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Bücherstadt
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Berlin
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Bewertungen

Insgesamt 126 Bewertungen
Bewertung vom 21.05.2013
Glucksi zieht nach Monsterstadt
Brändle, Bine; Brändle, Benjamin

Glucksi zieht nach Monsterstadt


ausgezeichnet

- Wer bist du? Was machst du hier? Und was ist in der Kiste? -

Inhalt
Kaum ist Glucksi in seiner neuen Heimat Monsterstadt angekommen, trifft er auch schon den ersten Einheimischen. Glubschi, der seine Neugier nie verbergen kann und riesige Augen besitzt, hat zwar viele Fragen, aber mit einem Hammer kann er auch nicht aushelfen. Glucksi benötigt aber dringend einen Hammer, um sein Fertighaus aufbauen zu können. Ein Schlag auf den roten Knopf soll dafür wohl ausreichen. Da Glubschi schon wieder verschwunden ist, macht sich Glucksi einfach auf den Weg zum Haus nebenan. Dort wohnt Mucki, der gerade seine täglichen Sportübungen macht. Er wurde schon von Glubschi informiert, kann aber leider auch keinen Hammer ausleihen. Dafür schenkt er seinem neuen Nachbarn ein paar Hanteln. Da Mucki gerade auf dem Weg zu seinem Freund Grumpel ist, mit dem er angeln gehen möchte, lädt er Glucksi ein ihn zu begleiten. Vielleicht hat ja das motzende Monster einen Hammer.
Da Glucksis Suche auch dort erfolglos bleibt, muss er immer weiter durch die Stadt wandern. Dabei lernt er auch die restlichen Bewohner kennen. Er entdeckt ihre Eigenarten und bekommt von jedem Monster ein kleines Begrüßungsgeschenk. Als er letztendlich von Professor Hirni einen Hammer erhält, ist er schon ganz beladen.
Gemeinsam gehen die Monsterstädter zum Fertighaus und bestaunen, was nach dem Hammerschlag passiert.

Meinung
Das monstermäßige Abenteuer beginnt schon mit dem weichen Einband des Buches. Alle Charaktere begrüßen den Leser oder kleinen Betrachter und man kann Einzelheiten ihres Körpers fühlen. Haptisch ist man also sofort gefangen. Auf der ersten Doppelseite werden dann alle Monster vorgestellt. Hier fühlte ich mich zunächst etwas erschlagen und auch meinem kleinen Zuhörer wurde nach der dritten Beschreibung etwas langweilig. Wenn man allerdings entdeckt hat, dass alle Figuren sehr bezeichnende Namen haben, und man die Möglichkeit nutzt während des Lesens zurückzublättern, ist man sehr erfreut über die Ausführlichkeit.
Die folgenden Doppelseiten sind dann durchweg immer für ein neues Monster reserviert. Das Prinzip ist sehr ähnlich, aber überhaupt nicht langweilig. Glucksi trifft einen neuen Gefährten fragt nach einem Hammer und lernt die Eigenarten und den Wohnort des jeweiligen Monsters kennen. Kleine Klappen und eine Vielzahl liebevoller Details lassen das Herz kleiner Entdecker höher schlagen. So findet man beim genauen Hinsehen auch noch andere Stadtbewohner und kann auf jeder Seite Glubschi entdecken, der den Neuling und seinen Wunsch schon angekündigt hat.
Zudem berichtet jeder Einwohner kurz wie er die Stadt erlebt oder was ihm besonders gefällt.
Die Texte sind leicht verständlich und ausreichend ausführlich. Obwohl es sich nicht nur um zwei oder drei Zeilen pro Seite handelt, ist die Geschichte, durch die spannende Erzählweise der Monster, auch für die ganz kleinen Zuhörer nicht zu lang. Hinzu kommt die farblich sehr gelungene Gestaltung, die zwar durch viele kräftige Farben auffällt, aber nicht überfrachtet wirkt. Alles passt gut zusammen und steht mit dem Text in einem guten Einklang.

