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murphy12

Bewertungen

Insgesamt 119 Bewertungen
Bewertung vom 23.10.2021
Keine Panik, Probepapa !
Weber, Ben

Keine Panik, Probepapa !


ausgezeichnet

Facetten der Elternschaft

Diese autobiografisch inspirierte Geschichte erzählt, wie Benno zu einem Pflegevater wurde. Dieses geschah eher unverhofft und zumindest anfangs auch ungewollt. Mit viel Augenzwinkern, Witz und Einflüssen aus dem Ruhrgebiet (hier spielt die Geschichte) berichtet Benno, wie Leo in das Leben von ihm und seiner Ehefrau trat.
Benno und Susanne sind verheiratet und ungewollt kinderlos. Sie haben sich jedoch mit den Jahren damit arrangiert und ihr Leben gemütlich und angenehm eingerichtet. Susanne ist Lehrerin. Benno ist Fitnesstrainer und Hausmann. Eines Tages bringt Susanne einen ihrer Schüler (Leo) mit nach Hause. Benno findet ihn unverhofft weinend am Küchentisch vor. Leo ist neun Jahre alt und ein Pflegekind. Die Familie, bei der er jahrelang gelebt hat, will ihn „zurückgeben“. Er muss deshalb aus seinem gewohnten Umfeld heraus, seine Freunde und die Schule verlassen und in ein Kinderheim ziehen. Susanne tröstet den Jungen, so gut sie kann. Sie besteht zudem darauf, ihn am nächsten Wochenende zu besuchen und etwas Schönes zu unternehmen. Benno muss natürlich mit und wird bei der Kinderbetreuung voll eingespannt. Nach einigen Hürden und Mühen erkennt er mit der Zeit, dass er Spaß an diesen Wochenenden hat und den Jungen nicht mehr missen möchte.
Dieses Buch ist in klaren, schönen Worten geschrieben. Seine größte Stärke ist der eingesetzte Humor, ohne zum Klamauk abzurutschen, und die vielen Szenen und Gedanken, die wohl jeder Elternteil nachempfinden kann und ggf. sogar selbst schon durchlebt hat. Es ist herzergreifend, rührt zu Tränen und bringt zum Lachen.

Diese wunderbare humorige Erzählung gibt Hoffnung. Mich hat es berührt. Ich hätte ewig weiterlesen können.

Klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 23.10.2021
Freddy und Flo gruseln sich vor gar nix! / Freddy und Flo Bd.1
Kling, Maria

Freddy und Flo gruseln sich vor gar nix! / Freddy und Flo Bd.1


ausgezeichnet

Gruselspaß!
Bereits durch den Titel ist es klar: dieses Buch passt gut in die aktuelle Zeit (kurz vor Halloween). Es ist ein gelungenes Werk in kindgerechter Sprache, etwas Spannung, etwas gruseligem Spaß und schönen Bildern. Die Absätze sind recht kurz und die Schrift ist angenehm groß, so dass auch Leseanfänger bereits Spaß am Selbstlesen dieses Buches haben dürften.
Freddy und seine Schwester Flo ziehen nach der Trennung ihrer Eltern in eine neue Wohnung zusammen mit ihrem Vater und dessen neuer Freundin. Besonders Flo leidet unter dem Umzug und der neuen Partnerschaft des Vaters. Freddy hingegen findet den Umzug spannend und beginnt das neue Haus, welches direkt an einen Friedhof grenzt, direkt zu erkunden und die neuen Nachbarn auszukundschaften. Schnell merkt er, dass mit den Nachbarn etwas nicht stimmen kann und auch der Hausverwalter benimmt sich eher komisch. Freddy geht der Sache- unterstützt durch seine große Schwester- auf dem Grund. Wenn die Nachbarn Hexen, Elfen, Werwölfe, Vampire und allerlei Schreckgestalten sein sollten, will er das wissen: denn er findet Mumien & Co total spannend und gar nicht gruselig- solange er nicht gejagt wird.
Auf der ersten Doppelseite befindet sich ein Bild des Hauses und seiner Bewohner, so dass man sich gut auf den verschiedenen Etagen zurechtfinden kann.
Das Buch ist insgesamt liebevoll gestaltet. Die Bilder dominieren jedoch nicht, so dass auch viele Seiten ohne Bilder auskommen. Die Absätze sind durch kleine niedliche Geister voneinander getrennt und zu Beginn eines Kapitels findet sich ein Bild von der Hauptperson dieses Abschnitts.
Wir wurden durch dieses Buch gut unterhalten, haben mitgefiebert und uns gegruselt, aber auch viel gelacht. Die Geschichte wurde für Kinder ab 8 Jahren geschrieben, die sie auch gut alleine lesen könnten. Ich habe sie mit einem Erstklässler gelesen und habe sie deshalb größtenteils vorgelesen. Das hat den Spaß nicht gemindert. Der Gruselfaktor war aus unserer Sicht nicht besonders groß- jedoch bei einigen Szenen schon vorhanden- hier kommt es aber sicherlich auf das jeweilige Kind an.

