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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
JosefineS
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Schwarzenberg
Über mich: 
https://bibliomanie-hoch2.blog/

Bewertungen

Insgesamt 138 Bewertungen
Bewertung vom 18.12.2019
Wie ein Leuchten in tiefer Nacht
Moyes, Jojo

Wie ein Leuchten in tiefer Nacht


weniger gut

Moyes scheint nichts für mich zu sein…
1937, die noch junge Alice folgt ungestüm ihrem frisch angetrauten Ehemann Benett, über den Ozean, in sein fernes Heimatland. Doch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten besteht nicht nur aus aufregendem Stadtleben. Zu dumm, dass ausgerechnet ihr Liebster aus einer der entlegensten Bergregionen Kentuckys stammt. Schnell wacht Alice aus ihrem Zukunftstraum auf und findet sich im Hause ihres Schwiegervaters, in dem sie nichts zu tun, vor allem aber noch viel weniger zu sagen hat und einer Stadt mit deren Bewohnern sie einfach nicht warm wird, wieder. Just in dieser Zeit wird die Satteltaschen Bibliothek gegründet, der sich Alice in ihrer Verzweiflung anschließt. Diese unbekannten Mädchen werden mehr und mehr zu Freundinnen für sie während ihre Ehe zu einer immer größer werdenden Farce mutiert. Alice lernt auf die harte Tour, dass das Leben in Kentucky um einiges rauer ist, als sie es aus England gewohnt ist. Haben die langen Ritte durch die unwegsame aber wunderschöne Bergregion sie genügend gestärkt um die schweren Prüfungen zu bestehen, die ihr neues Leben Alice auferlegt.
Jojo Moyes ist britische Schriftstellerin, Journalistin und Drehbuch Autorin. Seit ihrer Liebesgeschichte „ein ganzes halbes Jahr“ gehörte sie in diesem Genre zu den Bestsellern. Wie ein leuchten in tiefer Nacht ist für sie eine Herzensangelegenheit gewesen. Denn sie hat sich in den Handlungsort und dessen Bewohner verliebt und dann von der Historie über die berittenen Bibliothekarinnen erfahren. Die Pack Horse Library gab es nämlich wirklich von 1935- 1943 in den USA. Diese Frauen brachten Bildung zu allen alten, kranken und endlegend wohnenden Einwohnern der Countys. Moyes Verliebtheit kann man deutlich an ihrem schwärmenden Schreibstil ablesen. Der Hintergrund der „Bücherei“ ist wirklich interessant, man kann sich auch gut in die damalige Zeit und deren raue Gepflogenheiten zurück versetzen lassen von ihr. Nichts desto trotz musste ich feststellen, dass dieses Genre absolut nichts für mich ist. Dieses Liebesgebärden/ Beziehungsgeplänkel und die dramatische Darstellung einer aberwitzigen Ehe und Alice Kampf gegen ihre Gefühle haben mich leider ein ums andere Mal mit den Augen rollen lassen. Alles was um die Historie der Bibliothekarinnen konstruiert wurde nervte mich zu meinem Bedauern sehr und die eigentliche Story fühlte sich immer durch dieses Beziehungsthema unterbrochen an. Neben den ständigen, zum Teil ausschweifenden Umgebungseindrücken machte Alice Privatleben das Ganze zu einer wirklich zähen Story. Das Ende war unerwartet, wieder etwas interessanter gestaltet und konnte mich zumindest etwas versöhnlicher mit dem Buch stimmen. Für alle Moyes Fans wird „Wie ein leuchten in tiefer Nacht“ sicher seinen Reiz haben. Für mich als Genre Fremdling war es ein einmaliger Ausflug in diese Art von Romanen und auch in die Bücher der Autorin.
Fazit: mich als Thriller Fan, mit der Hoffnung auf eine Story in deren Fokus die Historie steht, konnte dieses Buch Aufgrund der unausgewogenen Beziehungs-/ Liebesbetonten Handlung nicht überzeugen. Einzig der interessante Hintergrund zog mich durch das Buch. Man muss auch mal neues wagen, man muss aber nicht alles mögen.

