abzufangen.

Anfangs dauert es etwas, bis die Geschichte in Fahrt kommt, doch nach und nach baut sich ein interessanter Handlungsstrang auf, der sich streckenweise schon fast zu überschlagen droht. Allerdings fiel es mir öfter schwer, mich in die Personen hineinversetzen zu können, es wirkte so oberflächlich, teils unverständlich und zu geballt. Dadurch habe ich mich seitenweise dann doch etwas durch die Geschichte geschleppt und fand es sehr schade, dass Vater Siegfried nur noch eine Randerscheinung blieb.
Man springt zwischen Berlin, München und Amerika, aber fühlt sich wie eine Randfigur, die keinen richtigen Zugang bekommt.

Das Ende war zusammengerafft und leider auch nicht so ganz zufriedenstellend. Es ist geschichtlich gut recherchiert und man begegnet auch diversen bekannten Schauspielnamen und Filmen, war jedoch oft auch sehr frivol.

Für mich leider der schwächste Teil von allen, schade hab mir zum Ende der Reihe etwas mehr versprochen.

Bewertung vom 21.11.2023
Monster / Oliver von Bodenstein Bd.11
Neuhaus, Nele

Monster / Oliver von Bodenstein Bd.11


sehr gut

Wieder mal hat Nele Neuhaus es geschafft, den Leser bis zum Ende im Unklaren zu lassen, den Spannungsbogen zu steigern und mehrere Handlungsstränge zum finalen Schlag zusammen zu fügen.

Schon alleine der Titel fordert zum spekulieren heraus, zusammen mit der Vorschau scheint man erst keine Verbindung herstellen zu können, was sich aber im Verlauf des Buches auf raffinierte, allerdings auch sehr perfide Weise erklärt.

Zwei Fälle, begonnen mit dem Fund eines toten jungen Mädchens, der Täter eigentlich eindeutig. Doch dann tauchen weitere Opfer auf, die Zahl der angesammelten Todes -und Vermisstenfälle steigt.

Die Ermittlungen von Pia, Oliver und ihren Kollegen laufen heiß, Überstunden ohne Ende, private Veränderungen und Schwierigkeiten fordern sie heraus, privates und berufliches unter einen Hut zu bekommen und dann passiert noch etwas, was Oliver ordentlich aus der Bahn wirft und das ganze Team aufmischt.

Denkt man anfangs noch, wie soll dieser Fall denn so viele Seiten füllen, wird man doch wieder mal ziemlich überrascht und erlebt Wendungen, Wirrungen und Überraschungen, die man weder erahnt hat noch zu irgendeinem Zeitpunkt absehen konnte. Wie ein Katz- und Mausspiel, allerdings mit dem Leser. Man muss sich zwar an viele Namen gewöhnen, aber Stück für Stück eröffnet sich ein Netz von Selbstjustiz in einer Art und Weise, die einen schockiert und sprachlos macht und auch intern in einer Katastrophe endet.

Obwohl es inhaltlich ein paar kleinere Fehler z.B. Verwechslung von Fahrzeugen gibt, fand ich das Buch insgesamt trotzdem fesselnd, dramatisch und es bietet aufregende Unterhaltung. Zumal dieser hochaktuelle Krimi die Problematik des Justizsystems und daraus resultierende Vorurteile interessant aufgreift. Dazu noch das sympathische eingespielte Ermittlerteam, die dieses Mal wirklich an ihre Grenzen gebracht werden und für zusätzliche Überraschungsmomente sorgen – ich würde sagen: monstermäßig gut.

Bewertung vom 16.11.2023
Undercover - der Preis der Wahrheit
Franke, Thomas

Undercover - der Preis der Wahrheit


ausgezeichnet

Eine wahnsinnig gute christliche Dystopie, ungefähr 60 Jahre später in einem vom Staat kontrollierten Deutschland, einer neu geschaffenen Mitteleuropäischen Union, in dem Hightech, KI das Leben der Bürger überwacht, Geburtenkontrolle, Verlauf von Krankheiten und der Wert eines Menschen samt seiner Glaubensauffassung genau festgelegt und gesteuert werden.

Aufgrund der jüngsten Erfahrungen von religiösem Fanatismus und Extremismus und immer wieder aufkeimenden gefährlichen Gruppierungen wird hart dagegen vorgegangen, dies zu unterbinden.

