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Buchdrache

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Insgesamt 118 Bewertungen
Bewertung vom 17.09.2017
The Daylight War
Brett, Peter V.

The Daylight War


gut

Der Daylight War ist nahe, und wo die Menschheit vereint gegen die Dämonen hätte stehen müssen, ist sie gespalten in inneren Konflikten. Im dritten Teil des Demon Cycle vom amerikanischen Autor Peter V. Brett führt er seine Geschichte über den Kampf gegen die Dämonen des Core und gegen die inneren Dämonen fort.

Wie gewohnt setzt Brett das Augenmerk auf die Charaktere und ihre zwischenmenschlichen Beziehungen, ohne dabei jedoch die Dämonen völlig außer Acht zu lassen. Ebenso wie gewohnt führt er zu Beginn des Buches einen neuen POV-Charakter, Inevera, ein. Bedingt dadurch, dass er jedoch zunächst mit Arlen und Renna in die Handlung einsteigt, und Ineveras Teil nicht über die Gebühr gestreckt wird, liest es sich angenehmer als Jardirs Einführung im Vorgängerteil. Wieder einmal hat er es gut gelöst, dass er einzelne Passagen nun auch aus einer neuen Sicht noch einmal erzählt, ohne dabei den Eindruck zu erwecken, er hätte einfach nur von sich selbst abgeschrieben.

Danach kommt Brett erneut auf die gegenwärtige Zeitlinie zurück. Hier jedoch dümpelt die Handlung zunächst bis etwa zur Hälfte vor sich hin und nimmt nicht wirklich Fahrt auf. Erst danach, als Leesha von ihrem Aufenthalt bei Jardir in die Heimat zurückkehrt und dort das erste Mal auf Renna trifft, wird es wieder interessant.

Durch die Figurenkonstellation bauen sich etliche Konfliktpotenziale auf, die auch zur Gebühr ausgelebt werden. So hat Rojer zwei Frauen aus Jardirs Gefolge geheiratet, ihre kulturellen Unterschiede führen mitunter zu Problemen zwischen den Eheleuten und auch mit den Bewohnern der Nordlande.

Man merkt sehr gut, dass die Charaktere mit all ihren persönlichen Problemen oft unter Spannung stehen, da sie in großen Rahmen denken müssen. Sie sind verantwortlich für viele Leben, die sie vor den Dämonen beschützen müssen, gleichzeitig haben sie aber auch private Probleme, die sie beeinflussen. Zudem ist bekannt, dass zu Neumond eine neue und gefährlichere Rasse Dämonen einen Angriff beginnen wird, auf dem die Protagonisten sich ebenfalls vorbereiten müssen.

Im Buch passiert leider selten etwas, das sonderlich überraschend oder schockend war, womit über weite Teile des Textes auch viel von der Spannung verloren geht. Bei einer Geschichte wie dem Demon Cycle erwartet man nicht unbedingt nur einen reinen Fokus auf die Charaktere und ihre persönlichen Schicksale, sondern ganz platt mal auch ein bisschen Action und Drama. Davon fehlt oft einfach zu viel.

Dafür ist Brett mit dem Schluss ein Ende gelungen, das einem George Martin würdig wäre. Es war natürlich abzusehen, dass irgendwann Arlen und Jardir ihren Konflikt austragen werden, und das Ergebnis ist konsequent umgesetzt. Man hätte es nicht wirklich erwartet, dass Brett das Buch so enden lässt, vor allem, nachdem vorher lange nichts passierte. Der Autor regt hier sehr schön zum Weiterdenken an. War es gut, wie es geendet hat, und welche Konsequenzen erwachsen daraus? Wurde es nicht vielleicht sogar zu früh gelöst? So oder so, Brett hat damit seinen Lesern einen Grund gegeben, auch zum vierten Band zu greifen, denn mit einem Male ist doch nicht mehr alles so statisch, wie es im Buch wirkte.

Bis zu diesem Punkt kann man zum Demon Cycle sagen, dass Brett die Handlung mitunter zu sehr streckt, dennoch aber die Charaktere interessant gestaltet. Ein oder vielleicht sogar zwei Bücher weniger hätten der gesamten Reihe aber sicher gut getan.

Bewertung vom 17.09.2017
The Broken World
Oswald, J.D.