Bewertung vom 12.12.2019
Eine Kiste voller Weihnachten
Günther, Ralf

Eine Kiste voller Weihnachten


ausgezeichnet

Nur ein Wunder!
24. Dezember 1980, Vincent Storch, der Hersteller der berühmten „Dresdner Pappen“, stellt am Vormittag des Heilig Abend, mit Entsetzen fest, dass die Lieferung einer Kiste vergessen wurde. Persönlich macht er sich auf, die Lieferung noch pünktlich vor dem Fest zu überbringen.
Unterwegs bittet Lisbeth darum, von ihm mitgenommen zu werden, doch Storch schlägt den Wunsch des Kindes kaltherzig aus. Dass das Mädchen trotzdem heimlich auf seinem Wagen mitfährt, merkt er zu nächst nicht. Doch als das Schneegestöber im Gebirge zunimmt, sind beide bald aufeinander angewiesen. Mitten im verschneiten, kalten Winterwald geschieht ein wahres Weihnachtswunder.
Ralf Günther, geborener Kölner, studierte Theater-, Film-, und Fernsehwissenschaften. Der Schriftsteller und Drehbuchautor schrieb erfolgreiche historische Romane, wie den Bestseller „Der Leibarzt“. Er lebt heute in der Nähe von Dresden.
Eine Kiste voller Weihnachten ist eine wundervolle Weihnachtsgeschichte, die aufgrund ihres gefühlskalten Protagonisten, an die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens erinnert. Storch, dessen ganze Firma auf dem Zauber dieser weihnachtlichen Zeit aufbaut, verachtet jedoch eben jenes Fest. Mürrisch löscht er an diesem Tag die Lichter in seiner Firma, als er die vergessene Kiste entdeckt. Einzig sein Streben nach Akkuratesse und den guten Ruf der Firma über ihre Pünktlichkeit zu erhalten, treibt ihn zu dem verrückten Vorhaben, die Kiste am Heilig Abend noch ins verschneite Zinnwald im Erzgebirge transportieren zu wollen. Lisbeth jedoch muss dringend nach Hause. Ein schier unmögliches Unterfangen für ein 11-jähriges Mädchen, doch Lisbeth ist voller Zuversicht und der tapfere Charakter dieser Handlung. Allerdings muss selbst sie lernen, dass es nicht nur barmherzige Menschen auf dieser Welt gibt. Am Ende haben beide dringend ein Wunder nötig um noch in dieser Nacht an ihr Ziel zu gelangen. So wird diese Reise für beide zu einer unvergesslichen Begegnung. Eine bezaubernde Weihnachtsgeschichte über die verblendete, sture Sichtweise eines Erwachsenen und den wunderbar kindlichen Glauben, Hoffnung und die Gabe in jedem Menschen gutes zu wähnen. Darüber Emotionen anderer Menschen lesen zu können und das eigen Herz nicht vor ihnen und der Welt zu verschließen. Liebevoll finden erzgebirgische Traditionen, wie das Neunerlei und das zusätzliche Gedeck, welche auch heute noch zum Teil gelebt werden, Platz in dieser Erzählung. Man fühlt sich wirklich in diesen kalten Winterwald 1890, auf diese Pferdekutsche versetzt. Doch trotz dem kalten Schneegestöber schafft Ralf Günther es, das Herz des Lesers zu erwärmen und ihm ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Tolle, liebenswerte Charaktere, liebevolle Detailtreu und ein flüssig zu lesender Schreibstil machen die Geschichte vom alten, griesgrämigen Christbaumschmuck Hersteller und seiner zunächst ungebetenen Begleiterin, die Seite für Seite sein Herz erwärmt, zu einem puren Lesevergnügen.
Fazit: Wer Weihnachten liebt, wird auch dieses Buch und seine Charaktere ebenfalls ins Herz schließen. Wer diese Zeit hasst, sollte es umso mehr lesen, denn es zeigt auf, dass nicht alles schlecht ist auf dieser Welt und man jeden Tag aufs neue die Möglichkeit hat sich zu ändern.

Bewertung vom 13.11.2019
Der Schatten des Bösen
Bolton, Sharon

Der Schatten des Bösen


gut

Boltons Herzensprojekt mit leichtem Stilbruch
Der ehemalige Sargtischler Larry Glassbrook wird beerdigt. Er gestand, vor 30 Jahren in Lancashire, mehrere Jugendliche entführt und lebendig begraben zu haben. Der größte Fall in Florence Loveladys Karriere, denn sie brachte den Mörder hinter Gittern. Zu Larrys Beerdigung kehrt sie in die Stadt der damaligen Geschehnisse zurück, doch sie kann danach nicht mehr abreisen. Am verlassenen Haus der Glassbrooks macht sie eine Entdeckung, die sie in Angst und Schrecken versetzt. Was hat das zu bedeuten? Waren Lancashires Kinder doch nie sicher oder schweben Florence und ihr Sohn Ben sogar selbst in lang ungeahnter Gefahr?
Sharon Bolton ist eine bekannte englische Krimi- und Thriller Autorin. Sie stammt selbst aus Lancashire und wollte schon immer ein Buch über Hexen schreiben. Besser gesagt „…ein Buch über Frauen (wie sie selbst) aus dem Norden, die aus der Masse der Menschen herausstechen und die von den selben Menschen dafür bestraft werden.“ Genau diesen Umstand merkt man dem Buch ganz deutlich an. Sharon Bolton ist bekannt für ihre atmosphärisch geladenen Thriller, die zumeist eine Mischung aus englischer Hochmoorebene, abgeschiedenen Dörfern und dem Einfluss von Okkultismus sind. In diesem Buch ist allerdings etwas anders. Im 2. Teil geht es erst einmal um die Ereignisse von vor 30 Jahren. Der Fall um die drei vermissten Teenager 1969, die Suche und die späteren Ermittlungen werden sehr detailliert und ausführlich geschildert. Der Mordfall wird auch als solcher behandelt, der Okkulte Einfluss, der Glaube an Hexen und die alte Geschichte um die Hexenverbrennung der Frauen von Pendel tauchen erst später im Buch auf. Entgegengesetzt ihrem sonstigen Stil gibt sich Bolton diesmal ganz der Magie hin und lässt ihre Protagonistin Florence nicht nur an diese glauben, sie lässt sie sogar selber Zauber wirken. Natürlich kein Hokuspokus mit Hut, Besen und schwarzer Katze, sondern eine Art Schutzzauber und ähnliches. Mich hat dieses Abweichen von ihrem Schema sehr missmutig gestimmt, weil ich die Intension dahinter nicht verstehen konnte. Das Begleitwort der Autorin, welches leider erst am Ende des Buches auftauchte, konnte mich jedoch über den Grund für diesen Stilbruch aufklären und ließ die Geschichte nun in einem anderen Licht wirken. Jedoch gab es auch andere Details, die ich unrund fand. Der wirklich sehr lange 2.Teil, mit dem (meiner Meinung nach) zu ausführlichen Rückblick, der eher wie ein Seitenfüller, als wirklich zwingend notwendig wirkte. Einige Einzelheiten, die nach Auflösung leider immer noch unklar oder unlogisch waren. Man hatte nach dem Ende das Gefühl, dass hier und da um den Kern der Story nur grob an gebastelt wurde um es etwas passend zu machen, ganz schlüssig ging das Ende leider nicht auf. Zu guter Letzt der Showdown, der zwar überraschend und erfrischend anders ausfiel aber in sich einfach kühlen Pragmatismus statt Atmosphäre ausstrahlte. Ein durchaus interessantes Buch, welches Dank dem mitreißenden Schreibstil der Autorin trotz längen, nicht an Spannung verliert. Doch Bolton kann mehr und das hat sie diesmal nicht unter Beweis gestellt. Es gibt deutlich stärkere Werke von ihr. Trotzdem muss ich gestehen, nach dem ich von ihrer eigenen Verbundenheit mit der Stadt und ihrem Aufwachsen mit all diesen Sagen wusste, stimmte mich dieses Wissen mit dem Verlauf Story und ihrem „Stilbruch“ etwas milder. Ein kleines, Spoiler freies Vorwort hätte mich Florence und ihre Entscheidungen vielleicht gleich im rechten Licht sehen lassen.
Fazit: eher eines von Sharon Boltons mittelmäßigeren Büchern. Atmosphärisch hat sie hier nicht alles gegeben. Doch noch nie war eine tiefe Verbundenheit mit dem Handlungsort und der Protagonistin so präsent.