Fazit: Ein tolles Buch, das dafür gesorgt hat, dass wir mehr über die Monster erfahren wollen.
(Und das obwohl mich das umfangreiche Merchandising-Angebot erst abgeschreckt hat :-))

Bewertung vom 21.05.2013
Dein Körper - Das Missing Manual
MacDonald, Matthew

Dein Körper - Das Missing Manual


sehr gut

- Pflegehinweise: Schalten Sie beim Betrieb Ihres Körpers den gesunden Menschenverstand ein. Beanspruchen Sie ihren Körper nie ohne angemessene Ernährung und Ruhephasen. Für ausreichend Flüssigkeit und Bewegung sorgen. Gewährleistung eingeschränkt. NICHT CHEMISCH REINIGEN. -

Auf dem Markt der Sachbücher gibt es mittlerweile viele Werke, die sich mit dem menschlichen Körper und seinen Funktionen beschäftigen. In den meisten Fällen werden bestimmte Körperregionen oder Leiden angesprochen. Gerade für Kinder gibt es auch einige Werke, die sich mit dem gesamten Körper und seiner Gesunderhaltung beschäftigen. Doch wenn man ein Buch für Erwachsene sucht, das recht umfangreich und gleichzeitig unterhaltend verfasst ist, stößt man schnell an seine Grenzen. Da man das Haus O'Reilly und die Reihe "Das Missing Manual" auch eher im Zusammenhang mit technischen Produkten kennt, ist der Band "Dein Körper" eher unbeachtet geblieben.
Dabei braucht er sich gar nicht zu verstecken.

Auf knapp dreihundert Seiten beschreibt Matthew MacDonald den menschlichen Körper auf sehr unterhaltsame Art und Weise. Im ersten Schritt geht es um Haut, fett, Muskeln, Knochen und die Wahrnehmung. Anschließend wendet er sich dem Innenbau zu und informiert den Leser über Lunge, Herz, Verdauungs- und Immunsystem. Im dritten und letzten Abschnitt beschäftigt er sich mit den beiden wichtigen Dingen Sex und Tod.

Innerhalb der Kapitel gibt es immer eine ähnliche Struktur. Der Autor beschreibt die einzelnen Körperbestandteile und ihre Funktionen so ausführlich wie nötig und so knapp wie möglich. Dabei wird der Text von kleinen Infokästen unterbrochen. Innerhalb dieser Kästen findet man zum Beispiel die wichtigsten Punkte oder interessante Anekdoten, die auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden. Zudem gibt es die Rubrik "Die praktische Seite der Physiologie", in der es um die Pflege des eigenen Körpers, die Nutzung und die Gesunderhaltung geht. Sehr interessant sind auch die Einschübe, die sich mit häufig gestellten Fragen (z.B. Wie viele Gläser Wasser pro Tag) geht.

Wie oben schon erwähnt, wird der gesamte Inhalt auf sehr humorvolle Art und Weise erzählt. MacDonald schafft es den Leser für sich zu gewinnen. Und das auch, wenn derjenige nicht besonders viel Ahnung von Biologie und Chemie hat oder sein Interesse relativ gering ist. Unterstützt wird der leicht verständliche Text durch farbige Abbildungen, die das Verständnis sehr stark erleichtern. generell ist zu sagen, dass das Layout, trotz der vielen Textunterbrechungen, sehr gelungen ist und die farbliche Gestaltung dem Leser entgegenkommt. Auf zu viel Schnickschnack wurde bewusst verzichtet.
Natürlich sind auch die Themen so gewählt, dass sie dem Interesse des Lesers entgegenkommen. Dadurch kommt es an komplexen Stellen zu Einsparungen, die aber den Gesamtzusammenhang nicht aufweichen. An anderen Stellen werden Sporttipps gegeben oder interessante Alltagsmythen aufgearbeitet.

Trotzdem bin ich der Meinung, dass man dieses Buch nicht an einem Stück lesen kann. Selbst ich als angehende Biologielehrerin habe mich damit etwas gequält. Irgendwann ist der Kopf einfach voller Informationen und man möchte mal wieder ganz platt unterhalten werden. Durch die angenehme und leicht verständliche Sprache ist man aber auch schnell wieder in dem jeweiligen Thema drin uns kann auch nach ein paar Tagen oder Wochen weiterlesen. Zudem eignet sich das Buch auch als humorvolles aber fundiertes Nachschlagewerk.

Fazit: Ein gut aufbereitetes Sachbuch, dass die Informationen auf witzige Art und Weise wiedergibt und mit verquerten Alltagsvorstellungen aufräumt.