The Broken World


sehr gut

Benfros und Errols Abenteuer neigen sich ihrem Ende entgegen. In „The Broken World“, dem vierten und vorletzten Teil der Ballad of Sir Benfro von James D. Oswald, spitzen sich die Ereignisse immer mehr zu. Benfro ist in einem Zirkus gefangen, Drachen einer anderen Welt greifen das Zwillingskönigreich an und Inquisitor Melyn führt mit grausamer Zielstrebigkeit den Willen seines Gottes aus, nicht merkend, dass er betrogen wird. Die Hoffnung für Benfro liegt erneut bei Errol. Sie beide wollen in die neue Welt entkommen, denn nicht alle Drachen, welche dort leben, scheinen wilde und grausame Bestien zu sein.

Erneut liefert der Autor wieder viele interessante Informationen über die Welten, die er geschaffen hat. Nicht nur zu Beginn eines jeden Kapitels gibt es Auszüge aus der Literatur der fiktiven Kulturen, auch im Text selbst ist viel gegeben. Errol und Benfro gelingt es, in die neue Welt zu fliehen, und lernen dort die Kulturen der dort lebenden Menschen und Drachen kennen. Damit bekommt Oswalds Welt mehr Tiefe und Komplexität.

Leider flacht die Handlung vor allem gegen Ende ab. Es wirkt zunächst, als ginge die Reihe ihrem Ende entgegen, was besonders dann etwas verwunderlich wirkt, wenn man bedenkt, dass noch ein Teil folgen soll. Wortwörtlich auf den letzten Seiten reißt der Autor jedoch das Ruder noch einmal herum und baut die Brücke zum abschließenden Teil der Reihe.

Bedauernswerter Weise ist das Ende vor allem in Hinblick auf Inquisitor Melyn sehr vorhersehbar und nicht so packend und überraschend wie in Band 1 oder 3.

Im Vergleich zu der deutschen Übersetzung fällt jedoch auf, dass durch die Übersetzung das eine oder andere Detail verloren gegangen ist. Beispielsweise ist „The Rose Courd“ die Bezeichnung für das unheilvolle Band, mit dem Magog Benfro an sich bindet. In der deutschen Übersetzung ging das völlig verloren, hier ist stets nur von einem Band die Rede, ohne ihm einen konkreten Begriff zuzuschreiben. Die Reihe im Original zu lesen, hat daher durchaus einen Mehrwert und umgeht zudem das mangelhafte Lektorat der ersten drei auf Deutsch erschienenen Bände.

Alles in allem fehlt in diesem Band ein wenig die Klimax des Spannungsbogens, sodass sich das Buch eher verläuft, als ein tatsächlich klar definiertes Ende zu haben. Das ist bedauernswert, da die Handlung an sich eigentlich durchaus spannende Elemente hat besonders in Hinblick auf den religiösen Fanatiker Melyn und seinen „Gott“. Dieses Mal hat Oswald leider das Potenzial seiner Geschichte nicht völlig ausgereizt.

Bewertung vom 17.09.2017
The Rithmatist
Sanderson, Brandon

The Rithmatist


sehr gut

Rithmatists sind privilegiert. Nicht jedem wird die Gabe der Rithmatics vergönnt, doch der Preis ist hoch: Jeder Rithmatist wird verpflichtet, für die Vereinten Inseln zu kämpfen – und notfalls auch sein Leben zu geben. Brandon Sanderson erzählt in seinem Jugendroman rund um die Magie aus Kreidefiguren die Geschichte Joels, eines einfachen Jungen, der davon träumt, ein Rithmatist zu sein, selbst wenn es ihm das Leben kosten könnte.

Der Leser steigt in die Geschichte mitten im Geschehen ein. Man befindet sich an einem der Tatorte und verfolgt aus den Augen des Opfers das Geschehen. Damit wird die Geschichte von Beginn an dynamisch und spannend.

Sanderson gelingt es sehr gut, seine Kreidemagie zu erläutern, indem er auf eine Mischung aus Theorie, beispielsweise in Form des Unterrichts, und aus Praxis zurückgreift, als er in einem der ersten Kapitel ein Duell zwischen zwei Rithmatists beschreibt. Wieder einmal zeigt er damit seine beeindruckende Kreativität.