Bewertung vom 16.10.2019
Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle
Turton, Stuart

Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle


sehr gut

… und täglich grüßt der Mörder!

Mitten im Wald steht das riesengroße Anwesen der Familie Hardcastle, Blackheath. An diesem Abend soll ein prächtiger Maskenball stattfinden. Doch als die Gäste sich gerade ausgelassen amüsieren fällt ein Schuss. Evelyn, die Tochter der Hardcasteles wird tot aufgefunden. Dieser eine verhängnisvolle Tag wiederholt sich immer und immer wieder, bis in alle Ewigkeit. Aiden Bishop hat die Aufgabe den Mörder ausfindig zu machen. Ihm stehen nur 8 Tage zur Verfügung um das scheinbar unlösbare Rätsel zu entschlüsseln, welches ihm Blackheath und ein mysteriöser Fremder auferlegt haben. Doch Aiden wacht jeden Morgen im Körper eines anderen Gastes auf und anstatt dem Mörder näher zu kommen, ergeben sich plötzlich noch viel mehr Ungereimtheiten. Stück für Stücke muss er erkennen, dass auf Blackheath nicht alles so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Schafft er es alle Fäden zu entwirren oder knöpft er sich, ohne es zu merken, daraus seinen eigenen Strick?

Stuart Turton ist britischer Schriftsteller und Reisejournalist. Mit ´Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle´ legt er ein Roman Debüt, mit überwältigendem Publikumserfolg hin. Sein Protagonist, Aiden, ist in einer Endlosschleife dieses einzigen, schauderhaften Tages auf Blackheath gefangen und dazu verdammt aus verschiedenen Körpern heraus zu zuschauen, wie das Schicksal ein ums andere Mal seinen Lauf nimmt. Er ist machtlos dagegen und nur in dem er Evelyns Mörder entlarvt kann er den Kreislauf durchbrechen. Doch Aiden ist nicht der einzige der Blackheath versucht zu entkommen, ihm läuft die Zeit davon und nicht jeder Wirt verfügt über die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten, die er so dringend benötigt. Kaum scheint Ordnung in das Freund/ Feind Verhältnis zu kommen, bricht ein neuer Tag an und plötzlich gerät alles wieder ins Wanken und es ergeben sich nur noch mehr Fragen. Dieser Roman ist eine ganz andere Art von „How done it?“ Romanen. Es dreht sich zwar im Zentrum um die gleiche Frage, auf Grund des „Time Warp“ Effekts bekommt das Buch eine ganz eigene Dynamik und verliert auch durch den Charakter Switch nicht an Spannung. Turton schafft es diesen Wechsel sehr authentisch zu gestalten und trotz, dass es in jedem von ihnen Aiden ist, haben sie ganz eigene Wesenszüge, die er übernimmt ob er nun will oder nicht. Nicht zu wissen, wem er vertrauen kann, erschwert ihm die Ermittlungen zunehmend.
Um für den Leser einen Überblick über das Gelände und die handelnden Personen zu schaffen ist zu anfangs ein Plan des Grundstücks, seiner Gebäude und die Zimmer des Haupthauses, so wie die Auflistung einiger Personen vorhanden. Die Atmosphäre war, passend zur Story düster und selbst in vermeintlich ausgelassenen Situationen, spürt man förmlich die unheilvolle Schwere. Einige Details waren unglaublich gut gewählt und konnten zusätzlich die Stimmung intensivieren. Der Schreibstil war sehr angenehm zu lesen, an Spannung mangelte es dank der Atmosphäre, den vielen Geheimnissen und der wechselnden Wirte auch nicht. Man muss aber durchweg aufmerksam bleiben. Mal eben nebenbei ein paar Seite lesen/hören ist hier nicht möglich, da man in dem Fall zu schnell Gefahr läuft wichtige Details nicht mit zu bekommen und der Zusammenhang zur Handlung dann schnell verloren geht. Denn in diesem Buch kann jede noch so kleine Nebensächlichkeit im späteren Verlauf die Geschichte in ungeahntem Ausmaß beeinflussen. Die Auflösung war schlüssig und das warum war für mich auch adäquat.