Bewertung vom 21.05.2013
Der Poet der kleinen Dinge
Roger, Marie-Sabine

Der Poet der kleinen Dinge


ausgezeichnet

Wenn man Gérard sieht, bekommt man zunächst einen Schock und ist vielleicht ein wenig verstört. Doch gleichzeitig kann man sich nicht abwenden, weil der Blick des kleinen Mannes, der durch eine Vielzahl von körperlichen Beeinträchtigungen gezeichnet ist, direkt in die Seele vordringt und einen ergreift. Das erkennt Alex, die als Untermieterin bei Gérards Bruder und dessen Frau lebt, nach wenigen Begegnungen. Seine eigene Familie steht ihm jedoch ganz anders gegenüber. Bertrand ist das Leben mit seinem Bruder gewohnt und hat ihn nach dem Tod der gemeinsamen Mutter bei sich aufgenommen. Seine Frau Marlène sieht den Schwager hingegen als reinen Störenfried, der nichts richtig machen kann und ihr Leben aus dem Gleichgewicht bringt. Sie möchte ihn am liebsten irgendwo an einem Straßenrand aussetzen. Da ihn niemand in dem kleinen verschlafenen Dorf Mitten in der Normandie kennt, sollte ihn auch niemand vermissen. Doch dann freundet sich Alex immer stärker mit Gérard an und versucht diesen herzlosen Plan zu durchkreuzen. Obwohl sie eigentlich nie lange an einem Ort lebt und sich nicht an Menschen binden möchte, erweckt er in ihr etwas, das sie nicht abstellen kann. Die Lebensfreude, die er trotz seiner Behinderungen hat, steckt sie an und bringt sie zum Nachdenken. Wenn er zum Beispiel Gedichte in seiner eigenen nuscheligen Sprache rezitiert oder schräg Chansons von sich gibt, kann sie nicht anders als mit ihm zu lachen und das Leben zu genießen. Und er sollte sein Leben noch viel mehr genießen können. Er sollte raus in die Welt und diese entdecken. Dafür baut Alex eine alte kleine Karre um und polstert sie so aus, dass Gérard bequem darin Platz nehmen kann. Gemeinsam unternehmen sie Spaziergänge am Kanal und lernen nach und nach Cédric und Olivier kennen, die dort ihre Zeit vertrödeln.
Als Gemeinschaft erleben sie wunderliche Abenteuer, die ein ganz anderes Leben für sie bereithalten.

Schon in "Das Labyrinth der Wörter" erzählte Roger die Geschichte eines Sonderlings, der für die durchschnittlichen Menschen ein Dummkopf war. Tatsächlich war er es aber, der erkannte worin die Schönheit des Lebens besteht. Er war im Endeffekt derjenige, der das Glück gefunden hatte, während die andern stets und ständig danach suchten, aber nie erkannten wie es eigentlich aussah oder worin man es finden konnte.
Auch in "Der Poet der kleinen Dinge" geht es um einen jungen Mann, der nicht in der Mitte der Durchschnittsgesellschaft lebt. Er kann sich durch seine Behinderungen nur sehr wenig bewegen und seine Aussprache ist schwer verständlich. Aber trotzdem findet er die kleinen Dinge des Lebens, die Glück und Zufriedenheit bedeuten. Wenn er sie den anderen Menschen vor die Nase hält, schauen sie jedoch nie genau hin. Was sollte ein Dummkopf wie er schon vom Leben wissen?
Im Labyrinth erzählte die Autorin die Geschichte teilweise aus der Sicht des Außenseiters. Hier kommt er nicht selbst zu Wort. Dafür erzählen Alex und Cédric auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen von ihrem Leben, ihren Begegnungen und ihrer Sicht auf Gérard.

Die sehr leichte Sprache, welche ganz sanft durch Lebensweisheiten und philosophische Gedanken verschönert wird, ermöglicht es dem Leser der Geschichte gewissenhaft zu folgen. Egal wie trostlos die Umgebung beschrieben wird, man fühlt sich wie in Seide gebettet und schwebt leicht neben der Handlung dahin. Wie eine Fee, die in den schönsten Farben leuchtet bewegt man sich durch die Landschaft der Normandie und freut sich über die gemeinsamen Erlebnisse der Freunde und wünscht ihnen eine erfüllte Zukunft.
Und obwohl die Handlung keine spektakulären Höhepunkte bietet, möchte man doch wissen wie es weitergeht. Man möchte zusammen mit den Protagonisten die glücklichen Momente spüren, die sie gemeinsam erleben.