Was jedoch ins Auge fällt, ist, dass Joel ähnlich wie viele andere von Sandersons Hauptcharakteren funktioniert. Er ist sehr schlau und hat eine gute Kombinationsgabe, die ihm immer wieder plötzliche Eingebungen gibt, die er dann weiter verfolgt. Wer andere von Sandersons Büchern gelesen hat, weiß damit schon sehr schnell, wer definitiv nicht der Täter ist, da Joel, wie auch zum Beispiel Kaladin (Sturmlicht-Chroniken) oder Raoden (Elantris), zwar gute Einfälle hat, die ihn auch voranbringen, damit aber nicht unbedingt auf der richtigen Spur ist.

Erst gegen Ende wird offenbart, wer hinter dem Verschwinden der Schüler und schließlich auch den Morden steckt. Die Auflösung kommt sowohl für Leser als auch Charaktere überraschend und verblüffend. Sanderson packt hier noch einmal aus und greift tief in seine Trickkiste der Kreativität, womit er die Weichen für kommende Folgebände stellt. Der Täter wird gefasst, dennoch sind noch immer viele Fragen offen, die Raum für eine Fortsetzung bieten.

Am Ende des Buches findet sich ein Reading and Activity Guide. Da das Buch vor allem, aber nicht nur, an ein junges Publikum gerichtet ist, sollen verschiedene Fragen und Aufgaben motivieren, sich vertiefend mit dem Buch zu befassen, beispielsweise im Rahmen des Schulunterrichts. Die Fragen regen dazu an, über verschiedene Passagen des Textes zu reflektieren und mitunter auch einen neuen Blick darauf zu gewinnen. Zudem sind einige Kreativaufgaben dabei, die den Inhalt zusätzlich aufarbeiten sollen.

Aufgrund von Joels Ähnlichkeit zu anderen Charakteren des Autoren geht ein wenig Spannung verloren. Nichtdestotrotz verblüfft Sanderson wieder einmal mit seiner Kreativität. Auch die Aufmachung des Buches ist sehr schön. Zusätzlich zu dem Guide finden sich zu Beginn jedes Kapitels Zeichnungen, die die Kreidemagie bildlich darstellen und zur Bildhaftigkeit des Romans und seinem Verständnis beitragen. Obgleich das Zielpublikum vordergründig ein sehr junges ist, kann es auch von älteren Lesern genossen werden.

Bewertung vom 17.09.2017
Die Gefangene des Drachenturms / Dreamwalker Bd.3
Oswald, James

Die Gefangene des Drachenturms / Dreamwalker Bd.3


sehr gut

Manchmal müssen Feinde zu Freunden werden, wenn sie von demselben Feind verfolgt werden. Im dritten Teil der Dreamwalker-Reihe von James D. Oswald muss Benfro lernen, dass Errol, obgleich ein Mensch, nicht sein Gegner ist und sie nur gemeinsam gegen Melyn bestehen können.

Magogs Einfluss auf Benfro wird immer stärker, was Benfro immer unberechenbarer macht. Wann ist er noch er selbst und wann gewinnt der Geist des bösen Drachenmagiers die Oberhand über ihn? Es fällt ihm schwer sich einzugestehen, dass Errol in der Tat der einzige ist, der ihm jetzt noch helfen kann, besonders dann, als Corwen der Magie Magogs erliegt und Inquisitor Melyn ihnen immer dichter auf den Fersen ist. Da erscheint auf einmal ein wilder Drache, ein wahres Ungetüm, wie es die Welt seit Jahrhunderten nicht mehr gesehen hat. Es scheint, dass er aus der Parallelwelt Gogs stammt, die Benfros Vater gesucht hatte. Ebenjene Welt scheint auch die einzige Rettung für die letzten Drachen zu sein.

Sehr rasch fällt ins Auge, dass das Lektorat hier keine gute Arbeit leistete. Da werden immer wieder Kommata oder Anführungszeichen vergessen, ganze Wortgruppen wiederholen sich direkt hintereinander und Namen werden vertauscht. Bereits in den ersten Bänden fielen gelegentlich kleine Fehler auf, hier jedoch häufen sie sich so sehr, dass sie störend wirken.

Inhaltlich ist dieses Mal jedoch nichts auszusetzen. Da jetzt auch noch eine zweite Welt ins Spiel kommt, wird der Weltenbau interessanter als noch in den Vorgängerteilen. Plötzlich sind Drachen in der Tat wieder eine Bedrohung sowohl für die Menschen als auch die letzten ihrer Artgenossen. Man fragt sich, wieso sie plötzlich auftauchen und wo sie her kommen. Das Buch wirft damit allerhand Fragen für die kommenden Bände auf und macht viel Lust auf sie.