Fazit: für mich ein sehr gelungener Mix aus „How done it?“- und Mystery Krimi Klassiker. Mit einem alten Gebäude, jeder Menge Geheimnissen und einer scheinbar endlosen Zeitschleife eines Verhängnisvollen Tages sorgt Stuart Turton für jede Menge Spannung.

Bewertung vom 02.10.2019
Die Kosmetikerin
Escobar, Melba

Die Kosmetikerin


gut

Leider sehr wirre Story
Karen ist eine der angesehensten Kosmetikerinnen in einem Salon von Bogótas exklusivster Wohngegend, dem Haus der Schönheit. Ihre Kunden teilen ihre intimsten Geheimnisse mit ihr, egal ob sie das will oder nicht. Affären, Ängste, nichts bleibt vor ihr verborgen. Als eine angetrunkene Schülerin, eines regnerischen Nachmittages zu einer Behandlung kommt, um sich für ein amouröses Treffen herrichten zu lassen, macht Karen sich keine großen Gedanken darüber. Doch als sie erfährt, dass das Mädchen am nächsten Morgen tot war, nimmt die Geschichte ihren ganz eigenen schrecklichen Lauf. Denn Karen war die letzte, die das Mädchen lebend gesehen hat.
Melba Escobar, kolumbianische Schriftstellerin, schreibt für verschieden Zeitungen. Die Kosmetikerin ist ihr vierter Roman und wurde mit dem Premio Nacional de Novela 2016, in Kolumbien ausgezeichnet. Ich muss gestehen, ich war die meiste Lesezeit verwirrt. Die mitten im Text wechselnde Perspektive, die vielen Namen und der Storyaufbau an sich waren sehr wirr. Abwechselnd geht es um Karen, die besagte Kosmetikerin aber auch um die Psychologin, Claire. Sie und andere Personen sind Kunden von Karen aber auch untereinander befreundet. Der häufige Switch in der Story (zum Teil unübersichtlich mitten im Text) und die großen Handlungssprünge machten das Lesen sehr anstrengend und dämpften den Lesefluss. Ständig hatte man das Gefühle etwas verpasst zu haben. Es ergibt sich zum Ende zwar ein Zusammenhang aber der wirkt leider arg konstruiert. Die Story macht einen unruhigen und doch überspannten Eindruck, die Charaktere sind unausgereift, flach und auch sehr nach Klischee geformt. Nicht zu vergessen die tote Schülerin. Die gehört, anders als dank dem Klappentext vermutet, tatsächlich nur am Rande zur Story. Was bleibt, sind 320 Seiten gespickt mit kolumbianischen Machenschaften, Machtkämpfen, 2. Klasse Denken, Hurerei und ein paar Toten nebenbei. An sich eine interessante Geschichte, wenn sie etwas ausgereifter, nicht so gehetzt gewirkt und weniger wechselhaft gewesen wäre. Trotz, dass es sich flüssig lesen lies, empfand ich den Schreibstil oder womöglich auch die Übersetzung mehr als anstrengend. Der Satzaufbau war leider auch eines der Sachen, die negativ aufgefallen sind. Auf der einen Seite einfache „5 Wort Sätze“, die doch sehr gewöhnlich anmuten. Andererseits satte „Schachtel-Sätze“, die zum Teil über eine ¾ Seite gehen, hinterließ bei mir öfters das Gefühl, dass unterschiedliche Hände am Werk waren. Wenn sich die Autorin mitten in der Handlung in belanglosen Vergleichen und Ausschweifungen verliert, war ich vom Stirn runzeln und genervt sein nicht mehr weit entfernt. Schade, denn nach dem Buch kann ich nicht wirklich sagen auf was für einen tieferen Sinn Frau Escobar hinauswollte, gesetzt den Fall, es gab überhaupt einen. Sind Bogótas Straßen unsicher, die Einwohner verschlagen oder Korrupt, wird die Kluft zwischen arm und reich immer größer, ist der Kosmetik Job doch deutlich unangenehmer als manch einer glauben kann? Sollte man sich nie Hals über Kopf in den falschen Typen verlieben oder zumindest nicht jedem blind vertrauen, wenn man schon dem „leichten Gewerbe“ nachgeht? Ich werde es wohl nicht mehr herausfinden.
Fazit: ein sehr abstrakter, mäßig unterhaltsamer Roman, der aufgrund von zu vielen Perspektivwechseln, unausgereifter Story und flacher Charaktere die meiste Zeit mehr verwirrt als wirklich mitreißend zu wirken.