Fazit: Ein wundervolles, ganz unspektakuläres Buch, dass so viel Freude und Glück weitergibt, das man es nie mehr hergeben und immer wieder lesen will.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.05.2013
Böser Wolf / Oliver von Bodenstein Bd.6
Neuhaus, Nele

Böser Wolf / Oliver von Bodenstein Bd.6


ausgezeichnet

"Böser Wolf" ist der sechste Band der Reihe und beginnt mit einer Szene, in der ein Kindesmissbrauch angedeutet wird. Für Pia und Oliver geht es aber zunächst erst einmal um die Leiche einer 16-Jährigen, die aus dem Main gezogen wurde. Man hat sie auf sehr grausame Weise misshandelt und ermordet. Allerdings wird sie nicht vermisst und aufgrund des schlechten Zahnstatus ist es nicht möglich sie zu identifizieren. Neben ihr wurde auch ein Junge gefunden. Dieser war zwar sturzbetrunken, aber noch am Leben. Er scheint nur in den Fluss gefallen zu sein und hat nichts mit dem toten Mädchen zu tun. Es handelt sich also um einen reinen Zufall, der allerdings erst auf die Leiche aufmerksam gemacht hat. Weitere Untersuchungen und öffentliche Aufrufe führen nicht zu neuen Erkenntnissen. Das K11 tappt im Dunkeln und stürzt sich daher erst einmal in einen neuen Fall. Eine Fernsehmoderatorin, die gerade an einem brisanten Thema arbeitete, wird brutal überwältigt und ähnlich schwer misshandelt, wie das aufgefundene Mädchen. handelt es sich etwa um denselben Täter?

Auch in dem aktuellen Band gibt es eine Vielzahl von Handlungssträngen und Personen. Das mag nicht jedem Leser gefallen, weil es eine gewisse Konzentration und im weiteren Verlauf Kombinationsgabe erfordert. Ich finde diese Form aber auch hier wieder sehr spannend, weil sie zum Mitdenken und Mitfiebern anregt. Wer das Ermittlerduo aber noch nicht kennt und Angst vor zu vielen Informationen hat, den kann ich trösten. Ganz sanft und irgendwie nebenbei bekommen die Leser wichtige Informationen serviert, die für die Handlungen relevant sind. Da dies eigentlich für alle Neuhaus-Bücher gilt, kann man auch immer irgendwo in die Reihe einsteigen.

Hat man mehrere oder sogar alle Bände in der Reihenfolge der Erscheinung gelesen, kann man mit einer gewissen Freude feststellen, dass die Autorin ihren Stil immer wieder verbessert. Die Teilgeschichten werden raffinierter miteinander verstrickt und die sprachliche Qualität steigert sich von Buch zu Buch. Weiterhin habe ich den Eindruck gewonnen, dass auch die Satzstruktur positiv überarbeitet wurde. Hier haben sich anscheinend Autorin und Lektor(in) aufeinander zubewegt und gemeinsam bei jedem neuen Text Verbesserungen erarbeitet. Für den Leser bedeutet dies auch, dass der Lesefluss, welcher schon immer gut war, noch angenehmer wird. Alle Aspekte zusammen sorgen für eine gesteigerte Spannung und eine Geschichte, die sehr rund wirkt und den Leser rasch mitreißt.

Fazit: Absolute Leseempfehlung! Das Buch packt einen von der ersten Seite an, lässt einen während der ganzen Lesezeit nicht mehr los und die Geschichte wabert noch lange in dem Kopf des Lesers herum.

12 von 17 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.04.2013
Wie ein leeres Blatt
Bagieu, Pénélope;Boulet

Wie ein leeres Blatt


ausgezeichnet

Eloïse sitzt an einem lauen Abend auf einer Parkbank in Paris. Das ist eine recht normale Situation, die sich allerdings schnell ins Gegenteil verkehrt als die junge Pariserin aus ihrem Tagtraum erwacht und nicht mehr weiß, wer sie ist und wo sie sich befindet. Was macht sie in dieser Gegend? Wo ist ihr Zuhause? Und vor allen Dingen: Wie ist ihr Name? Sie beginnt in der Umgebung Leute zu befragen und findet so ihre Tasche inklusive Ausweis, der ihr schon einmal den eigenen Namen und die Adresse verrät. Aber damit fängt das Abenteuer erst an. Wie ein leeres Blatt liegt ihr Leben vor ihren Füßen und sie muss es langsam ausfüllen. Die Frage ist nur, was in diesem Unbekannten Leben auf sie wartet.