Auch charakterlich tut sich einiges. Nachdem Beulah am Anfang der Reihe vor allem als skrupellose Königin gezeichnet wurde, die in erster Linie an ihrer eigenen Macht und weniger am Wohlergehen anderer interessiert ist, wandelt sich das zunehmend mit ihrer Liebe zu Clun. Er stammt eigentlich aus einfachen Verhältnissen, sie jedoch riskiert eine Menge, als sie ihn in den Adelsstand erhebt und ihn heiratet. Sie zeigt ihm gegenüber sogar romantische Attitüden, was ihr mehr Vielschichtigkeit verleiht und sie als Charakter interessanter macht.

Auch mit Benfro und Errol geht es vor allem in der zweiten Hälfte des Buches spannend weiter. Magogs Einfluss auf Benfro wird immer dramatischer, gleichzeitig muss er aber lernen, Errol als Verbündeten anzusehen. Für sie gilt es herauszufinden, was es mit den fremden Drachen und der Welt, als der sie stammen, auf sich hat, da das womöglich ihre einzige Rettung ist. Dabei werde sie noch immer von Inquisitor Melyn verfolgt und sehen sich zahlreichen neuen Gefahren gegenüber. Das Buch endet wie Band 1 mit einem ähnlich gelungenen Cliffhanger, der dazu verleitet, sich sogleich Band 4 anzuschaffen.

Nachdem Band 1 und 2 durchaus gute, wenn auch nicht die allerbeste Unterhaltungsliteratur waren, weist Band 3 eine deutliche Richtung nach oben auf. Er lässt die Ernüchterung nach dem zweiten Teil rasch wieder vergessen und darauf hoffen, dass die Reihe sich einem packenden Finale entgegenneigt.

Bewertung vom 17.09.2017
The Desert Spear: Book Two of the Demon Cycle
Brett, Peter V.

The Desert Spear: Book Two of the Demon Cycle


sehr gut

Das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen nimmt selten einen guten Verlauf und häufig werden dabei Freunde zu Feinden. Jeder meint, den einzig richtigen Weg einzuschlagen und die anderen Parteien notfalls auch mit Waffengewalt davon überzeugen zu können. Mit dem zweiten Teil der Demoncycle-Reihe hat Peter V. Brett ein Augenmerk auf Konflikte gelegt, die nur allzu vertraut wirken.

Wieder gibt Peter V. Brett viele neue Einblicke in seine Welt. Besonders hervorzuheben ist die krasianische Kultur, welche erstmals besonders im ersten Teil des Buches ausgiebiger beleuchtet wird. Sein Worldbuilding bleibt weiter weitestgehend solide und interessant.

Besonders lobend ist hier hervorzuheben, dass die kulturellen und standesmäßigen Unterschiede in der Sprache viel besser hervorkommen, als es in der deutschen Übersetzung transponiert wurde. Anhand dessen, wie die Charaktere sprechen, merkt man sehr gut, woher sie kommen und welchem Stand sie angehören.

Krasianer beispielsweise sind ausgesprochen auf ihre verschiedenen Stände bedacht und reden einander auch dementsprechend differenziert an. Die Bildungsschicht der Nordländer hat wiederum eine eigene Sprache, von welcher sich wiederum die ländlichen Regionen mit ihrem eigenen Dialekt abgrenzen. Ebenjener Dialekt macht es für deutsche Leser mitunter etwas schwieriger zu verstehen, was soeben beredet wird, nichtsdestotrotz ist es auf jeden Fall eine Bereicherung des Textes.

Auch positiv anzumerken, ist das hier ausführlicher eingeführte Krasianische. Das Vokabular erstreckt sich zwar, da es sich zumeist um Rangbezeichnungen, Titel und Eigennamen handelt, vor allem auf Nomen und einige Adjektive, zeugt aber von einem gewissen Reifegrad. Schaut man genauer hin, erkennt man bestimmte Morpheme in den Wörtern wieder und kann ihre Bedeutung mittels der spezifischen Wortbedeutung ableiten. „Dama“ beispielsweise taucht in mehreren Verbindungen auf wie „Damaji“ oder „Dama’ting“, woraus man schließen kann, dass „dama“ allgemein eine Respektsperson bezeichnet, egal, ob religiöser oder militärischer Art.