Bewertung vom 20.09.2019
Ein Leben und eine Nacht
Griffin, Anne

Ein Leben und eine Nacht


ausgezeichnet

Mein Toast auf Mr. Hannigen
An der Hotelbar, in einer irischen Kleinstadt, sitzt Maurice Hannigen. Er ist 84 Jahre alt und blickt in dieser bewegenden Nacht auf sein Leben zurück. Dabei wird er fünf Mal das Glas erheben und auf Personen anstoßen, die sein Leben gezeichnet, bereichert und auch verändert haben. Maurice war nie ein Mann der großen Worte, doch in dieser Nacht offenbart er Geheimnisse, die er lange vor sich selbst versteckt hat.
Anne Griffin die, für ihre Kurzgeschichten bereits ausgezeichnete, irische Schriftstellerin, legt mit „Ein Leben und eine Nacht“ ein unfassbar packendes und bewegendes Romandebüt hin. Wir begleiten Maurice durch sein Leben, werden Zeugen wichtiger Augenblicke, verweilen bei bedeutenden Personen und schreiten, dann weiter auf diesem, bei Gott, nicht gerade einfachen Lebensweg. All diese kleinen Begebenheiten bilden ein großes Ganzes, ein sehr bewegtes Leben. Diese Erlebnisse prägten und formten ihn und ließen Maurice zu dem Menschen werden, der er heute Abend in dieser Hotelbar nun einmal ist. Doch dieses Buch ist bei weitem keine Autobiografie, in der man chronologisch durch sein Leben schreitet. Es ist viel mehr wie ein Abend mit dem eigenen Vater/ Großvater. Das schwelgen in Erinnerungen, das Wiedererleben emotionaler Momente um hier und da kurz von der eigentlichen Geschichte abzukommen, weil ihm noch etwas viel Bedeutsameres in den Sinn kommt. Anne schönt absolut nichts in Maurice Leben und malt auch seine härtesten Stunden mit all ihrer Schärfe und Deutlichkeit. Er ist ein Protagonist, denn man einfach nur gernhaben kann. Sie verleiht ihm, durch ihre Ausdrucksstärke und den vielen liebevollen Details, so viel Lebendigkeit und charakterliche Tiefe, dass er unfassbar gut greifbar für den Leser wird. Er ist dickköpfig, etwas mürrisch, hat seine Fehlbarkeiten und Eigenheiten aber genau das macht ihn und seine Geschichte so authentisch. Man kann gar nichts gegen die Gefühle tun, die dieser Roman in einem auszulösen vermag. Ich habe geschmunzelt, gehasst aber vor allem habe ich geweint. Der klare Erzählstil, der ganz ohne Schnörkel, im richtigen Moment die passende Formulierung findet, um den Leser in den Bann zu ziehen. Sie lässt uns hautnah die Entscheidungen, die daraus resultierenden Konsequenzen und die damit verbundenen Gefühle spüren. Ein sehr tiefgründiger Roman, der trotz all seiner Traurigkeit auch Hoffnung macht. Ich hatte durchweg das Bedürfnis, meine Lieben in den Arm zu nehmen und „Danke für alles, ich hab dich so lieb!“ zu sagen. Für mich ist die wieder ins Gedächtnis gerufene Dankbarkeit das wichtigste, was ich aus diesem Buch mitgenommen habe. Dankbarkeit für all die lieben Menschen und der recht manierlich gemeisterten Krisen in meinem eigenen Leben. Etwas was in dieser Schnelllebigen und materiell orientierten Zeit zu oft aus dem Fokus gerät.
Fazit: Ein grandios traurig und ebenso authentischer Roman, der trotz aller Tränen, Liebe und Zuversicht bei mir hinterlassen hat. Ich kann das Buch nur empfehlen aber vielleicht sollten beim Lesen die Taschentücher Griffbereit liegen.