Eine klare Herbstempfehlung für regnerische Tage.

Bewertung vom 17.10.2021
Das Geheimnis des Bücherschranks
Skybäck, Frida

Das Geheimnis des Bücherschranks


ausgezeichnet

Was im Leben wichtig ist
Die Autorin Frida Skybäck kannte ich bislang nur dem Namen nach. Das Cover sprach mich sehr an. Die Grundidee der Geschichte, dass das Leben von zwei Frauen zu unterschiedlichen Zeiten erzählt wird und diese Frauen in Beziehung zueinander stehen, ist nun nicht zwingend neu, aber gewährt viele Möglichkeiten in der Ausgestaltung. Ich hatte Lust auf einen Feel -Good -Roman mit Liebesgeschichte.
Dieses Buch ist jedoch viel mehr als das.

Erzählt wird abwechselnd das Leben und die erste große Liebe von Anna im Jahre 1943 in Schweden und das Leben mit den aktuellen Schwierigkeiten von Rebecka in 2007. Rebecka lebt in Stockholm, kommt aber in ihre Heimat zurück, da ihre Großmutter Anna sich die Hand gebrochen hat und im Krankenhaus liegt. Sie hat ein sehr inniges Verhältnis zu ihrer Oma und fühlt sich ihr gegenüber verpflichtet. Deshalb lässt sie für ein paar Tage ihren anstrengenden Job und ihren Verlobten zurück und kommt in das Häuschen ihrer Oma.
Zudem wird die Liebesgeschichte der Oma zu Zeiten des zweiten Weltkrieges erzählt. Es handelt sich um eine verbotene Liebe, die vor ihren Eltern geheim gehalten wird. Ihr Partner Luca ist Italiener und zudem im Widerstand aktiv. Er hilft jüdischen Dänen über das Meer nach Schweden zu fliehen.

In einer sehr sprachgewandten und eindringlichen Weise gelingt es der Autorin einen Liebesroman zu verfassen, der durch diverse weitere Themen nicht überfrachtet, sondern vielmehr aufgewertet wird. Auch das Thema Nationalsozialismus wird angemessen aufgegriffen, reißt das Buch aber nicht an sich.

Ich fühle mich durch diesen herzergreifenden und auch spannenden Roman mit Liebesgeschichte, aber auch mit der Erkenntnis, dass Lebensentscheidungen getroffen werden müssen- auch wenn es schwer fällt- sehr gut unterhalten. Er setzt sich auch auf Grund der Themenbandbreite von den üblichen Liebesromanen ab. Eine klare Leseempfehlung von mir.

