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Sali

Bewertungen

Insgesamt 132 Bewertungen
Bewertung vom 21.10.2021
Grace
Lynch, Paul

Grace


sehr gut

Irland zur Zeit der Great Famine einer entsetzlichen Hungersnot. Das Mädchen Grace wird von ihrer Mutter vor die Tür gesetzt. Zum einen um eigenes Geld zu verdienen und zum anderen um dem Stiefvater zu entgehen. Verzweifelt reiht Grace sich ein in das Heer der Bettler und Tagelöhner. Sie trifft den Tod, die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Hat Reisegefährten, trotzt Gefahren und ernährt sich von allem was sie findet. Ihr Schicksal, stellvertretend für Millionen von Iren hat mich sehr berührt. Das Buch ist mit großer Intensität geschrieben. Immer aus Sicht von Grace und das hat es für mich so schwer gemacht. Es gibt keinen Erzählteil, man ist allein mit ihr, ihren Erfahrungen. Realität, Aberglauben und Wahn mischen sich. Die Bilder, die sie sieht, sind sie wahr oder doch nur Ausgeburten ihres Geistes. Die Unterhaltungen mit ihrem Bruder, dem Teil ihrer Seele, die aufmüpfige und draufgängerisch ist, konnte ich zu Beginn gar nicht einordnen. Aber ein lesenswertes Buch, bei dem ich die ganze Zeit gehofft habe, dass auch für Grace das Schicksal gnädig ist und sie eine Heimat findet. Ob dem so ist, lest selbst.

Bewertung vom 10.10.2021
Nowhere Girl
Diamond, Cheryl

Nowhere Girl


ausgezeichnet

Bhajan schreibt über ihre Kindheit, die sie zusammen mit ihren Eltern und Geschwistern auf der Flucht vor Interpol verbrachte. Sie gliedert ihr Buch nach Lebensjahren und den Stationen ihres Lebens. Die ersten Jahre, in denen sie ein kleines Mädchen ist, erscheint ihr alles normal. Sie hat die Geborgenheit ihrer Familie und dass sie schnell das Land und die Identität wechseln müssen, gehört zum Abenteuer. Doch in den Folgejahren wird ihr Leben immer schwerer. Keine Freunde, nie wieder an die Orte zurückkehren, an denen man gelebt hat- die Familie fängt an, zu zerbrechen. Daran, dass es keine Beständigkeit gibt, daran, immer wachsam zu sein, daran, dass das Geld knapp wird. Der Vater driftet langsam in den Wahnsinn ab, die Mutter ist mit ihren Nerven am Ende, der große Bruder ist weg und die Schwester eine brutale Opportunistin. Bharan hat einen riesigen Ehrgeiz und geht beständig über ihre körperlichen Grenzen.Sie ist aber auch ein sehr harmonischer Mensch, der die Familie zusammen halten will und muss somit sehr schnell erwachsen werden. Das alles fordert von ihr einen gesundheitlichen Tribut und sie und ihre Mutter wollen sich stellen…

Das Buch beeindruckt mich durch die detaillierten Erzählungen und die Offenheit, mit der uns Bharan an ihrem Leben teilhaben lässt. Es berührt, ohne Mitleid zu fordern. Bharan hält an der Liebe fest und findet trotz allem immer wieder zu den Fundamenten des kindlichen Urvertrauens zurück. Ihre Stärke ist beeindruckend.

Bewertung vom 07.10.2021
Das Leben, ein großer Rausch / Die Polizeiärztin Bd.2
Sommerfeld, Helene