Die junge Undercover-Agentin Sila Degenhardt soll sich in die verbotene Untergrundbewegung Follower einschleichen, nichts ahnend, dass ihre bisherige Überzeugung gehörig ins Wanken gerät und sie im Laufe der Zeit Abläufe kennenlernt, die so völlig fremd sind und doch viele Fragen aufwerfen.

Die Mischung aus dem jetzigen bekannten und dem, wie es in Zukunft genutzt werden könnte, fand ich einfach genial gemacht. Man konnte sich hineinversetzen, ohne dass es komplett fremd oder unplausibel war. Erschreckend, raffiniert, mit unglaublich vielen spannenden Twists.

Dabei sind die Hauptprotagonisten wie Sila und die Mitglieder der Follower interessante, authentische Persönlichkeiten, die mit dem, was sie bislang erlebt und womit sie sich beschäftigt haben, eine Erklärung für all das Geschehen und Erlebte gesucht haben. Dass es nicht verkehrt ist, Zweifel zu haben, nach Antworten zu suchen und Hintergründe zu erforschen.

Was mich begeistert hat, war die Art und Weise, wie Sila ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Zwist zwischen staatlicher Toleranz, wissenschaftlicher Glaubhaftigkeit und Beweisführung im Vergleich zur Existenz eines Gottes bzw. der Frage nach der echten Wahrheit und der Definition von Vertrauen macht. Selbst Leser, die nicht religiös sind, werden nicht überrumpelt, sondern lediglich zum Nachdenken angeregt.

Ein Future-Thriller der besonderen Art, wendungs- und actionreich, charakterlich brillant egal in welcher Rolle, mit einigem Humor gespickt und insgesamt sehr nachdenklich stimmend. Obwohl Dystopie, doch sehr zeitnah und aktuell.

Große Leseempfehlung!

Bewertung vom 14.11.2023
Sparks of Joy
Unsin, Verena

Sparks of Joy


ausgezeichnet

Als ich dieses Buch erhielt, kam es mit einem kleinen Transportschaden an. Hat es das Buch dadurch weniger wertvoll gemacht? Im ersten Moment war ich etwas enttäuscht, da kam der kleine Monk durch, aber dann habe ich überlegt, es hat doch das Herz des Buches, die Geschichte, deshalb nicht entwertet und unwichtig gemacht. Diese Macken am Buch passen perfekt zu dieser Erzählung, weil es auf den Focus ankommt. Was ist mir wichtig, was sehe ich wirklich.

Wer von uns kämpft nicht mal mehr mal weniger mit Unzulänglichkeit, Selbstkritik, trüben Gedanken und Misserfolgen. Jeder ist von Zeit zu Zeit mal enttäuscht von sich und anderen, mit sich und der Welt nicht im Klaren oder hadert und ist einfach unzufrieden mit der Gesamtsituation.

Dann ist das Buch hier genau das richtige, für Jung und Alt, um seinen Focus wiederzufinden. Um sich wieder so zu sehen, wie Gott einen sieht: wertvoll. Oder wie es in einem bekannten Lied gesungen wird: Weißt du denn gar nicht, wie schön du bist…

Aber in diesem Buch steckt noch so viel mehr, als das Selbstvertrauen zu stärken und die Sichtweise auf sich zu korrigieren, sondern auch das Akzeptieren von Grenzen, über sich, eigene Ansichten und Prinzipien, den eigenen Körper und die eigenen Gefühle und Wünsche.

Mit der Geschichte um Phil und Silia ist der Autorin ein Aufmerksamkeits- und Achtsamkeitsbuch gelungen, das so viel Tiefe, so viel Wert und emotionales Feuerwerk enthält, weil diese Personen so echt, so authentisch, aus dem Leben gegriffen sind. That´s life, man findet sich wieder, man fühlt mit ihnen, erlebt es hautnah und hinterfragt sich selbst, egal welches Alter.

