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bookloving
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Munich

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Insgesamt 321 Bewertungen
Bewertung vom 27.01.2023
Feldpost
Borrmann, Mechtild

Feldpost


ausgezeichnet

*Erschütternder zeitgeschichtlicher Roman*
In ihrem historischen Roman „Feldpost“ ist es der deutschen Autorin Mechtild Borrmann erneut in beeindruckender Weise gelungen, auf wahren Begebenheiten beruhende Schicksale und zeitgeschichtliche Ereignisse rund um den Zweiten Weltkrieg zu einer bewegender Geschichte zu verweben. Eine Geschichte, die mich angesichts der Authentizität Intensität der geschilderten menschlichen Tragödien betroffen und sehr nachdenklich zurückgelassen hat.
Recherchiert hat die Autorin hierzu in dem umfangreichen Deutschen Tagebucharchiv in Emmendingen, in dem Zeitzeugnisse aus dem deutschen Sprachraum in Form von unveröffentlichten Tagebüchern, Lebenserinnerungen und Briefen archiviert und der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden.
In ihrem Roman führt sie uns sehr nachdrücklich die weitreichenden Auswirkungen vor Augen, die der Nationalsozialismus auf die junge Generation hatte und insbesondere der Krieg der gesamten Bevölkerung zugefügt hat.
Thematisch kreist die überaus bestürzende Geschichte über zwei Geschwisterpaare und deren Familien um eine große verbotene Liebe, die im Verborgenen bleiben muss, verschmähte Zuneigung, Freundschaft, Eifersucht, skrupellose Bereicherung, Verrat und große Schuld.
Die Autorin hat ihren Roman auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen angelegt und erzählt die Handlung aus verschiedenen Perspektiven. Durch den einfühlsamen, ansprechenden Schreibstil und den interessanten Einstieg wird man von Anfang an mitten hinein in die Geschehnisse gezogen und folgt gebannt dem weiteren Fortgang der emotional aufwühlenden Zeitreise. In dem Handlungsstrang der Gegenwart des Jahres 2000 lernen wir die Anwältin Cara Russo kennen, die nach einer mysteriösen Begegnung mit einer Unbekannten in einem Café beginnt, sich auf eine aufreibende Spurensuche nach dem rechtmäßigen Besitzer des Inhalts der von dieser zurückgelassenen alten Aktentasche zu begeben. So gelingt es Cara tatsächlich, den damaligen Absender der Feldpostbriefe aufzuspüren deckt bei ihren Recherchen allmählich die tragischen Hintergründe auf.
Im zweiten eindringlich erzählten Handlungsstrang tauchen wir in die Vergangenheit ein und erhalten ausgehend vom Jahr 1935 Einblicke in das Leben zweier befreundeter und in vielerlei Hinsicht schicksalhaft verbundener Familien und ihrer Kinder Adele und Albert sowie Richard und Dietlind ein. Während Familie Martens stramm auf Linie der Nazis ist, gerät Adeles Vater wegen seiner regimekritischen politischen Einstellung zunehmend in große Schwierigkeiten, bis schließlich nur noch die Flucht der Eltern ins Ausland Schlimmeres verhindert und die jungen Geschwister im Nazi-Deutschland zurückbleiben.
In verschiedenen Episoden veranschaulicht die Autorin glaubhaft die unterschiedliche Entwicklung ihrer vielschichtig angelegten Figuren und die Motive für ihr individuelles Handeln. Gekonnt hat sie auch viele historische Fakten und damalige Geschehnisse wie beispielsweise die fatale Bombennacht in Kassel im Oktober 1943 in die Handlung eingeflochten.
Die kurzen Kapitel und raschen Perspektivwechsel sorgen für Abwechslung und lassen die Spannung stetig steigen, auch wenn man ahnt, dass man nicht mit einem versöhnlichen Ausgang rechnen kann. Die vielen von Cara aus den alten Unterlagen und Briefen zusammengetragenen Mosaiksteinchen sowie die Rückblicke in die Vergangenheit offenbaren schließlich die beklemmende Wahrheit über die Vorkommnisse rund um Adele und ihre Familie. Das unfassbare, ihnen widerfahrene Leid und die enthüllten menschlichen Abgründe machen einen sehr betroffen. Insbesondere, da viele der zu dieser Geschichte verdichteten Einzelschicksale und persönlichen Tragödien auf wahren Begebenheiten beruhen.
Etwas schade fand ich, dass die Handlung ab einem gewissen Punkt doch etwas zu vorhersehbar war.
Zum Ende hin überschlagen sich die hochdramatischen Ereignisse regelrecht und es kommt zu einem raschen, fast reportageartigen Bericht im Zeitraffer über die Schicksale der beteiligten Charaktere.

FAZIT
Ein sehr bewegender historischer Roman über eine verbotene Liebe, einen großen Verrat und eine tragische Familiengeschichte zu Deutschlands dunkelsten Zeiten!
Basierend auf wahren Begebenheiten, aufrüttelnd und erschütternd! Sehr lesenswert!

Bewertung vom 27.01.2023
Der Tote im Kurhaus / Fräulein vom Amt Bd.2 (eBook, ePUB)
Blum, Charlotte

Der Tote im Kurhaus / Fräulein vom Amt Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