Das Leben, ein großer Rausch / Die Polizeiärztin Bd.2


ausgezeichnet

Magda Fuchs ist zurück und das Schönste ist, Band 2 knüpft direkt an Band 1 an, ist aber so geschrieben, dass man auch ohne Kenntnisse des 1. Teils auf seine Kosten kommt.
Für alle Anderen, die Charaktere des 1. Bandes sind auch diesmal ganz toll und liebevoll ausgearbeitet. Es ist, als würde man alte Freunde wieder treffen. Die wohl stärkste Entwicklung macht Celia, die von einem verwöhnten jungen Ding zu einer selbstbewussten, intelligenten und liebevollen Frau wird. Magda kämpft weiterhin für die Schwächsten in der Gesellschaft- die armen Frauen und deren Kinder und versucht deren Leid zu mindern. Weiterhin betreibt sie eine eigene gynäkologische Praxis und wird dort von ihrer Vermieterin gegängelt, die ihr unbedingt den Stil des Vorgängers aufdrücken will. Und weiterhin sehen sie und Kommissar Mehring sich mit einem Serienmörder konfrontiert, der scheinbar wahllos Prostituierte ersticht. Ob sich ihre Liebesbeziehung weiter entwickeln kann? Und das ganze vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise und der Hyperinflation. Wieder einmal werden wir in das Berlin der zwanziger Jahre mitgenommen und erleben hautnah die Entwicklungen dieser Zeit - positiver und negativer Natur.
Ein sehr unterhaltsames Buch, dass sich quasi von selbst liest. Ich bin schon ganz gespannt auf Band 3.

Bewertung vom 04.10.2021
Die Schattenarmee / Ministry of Souls Bd.2
El-Bahay, Akram

Die Schattenarmee / Ministry of Souls Bd.2


sehr gut

Oh was für ein Abenteuer. Jack, ein Soulman, der Seelen in die Zwischenwelt befördert, wird von einem Fluch eines Rachegeistes ( Ifrit) getroffen. Jack verblasst immer mehr und wird eines Tages verschwunden sein. Das wollen seine Freunde Naima und Oz (ein Archivar im Körper einer Katze) unbedingt verhindern und reisen mit ihm in den Orient, in Naimas Heimat, denn dort gibt es in der königlichen Bibliothek ein Buch, welches der Schlüssel sein könnte, den Fluch zu brechen.
Schon auf ihrer Reise sehen sie beunruhigende Dinge. Seelen, die sich sammeln und sich zu einer Armee zusammenrotten. Alle Zeichen deuten darauf hin, dass der Ifrit Schlimmes vor hat. Nun müssen sie nicht nur Jack, sondern auch Naimas Heimat und die Welt retten.
So spannend, wie sich die Geschichte anlässt, leider hält sie den Spannungsbogen nicht bis zum Schluss. Die Hauptpersonen Jack und Naima bleiben aus meiner Sicht farblos. Einzig Oz, der sprechende Kater, rettet nicht nur seine Freunde immer wieder aus ausweglosen Situationen. Nein seine bissigen Kommentare und schiefe Witze lassen die Geschichte leben. Er ist unbestritten der Star. Das Buch ist optisch sehr gelungen, die Sprache ist bildhaft und auch wenn man Teil 1 nicht gelesen hat, kommt man gut in die Geschichte rein. Leider konnte das Buch mich in der 2. Hälfte nicht mehr so sehr fesseln, wie in der ersten. Aber lesenswert ist es durchaus, schon aufgrund der geflügelten Zitate des Katers und dessen spontanen Ideen.

Bewertung vom 23.09.2021
The Stranger Times Bd.1
McDonnell, C. K.

The Stranger Times Bd.1


ausgezeichnet

Eine Zeitung, die von ihren Lesern die „Bekloppten Zeitung“ genannt wird und gleichzeitig einen „Irren Anschluss“ als Lesertelefon geschaltet hat, weil zu 99% nur Gestörte diesen benutzen, klingt nicht als der Traumarbeitgeber. Aber Hannah kann nicht wählerisch sein, nachdem sie versehentlich ihr Haus abgebrannt hat, in Scheidung lebt und bei ihrem früheren Dienstmädchen im Gästezimmer schläft. So gesehen passt sie zum Rest des schrägen Teams der Stranger Times. Und anstatt über dunkle und gruselige Dinge zu recherchieren und zu schreiben, stehen die auf einmal in der Redaktion und sind alles andere als nett.
Caimh McDonnell hat einen unglaublichen Mix aus schrägen englischem Humor und Thriller erschaffen. Irrsinnig, geniale Gestalten bevölkern die Geschichte und entführen den Leser nach Manchester - bekannt für seinen Regen und nun ja Monster. Aber diese Wesen lassen einen nicht mehr los. Das Buch ist witzig, spannend und liest sich quasi von selbst. Und vielleicht sind unsere Legenden ja auch keine Märchen. Wer weiß…
Abschließend muss ich noch sagen, dass das Buch auch optisch ein Hingucker ist mit dem schwarzen Buchschnitt und der leicht plastischen Oberfläche. Magisch.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.09.2021
DAFUQ
Jarmysch, Kira