Leider lassen sich im Gegenzug zum ersten Band auch einige negative Aspekte ausmachen. Dem Vorbild des ersten Bandes folgend, führt Brett Jardir, einen neuen POV-Charakter, ebenso ausführlich ein, wie er die Charaktere des ersten Bandes einführte, indem er seinen Werdegang vom Jungen zum Erlöser über gut ein Drittel des Buches verfolgt. Da man eigentlich erwartet, dass es relativ bald mit der Haupthandlung um Arlen, Leesha und Rojer weitergeht, fühlt sich das gesamte erste Drittel des Buches eher wie ein Prolog an, denn wie der Einstieg in die eigentliche Handlung.

So interessant es auch ist, über die Kultur der Krasianer zu lesen, so wirkt einiges dabei jedoch nicht völlig durchdacht. Ein Großteil der krasianischen Gesellschaft baut auf ihrem Militär auf, die meisten ihrer Männer sind Soldaten. Die Aufgabe der Frauen ist es, Herd und Kinder zu hüten. Damit bleiben nur noch die sogenannten Khaffit, die die Wirtschaft Krasias betreiben. Es wirkt unglaubwürdig, dass eine gesamte Gesellschaft auf den Schultern eines so geringen Bevölkerungsanteils bestehen kann.

Insgesamt ist das Leseerlebnis jedoch noch immer positiv. Da sich jetzt auch weitere Konflikte mit den Krasianern ergeben und Brett nicht mehr nur bei den Dämonen bleibt, gibt er einen schönen Ausblick auf die Folgebände. Er leibt weiterhin seiner Linie treu, legt das Augenmerk auf die zwischenmenschlichen Beziehungen und zeigt damit, was passieren kann, wenn Menschen sich bis hin zu ihrer grundlegendsten Existenz bedroht fühlen. Manche erweisen sich als Feiglinge, manche als Kämpfer und manche als Narren. Doch wer am Ende überleben wird, bleibt abzuwarten.

Bewertung vom 17.09.2017
Das Geheimnis des Magierordens / Dreamwalker Bd.2
Oswald, James

Das Geheimnis des Magierordens / Dreamwalker Bd.2


sehr gut

„Das Geheimnis des Magierordens“ (Orig. „The Rose Cord“) setzt da an, wo der Vorgängerteil aufhörte. Benfro flieht vor Inquisitor Melyn und seinem Orden des Hohen Fryd, nachdem sie seine Mutter Morgum ermordeten. Ihm gelingt die Flucht, nicht zuletzt auch durch die letzte Magie seiner Mutter. Der Geist Morgums erscheint ihm kurz darauf und trägt ihm auf, den Drachen Corwen ausfindig zu machen. Dort soll er seine besondere Gabe des Traumwandelns verfeinern und in die Magie eingewiesen werden. Der Geist Magogs hat es jedoch auf ihn abgesehen, und es gelingt ihm zeitweilig, Benfro in seine Gewalt zu zwingen.

Errol befindet sich noch immer in den Fängen des Ordens vom Hohen Fryd. Dort wird er zum Drachenjäger ausgebildet, obgleich er eigentlich nichts weiter will, als die Drachen zu studieren und sie ansonsten in Frieden in ihren letzten Refugien leben zu lassen. Aus Selbstschutz bewährt er sich jedoch im Orden und soll als Spion zu den Feinden des Reiches geschickt werden. Dort jedoch wird er an den König ausgeliefert und gerät von einer Katastrophe in die nächste.

„Das Geheimnis des Magierordens“ knüpft nahtlos an den ersten Teil der Reihe an. Wurde am Ende des ersten Bandes Morgum gerade geköpft, so ist Benfro hier sogleich auf der Flucht. Der Leser ist von Anfang an mitten im Geschehen und hofft, dass es dem jungen Drachen gelingt, seinen Häschern zu entkommen.

Auch mit Errol fiebert man mit. Der Plottwist, dass er plötzlich an den verfeindeten König ausgeliefert wird, ist sehr gelungen und bringt noch einmal zusätzlich Spannung hinein.

Generell ist bis zu diesem Punkt der Reihe lobend herauszuheben, dass auf überflüssigen Konfliktaufbau verzichtet und sich eher auf das konzentriert wird, was die Handlung auch tatsächlich voranbringt. Was man hier lediglich am Rande findet, sind Romanzen, die unnötig Konflikte aufbauen, die keinen größeren Mehrwert für die Geschichte beinhalten. Im Gegensatz zu vielen anderen Romanen ist das eine angenehme Abwechslung.