Mit sehr viel Einfühlungsvermögen und einer gut dosierten Portion Humor erzählen Boulet und Pénélope Bagieu die Geschichte der jungen Frau. Im Vordergrund stehen dabei natürlich Eloïses Gedanken, wie den ihr Leben vorher ausgesehen haben könnte. Dabei entspinnen sich die lustigsten und tragischsten Geschichten, die meist als eine Art Blick in die Zukunft konzipiert sind, den sie kurz vor einer wichtigen Entscheidung in ihrem Kopf durchspielt. So entstehen zum Beispiel die eigentümlichsten Varianten darüber, was denn hinter ihrer eigenen Wohnungstür auf sie warten könnte. Je mehr Details dabei ans Tageslicht kommen, desto deutlicher wird, dass ihr Leben schlicht und ergreifend total durchschnittlich war.

Die farbenfrohen und gleichzeitig klaren Bilder lassen dies aber erst im Laufe der Zeit erkennen. Das Leben rund um die Protagonistin ist nämlich gar nicht so grau, wie es sich im Verlauf der Handlung darstellt. Sie hat nur nicht erkannt, was vielleicht wirklich wichtig ist. Aber jedes leere Blatt ist auch eine Chance etwas ganz Neues zu beginnen. Dieser Eindruck wird gegenüber dem Leser noch dadurch verstärkt, dass zwischen den einzelnen Kapiteln ein leeres Blatt eingefügt wurde. So setzen sich noch einmal die Ereignisse und Gedanken aus dem letzten Kapitel und man macht sich bereit für einen neuen Abschnitt, der neue Erlebnisse und Erkenntnisse bereithält.

Insgesamt erstreckt sich die Handlung über 12 Kapitel, die durch eine einleitende Zeichnung gekennzeichnet sind. Diese Zeichnung gibt stets einen Schwerpunkt der folgenden Seiten wieder. Auf den Seiten befinden sich ein bis neun Panels, die wie bereits erwähnt sehr farbenfroh gestaltet sind. Die Farbwahl orientiert sich aus meiner Sicht an der weiblichen Protagonistin. Zudem wird der Humor der Zeichnerin Pénélope Bagieu, den sie seit einigen Jahren auf ihrem Blog immer wieder fantastisch unter Beweis stellt, oft als sehr feminin bezeichnet. Das liegt sicherlich daran, dass in den meisten Geschichten Frauen und ihre Alltagsprobleme sowie ihre lustigen Erlebnisse im Mittelpunkt stehen. Dabei schwanken die Figuren zwischen dem Bild einer starken und selbständigen Frau und dem kleinen Mäuschen, das von einem Fettnapf in den nächsten tritt. Er kommt auch in “Wie ein leeres Blatt” wundervoll ans Licht und passt nicht nur hervorragend zu der angesprochenen femininen Farbgebung, sondern auch perfekt zu den Texten von Boulet. So ergibt sich eine Graphic Novel, die zwar vordergründig weibliche Leser anspricht, aber ein Thema bearbeitet, dass nicht typisch weiblich ist. Das Leben, sein Sinn und die Möglichkeiten, die wir haben, betreffen uns ja alle. Und Eloïse zeigt uns, dass es immer die Möglichkeit gibt Änderungen vorzunehmen. Dafür bedarf es nicht erst einer Amnesie.

Fazit: Absoluter Tipp für Frauen, die sich bisher nicht an Graphic Novels wagen wollten. Und natürlich ein Genuss für alle Fans gut gezeichneter Geschichten.