*Unterhaltsame Fortsetzung der historischen Krimi-Reihe*
Nach dem vielversprechenden Auftakt „Die Nachricht eines Mörders“ ist den unter dem Pseudonym Charlotte Blum schreibenden Autorinnen Regine Bott und Dorothea Böhme mit dem zweiten Band „Fräulein vom Amt - Der Tote im Kurhaus“ eine sehr unterhaltsame Fortsetzung ihrer historischen Roman-Serie rund um die sympathische Protagonistin Alma Täuber als ermittelndes Fräulein vom Amt gelungen.
Die abwechslungsreiche Mischung aus fesselndem Kriminalfall, zarter Liebesgeschichte, faszinierenden zeitgeschichtlichen Einblicken in das Alltagsleben der mondänen, quirligen Kur-Stadt Baden-Baden im Jahr 1924 sowie spannenden kulturellen Ereignissen sorgt für beste Unterhaltung.
Im Mittelpunkt der abwechslungsreichen Handlung stehen die junge Alma und ihre unkonventionelle Freundin und kreative Floristin Emmi Wolke, die sich eine gemeinsame Dachwohnung als Untermieterinnen einer höchst neugierigen Hauswirtin teilen, und ihre Unabhängigkeit als „moderne Frauen“ jener Zeit bei gesellschaftlichen Amüsements auskosten. Als nach der Premierenfeier zur »Aida«-Aufführung Emmis schneidiger Tanzpartner und gefeierter Tenor tot aufgefunden wird, gerät deren hitzköpfiger und stets eifersüchtiger Verehrer August ins Visier der Polizei. Auf Emmis hartnäckige Bitte hin beginnt Alma mit ihrem untrüglichen kriminalistischen Spürsinn Nachforschungen zu dem verzwickten Fall anzustellen. Hierbei trifft sie auch wieder auf den jungen Kriminalkommissar Ludwig Schiller, dem sie trotz großer Zuneigung im letzten Band den Laufpass gegeben hatte.
Dank des lebendigen Erzählstils und der farbenprächtigen Beschreibungen der Schauplätze in der damals international populären Sommerresidenzstadt am westlichen Rand des Schwarzwalds werden wir rasch in das turbulente Geschehen hinein gezogen.
Sehr anschaulich und authentisch fangen die Autorinnen das einzigartige Flair der turbulenten Zwanziger Jahre ein, einer Zeit im gesellschaftlichen und politischen Umbruch, deren heraufziehende Schattenseiten durch das Aufleben des nationalsozialistischen Gedankenguts immer präsenter werden.
Wie im Nachwort erläutert haben die Autorinnen viele historische Details sorgsam recherchiert und diese vom hochinteressanten modischen bis technologischen Wandel und bis hin zu politischen und kulturellen Hintergründen sehr ansprechend in ihre Handlung eingearbeitet. So erleben wir hautnah die um sich greifende Begeisterung der Bevölkerung für Ägyptologie und den Hype um Howard Carters archäologische Ausgrabungen im Tal der Könige mit, die sich in den Alltag eingeschlichen hat.
Mir hat es mit viel Spaß bereitet, mich gemeinsam mit der sympathischen Protagonistin auf die Suche nach dem Mörder unter die illustre Schar der Verdächtigen zu mischen, die Mitglieder des Opernensemble zu ihren Techtelmechteln zu befragen, diverse Teilnehmer der Ägypten-Expedition unter die Lupe zu nehmen und über altägyptischen Artefakten nachzuforschen. Auch wenn der eigentliche Kriminalfall und die Ermittlungen hierzu bisweilen in den Hintergrund treten, sorgen die privaten und beruflichen Exkurse rund um Alma und ihre flatterhafte Freundin für viel Abwechslung, nette humorvolle Episoden und natürlich Spannung.
Almas Recherchen zu dem spektakulären Mordfall nehmen so manche unerwartete Wendung, bieten reichlich Stoff zum Miträtseln und gipfeln schließlich in einem fesselnden Finale und einer überraschenden Auflösung.
Die Autorinnen haben ihre verschiedenen Charaktere sehr lebendig und mit viel Liebe ausgearbeitet, so dass sie äußerst lebensnah wirken. Ob nun die überaus clevere, selbstbewusste Hauptfigur Alma, der ihr Beruf in der Telefonvermittlung des Postamts und ihre Unabhängigkeit sehr wichtig ist, ihre quirlige, lebensfrohe Freundin Emmi mit ihren stets wechselnden Männerbekanntschaften, oder verschiedenste Nebenfiguren -die Autorinnen verstehen es, ihre Figuren zum Leben zu erwecken und uns ihre Gedankenwelt glaubwürdig zu vermitteln.
Ich bin schon sehr gespannt, welche Abenteuer und Herausforderungen auf Alma im 3. Band „Spiel auf Leben und Tod“ zukommen werden, der für Ende August dieses Jahres angekündigt ist.

FAZIT
Eine unterhaltsame Fortsetzung der historischen Krimi-Reihe um das ermittelnde Fräulein vom Amt Alma Täuber -mit sympathischen Charakteren, spannenden Ermittlungen, tollem Zwanziger Jahre-Zeitkolorit und humorvollen Episoden!
Ein gelungenes kurzweiliges Lesevergnügen zum Miträtseln, Schmunzeln und Mitfiebern!

Bewertung vom 10.01.2023
Gespräche auf dem Meeresgrund
Leeb, Root

Gespräche auf dem Meeresgrund


sehr gut

*Außergewöhnliche Erzählung*
Mit ihrem neuen Buch „Gespräche auf dem Meeresgrund“ hat die deutsche Autorin Root Leeb eine eindringliche, tiefgründige Erzählung vorgelegt, die gekonnt ein Schlaglicht auf die heutige Zeit und die gesellschaftlichen Probleme wirft. Auf knapp 150 Seiten entspinnt sich eine höchst außergewöhnliche Geschichte über Leben und Tod, Freiheit und Immigration, über Privilegien und Macht, Menschlichkeit in Zeiten des Chaos, Diskriminierung sowie Suppression von Frauen und Armen.
Root Leeb hat ihre ungewöhnliche Erzählung als ein dialog-dominiertes Kammerspiel inszeniert, mit der faszinierenden Unterwasserwelt am Meeresgrund als minimalistisches, recht surreales Setting.
Wundervoll illustriert wird das ganze durch in den Text eingestreute, sehr stimmungsvolle Bilder, die alle wie ebenfalls das sehr ansprechende Cover von der Autorin stammen. Mit ihrem ruhigen, ausgefeilten Erzählstil hat die Autorin einen einzigartigen Klang in ihre eher stille Geschichte hineingezaubert. Ihre lakonisch wie poetische Sprache sowie ihre eindrücklichen, atmosphärisch dichten Beschreibungen haben mich rasch in den Bann gezogen und mein Kopfkino anspringen lassen. Root Leeb hat eine faszinierende Ausgangssituation für ihre Geschichte gewählt, die mich mit seinem unrealistischen, aber originellen und zugleich berührenden Gedankenexperiment sehr angesprochen hat.
So lässt sie drei zunächst namenlose Seelen im mythischen Element Wasser aufeinandertreffen - drei Menschen mit verschiedener Sozialisation und von unterschiedlicher Herkunft, die in dem unglücklichen Umstand, vom Meer verschluckt und nun an ihrer Grabstätte in einer Art Zwischenreich unter Wasser festgehalten zu sein, ein gemeinsames tragisches Schicksal teilen. In dieser besonderen Ausgangskonstellation, in der nichts voreinander verborgen werden kann, beginnen die drei Seelen sich miteinander auszutauschen, setzten sich zugleich auch mit ihrer bisherigen Lebensgeschichte und ihrem Schicksal auseinander und müssen sich zwangsläufig auch den Geistern ihrer Vergangenheit stellen.
Es ist faszinierend und bewegend, ihren Gesprächen über ihr früheres Leben und die Einschätzungen ihrer gegenwärtigen Lage zu folgen, ihren vorbeiziehenden Erinnerungsfetzen zu lauschen und an ihrem Gedankenstrom, ziellosem Philosophieren oder an sich bisweilen hochschaukelnden Emotionen teilzuhaben. Nach und nach erfahren wir mehr über einschneidende Geschehnisse in ihrem Leben und persönliche Schicksalsschläge, und die vergangene Lebenssituation dieser „armen Seelen“ mit ihren unterschiedlichen Hintergrundgeschichten kristallisiert sich immer deutlicher heraus.
Mit viel psychologischem Feingefühl ist es der Autorin in ihrem Kammerspiel gelungen, die Figuren mit ihrer unterschiedlichen Persönlichkeiten aber auch ihrer inneren Zerrissenheit, Ängsten, Trauer und Verbitterung glaubhaft einzufangen. Zugleich hat sie eindringlich-emotionale Momente oft nur kurz angeschnitten und überlässt es dem Leser, in diese Kulisse eigene Betrachtungen zu projizieren.
Die Intention der Autorin, den ertrunkenen Geflüchteten im Mittelmeer mit ihrem Roman ein Gesicht zu geben und uns ihre schicksalhafte Geschichte zu erzählen, finde ich sehr gelungen.