DAFUQ


ausgezeichnet

In diesem Buch verarbeitet Kira Jarmysch ihre Erfahrungen mit der russischen Justiz und Exekutive. Als Pressesprecherin von Alexej Nawalny durfte sie deren Bekanntschaft schon mehrfach machen. Hier ist es stellvertretend die 28 jährige Protagonistin Anja, welche nach der Teilnahme an einer ungenehmigten Demonstration 10 Tage in Arrest muss. In der Zelle trifft sie einen Querschnitt der russischen Gesellschaft, wie die Alkoholikerin Irka, welche keinen Unterhalt für ihre Tochter gezahlt hat und die schöne Maja, die ohne gültigen Führerschein gefahren ist. Beide verdienen sich ihren Lebensunterhalt, in dem sie sich an Männer verkaufen. Die eine für eine Flasche Schnaps und die andere für ein Luxusleben.
Besonders interessant fand ich die Beschreibung des Alltags im Arrest. Die Langeweile, welche mit dem nervtötenden Radio, dass zusätzlich an den Nerven der Gefangenen zerrt, Anja langsam in den Wahnsinn treibt. Fixpunkte werden die Essensausgaben, wobei das Essen besser ist, als ich immer gedacht habe. Ansonsten ist Anja mit ihren Gedanken und Erinnerungen allein.
Die Gespräche mit den Insassen, aber auch den Polizisten, die einen guten Schnitt der Sorgen, Sehnsüchte und des Denkens abbilden, fand ich unglaublich interessant. Und ganz besonders schön für mein Empfinden war, dass das Buch nicht wertet. Die Missstände werden aufgezeigt, aber jeder kann sich sein eigenes Bild machen und wird nicht gedanklich in eine bestimmte Richtung gedrängt. Oh ja und der Titel passt. What the fuck - wie schnell und unverhofft, kann man in Russland in so eine Situation geraten, egal ob arm oder reich, jung oder alt. Ich finde dieses Buch absolut gelungen, habe aber gleichzeitig die Befürchtung, dass es in Russland auf den Index stehen wird.

Bewertung vom 08.09.2021
Mai bedeutet Wasser
Mpoyi, Kayo

Mai bedeutet Wasser


ausgezeichnet

Ein Buch, wie die afrikanischen Sonne. Eine Sonne, die so hell und gleißend ist, dass man die Augen zusammenkneifen muss damit es nicht zu sehr schmerzt, wenn man Adi und ihrer Schwester Mai beim Spielen auf der Dachterasse zusieht. Ein Sonnenlicht, welches gnadenlos alles zeigt, was sonst verborgen bleibt. Aber das Sonnenlicht zieht auch dunkle und tiefe Schatten an, die Adi in ihren Bann ziehen. Und ihr Geheimnis ist duster. Leider bekommt sie keine Hilfe, da sie keine Worte dafür hat. Die Krankheit ihrer kleinen Schwester überschattet das gesamte Familienleben.
Ein sehr faszinierend geschriebenes Buch über ein Mädchen, welches langsam erwachsen wird, und sich sicher ist, dass Gott alles sieht und auch die Geisterwelt immer da ist. Sie ist kein einfaches Kind, eifersüchtig und manchmal gemein zu ihren Schwestern. Aber die Erziehung des Vaters und die Lehrer in der Schule sind sehr streng, Schläge an der Tagesordnung.
Wer Adis Leben folgen will, keine Angst vor Geistern hat und gern den Geschichten Afrikas lauscht, die seit Generationen existieren, der wird begeistert sein, aber die Tränen werden auch fließen.