Bewertung vom 08.10.2021
Der Gesang der Berge
Que Mai, Nguyen, Phan

Der Gesang der Berge


ausgezeichnet

Gemeinsam überleben, wenn die Welt zerbricht

Dieses Buch ist sehr intensiv; hat mich gefangen genommen und in eine andere Zeit versetzt. Ich war in Vietnam.
Erzählt wird die Geschichte der Familie Tran durch die Urenkelin Huong. Das Buch beginnt in 2012- aber nur das erste Kapitel. Erzählt wird das Leben der Großmutter Dieu Lan. Dieses erfolgt in 2 Erzählsträngen: Einer beginnt in 1972 während des Vietnamkrieges in Ha Noi. Hier kümmert sich die Großmutter Dieu Lan um ihre 12 jährige Enkelin Huong (genannt: Guave), da das Land im Krieg versinkt und die Eltern von Huong in den Krieg gezogen sind. Der zweite beginnt in 1930 auf dem Land in der Provinz Nghe An. Hier lebt Dieu Lan als Kind auf dem elterlichen Hof.
Die Autorin vermag es in deutlichen, aber nicht unnötig brutalen Bildern die verschiedenen örtlichen Begebenheiten und die dort herrschenden Umstände plastisch darzustellen. Das Land wird zeitweise durch Frankreich und Japan unterdrückt, der Vietnamkrieg, die große Hungersnot, der eingeführte Kommunismus mit den Umerziehungslagern und dem Denunziantentum. Unrecht und Gewalt sind zu allen Zeiten allgegenwärtig. Inmitten dieser unruhigen Zeit ist Dieu Lan trotz vieler Schicksalsschläge bemüht, ihre Kinder und Kindeskinder zu ernähren und durch das Leben zu bringen. Sie ist unermüdlich und stark, aber nicht unfehlbar. Sie erfährt in ihrem Leben so viel Schlechtes, dass eine Aufzählung diese Rezension sprengen würde, aber auch in vielen Situationen unerwartete Hilfe von Fremden. Sie erlaubt sich kaum eine Schwäche- trägt Verantwortung und hilft wo sie kann.
Gerade weil dieses Buch so realistisch und emphatisch geschrieben wurde, fiel mir das Lesen mehrfach sehr schwer. Es war eine Anstrengung, die liebgewordenen Charaktere und die Menschen im Allgemeinen derart leiden zu sehen. Es ist kein Buch, um es mal kurz zu lesen. Obwohl ich es nicht aus der Hand legen wollte, musste ich oftmals eine Lesepause einlegen, um wieder zu Atem zu kommen. Es ist mir direkt ans Herz gegangen und hat mir auch die Tränen in die Augen getrieben.
Der Schreibstil und die Wortwahl sind wunderbar- nicht zuletzt auch wegen der vietnamesischen Sprichworte und Lieder, die in Originalsprache benannt und dann übersetzt werden. Es ist ein außergewöhnliches Buch, das mich vieles überdenken lässt.
Für mich ist es die Überraschung dieses Jahres und deshalb eine klare Leseempfehlung. Absolut lesenswert

Bewertung vom 20.09.2021
Bleistiftherz
Hansson, Elin

Bleistiftherz


ausgezeichnet

Vom Fallen und wieder auf das Board steigen
Das Cover ist außergewöhnlich und wunderschön gestaltet. Es ist ein echter Eyecatcher und ich betrachte es immer wieder gerne sehr genau. Damit hatte das Buch es schon mal in meine Hand geschafft.
Es geht um Liv, die fast 13 Jahre alt ist und sehr darunter leidet, dass ihre beiden größten Bezugspersonen nicht mehr da sind. Ihre Oma ist vor kurzem verstorben und ihre beste Freundin Ida musste mit ihren Eltern wegziehen. Zudem leben ihre Eltern getrennt und sie lebt nun allein mit ihrer Mutter. Sie ist eher schüchtern und spielt gerne Kniffel und verbrachte ihre Zeit und insbesondere ihre Ferien gerne mit ihrer Oma. Nun fühlt sie sich allein und verlassen. Zudem wird sie von einigen Schülern der Parallelklasse geärgert und kann sich nicht so richtig zur Wehr setzen. Halt geben ihr neben ihrer Mutter (die sie jedoch nicht so gut versteht), die 3 Freundinnen der Oma und der Bibliothekar Hallgrim. Ihre Mutter hat eine neue Kollegin. Sie treffen sich zum Essen und bringen ihre Kinder mit. Liv kann es kaum glauben, wie toll Frans- der Sohn der Kollegin- ist. Er ist ein Skateboarder und total süß. Nun will Liv es auch mal versuchen, zu skaten. Damit fangen ihre Probleme erst richtig an.
Es ist ein wunderschön geschriebenes Buch über Verlust und Identität. Die erste Liebe mit all ihren Schrecken und zarten Gefühlen, sowie über den Mut zur Veränderung. Die Erzählweise ist kindgerecht, ohne überheblich zu wirken. Die Charaktere sind stimmig und glaubhaft gezeichnet. Liv habe ich sofort ins Herz geschlossen. Sie macht eine große Veränderung nachvollziehbar durch und begibt sich dabei auch auf Irrpfade bis sie merkt, dass sie sie selbst bleiben muss.
Dieses Buch wird viele Mädchen im Teenageralter ins Herz treffen. Von mir eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 20.09.2021
Die andere Tochter
Golch, Dinah Marte