FAZIT
Eine tiefgründige, eindringlich-emotionale Erzählung, die zum Nachdenken über unser Leben und das Miteinander in unserer modernen Gesellschaft anregt.

Bewertung vom 01.01.2023
Dschinns (eBook, ePUB)
Aydemir, Fatma

Dschinns (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

*Ein eindringlich geschriebener, sehr bewegender Roman*

Mit ihrem zweiten Roman »Dschinns« ist der deutschen Autorin und Journalistin Fatma Aydemir ein faszinierender und sehr bewegender Familienroman gelungen, der es zu Recht auf die Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2022 geschafft hat.
Im Mittelpunkt der 1999 in Deutschland angesiedelten Geschichte steht das Schicksal der Gastarbeiterfamilie von Emine und Hüseyin Yilmaz und ihren vier Kindern Ümit, Peri, Hakan und Sevda, die im Gegensatz zu ihren Eltern weitgehend in der deutschen Gesellschaft sozialisiert sind.
Thematisch kreist der Roman um verpasste Lebensträume, prägende Folgen der schwierigen Familienkonstellation und patriarchale Strukturen, Suche nach eigener Identität, Unabhängigkeit und Sexualität, fehlende Mutterliebe sowie Generationenkonflikten. Doch auch die Problematik von Migration, Rassismus, Benachteiligung, Verlust der eigenen Sprache, von Heimat und seinen kulturellen Wurzeln greift die Autorin gekonnt in ihrem facettenreichen Roman auf.
Äußerst bewegend erzählt die Autorin in ihrem fesselnden Ausgangsszenario vom 59-jährigen Hüseyin, der vor 3 Jahrzehnten als Gastarbeiter aus der Osttürkei nach Deutschland kam und nach harter Arbeit seinen wohlverdienten Frühruhestand in seiner mühsam ersparten Eigentumswohnung in Istanbul genießen möchte. Doch sein großer Traum erfüllt sich tragischer Weise nicht mehr, denn am Tag seines Einzugs verstirbt er an einem Herzinfarkt. Die zu Hüseyins Bestattung anreisenden Hinterbliebenen haben neben ihrer Trauer und widersprüchlicher Gefühle eine Menge unaufgearbeiteter Probleme, Verwundbarkeiten, Sorgen aber auch heimliche Sehnsüchte im Gepäck. Konfrontiert mit ihrer komplizierten Familiengeschichte kommen ganz unerwartet unangenehme Wahrheiten, verborgene Familiengeheimnisse und sorgsam gehütete Lebenslügen ans Licht, die bislang unausgesprochen blieben und nun das hartnäckige Schweigen in der Familie durchbrechen.
Der Roman ist in sechs verschiedene Kapitel unterteilt, in denen abwechselnd aus der jeweiligen Perspektive eines anderen Familienmitglieds erzählt wird. Der Autorin ist es hervorragend gelungen, jeder Figur eine ganz individuelle Stimme und eigene Sichtweise zu geben. Die höchst unterschiedlichen Charaktere sind mit ihrer persönlichen Beziehung zu den Eltern und unterschiedlichen Hintergrundgeschichten äußerst lebendig. facettenreich und tiefgründig angelegt und wirken sehr authentisch. Zudem werden in jedem Kapitel aufschlussreiche Details aus ihrer persönlichen Lebensgeschichte und einschneidende Erlebnisse beleuchtet und bedeutsame Einblicke in ihre Stärken und Schwächen sowie Persönlichkeitsentwicklung gewährt. Kleinen Mosaiksteinchen gleich fügen diese sich allmählich zu einem aufschlussreichen Gesamtbild zusammen, das schließlich beim erschütternden Finale den Blick auf eine sehr beklemmende Dimension freigibt.
Die wendungsreiche, berührende Geschichte, die mich zunehmend in den Bann gezogen und sehr nachdenklich zurückgelassen hat, erhält durch die Perspektivwechsel und die allmählich zutage tretenden, miteinander verwobenen Enthüllungen eine ganz eigene Dynamik.
Der sehr eindringliche und feinfühlige Schreibstil hat mich überaus fesseln und sprachlich sehr überzeugen können.
Ob nun Hüseyins jüngster Sohn Ümit, die beiden Töchter Peri und Sevda, sein zweiter Sohn Hakan bis hin zu Emine, der Mutter und Hüseyins Frau, mit deren Sicht sich am Ende der Kreis schließt, - sie alle sind verletzte, einsame Seelen, die zwar ihre eigene, von gesellschaftlichen und familiären Zwängen beeinflusste Geschichte erzählen, und doch vereint sie alle trotz aller Entfremdung voneinander ihre verhängnisvolle Familiengeschichte.
Schließlich fügen sich am Ende die vielen unterschiedlichen, beiläufig eingeflochtenen Aspekte zu einem höchst aufschlussreichen Familienportrait zusammen, das betroffen macht und sehr nachdenklich stimmt. Nach einem spektakulären, unerwarteten Twist lässt die Autorin ihre geniale Geschichte sehr gelungen ausklingen.