Leider ist es dem Autoren dieses Mal nicht so gut gelungen, den Leser bei der Stange zu halten. Prinzipiell ist es immer gut, wenn etwas Sonderbares passiert und es nicht gleich auf den nächsten Seiten aufgelöst wird. In diesem Fall aber passieren zu oft rätselhafte Dinge, die die Protagonisten zudem auch jedes Mal aus dem Schlamassel retten.

Mehrmals droht Errol unmittelbar der Tod und doch entkommt er auf eine Weise, die er selbst nicht erklären kann. Leider geht dadurch einiges an Spannung verloren, wenn Errol wieder und wieder dem Tod von der Schippe springt. Auch Benfro kann auf einmal auf wundersame Weise fliegen, und es wird leider viel zu spät erklärt, woher er diese Fähigkeit bekommt. Bis dahin wundert man sich nur über die scheinbare Unlogik, was ebenso den Lesegenuss trübt.

Oswald hat sich auch in diesem Buch stark seiner Welt gewidmet. Man erfährt viel über ihre Geschichte und den aktuellen politischen Zustand. Er flechtet es gut in die Handlung ein, tritt jedoch in manchen Passagen zu sehr auf der Stelle, sodass sich der Roman streckenweise zieht.

Alles in allem ist das Leseerlebnis jedoch gut und auch der Griff zum bald erscheinenden dritten Teil ist eine lohnende Investition.

Bewertung vom 17.09.2017
Der Zauber des Drachenvolkes / Dreamwalker Bd.1
Oswald, James

Der Zauber des Drachenvolkes / Dreamwalker Bd.1


sehr gut

Drachen sind grausame Monstrositäten, die ohne Rücksicht auf ihre Umwelt alles niederbrennen und Tod und Verderben sähen. Sie sind gefürchtet und gehasst, einen Ritter gebührt große Ehre, wenn er einen von ihnen erschlägt. Oder? Aber was wäre, wenn sie doch vernunftbegabte und rücksichtsvolle Wesen sind? Wären sie dann immer noch gehasst und verfolgt?


Die letzten Drachen der Welt leben zurückgezogen in einem Wald. Ein Zauber schützt ihre Siedlung, doch als eine junge ehrgeizige Drachendame ein mächtiges Zauberbuch findet, bringt sie sie alle in Gefahr. Gleichzeitig wird der Junge Errol wider seinen Willen, zu einem Kriegerpriester ausgebildet, dessen Bestimmung es sein wird, Drachen zu töten. Dabei ist es doch sein Wunsch, so viel wie möglich über Drachen zu lernen, statt sie umzubringen. Zu allen Ungunsten stirbt auch noch der alte König, welcher bis jetzt eine schützende Hand über die Drachen gehalten hatte, und seine Tochter lechzt nach Blut.

Bücher, die Drachen thematisieren, stellen diese meist in der üblichen Symbolik als Feinde dar, in der sie auch in der klassischen Mythologie zu finden sind. Daher präsentiert sich die Trilogie James D. Oswalds als angenehme Abwechslung und wirft gleichzeitig einige interessante Fragen auf.

Seine Drachen sind weder stumpfsinnige Tiere noch verschlagene und grausame Jäger. Vielmehr sind sie kluge Wesen, die eigentlich nichts mehr wollen, als in Frieden zu leben. Die Menschen halten jedoch die Erinnerungen an die blutigen Konflikte der Vergangenheit in ihren Sagen und Legenden wach. Erst königliche Edikte der jüngeren Vergangenheit haben eine Koexistenz von Mensch und Drache ermöglicht. Der kriegerische Orden des Hohen Fryd ist jedoch an einem friedlichen Miteinander nicht interessiert und verteufelt die Drachen zu Bestien, die es auszurotten gibt. Wenn es kein Feind gibt, wird sich einer geschaffen. Klingt vertraut, oder?

Leider nimmt der Prolog die besondere Herkunft Errols vornweg, sodass der Leser in diesem Moment mehr weiß als der Protagonist. Auch wenn sich damit von Anfang an ein Konfliktherd abzeichnet, nimmt es doch die Spannung, da man nicht mehr mit Errol gemeinsam herausfinden kann, wer er eigentlich ist.