Bewertung vom 08.04.2013
Solange am Himmel Sterne stehen
Harmel, Kristin

Solange am Himmel Sterne stehen


ausgezeichnet

Nach einer Trennung will man als Frau meist erst einmal nichts von Männern wissen, ist unempfänglich für irgendwelche Signale und bildet sich ein, dass die neue Unabhängigkeit etwas schönes ist und man endlich mal die Dinge tun kann, für die man sonst nicht die Zeit oder den Antrieb hatte. Aber nur die wenigsten Menschen halten den Tatendrang der ersten Tage aufrecht. Es ist eher ein Davonlaufen vor den üblichen Gedanken. Hope ist eine durchschnittliche Amerikanerin, die gerade eine Trennung hinter sich gebracht hat und auch erst einmal Ruhe in ihr Leben bringen möchte. Aber ihre Tochter, die zwischen den beiden Elternhäusern hin- und herpendelt, die eigene kleine Bäckerei mit Café und die neue Freundin des Ex-Mannes bringen sie ganz aus dem Konzept und sie weiß nicht mehr, wo ihr der Kopf steht. In dieser Situation besucht sie ihre Großmutter, die an Demenz erkrankt ist und in einer Pflegeinrichtung lebt. Wie üblich bei Demenzerkrankten, hat auch Rose klare Momente, in denen sich die Zeitebenen nicht vermischen. In einem solcher Momente gibt sie ihrer Enkelin eine Liste mit Namen. Sie sagt, dass dies ihre Familienmitglieder seien und Hope ihr einen großen Gefallen tun kann. Sie soll nach Paris reisen und herausfinden, was mit den Verwandten im Jahr 1942 geschah. Nach einigem Zögern stimmt Hope zu. Doch was sie in Paris herausfindet, sprengt ihren Vorstellungsrahmen. Sie erfährt von einer unglaublichen Liebesgeschichte, hört etwas über Freundschaft und über Leid. Und dabei findet sie nicht nur genealogische Puzzleteile, sondern entschlüsselt auch ein wenig sich selbst.

Was mir nach dem Lesen dieser Geschichte noch lange im Gedächtnis geblieben ist, ist die wunderbare Verstrickung von historischen Elementen, einer Familiengeschichte und einer Liebegeschichte, die auf der einen Seite so wundervoll und herzerwärmend ist, dabei auf der anderen Seite aber nie kitschig wirkt. Ich gebe zu, dass ich kein Freund von Liebesromanen bin und daher vorher sehr skeptisch war. Kristin Harmel hat es aber geschafft einen Roman zu schreiben, der zwar im Kern von einer Liebesgeschichte handelt, diese aber eigentlich nur selten in den Vordergrund stellt. Das mag paradox klingen, ist es aber gar nicht, wenn man dieses Buch gelesen hat. Ein Grund hierfür mag auch die schöne Sprachkomposition sein. Die Autorin schafft es selbst in beängstigenden Situationen eine sehr sanfte und ruhige Sprache zu benutzen, die den Leser wie eine Schutzhülle umgibt, ihn aber gleichzeitig an den Gefühlen der handelnden Personen teilhaben lässt. Dabei erscheinen die Dialoge jedoch nicht konstruiert. Die Sprache ist weder künstlich verschönert, noch driftete sich in die Umgangssprache ab. Sie ist einfach perfekt, wenn man ein Buch lesen möchte, das einen berühren, fesseln, zum Lachen, aber auch zum Weinen bringen soll.
Ein i-Tüpfelchen bilden die Rezepte, die immer einen Bezug zur Handlung haben. Die Geschichte einer kleinen Bäckerei ist eng mit Hopes Familiengeschichte verknüpft. Wie eng diese Verbindung ist, stellt sich aber erst im Verlauf des Buches heraus. Die abgedruckten Rezepte lassen einem schon das Wasser im Munde zerlaufen. Und ich kann auch eigener Erfahrung sagen, dass sie funktionieren und die Ergebnisse eine Gaumenfreude sind.

Fazit: Ein wundervoller Roman, der hoffentlich nicht das letzte Werk aus der Feder der Autorin sein wird.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.03.2013
Dann press doch selber, Frau Dokta!
Chaos, Josephine

Dann press doch selber, Frau Dokta!


ausgezeichnet

Heutzutage muss man seinen Beruf als Arzt wirklich sehr lieben, wenn man nicht an dem hektischen Klinikalltag und den Doppelschichten zerbrechen will. Dass man aus dem stressigen Leben mit viel Humor und einem Zwinkern berichten kann, ohne dabei den Leser zu langweilen, zeigt uns Dr. Josephine Chaos.

Sie ist Gynäkologin an einer durchschnittlichen deutschen Klinik und stemmt neben dem beruflichen Alltag auch noch ein Familienleben mit drei Kindern, von denen das älteste bald seinen Führerschein macht. Der Nachwuchs ist also schon aus dem Gröbsten raus, da bemerkt Frau Doktor, dass sie erneut schwanger ist. Wie soll sie das nur dem Ehemann sagen? Und was ist mit dem Chef? Irgendwann wird schon die richtige Gelegenheit kommen. So schiebt Josephine die klärenden Gespräche von Woche zu Woche vor sich her und versucht mit den Kollegen klarzukommen, die zu einem großen Teil inkompetent oder einfach nur nervig sind. Die netten und hilfsbereiten Exemplare der Gattung Arzt werden von Josephine gehegt und gepflegt. Die Hebammen sind in den meisten Fällen die rettende Insel für Dr. Chaos und die wichtigste Säule auf der Geburtsstation. Gemeinsam mit ihnen erlebt Josephine völlig unterschiedliche Geburten und zahlreiche werdende Mütter. Keine Frau und keine Geburt gleicht der anderen, aber jede hat ihre eigene spannende, erschreckende oder witzige Geschichte.