FAZIT
Ein eindringlich erzählter, berührender und sehr tiefgründiger Roman über eine tragische Familiengeschichte, dunkle Familiengeheimnisse und sorgsam gehütete Lebenslügen!

Bewertung vom 01.01.2023
Die Rote Insel / Fräulein Gold Bd.5 (1 MP3-CD)
Stern, Anne

Die Rote Insel / Fräulein Gold Bd.5 (1 MP3-CD)


ausgezeichnet

*Mitreißende Fortsetzung der historischen Hebammen-Saga*
Mit „Hulda Gold - Die rote Insel“ geht die großartige historische Hebammen-Erfolgsreihe von Anne Stern bereits in die fünfte Runde und noch ist kein Ende absehbar – zum Glück!
Diese abwechslungsreiche Saga, in deren Mittelpunkt die bemerkenswerte, charakterstarke Berliner Hebamme Hulda Gold steht, sorgt mit der stimmigen Mischung aus faszinierendem Berliner Setting, einigen Ermittlungen zu einem mysteriösem Todesfall sowie komplizierter Liebesgeschichte wieder für spannende Unterhaltung. Vor allem die authentisch beschriebene zeitgeschichtliche Kulisse Berlins von 1926 sowie die interessanten, vielschichtig angelegten Figuren konnten mich wieder sehr begeistern. Nach dem überraschenden und äußerst beklemmenden Ausgang dieses letzten Bands war ich schon sehr auf Huldas weiteres Schicksal und die Fortsetzung der Geschichte gespannt.
Dank des angenehm leichten und lebendigen Erzählstils der Autorin werden wir rasch ins mitreißende Geschehen hineingezogen und tauchen ab ins politisch aufgeladene Berlin, in dem es vermehrt zu Spannungen und handfesten Auseinandersetzungen zwischen Kommunisten und Anhängern der nationalsozialistischen Bewegung kommt. Gekonnt portraitiert Stern das herausfordernde Alltagsleben der kleinen Leute, gibt uns aufschlussreiche Einblicke in die sozialen Spannungen und politischen Strömungen jener Zeit.
Für die hochschwangere Hulda hat sich nach dem tragischen Tod ihres Verlobten Johann viel verändert, und sie sieht einer wenig rosigen Zukunft entgegen. Glücklicherweise kann sie kann sie auf die Unterstützung ihrer alten Freunde aus ihrem alten Kiez zählen, denn die Familie ihres Verlobten zeigt ihr die kalte Schulter und verwehrt ihr jegliche finanzielle Hilfen. Ihre Anstellung als Hebamme in der Klinik hat sie verloren, so dass sie im Arbeiterviertel ROTE INSEL nun als Arzthelferin in der Praxis der jungen Ärztin und überzeugten Kommunistin Grete Fischer mithilft.
Die Autorin hat ihre Charaktere erneut sehr lebendig und vielschichtig ausgearbeitet, so dass sie mit ihren Ecken und Kanten sehr lebensnah und glaubhaft wirken. Zudem kommt es zu einem Wiedersehen mit alten Freunden und liebgewonnenen Bekannten aus den vorherigen Bänden. Sehr gelungen ist die überaus sympathische, charakterlich gereifte Protagonistin Hulda, die mir inzwischen sehr ans Herz gewachsen ist. Sie ist immer noch eine unerschrockene, selbstbewusste und unkonventionelle Frau, die sich trotz eigener Probleme und ihrer prekären Situation sehr mitfühlend für ihre Patienten in Not einsetzt und angesichts der damaligen Missstände hilft, wo immer sie kann. Doch spürt man deutlich ihre Selbstzweifel und zunehmende Unsicherheit angesichts ihrer ungewissen Zukunft als ledige Mutter. Gefreut habe ich mich auch darüber, dass Huldas ehemaliger Freund und Ex-Kommissar Karl North, der inzwischen als Privatdetektiv arbeitet und für seinen zwielichtigen Vater Nachforschungen anstellt, wieder eine größere Rolle in der Geschichte spielt. Als in unmittelbarer Nachbarschaft ein Kohlenhändler ermordet aufgefunden wird und die politischen Unruhen zu eskalieren drohen, zieht der Spannungsbogen immer weiter an. So dauert es nicht lange, bis Hulda trotz Kugelbauch ihrem Spürsinn freien Lauf lässt und sich in große Schwierigkeiten bringt. Nur gut, dass Karl Hulda in höchster Not zur Seite stehen kann und hoffe sehr, in der Fortsetzung wieder mehr über ihn lesen zu dürfen.
Zum Hörbuch:
Die großartige Schauspielerin und Hörbuchsprecherin Anna Thalbach ist eine hervorragende Wahl für dieses gekürzte Hörbuch. Mit ihrer unverwechselbaren, facettenreichen Stimme hat sie die Geschichte erneut äußerst überzeugend und temperamentvoll eingelesen. Sie setzt die Geschichte sehr mitreißend und abwechslungsreich um, so dass das Kopfkino mühelos anlaufen kann und man rasch ins fesselnde Geschehen hineingezogen wird. Mühelos gelingt es ihr, der Geschichte das typische Berliner Flair einzuhauchen und die verschiedenen Figuren zum Leben zu erwecken. Perfekt ist auch die selbstbewusste Hulda Gold, deren Charakter und Emotionen sie gefühlvoll und sehr überzeugend herausarbeitet. Ein rundum gelungenes, sehr lebendig eingelesenes Hörbuch, das für beste Unterhaltung sorgt!

FAZIT
Eine fesselnde Fortsetzung der historischen Hebammen-Saga rund um die äußerst sympathische, charakterstarke Berliner Hebamme Hulda Gold - mit faszinierenden Charakteren, viel Berliner Flair und wundervollem Zeitkolorit.
Ein sehr empfehlenswertes Hörbuch!