Die andere Tochter


sehr gut

Bedrängnis und Lügen
Das Buch ist als Roman kategorisiert worden. Das ist meiner Meinung nach irreführend. Ich würde es in den Bereich Thriller einordnen- ggf. sogar als Mystery- Thriller.
Erzählt werden die Erlebnisse von Antonia Petzold (Toni). Dieses erfolgt auf 2 Zeitachsen. Einmal Oktober 2019 (jetzt) und einmal die Zeit ab Mai 2019. Diese zweite Zeitachse läuft auf den Oktober zu und schließlich wird das Ende des Buches einheitlich erzählt. Der Schreibstil lässt sich angenehm lesen. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen.
Toni verliert durch einen beruflichen Unfall ihr Augenlicht und erhält es durch eine Gewebespende einer Toten zurück. Die Gewebespende erfolgt- wie in Deutschland vorgeschrieben- anonym. Sie schreibt einen Dankesbrief an die Familie der Spenderin über die Gewebebank und erhält von deren Mutter überraschend Antwort. Sie möchte die Familie kennenlernen und mehr über die Spenderin erfahren. Deren Familienangehörigen verhalten sich seltsam, teilweise sogar feindselig ihr gegenüber. Sie gerät in einen Strudel von Anziehung, Ablehnung und Halbwahrheiten. Der Tod der Spenderin scheint auch eher ungeklärt zu sein. Gleichzeitig steht Toni auch im Oktober 2019 vor massiven Problemen, da ihre Mutter nach einem Angriff im Krankenhaus ist, ihr Vater ist nicht ansprechbar, sie wohnt bei einer Freundin und die Wohnung ihrer Eltern ist ein Tatort und darf dementsprechend nicht betreten werden. Die Verletzungen der Mutter sind so schwer, dass Toni eine Patientenverfügung suche muss. Zudem scheint auch in Tonis Kindheit ein großes Problem zu schlummern. Seit ihrer Zeit bei der Familie der Spenderin hat sie immer öfter das Gefühl fremdgesteuert zu werden und außerkörperliche Erfahrungen. Sie fragt sich, ob der Geist der Spenderin auf sie übergeht.
Ich habe nach der Leseprobe andere Erwartungen an das Buch gehabt und war von den tatsächlichen Themengebieten (und deren beträchtlichen Umfang) überrascht. Ich habe mich dann auf den Roman völlig eingelassen und mit großer Anspannung immer weitergelesen. Wer jedoch die Vorstellung Tote zu spüren und das Thema der Seelenwanderung völlig abtut, wird vermutlich eher keine Freude an dem Buch haben.
Das Buch wirkt auf mich wegen der Fülle an Thematiken: Beutekunst, Organspende, Mord, Kindesvernachlässigung, Alkoholismus, Untreue, Bindungsängste, spirituelle Exkursionen usw. etwas überfrachtet. Auch das Ende ist teilweise offen und teilweise ohne Erklärung überraschend positiv. In der Summe ist die Geschichte für mich somit nicht ganz rund, aber lesenswert.