Bewertung vom 03.09.2021
Das Buch der verschollenen Namen
Harmel, Kristin

Das Buch der verschollenen Namen


ausgezeichnet

„Eine Weise Person hat gesagt: Wir werden dadurch definiert, wer wir in unserem Herzen sind und wer wir auf dieser Erde zu sein beschließen.“
Die Bibliothekarin Eva Abrams durchfährt es wie ein Blitz. Sie erkennt in der Zeitung ein Buch, welches ihr vor mehr als 60 Jahren im besetzten Frankreich geraubt wurde, wieder. Und Eva macht sich auf den Weg nach Berlin zu diesem Buch, denn nur sie ist in der Lage, den Code, den es enthält zu entschlüsseln und jüdischen Kindern ihren Geburtsnamen zurückzugeben uns eventuell noch eine letzte Nachricht von ihrer großen Liebe zu finden.
Das Buch besticht durch 2 Handlungsstränge, welche eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart schlagen. Einmal die Erlebnisse der jungen jüdischen Studentin Eva, welche unversehens in die Gräuel der Judenverfolgung gerät und alles tut, um wenigstens ihre Mutter zu retten. Auf der anderen Seite die reife Frau Eva, welche mit dem gleichen Elan ihren Weg weitergeht, um zu beenden, was sie begonnen hat.
Ein Buch wie ein Denkmal, an alle Menschen, die zu der Zeit Widerstand leisteten und diesen auch größtenteils mit dem Leben bezahlten. Ein Buch, was sprachlos macht und unglaublich rührend ist, wenn fast ein gesamtes Bergdorf jüdischen Kindern zur Flucht verhilft, dass wenigstens diese eine Zukunft haben.
Die Geschichte ist unglaublich spannend aber gleichzeitig sehr realistisch geschrieben. Man spürt die Zweifel, Ängste, Selbstvorwürfe und Hoffnungen der jungen Eva, als sie sich dem Widerstand anschließt und genau diese Gefühle machen die Person so unglaublich reell.
Dieses Buch ist eine Hommage an die Menschlichkeit und dass man die Hoffnung auf Glück nie aufgeben sollte. Und so wie das Mädchen Dorothee im Zauberer von Oz, findet Eva nun hoffentlich auch nach Hause.

Bewertung vom 29.08.2021
Pacific Crest Trail Killer
Piskulla, Christian

Pacific Crest Trail Killer


ausgezeichnet

4300 km Wanderweg - anspruchsvoll zu gehen, größtenteils einsam und abgeschieden. Doch jemand ermordet junge Frauen und verstümmelt sie. Zufällig kommt der Wanderer Mark Stetson, Ex Polizist und Ex Militärpolizist an den Tatort. Es beginnt ein spannendes Katz- und Mausspiel. Das FBI versucht den Mörder zu entlarven, Mark jagt ihn vom Trail aus. Doch dieser ist schneller und tötet wieder, wobei ihn die Abgeschiedenheit einen ungeheuren Vorteil verschafft.
Ein Buch mit unglaublichem Spannungsaufbau. Es führt in die Abgründe der Gesellschaft und zeigt das Gegenteil des „American Way of Life“ - die Welt der Verlierer und Abgehängten aber auch die Verlogenheit und Perversion der Gesellschaft, die gern online und unerkannt zuschaut. Niemand wird als Mörder geboren. Und dieser hier ist nach Aussage eines FBI Agenten ein „Killer Made in America“. Aber auch bei den restlichen Handelnden ist man sich nicht sicher, wem man trauen kann. Was ist z.B. mit der geheimnisvollen Rebecca, die dem Mörder entkommen ist?
Die sorgfältige Ausarbeitung der Protagonisten nimmt Zeit in Anspruch. Aber trotz der mehr als 600 Seiten liest das Buch sich flüssig und keineswegs langatmig.
Und der Hochglanzeinband ist auch ein absoluter Hingucker.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.