Bewertung vom 30.12.2022
Sternenmeer / Luc Verlain Bd.6
Oetker, Alexander

Sternenmeer / Luc Verlain Bd.6


ausgezeichnet

*Höchst pikante Fortsetzung der Bestseller-Reihe*
Mit seinem neuen Regional-Krimi „Sternenmeer“ ist dem deutschen Autor und langjährigen Frankreichkorrespondenten Alexander Oetker erneut eine äußerst spannende Fortsetzung seiner beliebten, im schönen französischen Aquitaine angesiedelten Bestseller-Krimireihe gelungen. Passend zu seinem kürzlich erschienen Kochbuch und kulinarischen Roadtrip „Chez Luc“ dreht sich diesmal alles um die faszinierende Thematik französische Kulinarik und Spitzengastronomie. Für die umfangreiche Recherche zu den köstlichen Gaumenfreuden ist der Autor wirklich zu beneiden!
Dieser bereits 6. Band seiner Krimireihe rund um den charismatischen Ermittler Luc Verlain und seine sympathische Partnerin Anouk sorgt tatsächlich für besonderen Hochgenuss und ist allen Fans von Regionalkrimis mit tollem französischem Flair zu empfehlen.
Gekonnt würzt Oetker seine wendungsreiche und hochspannende Krimihandlung neben unterhaltsamen Episoden aus dem Privatleben seiner lebensechten Charaktere mit einigen unvorhersehbaren Plottwists, interessanten Einblicken in die Haute Cuisine und stimmungsvollen Landschaftsbeschreibungen. Eine gelungene Mischung, die die unverwechselbare, besondere Note seiner Aquitaine-Krimis ausmacht und für beste Unterhaltung und ein spannendes Lesevergnügen sorgt.
Der verzwickte Fall um den bekannten, in einem renommierten Drei-Sterne-Restaurant „Villa Auguste“ vergifteten Restaurantkritiker lässt uns schon bald hinter die Kulissen der gehobenen Gastronomie-Branche blicken und enthüllt eine wenig glamouröse Welt aus Missgunst, gnadenloser Konkurrenz und hartem Arbeitsalltag. Schon bald gibt es für uns mit einigen potentiellen Motiven für den hinterhältigen Giftanschlag jede Menge Stoff zum Miträtseln und Spekulieren. Eine böswillige Schädigung des guten Rufs des legendären Spitzenkochs Auguste Fontaine so kurz vor der Vergabe der Sterne des Guide Michelin liegt auf der Hand, doch neben der gesamten Küchencrew rücken auch militante Tierschützer, die mit ihren Aktionen gegen die Produktion der berühmten Entenstopfleber protestieren, ins Visier von Luc und seinem ermittelnden Team. Äußerst spannend ist es, diese während ihrer umfangreichen Nachforschungen und komplizierten Ermittlungsarbeit zu begleiten, die uns auch auf einige falsche Fährten führt. Mit psychologischem Fingerspitzengefühl und dem richtigen Riecher gelingt es ihnen allmählich, etliche Geheimnisse und erstaunliche Hintergründe aufzudecken. Geschickt zieht Oetker die Spannung bis zum fesselnden Finale immer weiter an. Nach einigen dramatischen und höchst überraschenden Entwicklungen gelingt es Luc dank seines untrüglichen Bauchgefühls schließlich, dem wahren Täter auf die Spur zu kommen und ihn zu stellen. Mit dieser grandiosen Auflösung konnte mich der Autor am Ende wirklich überraschen.
Die interessante und abwechslungsreiche Mischung aus eigenwilligen, tiefgründig angelegten Figuren hat mir hervorragend gefallen. Äußerst gelungen ist vor allem das sympathische Ermittlerteam bestehend aus dem souveränen, hochkompetenten Luc Verlain, als frisch gebackenen Vater, seiner cleveren Lebensgefährtin Anouk Filipetti nebst ihrer kleinen Tochter Aurélie, sowie Lucs patentem Assistenten Hugo Pannetier, der nicht nur als Polizist sondern auch als Babysitter unentbehrlich ist und eine gute Figur abgibt. Mit von der Partie ist auch Lucs arroganter, profilierungssüchtiger Vorgesetzter Laurent Aubry, der sich erneut in die Ermittlungen vor Ort einmischt und mit seinen voreiligen Schlussfolgerungen als wenig hilfreich erweist.
Ich freue mich schon auf die Fortsetzung dieser gelungenen Regionalkrimi-Reihe im Herbst 2023 und bin schon sehr gespannt, in welchem packenden Fall Luc unter seiner neuen Vorgesetzten ermitteln wird.

FAZIT
Ein neuer verzwickter und höchst pikanter Fall für den sympathischen Luc Verlain und sein kompetentes Ermittlerteam, bei dem sich diesmal alles um den gehobenen Gaumengenuss und die französische Sterneküche dreht!

Bewertung vom 22.12.2022
Der Mordclub von Shaftesbury - Eine Tote bleibt selten allein / Penelope St. James ermittelt Bd.1 (eBook, ePUB)
Winston, Emily

Der Mordclub von Shaftesbury - Eine Tote bleibt selten allein / Penelope St. James ermittelt Bd.1 (eBook, ePUB)