Bewertung vom 10.09.2019
Ich bin Circe
Miller, Madeline

Ich bin Circe


sehr gut

Vorsicht! Circe verfällt man wie aus Zauberhand
Die Tochter des mächtigen Sonnengottes Helios und der Okeanide Perse, ist anders als ihre Geschwister. Nicht nur ihr Charakter ist eigenwillig und ihr Denken ist unbändig, auch ihr Strahlen ist bei Weitem nicht so göttlich und ihre Stimme kommt der einer Sterblichen gleich. Doch als wäre das alles nicht genug, empfindet sie auch noch Zuneigung für die Menschen und ist nicht bereit diese, wie es ihr als Halbgöttin vorbestimmt ist, zu peinigen und leiden zu lassen, nur um von eben jenen, Huldigung zu erfahren. Jedoch erzürnen ihr Denken und Handeln die Titanen und Götter gleichermaßen und erfordern Bestrafung. Circe wird auf eine Insel verbannt, um ihr unsterbliches Dasein in Einsamkeit zu fristen. Es wäre aber nicht Circe, wenn sie nicht gerade daraus Kraft und Mut schöpfen würde um sich ganz auf das Studium der Pflanzen und der Entfaltung ihrer Kräfte zu konzentrieren. Sie zähmt wilde Tiere, wirkt Zauber, erschafft Tränke und Sinnestäuschungen und wird über die Meere hinaus eine mächtige Hexe genannt. Einzig ihre Emotionen sind leidenschaftlicher und Intensiver als Ihr Zauberhandwerk. Im Taumel zwischen Liebe, Freundschaft, Rivalität, Angst, Zorn und Sehnsucht wandert sie durch die Zeit ohne je völlig in einer Emotion zu zergehen. Sie ist klug, kühn und distanziert genug um aus jeder Lage einen Ausweg zu finden oder gar einen nutzen, aus ihr zu ziehen. Am Ende eines, trotz Verbannung, ereignisreiches Lebens und der metaphorischen Verwandlung ihrer Persönlichkeit, muss sie sich die Frage stellen: ist die göttliche Unsterblichkeit wirklich das, was sie bis in alle Ewigkeit erfüllen wird oder träumt sich schon lange von einem anderen Leben?
„Ich bin Circe“ ist, neben „Das Lied des Achill“, das zweite Buch aus Madeline Millers Feder. Die US-amerikanische Schriftstellerin lehrt, nach ihrem Master in Altphilologie Latein und Griechisch an Gymnasien und widmet sich nebenbei dem Schreiben. Auch für ihr zweites Buch stand wieder ein Stück von Homer Pate. Madeline Miller lässt Circe ihr Leben aus der Ich-Perspektive erzählen und bringt dem Leser ihre menschliche Emotionalität näher, wegen derer ihre Familie sie so verachtet hat. Gleich zu Beginn wird deutlich, dass Circe anders ist. Anders als alle Titanen, Götter, Halbgötter und auch Nymphen vor ihr. Dies bekommt sie deutlich zu spüren. Doch ist es genau diese Einzigartigkeit, die ihren Willen beständiger und unzerbrechlicher macht. Ein Wille mit dessen sie im Stande ist, sich der Willkür der Götter entgegenzustellen und sich letzten Endes auch gegen diese zu behaupten. Madeline Miller vereint hier mehrere Sagen die sich um Circe ranken und webt so gekonnt Faden für Faden von Circes Leben, für den Leser als ein großes Ganzes zusammen. Man erlebt vor allem emotional, hautnah und ungeschönt ihren Widerstand, ihr Aufbegehren, ihre Liebe, ihren Fall, ihre Verbannung, ihr Erwachen, ihre Tragödien und die daraus resultierende Stärke. Auf dieser Reise begegnet man bekannten Sagen, Helden, Prinzen, Bauherren, Göttern und sogar Ungeheuern und kann alldem sehr gut, auch ohne tieferes Wissen über griechische Mythologie, folgen. Mich hat das Buch von Anfang an in seinen Bann gezogen. Der Schreibstil hat mich richtiggehend abgeholt und mich in diesen Mythos und seine Zeit hineinversetzt. Es war durchweg interessant und spannend Circes Geschichte und ihrer Entwicklung beizuwohnen. Leider fiel das Ende sehr kurz und knapp aus. Es war schade, dass die Geschichte so abrupt endete. Hier hätten es gern noch mal 100 Seiten sein dürfen.
Fazit: Für mich ein wirklich sehr gelungenes Buch über griechische Mythologie und der Weg einer Frau, die sich selbst befreite, weil sogar der göttliche Horizont zu klein für sie war.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.08.2019
Die schwarze Frau
St. James, Simone

Die schwarze Frau


ausgezeichnet

Im Bann von Idlewild Hall
Vermont, in einem abgeschiedenen Mädcheninternat erzählen sich 1950, Schülerinnen diverse Schauergeschichten. Doch eine dieser Geschichten hält sich hartnäckig, sie handelt von der schwarzen Mary. Als eines der Mädchen unter mysteriösen Umständen verschwindet, ist zu befürchten, dass Mary doch mehr ist, als eine reine Spukgeschichte. 64 Jahre nach diesem Vorfall kann sich die Journalistin, Fiona Sheridan dem Bann des längst geschlossenen und verlassenen Internats kaum entziehen. Sie war selbst nie Schülerin auf Idlewild Hall, dennoch verbindet sie seit 20 Jahren nichts als Schmerzen mit diesem Ort. Als bei den Renovierungsarbeiten des alten Gebäudes eine Mädchenleiche gefunden wird, geht für Fiona kein Weg mehr an der Wahrheit vorbei. Sie muss wissen, was hier passiert ist. Doch schafft sie es, Idlewild Hall seine dunklen Geheimnisse zu entlocken?
„Die schwarze Frau“ ist der, erste in Deutschland erschienene, Roman der kanadischen Autorin Simone St. James. Schon in der High-School schrieb sie ihre erste Gruselgeschichte. Sie war 20 Jahre in der Filmbranche tätig, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. In diesem Buch switcht sie zwischen zwei Zeitebenen: 2014- Fionas Sicht und die aktuellen Geschehnisse und 1950- die Perspektive, der in 1950, in der Lehranstalt lebenden Mädchen. Auch Fionas Vergangenheit spielt eine Rolle und so interessant diese auch ist, übt das Internatsleben und die beklemmende Atmosphäre dessen, eine ganz eigene Faszination auf den Leser aus. Den Mädchen, die alle einen unterschiedlichen Grund für ihren Aufenthalt im Internat haben, fällt der Alltag an diesem Ort schwer. Idlewild Hall ist schließlich kein Elite Internat, sondern eher ein Ort für ungeliebte, ungewollte, uneheliche oder gar „schwer erziehbare“ Töchter. Doch die vier, so unterschiedlich sie auch sein mögen, raufen sich zusammen und stehen für einander ein, um diesen undenkbar tristen, fremdbestimmten Alltag und auch ihre Erinnerungen zu überstehen. Fiona will eigentlich nur eins, Gewissheit, was vor 20 Jahren mit ihrer Schwester, die Tod auf dem Sportplatz, des bereits stillgelegten Internates, gefunden wurde, passiert ist. Doch der erneute Leichenfund auf dem Grundstück und ihre Recherchen lassen ihr keine Ruhe und führen sie Stück für Stück in die düstere Vergangenheit. Durch die 440 Seiten zog sich neben der wirklich brillant konstruierten Story, dem interessanten Background und der stets unheilvollen Atmosphäre auf Idlewild Hall, auch durchweg vorhandene, stetig steigende Spannung. Der Schreibstil war sehr klar und flüssig zu lesen. Die Autorin nutzt das Potenzial ihrer Kulisse, einmal als düsteres, schauriges Mädcheninternat und zum anderen als verlassene Ruine mit spektakulärer „Lost Place“ Atmosphäre, voll aus. Trotz der Geistergeschichte um die „Schwarze Mary“ schafft sie es, sich nicht in Hokuspokus Details zu verstricken und fährt ihre Linie um die Mordfälle klar und nah an der Realität weiter. Obgleich der vielen zu Wort kommenden Charaktere, sind diese von Grund auf in ihren Wesenszügen verschieden und so wunderbar ausgearbeitet, dass man unweigerlich mit ihnen mitfühlt. Ohne sich in Einzelheiten zu verstricken oder den Leser gar mit unnötigen Informationen zu füttern, erzählt Simone St. James in ihrem Roman die Geschichte von Mut, Freundschaft, Schmerz und dem zusammen halt von 4 Mädchen, denen Fiona über den Strom der Zeit hinweg in Idlewild Hall manchmal näher ist, als sie glaubt.
Fazit: Ein Roman, der mich durchweg fesseln konnte. Tolle Story, gut durchdacht und nicht zu übertrieben. Die atmosphärischen Gruselelemente gaben dem Ganzen noch das i-Tüpfelchen. Ein durch und durch gutes, empfehlenswertes Buch.