Mit Phil wurde jemand geschaffen, dessen Leben auch nicht perfekt verläuft, dessen Handicap ihn auch vor einige Herausforderungen stellt. Der sich wünscht, nicht darauf reduziert zu werden, sondern das, was ihn ausmacht: Phil der sanfte, rücksichtsvolle, aufmerksame Kerl mit ausgeprägtem Helfersyndrom, einem großen Herzen und starken Glauben. Dessen Anwesenheit Silia oft fordert, sie irritiert, trotzig reagieren lässt und ihn immer wieder abweist. Der sich aber nicht aus der Ruhe bringen lässt und es schafft, ihre Mauern zu durchbrechen, ihr durch seine natürliche Art hilft, ihren Fokus zu verändern und sich selbst neu zu finden.

Ihre toughe, lustige und liebenswerte Familie, besonders ihre knuffige Schwester Louise, ist ihr eine große Hilfe dabei, sich selbst neu zu fokussieren. Obwohl es ein harter, tränenreicher Weg für sie wird, Selbstbewusstsein zu entwickeln, sich selbst anzunehmen und Fehlschläge nicht als Versagen zu empfinden, spürt sie nach und nach, was Liebe, Geduld, Zuspruch und Vertrauen für eine große Wirkung haben. Und wie Gott geduldig wartet, selbst wenn man sich für eine kurze Strecke selbst verloren hat. Er ist immer da und gebraucht Menschen, um zu lernen und zu verstehen.

Und zwei Besonderheiten sind hier enthalten, die so genial vermittelt werden:
• Liebe ist ein persönliches Geschenk ohne Bedingungen und Zwänge. Wenn man jemanden liebt, achtet man ihn und respektiert seine Wünsche und Abneigungen. Niemand hat das Recht Grenzen zu ignorieren oder zu überschreiten.

• Wahre Helden brauchen nicht den großen Auftritt, es sind die stillen sanften Helden, die das Herz berühren.

Ich lieb das Buch von Anfang bis Ende. Es sollte einmal um die ganze Welt gehen, ob alt oder jung, jeder wird sich hier irgendwie wiederfinden und kann die Message weitergeben und selbst nutzen.

Bewertung vom 08.11.2023
König der Turniere
Stadler, Juliane

König der Turniere


sehr gut

Nachdem mich ja schon der historische Debütroman "Krone des Himmels" begeistern konnte, wollte ich unbedingt auch diesen Roman lesen. Eine Ära des 12.Jahrhunderts, zur Zeit der Auseinandersetzungen zwischen dem Jungen König Heinrich und seinen Brüdern Richard, Geoffroy und seinem Vater. Langanhaltende Fehden, Eifersucht, Neid und Machtdemonstrationen, die zu eskalieren drohen, denn plötzlich steckt man als Leser inmitten eines Spinnennetzes aus hinterhältigen Intrigen, die an Bosheit und Hinterlist nicht zu überbieten sind.
Menschen werden gegeneinander ausgespielt, ausspioniert und charmelos erpresst, wobei sie meist gar keine andere Wahl hatten, als sich ihrem Schicksal zu fügen.
Auch verbotene Liebe ist ein großes Thema, denn die Damenwelt hatte in dieser Ära eigentlich keine andere Aufgabe, als sich dem Schicksal zu fügen, egal welche Wünsche und Vorstellungen sie hatten. Ehen wurden arrangiert, Pflicht war es viele Kinder als Erben und Nachfolger für den Thron zu bekommen. Auch die Homosexualität, obwohl verpönt, so doch insgeheim praktiziert und je nach Königshaus geduldet ist ein Thema in diesem Buch, wenn auch dezent und ohne explizite Szenen.
Anfangs hatte ich etwas Schwierigkeiten mit den vielen meist französischen Namen, Zuständigkeitsgebieten der mitteleuropäischen Königshöfe und Regionen und wer auf welcher Seite und für welchen Königssohn kämpft. Doch ein Namensverzeichnis mit Erklärung samt zusätzlicher Begriffserklärungen im Anhang machen es einem leichter und mit der Zeit gewöhnt man sich. Auf jeden Fall toll recherchiert.
Es geht äußerst turbulent in diesem doch sehr umfangreichen Buch zu, die Autorin versteht es wirklich, Spannung zu erzeugen und den Bogen fast durchgehend zu halten, trotz vieler Dispute und Erwähnung von Orten der Kampfhandlungen.
Interessant für mich, war die Art der Turniere, die damals völlig anders durchgeführt wurden, als man es bisher kannte.
Deswegen würde ich auch unbedingt empfehlen, das Nachwort zu lesen, so macht es einiges an Entwicklungen und Abläufen verständlicher.
Mit dem jungen Ritter Erec erlebt man einen mutigen, treuen, wenn auch manchmal hitzköpfigen, sturen Ritter, der es mit seinem Turniertalent an die Seite des jungen König Heinrichs und seinen klugen und vernünftigen Marschall schafft. Zusammen mit seinen Turnierbegleitern und dem jungen Straßenkind Pep erlebt man ein abwechslungsreiches, aufregendes und spannendes Spektakel, was auch öfter mit großen Schwierigkeiten, Gefahren und Rückschlägen verbunden ist, natürlich auch mit einer schönen Portion Romantik. Alle Charaktere, ob gut oder böse, sind großartig getroffen, so dass man sofort Bilder im Kopf hatte.
Parallel habe ich das Buch auch als Hörbuch genossen, denn Tobias Kluckert ist einfach ein großes Talent für solche Erzählungen und hat mich wieder mal unglaublich begeistern können. Er ist ein Meister im Sprechen von historischen Romanen, der es jedes Mal wieder schafft, dass man sich als Leser komplett in der Handlung wiederfindet, wie eine Zeitreise, die atemberaubend, spannend, romantisch, unterhaltsam und großes Kino ist.