gut

*Kurzweiliger Wohlfühlroman mit einer Prise Cosy Crime*
Mit „Der Mordclub von Shaftesbury - Eine Tote bleibt selten allein” ist der deutschen, unter dem Psyeudonym Emily Winston scheibenden Autorin Angela Lautenschläger ein kurzweiliger und amüsanter Wohlfühlroman gelungen.
Doch Vorsicht: Aufgrund der Bezeichnung MORDCLUB im Titel sollte man sich nicht in die Irre führen lassen! Dieses Werk ist keine Fortsetzung der Mrs Potts' Mordclub-Reihe von Robert Thorogood oder „Der Donnerstagsmordclub“-Reihe von Richard Osman.
Dieser erste Band ist vielmehr der Auftakt der neuen vielversprechenden „Penelope St. James ermittelt“-Reihe, die zwar laut Cover als Kriminalroman ausgewiesen wird, meiner Meinung nach aber gerade noch so als Cosy Crime durchgehen kann. Denn neben dem immer wieder in den Hintergrund tretenden Kriminalfall haben wir es oft vorrangig mit der sich anbahnenden Liebesgeschichte und dem recht unterhaltsamen Selbstfindungstrip der jungen, attraktiven Protagonistin Penelope St. James zu tun. Diese soll eigentlich eine Zweigstelle einer Londoner Partnervermittlungsagentur in dem verschlafenen Örtchen Shaftesbury aufmachen, hält schon bald mit ihrer quirligen, liebenswerten Art die teilweise sehr verschrobene Dorfgemeinschaft auf Trab und stellt nebenher als selbsternannte Hobby-Ermittlerin ihre Nachforschungen an. Schließlich gelingt es ihr sogar den verzwickten Fall zu lösen - allerdings mithilfe zahlreicher recht skurriler Nebenakteure und jeder Menge Glück statt Sachverstand und Kombinationsgabe. Aber immerhin versteht es die Autorin mit turbulenten Verwicklungen, netter britischer Wohlfühlatmosphäre und gelungener Situationskomik von Beginn an für gute Unterhaltung zu sorgen. Der nette, lebendige Schreibstil der Autorin ließ mein Kopfkino rasch anspringen, so dass ich in die abwechslungsreiche, amüsante Geschichte mühelos eintauchen konnte. Die stimmungsvollen Beschreibungen der verschiedenen Schauplätze sind zwar nicht sehr detailliert, helfen aber insgesamt dabei, dass man sich das idyllische Örtchen Shaftesbury und die Umgebung recht gut vorstellen kann.
Besonderes Highlight sind die vielen lebendig gezeichneten Bewohner von Shaftesbury, die die Handlung mit ihren liebenswerten bis verschrobenen Eigenheiten bereichern und mit ihrem rätselhaften Verhalten spannend machen. Mit ihren entsprechend ihrer Rolle interessant ausgearbeiteten Charakteren hat die Autorin eine abwechslungsreiche Mischung gefunden. Schade nur, dass wegen der großen Vielzahl der Nebenfiguren deren Zeichnung insgesamt recht oberflächig bleibt.
Kein Wunder, dass die unbedarfte Penelope mit ihrem Aktionismus und unorthodoxen Methoden in etliche Fettnäpfchen tappt, bei ihren Ermittlungen so einige Geheimnisse aufdeckt und schließlich selbst in Gefahr gerät. Etliche Verdächtige, unerwartete Wendungen und einige falsche Fährten sorgen dafür, dass man gut miträtseln kann.
Mir es hat trotz vorhersehbarer Auflösung und etlicher Klischees dennoch insgesamt viel Spaß bereitet, der kurzweiligen Handlung zu folgen, die sich zum Ende hin regelrecht überschlägt und in einem mitreißenden Finale gipfelt!
FAZIT
Ein netter, unterhaltsamer Auftakt einer neuen gemütlichen Cosy Crime-Reihe rund um eine quirlige Hobbyermittlerin und eine verschrobene Dorfgemeinschaft, bei der der Krimianteil ruhig etwas ausgeprägter hätte ausfallen können!

Bewertung vom 21.12.2022
Labyrinth der Freiheit / Wege der Zeit Bd.3
Izquierdo, Andreas

Labyrinth der Freiheit / Wege der Zeit Bd.3


ausgezeichnet

*Grandioser Abschluss *
Nach dem gelungenen Auftakt „Schatten der Welt“ und der äußerst fesselnden Fortsetzung „Revolution der Träume“ lässt der deutsche Erfolgsautor Andreas Izquierdo seine fesselnde historische Saga nun mit „Das Labyrinth der Freiheit“ in einem grandiosen Finale enden.
Die gelungene Mischung aus lehrreichem, historischen Roman und berührender Geschichte über die unbesiegbare Freundschaft zwischen den Freunden aus Kindheitstagen Carl, Artur und Isi, die in einer Welt voller Turbulenzen und Umbrüche so manche Schicksalsschläge zu verkraften haben, hat mich wieder sehr begeistern können.
Auch ohne die beiden ersten Teile zu kennen, lässt sich dieser Roman gut lesen; doch ist es für das Gesamtverständnis empfehlenswert, die Vorgeschichte der drei Jugendfreunde aus dem westpreußischen Thorn, ihre Entwicklung im Laufe des Ersten Weltkriegs und ihren Neuanfang in Berlin zu kennen.
Dank des lebendigen, bildhaften und sehr mitreißenden Schreibstils fällt es nicht schwer, an der Seite der Protagonisten ins schillernd ambivalente Berlin der 1920ger Jahre einzutauchen.
Gekonnt vermittelt Izquierdo ein stimmiges und authentisches Bild der damaligen bewegten Zeit und Metropole voller Kontraste. Lebendig und atmosphärisch dicht portraitiert er das Alltagsleben der Bevölkerung, das schon lange vor der eigentlichen Hyperinflation im Herbst 1923 durch die fortschreitende Geldentwertung völlig aus den Fugen geriet. Hautnah lässt er uns am Schicksal der Menschen teilhaben - während die einen weiterhin dem Luxus frönen und sich in dekadente Vergnügungssucht oder perverse Sexorgien flüchten, befinden sich die meisten Berliner in einem Überlebenskampf, in dem bittere Armut, Mangelversorgung, Hunger, Ausbeutung und Kriminalität vorherrschen. Izquierdo versteht es zudem hervorragend, sorgsam recherchierte zeitgeschichtliche Geschehnisse anschaulich und spannend in seine Handlung einfließen zu lassen.
Mit einem genial inszenierten, ja geradezu filmreifen Einstieg ist es dem Autor auf Anhieb gelungen, mich zu fesseln. Aus der rückblickenden Perspektive des sympathischen Protagonisten Carl erleben wir die sich regelrecht überschlagenden Geschehnisse rund um das Freundestrio, die passend zur damaligen Krisenstimmung recht düster und beklemmend wirkten. Rasch wurde ich in die äußerst packende und temporeiche Geschichte hineingezogen und verfolgte voller Anteilnahme und Spannung, wie die drei Freunde Carl, Artur und Isi sich gegen eine beinahe übermächtige rechte Verschwörergruppe zur Wehr setzen versuchen. Trotz einiger beschaulicher und berührender Momente, die einen etwas zur Ruhe kommen lassen, versteht es Izquierdo, immer wieder die Spannung anzuziehen, ungute Vorahnungen heraufzubeschwören und eine unterschwellige Bedrohungskulisse aufzubauen. Alles läuft auf eine finale Konfrontation zwischen dem Freundestrio und ihrem eigentlichen Widersacher hinaus, der schließlich in einem nervenaufreibenden, erbitterten und scheinbar ausweglosen Kampf auf Leben und Tod mündet, dessen Hintergründe mich völlig überrascht haben.
Die Geschichte lebt vor allem von den äußerst facettenreich angelegten Figuren, die mit ihren detailliert ausgearbeiteten Ecken und Kanten sehr lebensnah wirken und mit ihren unerwarteten Entwicklungen für so manche Überraschung sorgten. Diese wundervoll lebendigen Charaktere sind mir im Laufe der wendungsreichen Saga ans Herz gewachsen, so dass ich immer wieder mit ihnen hoffen und bangen musste.
Ob nun der sensible Carl, der als Kameramann bei der UFA untergekommen ist, der abgebrühte, vom Krieg gezeichnete Artur, der als geschäftstüchtiger Boss seine Unterwelt-Etablissements führt oder die selbstbewusste, kämpferische Isi, die nach dem Mordanschlag etwas neben sich steht und mit ihrem provokanten Verhalten das Unglück geradezu heraufbeschwört – trotz ihrer charakterlichen Unterschiede sind sie stets füreinander da und setzen sich darüber hinaus auch bedingungslos für andere Schwache in diesen schwierigen Zeiten ein.
Nach einer Fülle von fesselnden Verwicklungen und unerwarteter Wendungen bewegender Momente endet die Geschichte in einem absolut packenden, fulminanten Finale. Das Ende dieser grandiosen Saga kam für meinen Geschmack fast etwas zu abrupt, denn gerne hätte ich sie noch weiter auf ihren bewegten Lebenswegen begleitet. Und so bin ich schon etwas traurig, mich von diesen wundervollen Charakteren zu verabschieden, und male mir nun aus, was das Schicksal wohl für die drei Freunde Carl, Artur und Isi noch alles bereithalten mag.