Der erste Band der Trilogie ist mehr ein Auftakt. Die Handlung braucht, um in Fahrt zu kommen und tritt teilweise auch ein wenig auf der Stelle. Dadurch fehlt zu einem Großteil die Spannung, da lange nicht ersichtlich wird, wo der Konfliktherd liegt. Der letzte Teil ist dafür umso rasanter und gipfelt in einem sehr gelungen Cliffhanger hin zum Folgeband.

Stattdessen verwendet der Autor viel Zeit, um seine Welt aufzubauen und dem Leser nahezubringen. Lobend sind die Texte zu Beginn eines jeden Kapitels hervorzuheben, die Auszüge aus der Literatur seiner Welt darstellen und ebenjener dadurch auch mehr Substanz verleihen.

J.D. Oswalds Sprache ist gelungen. Er schreibt sehr bildhaft, sodass Umgebung und Charaktere deutlich vor die Augen des Lesers treten. Insbesondere was das Aussehen seiner Drachen betrifft, beschreibt er weniger, als dass er es durch das deutlich macht, was sie tun, was definitiv eine angenehme Abwechslung zu einer stupiden Aneinanderreihung von Eigenschaften ist.

Der Grundgedanke ist sehr interessant, dass Drachen nicht die Bösen sind, sondern dazu gemacht werden. Interessant ist auch ihre humanoide Darstellungsweise, die zunächst ein wenig befremdlich ist, bei genauerer Betrachtung aber interessante Interpretationsaspekte aufwirft. Obgleich Dreamwalker nicht die packendste Lektüre ist, ist der Schluss definitiv gelungen und auch ein Griff zu Band Zwei empfiehlt sich.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.09.2017
Der begrabene Riese
Ishiguro, Kazuo

Der begrabene Riese


sehr gut

Was ist erstrebenswerter? Keine Erinnerungen an die früheren Lebensjahre besitzen und dafür in Frieden leben, oder all die Erinnerungen wiedererlangen und damit einen blutigen Krieg heraufbeschwören? Kazuo Ishiguro widmet sich dieser Frage in seiner Geschichte über kleine und große Entscheidungen des Lebens und die Treue zueinander.

Das ältere Ehepaar Axl und Beatrice lebt zurückgezogen als Bauern in einem britanischen Dorf. Das einzige, was den Frieden stört, ist der Nebel, der die Landschaft umfangen hält. Anscheinend ist er es, der alle Erinnerungen an die früheren Lebensjahre verblassen lässt. Dennoch treibt Beatrice das unstillbare Verlangen an, ihren Sohn zu finden. Das Ehepaar bricht auf, um ihn zu suchen und zugleich das Geheimnis des Nebels zu lüften.

Ins Auge fällt, wie ausgesprochen höflich alle Protagonisten miteinander umgehen. Flüche findet man so gut wie keine, den auftretenden Rittern tut es sogar Leid, dass sie gegeneinander antreten müssen, weil sie keinen Konsens finden können. Es wirkt, als schienen hier Ishiguros japanische Wurzeln durch.

Mit viel Liebe und Gefühl begleitet der Erzähler die beiden Protagonisten auf ihrem Abenteuer. Die Handlung mag ordinär wirken: Die Helden ziehen aus, um etwas oder jemanden zu finden und am Ende sogar einen Drachen zu erschlagen. Doch in ihr finden sich fein eingeboben Botschaften und Denkanstöße.

In unserer Zeit, in der der Lebenspartner so austauschbar zu sein scheint wie das nächste Smartphone, wirkt eine langjährige und innige Beziehung wie die Axls und Beatrices bemerkenswert. Doch nur sie hat es ihnen ermöglicht, ihr Abenteuer gemeinsam durchzustehen. Axls stete Sorge um seine „Prinzessin“, wie er Beatrice nennt, ist herzerwärmend.

Gerade die Einfachheit, in der Axl und Beatrice leben, macht die Geschichte interessant. Sie sind beide ebenso einfache Leute, keine großen Helden oder Ritter. Damit sind sie in einer sehr ähnlichen Position wie der Leser. Dennoch sehen sie sich auf einmal in einer Situation, die ihnen fremde Rolle einnehmen zu müssen und über Krieg oder Frieden zu entscheiden.

Zum Schluss bleibt die Frage im Raum stehen, was man selbst wählen würde. Frieden oder Erinnerungen? „Der Begrabene Riese“ ist kein Buch, das man beiseitelegt und dann vergisst.



Ich danke dem Blessing Verlag für das Rezensionsexemplar.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.