Bewertung vom 15.09.2021
Diese Frauen
Pochoda, Ivy

Diese Frauen


ausgezeichnet

Starker Krimi in Frauenhand
Der Kriminalroman „Diese Frauen“ hat mich vollständig überzeugt. Bereits der Schutzumschlag ist schön und passend gestaltet. Der Einband fasst sich angenehm an und ist in einem hübschen dunkelgrün gehalten. Auch das eingebundene Lesebändchen empfinde ich als „plus“.
Erzählt wird der Krimi in 5 Abschnitten, die jeweils einer anderen Frau gewidmet sind, aus deren Sicht die Geschehnisse weitererzählt werden. Zudem gibt es eine Rahmenerzählung einer weiteren Frau, die immer weitergeführt wird. Feelia oder Orphelia gibt die Rahmenhandlung vor. Die Abschnitte sind Dorian, Julianna, Essie, Marella und Anneke gewidmet. Die Bereiche der Frauen stehen nicht nebeneinander, sondern sind kunstvoll miteinander verwoben. Die Frauen treten auch in den anderen Abschnitten auf. Jede hat Probleme zu bewältigen, die neben der Kriminalgeschichte erzählt werden.
Die Geschichte spielt in L.A. Dort werden farbige Frauen ermordet, die überwiegend aus dem Milieu mit den Randbereichen stammen. Die Mordserie bricht vor 15 Jahren plötzlich ab und wird unverhofft in 2014 wiederbelebt. Die Polizei konnte damals den Mörder nicht fassen und scheint auch nicht viel Energie darauf verwendet zu haben. Eine der in der ersten Welle ermordeten Frauen war die Tochter von Dorian. Sie war keine Prostituierte, sondern Studentin und jobbte als Babysitter. Sie kam von ihrem Job nicht mehr zurück. Dieser Umstand überschattet Dorians ganzes Leben. Sie will, dass der Mörder von der Polizei gefasst und bestraft wird. Sie führt einen Imbiss und hilft den örtlichen Prostituierten, soweit es ihr möglich ist. Sie findet in letzter Zeit immer wieder tote Vögel bei ihrem Imbiss und schließlich auch bei sich zu Hause. Sie wertet dieses als Warnung und geht zur Polizei.
Julianna ist das Mädchen, auf das die Tochter von Dorian aufgepasst hatte, bevor sich ihr Weg mit dem des Mörders kreuzte. Inzwischen ist sie eine junge Frau und lebt in einer WG. Drogen und Partys, sowie ein Job in einem Hinterzimmer einer Bar als Tänzerin bestimmen ihr Leben. Doch sie will dieses hinter sich lassen und kehrt zu ihren Eltern zurück. Dorian versucht ebenfalls ihr zu helfen. Diese Hilfe will die junge Frau jedoch nicht.
Essie ist eine Detektiv bei der Sitte. Sie nimmt die Anzeigen von Dorian und Feelia auf und erkennt, dass ein Serienmörder in LA sein Unwesen treibt. Die Kollegen des Morddezernats möchten ihrer Theorie nicht folgen, sie ermittelt dennoch. Zudem hat sie ein privates Trauma erlitten, welches auch berufliche Auswirkungen auf ihre Glaubwürdigkeit hatte. Dieses Trauma wird nach und nach enthüllt.
Marella ist die Tochter der Nachbarn von Juliannas Eltern. Sie ist ein paar Jahre jünger als Julianna und sucht ihre Freundschaft. Zudem ist sie gleichermaßen angezogen und abgestoßen von Gewalt und drückt dieses in ihrer Kunst aus.
Anneke ist die Mutter von Marella. Sie wirkt sehr abweisend und kalt. Ihre Figur ist schwer zu fassen, wird jedoch im Laufe der Erzählung erklärt.
Die Wortwahl und die Satzmelodie werden den verschiedenen Personen angepasst, so dass bei mir tatsächlich der Eindruck entstand, dass die Geschichte von verschiedenen Personen erzählt wird. Diese Methode fand ich sehr interessant. Auch bin ich davon begeistert, dass dennoch der Krimi ein einem Guss erzählt wird und nicht ein und dieselbe Szene einfach aus verschiedenen Blickwinkeln immer wieder wiederholt wird. Diese Erzählweise ist mir neu- ich kann sie nur unterstützen!
Die Personen sind mir nicht alle sympathisch, aber sie entwickeln sich alle innerhalb ihres Erfahrungshorizontes und sind stimmig dargestellt.
Der Krimi war nicht unnötig blutig, aber spannend mit einigen unerwarteten Wendungen. Eine klare Leseempfehlung von mir.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.09.2021
Hey, ich bin der kleine Tod ... aber du kannst auch Frida zu mir sagen
Gröger, Anne