FAZIT
Ein fesselnder und wendungsreicher Abschluss dieser gelungenen historischen ›Wege der Zeit‹-Saga - mit lebendigen, sympathischen Charakteren, tollem Berliner Lokalkolorit und fundierter zeitgeschichtlicher Kulisse.
Ein dicht erzähltes, sehr empfehlenswertes Leseerlebnis!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.12.2022
Weber's Wintergrillbibel
Weyer, Manuel

Weber's Wintergrillbibel


ausgezeichnet

*Tolles Standardwerk über das Grillen in der kalten Jahreszeit*
Mit Weber's Wintergrillbibel vom GU-Verlag hat der bekannte Grillexperte, Rezeptentwickler und Foodstylist Manuel Weyer ein neues Grillbuch vorgelegt. Mit diesem einzigartigen Standardwerk, das wieder eine Menge Experten-Know-how und Spezial-Tipps bereit hält, ist für ultimativen Grillspaß und beste Laune auch während der kalten Jahreszeit gesorgt. Welcher echte Grill-Fan lässt sich schon vom schlechten Wetter abschrecken?
In seinem Buch präsentiert uns Weber-Grillexperte und Kochbuchautor Manuel Weyer neben vielen bewährten Klassikern passend zur Saison auch festliche Gerichte wie der Festtagsgans, Hirschrücken, Christmas Roastbeef oder Karpfen im Malzteig auch interessante neue, innovative Kreationen wie Lamm auf Moos, Kürbis-Hot-Dogs, Teatime Forellen oder Grill-Lebkuchen.
In dem sehr abwechslungsreich und stimmungsvoll bebilderten Buch findet sich eine reiche Auswahl an zur Jahreszeit passenden Gerichten mit über 200 absolut köstlichen Rezepten zum Grillen von Rind-, Lamm-, Wild- und Schweinefleisch sowie von Fisch und Meeresfrüchten. Sehr gut gefallen hat mir auch die große Auswahl an fleischlosen Gerichten wie Rosenkohl One Pot, Brezel-Pie oder Rotkohl aus der Glut. Die Zusammenstellung von raffinierten „grünen“ Rezeptideen für Gemüse und Obst vom Grill sowie für Backwaren und leckere Süßspeisen kann sich wirklich sehen lassen und enthält viele tolle Anregungen.
Bei der interessanten Vielfalt an köstlichen Gerichten mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen sollte wirklich für jeden etwas Passendes dabei sein.
Wie bei allen Weber Grillbüchern führt uns Manuel Weyer nach einem kurzen Vorwort im vorangestellten Teil „Grillen im Winter“ sehr ausführlich in die Grundtechniken ein und vermittelt Anfängern wie Profis ein umfassendes Basis-Wissen rund ums Grillvergnügen in der kalten Jahreszeit.
Neben einigen allgemeinen Infos zum Grillen wie beispielsweise alles rund um Standort oder Interessantes zu Reinigung und Pflege, dem richtigen Equipment und obligatorischen Basis-Know-How zu den Themen Grilltechniken, Temperaturbereiche, Räuchern oder Holzarten gibt es natürlich auch jede Menge nützliche Hinweise zum sicheren Gelingen. Dank der vielen hilfreichen Tipps und Tricks fühlen wir uns gut gerüstet und können das Grillabenteuer entspannt angehen. Für viele Rezepte ist es notwendig, sich vorher nützliche Tools und Spezial-Equipment wie Pizzastein, Plancha, Räucherbrett oder Dutch oven zu besorgen. Die gibt es von der bekannten Grillmarke „Weber“, aber natürlich auch als No Name-Produkte. Weyers Erläuterungen zur komplexen Materie sind auch für Grill-Neulinge mit praktischen Beispielen, zahlreichen Illustrationen und Fotos sowie gut verständlichen Anleitungen sehr anschaulich und informativ umgesetzt.
Abgerundet wird der ausführliche Theorie-Teil mit Rezepten für sehr schmackhafte Würzmischungen, 10 leckere Saucen sowie 10 geniale Chutneys und Dips.
Der eigentliche Rezeptteil ist in 11 verschiedene Kapitel untergliedert:
HOLIDAYS SPECIAL GRILL & BBQ - GRILLED SALAD SPECIAL - SOUPS & STEWS - RIND, KALB &, SCHWEIN - LAMM & WILD - GEFLÜGEL, FISCH & MEERESFRÜCHTE - GEMÜSE & SIDES - FLAME; GRILL & SMOKE – BAKE & CAKE sowie WEBERS TASTEFUL GRILLING
Insgesamt ist er für die einfallsreichen Grillrezepte sehr übersichtlich gestaltet. Die meisten Rezepte sind für 4 Personen ausgelegt und mit Angaben zur Vorbereitungszeit, Grillzeit, der Grillmethode sowie der Grilltechnik oder Ruhezeit versehen. Zudem finden sich noch Hinweise zum benötigten Zubehör. Die ausführlichen und sehr anschaulichen Schritt-für-Schritt-Anleitungen sind mit tollen Fotos untermalt. Die einzelnen Zubereitungsschritte sind verständlich erklärt und lassen sich problemlos nachmachen, so dass auch Hobbygrillern jegliche Scheu vor der Zubereitung genommen wird. Oft gibt es in zusätzlichen Kästen noch ergänzende Hinweise zu Warenkunde, Tipps zur Zubereitung oder geeigneten Beilagen.
Hervorragend hat mir auch die sehr ansprechende Aufmachung des ganzen Buches gefallen, insbesondere die gelungene stimmungsvolle Bebilderung der Rezepte mit natürlich wirkenden, Appetit-anregenden Fotos von Mathias Neubauer.
Abgerundet wird diese geniale Wintergrillbibel noch mit dem informativen Grillkompass mit ausführlichen Grillzeiten-Tabellen, einem interessanten Saisonkalender sowie einem ausführlichen alphabethischen Register.
Bei so vielen unwiderstehlich guten Grill-Kreationen freue ich mich schon riesig darauf, ein cooles Grill-Event im Winter zu planen und einmal so großartige Ideen wie Hot Stuff, Wine Punch oder frisch gerösteten Kaffee auszuprobieren.