Bewertung vom 30.10.2023
Das Holz, aus dem wir geschnitzt sind
Spratte, Annette

Das Holz, aus dem wir geschnitzt sind


ausgezeichnet

In einer Welt voller Vorurteile und Egoismus zeigt dieser warmherzige, ergreifende Roman, was passiert, wenn Menschen mit feinen, sensiblen Antennen und einem besonderen Gespür für die Welt um sie herum verurteilt, erniedrigt und abgelehnt werden.

Die besondere Beziehung zwischen dem jungen Karl und seinem Großvater Jakob hat mich sehr beeindruckt und oft zu Tränen gerührt, einfach weil beide als Außenseiter, als anders betrachtet werden und ständig damit zu kämpfen haben. Verspottet, ausgegrenzt, als schwach bezeichnet, selbst von der eigenen Familie, hinterlässt viele Narben und gleichzeitig Fragen. Während man Karl begleitet, der ständig für alles verantwortlich gemacht wird, ohne die Schuldfrage zu klären, der an sich selbst zweifelt und dabei doch so sanft, liebevoll und feinsinnig ist, erhält man gleichzeitig Rückblicke in das Leben seines Opas, was mich sehr berührt und innerlich doch viele Male zerrissen hat.

Karls Talent für die Schnitzerei gibt ihm Zuflucht und aufgrund des guten Einflusses und Zuspruchs seines Opas, verfolgt Karl tapfer und mutig seine Ziele und erhält auch die Möglichkeit, seine Leidenschaft zum Beruf zu machen.

Nach dem Verlust seines Großvaters und eskaliert auch die häusliche Situation durch ein familiäres Unglück, so dass Karl auf sich allein gestellt ist, einzig seine Freundschaft zu der Magd Anna gibt ihm Mut und Hoffnung und nach und nach entdeckt er auch, was seinem Großvater widerfahren ist.

Diese Geschichte ist ein Meisterwerk, eine Kunst, weil es hier nicht um Gut und Böse geht, um irgendwelche Schuldzuweisungen, sondern dazu auffordert, hinter die Kulissen des anderen zu schauen, voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu respektieren.

Immer wieder wird durch die Rückblicke, Bibelzitate und gute Klosterfreunde des Großvaters hervorgehoben, wie Gott jeden Einzelnen betrachtet, was für ihn den Wert eines Menschen ausmacht und dabei wächst Karl über sich selbst hinaus, was ich unglaublich spannend und stark fand.

Der Bezug zwischen der Kunst aus einem einfachen Stück Holz Besonderes zu schaffen und dem, wie wir in Gottes Hand sind ist eine geniale Idee, was das Buch so einzigartig, so lebendig, gefühlvoll und besonders macht.

Gott sieht mehr in jedem einzelnen von uns, als wir selbst begreifen und teilweise akzeptieren wollen und wer sind wir, dass wir den Wert eines anderen Menschen in Frage stellen oder uns Rechte herausnehmen, die uns nicht zustehen. Die Einzigartigkeit jedes Menschen wird durch diesen Roman deutlich hervorgehoben, ebenso wie die Macht der Vergebung und der Liebe.