Bewertung vom 02.08.2019
Mein Herz so schwarz
Blackhurst, Jenny

Mein Herz so schwarz


gut

Eher interessantes Drama, als packender Psychothriller
Zeugen beobachten, wie sich Evie White von den Klippen stürzt. Sie trägt ein Brautkleid, schließlich ist es der Abend ihrer Hochzeit. Was hat Evie dazu gebracht, am vermeintlich schönsten Tag ihres Lebens, ihrem Dasein ein Ende zu setzen? Als der Bräutigam und ihre beste Freundin versuchen, dieser Frage auf den Grund zu gehen, tauchen immer mehr Ungereimtheiten auf. Wer war Evie wirklich und welches dunkle Geheimnis hat sie versucht mit in ihr kaltes, nasses Grab zu nehmen.
-Mein Herz so schwarz- ist der nun mehr 4. Psychothriller, der in England lebenden Autorin Jenny Blackhurst. Man steigt mitten in der Geschichte ein, ohne großes Vorreden lässt die Autorin eine ihrer Protagonistinnen auch schon über die Klippe gehen. Ein absolut atmosphärisch und dramatischer Auftakt der Story. Doch irgendetwas ist merkwürdig, nicht genug, dass die Braut an ihrem Hochzeitstag, ohne erkennbaren Grund den Freitod wählte, anscheinend weiß ein Teil der Hinterbliebenen mehr, als sie es den Ermittlern gegenüber zugeben wollen. Plötzlich tauchen merkwürdige Nachrichten auf und die einzige Person, die sich im Bilde wähnte, kann nicht mehr sicher sein, in was sie da geraten ist. Jenny Blackhurst hat in diesem Buch ein geschicktes Konstrukt aus Geheimnissen, Schuld, unterdrückten Gefühlen und der gefährlichen Koexistenz zweier Menschen bis hin zur Selbstaufgabe geschaffen. Ein Mahnmal, wie zu große Liebe und Vergötterung auch in Hass umschlagen können. Die Geschichte an sich war durchweg Interessant, vor allem die Rückblenden in die Vergangenheit von Evie und ihrer besten Freundin, ihr erstes Aufeinandertreffen und wie daraus eine innige Freundschaft wurde, die bis zu den aktuellen Geschehnissen hielt. Nebenbei laufen die Ermittlungen zu Evies wahrscheinlichem Suizid weiter. Gefangen in der Hoffnung, alles sei fingiert, klammert sich der Bräutigam Richard an jeden noch so kleinen Strohhalm. Doch der Schein trügt oft und erbarmungslos wird Stück für Stück klar, wer die wahre Evie White war. Leider war außer einer Interessanten Story, die zu weilen eher an ein Familiendrama als an einen Psychothriller erinnerte, aus dem Buch nicht viel mehr raus zu holen. Die Spannung war relativ mäßig und die Story plätscherte eher so vor sich hin. Über die Geschichte verteilt, gab es 2-3 Momente die von der Atmosphäre schon eher in das deklarierte Genre passten. Leider verschwanden diese ungenutzt als Nebensächlichkeiten. Schade, dadurch blieb das Buch weit hinter seinem beklemmenden und psychologischen Potenzial zurück. Für mein Empfinden wurde mit dem Background und den Geheimnissen übertrieben, an manchen Stellen war es einfach zu dick aufgetragen. So wurde der ein oder andere „Schock-Effekt“ eher zum „Ach komm schon, nicht dein ernst?!“ Moment. Es war auch leider immer schon zu früh klar, in welche Richtung sich das Ganze entwickeln wird. Mit etwas subtilerem Vorgehen, hätten die Story Twists eine Eindrucksvollere Wirkung gehabt. Der Schreibstil war wie gewohnt flüssig und die kurzen, in der Zeit wechselnden Kapitel machten es zu einer schnell zu lesenden Lektüre. Leider blieb Jenny Blackhurst, mit dem 4. Buch meiner Meinung nach wieder hinter den Erwartungen, der ersten beiden Psychothriller zurück. Für mein Empfinden war es einfach kaum Atmosphäre und viel zu wenig Psychospielchen.
Fazit: Flüssiger Schreibstil, wirklich interessante Story, die für mich deutlich mehr an Spannung, Atmosphäre und Psycho hätte haben dürfen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.07.2019
Wir haben schon immer im Schloss gelebt
Jackson, Shirley