Hey, ich bin der kleine Tod ... aber du kannst auch Frida zu mir sagen


ausgezeichnet

Kranker Junge auf dem Weg zurück ins Leben
Dieses Buch ist rundherum ein absoluter Gewinn. Bereits das Cover ist cool und wunderbar niedlich gestaltet. Zu diesem Buch greift man wie unter Zwang.
Es geht um Samuel. Er ist 11 Jahre alt und schwer krank. Die meiste Zeit seines Lebens hat er bislang im Krankenhaus verbracht. Die letzte Therapie hat jedoch wunderbar angeschlagen und nun darf er nach Hause. Doch Samuel versucht weiterhin jede gefährliche Situation zu vermeiden, denn das Leben ist lebensgefährlich. Er trägt draußen einen Ganzkörperschutzanzug mit Helm, zudem eine Maske und Handschuhe. Auch das Desinfektionsspray ist immer am Mann. In der elterlichen Wohnung angekommen, weigert er sich die Wohnung wieder zu verlassen. Neben der Angst vor Keimen und allgemeinen Gefahren (zu denen er auch die jeweiligen Statistiken kennt), trauert er um seinen besten Freund Tobi. Ihm hat er ein Versprechen gegeben, dass er nicht einlösen kann. Auch das belastet ihn. Plötzlich erscheint der kleine Tod in Form eines Mädchens: Frida. Sie wurde Samuel zugewiesen, kennt sich mit dem Leben nicht aus und muss alles darüber Lernen und bringt schrecklich viel Lärm, Schmutz und Gefahr in Samuels Leben. Unklar ist auch, ob sie wirklich Samuels Freundin sein möchte, oder ob sie eigene Interessen verfolgt.
Geschrieben ist der Roman aus Sicht von Samuel- unterbrochen wird der Text jedoch mit Auszügen aus dem Notizblock von Frida. So erfahren wir auch ihre Sicht der Dinge.
In angenehm zu lesenden recht kurzen Kapiteln wird dieses durchaus schwere Thema ernsthaft, aber auch witzig behandelt. Samuel ist tapfer und lässt sich nicht unterkriegen, wird jedoch auch von äußeren Umständen bestimmt. Wir haben das Buch mit viel Spaß („Die hat doch nicht alle Sensen im Keller.“), aber auch mit Tränen in den Augen gelesen.
Es ist eine klare Leseempfehlung, vor allem für empathische Kinder.

Bewertung vom 06.09.2021
Pacific Crest Trail Killer
Piskulla, Christian

Pacific Crest Trail Killer


gut

Killerjagd auf dem PCT

Dieser Thriller startet rasant und packend in die Erzählung. Nicht nur das, sondern auf den ersten 100 Seiten packte mich auch direkt die Wanderlust. Ich war mit auf dem PCT- das hat mich sehr beeindruckend!
Erzählt wird der Thriller aus Sicht diverser Personen: der Täter, der Hauptermittler Steve Cortez, der „zufällige“ Ermittler Mark Stetson, diverse weitere Ermittler, zeitweise auch weitere Personen, die auf dem Trail wandern, einigen Park Rangern, weitere Nebenpersonen usw. Dennoch ist es so, dass man der Geschichte gut folgen kann, sie ist solide ausgearbeitet und mir sind nur wenige Fehler bzw. Ungereimtheiten aufgefallen. Jedoch verlangsamt diese Erzählweise deutlich die Geschichte. Auch die vielen Exkursionen über das Leben in den USA im Allgemeinen (mit einem kritischen Blick) bzw. Gewaltverherrlichungen in den Medien sind für sich genommen in der Sache bestimmt korrekt wiedergegeben, blähen aber die Geschichte auf.
Zudem kommt es oft zu sehr kleinteiligen Beschreibungen, die für sich genommen keine Auswirkung haben. Oft wird noch mindestens ein Halbsatz hinterhergeschoben, der eine Selbstverständlichkeit beschreibt- eineindeutig quasi. Das Buch hat über 600 Seiten. Das für sich genommen wäre für mich als Vielleserin kein Makel, aber auf den Seiten muss dann auch etwas erzählt werden. Wenn ich eher den Eindruck gewinne, dass man ohne viel Mühe mehr als 100 Seiten herauskürzen könnte, hemmt das meine Lesefreude. Zudem wurde ich durch die kleinschrittige Erzählweise und die vielen Erklärungen und Wiederholungen mehrfach an ein Lehrbuch erinnert.
Die Hauptpersonen des Thrillers auf Seiten der Ermittler finde ich überwiegend sympathisch und nachvollziehbar gezeichnet. Über einiges muss man hinwegsehen: z.B. weshalb Mark Stetson als ehemaliger Streifen- und Militärpolizist, der auf dem PCT wandert und zufällig an den ersten Tatort stolpert, direkt vom FBI eingestellt wird. Das ist für mich nicht sehr schlüssig, jedoch hinnehmbar. Für mich ist es so, dass durch die langsame Erzählweise auch viele einzelne Schritte und Vorgehensweisen der handelnden Personen viel genauer unter die Lupe genommen werden und dann diese Handlungen meiner Prüfung mehrfach nicht standhalten.
Insgesamt fand ich den Thriller durchaus solide geschrieben und nicht so schlecht, wie meine Rezension sich liest, jedoch finde ich es schade, dass der Autor sich hier leider aus meiner Sicht durch die allzu genauen Beschreibungen ein Bein gestellt hat. Die Wortwahl und der Schreibstil haben mir gefallen. Die Aufmachung ist gelungen und sticht positiv aus dem Thrillerangebot heraus.