FAZIT
Ein toll aufgemachtes, hochinformatives Standardwerk rund ums Grillen mit einem Gasgrill – mit viel Know-how für richtiges, genussvolles Grillen und großartigen Rezeptvorschlägen für jeden Anlass.
Ein Must-have für alle Grill-Fans und die es noch werden wollen!

Bewertung vom 21.12.2022
Die Bücher, der Junge und die Nacht
Meyer, Kai

Die Bücher, der Junge und die Nacht


ausgezeichnet

*Beeindruckender zeitgeschichtlicher Roman*
Mit seinem neuen spannenden historischen Roman „Die Bücher, der Junge und die Nacht“ hat der deutsche Bestseller-Autor Kai Meyer eine großartige Liebeserklärung an die wunderbare Welt der Bücher zu Papier gebracht, die das Herz jedes Buchliebhabers höher schlagen lässt.
Meyers geniales Konzept, seinen berührenden Roman über die Geheimnisse der Bücher mit einer tragischen Liebesgeschichte und unheilvoll-mystischen Elementen zu verknüpfen und zugleich in einen historischen Kontext einzubetten, ist absolut gelungen, äußerst spannend umgesetzt und hat mich sehr fesseln und begeistern können.
Dank des lebendigen, bildhaften und zuweilen sehr poetischen Schreibstils fällt es nicht schwer, an der Seite der interessanten Protagonisten in die atmosphärisch dichte Geschichte einzutauchen.
Die vielschichtige Handlung ist über drei sich abwechselnde Zeitebenen angelegt und spielt vor einem zeitgeschichtlichen Hintergrund, der zum Ende der Weimarer Republik beginnt, während des Zweiten Weltkriegs und schließlich als Rahmenhandlung zu Beginn der 1970er Jahre angesiedelt ist.
Gekonnt lässt uns Meyer die fesselnde Geschichte in den jeweiligen Handlungssträngen aus Sicht verschiedener, für die Handlung bedeutsamer Figuren erleben, wobei das Hauptaugenmerk aber zum einen auf dem jungen Buchbinder Jakob Steinfeld in der Bücherstadt Leipzig liegt und zum anderen auf Jakobs Sohn Robert, der seine rätselhafte Vergangenheit und das mysteriöse Schicksal seiner Eltern zu ergründen sucht und schließlich unglaubliche Verwicklungen zutage befördert. Rasch wurde ich in die äußerst packende und temporeiche Geschichte hineingezogen und verfolgte voller Spannung, Anteilnahme und ungute Vorahnungen der Fortgang der Geschehnisse.
Aus jedem Handlungsstrang ergeben sich nach und nach immer mehr bruchstückhafte Hintergrundinformationen und Hinweise auf den Gesamtzusammenhang, doch ergibt sich aus den vielen Mosaikstückchen erst zum Ende hin das erschütternde Gesamtbild über die fatalen Ereignisse. Gekonnt vermittelt Meyer zudem ein stimmiges und authentisches Bild der damaligen bewegten und recht düsteren Zeit und lässt uns hautnah lässt er uns am beklemmenden Schicksal der Menschen teilhaben, die damals Opfer von Antisemitismus, Kommunistenhass und der ideologisch verblendeten Nazisympathisanten wurden.
Die wendungsreiche Geschichte lebt neben einer unterschwellig angelegten, wundervoll mystischen Atmosphäre vor allem von einer Vielzahl von facettenreich und lebendig angelegten Figuren. Insbesondere die Protagonisten wirken mit ihren mit viel Empathie ausgearbeiteten Persönlichkeiten lebensnah und sorgten mit ihren bewegten Lebenswegen für so manche Überraschung.
Nach einer Fülle von fesselnden Verwicklungen und unerwarteten Wendungen findet die Geschichte mit einem absolut gelungenen Ende ihren Abschluss, das nachdenklich stimmt und stimmiger Auflösung der rätselhaften Ereignisse auch Raum für eigene, weiterführende Überlegungen lässt.
Mit seiner Hommage an das gedruckte Wort beweist Kai Meyer erneut sein einzigartiges Talent für fesselnde Geschichten, großen Ideenreichtum und das richtigen Gespür für atmosphärische Dichte und Spannung.

FAZIT
Ein faszinierender zeitgeschichtlicher Roman über eine schicksalhafte Liebe und die geheimnisumwitterte Geschichte eines einzigartigen Buchs!
Ein beeindruckendes, dicht erzähltes und sehr empfehlenswertes Leseerlebnis für alle Bücherliebhaber!