Für mich ein absolutes Lesehighlight, ein Roman, den man niemals vergessen darf, den man immer wieder lesen kann und sollte und sich jeder dabei die Frage stellt: Aus welchem Holz bin ich geschnitzt!

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.10.2023
In Liebe, deine Lina / Mühlbach-Saga Bd.1
Leciejewski, Barbara

In Liebe, deine Lina / Mühlbach-Saga Bd.1


sehr gut

Da ich die bewegende Art zu schreiben der Autorin sehr gern mag und dieser Roman gleichzeitig für mich ein Stück Heimat und Kindheitserinnerung vermittelt, wollte ich den Roman unbedingt lesen.

Sanft, unaufgeregt und voller Gefühl und Emotionen wird hier das Leben einer jungen, impulsiven und fröhlichen Frau geschildert, der als Halbwaise die richtige Aufklärung fehlt und aufgrund einer dummen Unachtsamkeit von den Bewohnern ihres Dorfes gemieden und abgestraft wird. Ohne Arbeit, fehlendes Geld und der eh schon vorhandenen Armut und Alberts Zerrissenheit zwischen elterlichen Forderungen, drohender Enterbung und Feigheit bleibt ihr nichts anderes übrig, als mit ihrer kleinen Tochter das Angebot von Karl anzunehmen.

Und dieser Karl ist in meinen Augen wirklich ein tapferer, verständnisvoller und verantwortungsbewusster Mensch, den man sofort ins Herz schließt und der selbst miterlebt hat, wie verletzend Vorurteile und festgefahrene Meinungen sein können und wie chancenlos man ist.

Das neue Leben, das sie in Bremen beginnen, wird schön umschrieben. Für mich gleichzeitig ein Stück Kindheitserinnerung, an alte bekannte Orte, Sehenswürdigkeiten geführt zu werden und zu sehen, wie beide versuchen, das Beste aus ihrer nicht ganz unkomplizierten Situation zu machen. Karl kämpft um Lina und seine Adoptivtochter, während man einen intensiven Einblick in die Gefühlswelten erhält.

Dabei sind ihnen ihre neuen Freunde eine Hilfe, die für Ablenkung einer völlig anderen Lebensweise als Lina es gewohnt ist sorgen, jedoch gibt es auch so manches Erlebnis, was einem die Tränen in die Augen treibt. Zumal Charlotte, je größer sie wird, Fragen stellt und es sich nicht vermeiden lässt, Kontakt zum Vater zu haben. Auch hier hat sie einen Kinderfreund, den jungen August, mit dem sie durch die enge Freundschaft zwischen ihren Eltern große Unterstützung erhält.

Es hat eine Weile gedauert, bis ich in die Geschichte gefunden habe. Anfangs war Lina für mich sehr sprunghaft, oberflächlich und arglos und es hat mir dieses gewisse Gefühl und Verständnis gefehlt. Während Karl mein Herz von Anfang an erobert hat, dauerte es bei Lina, weil sie oft egoistisch, stur und fordernd auftrat, was immer mal wieder durchblitzte.

Zudem war auch das Verhalten ihres Bruders Walter für mich nicht ganz verständlich und akzeptabel, Umstände hin oder her. Zeitweise hätte ich mir insgesamt ein klein wenig mehr Spannung und Abwechslung gewünscht, an einigen Stellen zog sich das Buch und einige Abläufe wiederholten sich.

Es ist auf jeden Fall anders als von den bisherigen Büchern gewohnt, auch wenn ich zum Schluss dann doch ziemlich mit den Tränen kämpfen musste, weil mich die besondere Verbindung zwischen Karl und Charlotte sehr berührt hat und ihr Zwiespalt großartig umschrieben wurde.

Das Ende wirkt etwas abrupt, lässt einiges an Fragen offen, aber es gibt ja einen Folgeband, auf den ich mich trotz einiger kleiner Kritikpunkte dennoch sehr freue.

Ein Buch, das sehr emotional über folgenreiche Entscheidungen und Handlungen erzählt und auf sanfte, bewegende Weise zeigt, dass es immer Menschen gibt, die in Not da sind und einem helfen, die Stürme des Lebens zu überwinden und einem helfen, den Platz im Herzen eines anderen zu finden.