Bewertung vom 29.08.2021
Wo das Licht herkommt
Skorpil, Clementine

Wo das Licht herkommt


weniger gut

Schade

Der historische Roman in einer wunderschönen und anmutigen Aufmachung vermochte mich inhaltlich leider nicht zu überzeugen.
Die Geschichte spielt Ende des 18. Jahrhunderts. Es geht um Philippine, die einem gewalttätigen Mann versprochen worden war. Um dieser Ehe zu entgehen, läuft sie verkleidet als Mann fort. Im weiteren Verlauf des Buches begleitet der Leser sie auf ihrem Lebensweg.
Die Sprache mit den außergewöhnlichen Begriffen und die Satzmelodie sprechen mir zu. Das Buch kann ich zwar nicht schnell lesen, aber es ist ansprechend geschrieben. Die Wortwahl unterstützt auch den Eindruck des Lesers sich im Jahre 1777 zu befinden.
Leider habe ich keine Bindung zu der Hauptperson Philipp/ Philippine aufbauen können. Zunächst hatte ich angesichts des Settings und der Ausgangssituation ebenfalls angenommen, dass Philippine auch deshalb verkleidet als Junge weggelaufen war, um Zugang zum Wissen zu erhalten. Eine entsprechende willentliche Handlung von der Hauptperson konnte ich dem Buch leider nicht entnehmen. Überrascht war ich auch von dem Umstand, dass sie überhaupt zur Dorfschule (in eine gemischte Klasse?) gegangen war und somit lesen und schreiben konnte. Hier hätte ich angenommen, dass zu dieser Zeit ein Mädchen in der Schule eher die Ausnahme gewesen ist. In der großen weiten Welt setzt sich Philippine zunächst mit Medizin auseinander und geht in eine Klosterschule. Das ganze ohne Geld, denn überall hat sie Glück und findet sofort Gönner, so dass sie auch nicht im Schlafsaal bei den anderen Jungen schlafen muss, sondern eine Bleibe anmietet. Woher das ganze Geld im Einzelnen kommt- sie kauft auch unterwegs gerne Speisen zum sofortigen Verzehr- bleibt unklar, sie sorgt sich aber auch deshalb nicht weiter. Auch mit ihrem größten Geheimnis, dass sie ein Mädchen ist, geht sie eher sorglos um und erzählt es im Laufe des Buches immer wieder. Daraus erwächst aber nie ein Nachteil, nicht einmal wenn sie enttarnt wird.
Die Erzählweise mit den Sprüngen in der Zeitachse tut ihr übriges. Teilweise stelle ich erst nach Seiten fest, dass es sich mal wieder um eine Rückschau handelt. Eine tatsächliche Zeitachse könnte ich nur mit Mühe erstellen.
Die Geschichte war für mich leider wenig mitreißend und grenzte aus meiner Sicht auf Grund der Fülle an glücklichen Fügungen an Naivität. Realistisch kann ich diesen Roman nicht nennen. Er kommt mir auch nicht historisch korrekt vor.

Eine Leseempfehlung kann ich nicht pauschal aussprechen. Ich schlage vor, das Buch vor dem Kauf anzulesen.