Wir haben schon immer im Schloss gelebt


gut

Wenn das böse keine Fiktion mehr ist…
Merricat, ihre Schwester Constance und ihr Onkel Julian leben am Rande eines Dorfes, im Schloss der Familie Blackwood. Alle anderen Familienmitglieder sind tot, sie wurden vergiftet. Merricat liebt die Ruhe und Abgeschiedenheit im Schloss, doch seit Constance freigesprochen wurde, den Rest der Familie ermordet zu haben, lässt die Welt und besonders die Dorfbewohner ihnen keine Ruhe mehr. Zusätzlich wird die Einsamkeit der drei, durch das Auftauchen von Cousin Charles, empfindlich gestört. Auf Charles Weg, sich nicht nur Constance, sondern auch der Besitztümer der Blackwoods zu bemächtigen, eskaliert die Stimmung und endet verheerend.
Shirley Jackson war US-amerikanische Schriftstellerin, die vor allem durch Horrorromane und -geschichten bekannt wurde. Wie auch in anderen Romanen beinhaltet „Wir haben schon immer im Schloss gelebt“ Aspekte und Erfahrungen aus Jacksons privatem Leben, die sie versucht hat so zu thematisieren. Sie verarbeitet scheinbar in diesem Werk, die ihr und ihrem Mann widerfahrenen Antisemitischen und Antiintellektuellen Konfrontationen. Ein weiterer, wichtiger Aspekt dieser Geschichte ist das Thema Angststörungen, eine für Jackson nicht unbekannte, ernstzunehmende Erkrankung. Sie erschafft in diesem Werk eine sehr befremdliche Atmosphäre, fügt dem Ganzen eine böse Komponente bei und verdeutlicht die Auswirkungen und Konsequenzen von Gruppenhass und dessen Dynamik. Die Abschottung der Familie um sich all dem zu entziehen und die daraus resultierende Steigerung des Hasses, bis zur völligen Entgleisung. Sie setzt diesen negativen Emotionen aber bedingungslose, zum Teil unergründliche Liebe und Hingabe der beiden Schwestern entgegen. Wir erleben durchweg die Geschichte aus Merricats Perspektive, die zum Handlungszeitpunkt zwar schon das 18. Lebensjahr erreicht hat, sich aber in ihrer geistigen Entwicklung zum Teil deutlich in Verzögerung befindet. Durch Jacksons Erzählweise wirkt sie in manchen Momenten sogar noch sehr kindlich. Meine Vorstellung von der Richtung, in die diese Geschichte laufen könnte war eigentlich eine ganz klare. Für mich war das ungeklärte Verbrechen und der Giftmord an der Familie Blackwood von großem Interesse und ich dachte diesem wird im Laufe der Story das Hauptaugenmerk beigemessen. Tatsächlich war es für Jackson aber lediglich ein Stilelement welches als Böse Komponente fungierte und im Verlauf eher an Bedeutung verlor. Die Schilderungen der Autorin waren durchweg Interessant und sogar schockierend, gerade in Bezug auf die Dorfbewohner und deren Verhalten. Sprachlich und vom Schreibstil war es schon eine Herausforderung, da man der Geschichte aufmerksam Folgen musste um auch die besondere Beziehung der Familienmitglieder spüren und ansatzweise nachvollziehen zu können. Den Gesprächen der vier zu lauschen, war zum Teil etwas anstrengend, da Merricats kindliche Art, Onkel Julians gesundheitlicher Zustand und Constance Einigelung die Konversationen doch recht wirr wirken ließen. Alles in allem, wenn man sich auf die Kernaussage des Buches einlässt und nicht auf eine Geistergeschichte/ Kriminalfall und dessen Lösung wartet, ein sehr gelungenes Werk. In seiner weitreichenden Tiefsinnigkeit, ein Buch dessen Fokus nicht gleich offensichtlich ist, welches man aber selbst nach dem lesen nicht so leicht vergisst.
Fazit: Ein Romanklassiker, welcher mehr durch seine Aussage, als Horrorelemente besticht, denn hier ist die wirklich böse Kraft kein erdachtes Gespenst, sondern der Mensch an sich und sein handeln.