Was Frau Freitag für die Lehrerschaft ist, ist Frau Dr. Chaos für die Ärzte. Sie führt einen Blog, auf dem sie von dem täglichen Wahnsinn in der Klinik berichtet und hat jetzt ein Buch mit einer Auswahl ihrer Geschichten herausgebracht. Ähnlich wie Frau Freitag schreibt Frau Doktort auf eine frische Art und Weise. Die Sprache wird dafür als ein lockeres Instrument genutzt, welches auch aus den vorgegebenen Bahnen herausgerissen wird. Wörter werden teilweise ein bisschen verändert, was ja schon im Titel deutlich wird. Mir hat das beim Lesen nicht immer gefallen. Wenn die sprechende Person nicht gerade in einen Dialekt gefallen ist, sondern die Endung eines einzelnen Wortes verändert wurde, hat sich mir der Sinn nicht ganz erschlossen. Die Situationskomik und die sonst sehr zugängliche Sprache reichen völlig aus. Jede zusätzliche Verwurschtelung von Wörtern erscheint mir gekünstelt. Durch die sehr gelungenen Satzkonstruktionen und eine angenehme Satzlänge lässt sich das gesamte Werk aber sehr gut und rasch lesen. Zudem gelingt der Autorin die Beschreibung ihrer Kollegen und der Familie sehr gut. Die ausgewählten Fantasienamen charakterisieren die Figuren wunderbar und machen mehrfach Vorfreude auf das, was noch kommen wird. Insgesamt ist der Handlungsverlauf einfach köstlich und man kann sich sehr häufig ein lautes Lachen nur sehr schwer verkneifen.

Fazit: Ein sehr lustiges Buch, das man locker zwischendurch lesen und sich dabei hervorragend amüsieren kann.

Bewertung vom 30.03.2013
Und außerdem sind Borsten schön
Budde, Nadia

Und außerdem sind Borsten schön


ausgezeichnet

Im Rahmen des Indiebookday habe ich mir den Titel “Und außerdem sind Borsten schön” aus dem Peter Hammer Verlag gekauft.

Schon als ich das Buch das erste Mal in der Hand hielt, wurde mir klar, dass ich damit einen wahren Glücksgriff getan habe.

Auf 18 Seiten werden uns zunächst sehr illustre Gestalten vorgestellt, die in irgendeiner Weise verwandt oder bekannt miteinander sind. Es handelt sich dabei um Menschen und Tiere. Dünne und dicke, große und kleine Wesen. Sie haben alle eine Gemeinsamkeit: Sie können eine ihrer Eigenschaften nicht leiden. Das ist wahrscheinlich etwas, was wir alle kennen, oder? Wer Locken hat, der meint, dass glatte Haare vielleicht besser wären. Menschen, die sich zu dick finden hätten gerne ein paar Kilogramm weniger und manche Exemplare wären gern eine ganz andere Person. Aber zum Glück gibt es Menschen, die wie Onkel Parzival sind. Ihm ist sein Äußeres egal und er erklärt im zweiten Teil des Buchs allen, dass Äußerlichkeiten nicht wichtig sind. Jeder ist so, wie er oder sie ist, genau richtig.

Nadia Budde vermittelt diese Moral über wunderschöne große Zeichnungen, die farblich eher dezent gestaltet sind. Die in den Reimen angesprochenen Attribute der einzelnen Figuren werden in den Bildern perfekt widergespiegelt. Dabei wirken alle sehr sympathisch und man versteht gar nicht warum er oder sie anders sein will. So wird den jungen Lesern bzw. Zuhörern (ab 3) auf einfache aber recht zugängliche Art und Weise beschrieben, dass jeder Mensch anders ist und dass gerade diese Unterschiede wundervoll sind.

Fazit: Für mich eins der besten Kinderbücher, die in diesem Frühjahr erschienen sind!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.