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Benutzername: 
iGirl
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Bad Nauheim

Bewertungen

Insgesamt 147 Bewertungen
Bewertung vom 09.08.2021
Die letzte Bibliothek der Welt
Sampson, Freya

Die letzte Bibliothek der Welt


ausgezeichnet

Ein Buch gefüllt mit guten Gefühlen, Stärke und Gemeinschaft

Was für ein Wohlfühlbuch ist Freya Sampson hier gelungen! In einfühlsamer Sprache schildert die Autorin die Gefühle der Protagonistin June, Angestellte in der Bibliothek im englischen Dorf Chalcot. June lebt zurückgezogen in ihrem Elternhaus inmitten einer Unzahl an Büchern, Nippes und in Erinnerung an ihre geliebte Mutter. Sie liebt Bücher über alles genauso wie ihren Job als Bibliothekarin. Doch plötzlich wird ihr strukturiertes Leben komplett durcheinander gebracht als die Kreisverwaltung darauf hinwirkt, aus Kostengründen, die kleine Bibliothek zu schließen. Und es scheinen sich sogar noch weitere üble Machenschaften dahinter zu verbergen. Doch so einfach wollen June und die Dorfgemeinschaft nicht aufgeben und der Kampf um den Fortbestand der Bibliothek beginnt.

Dieses Buch konnte ich nicht lesen ohne die eine oder andere Träne zu vergießen. Es ist eine Geschichte der Hoffnung, des Zusammenhalts, der Stärke und der daraus erwachsenden Zuversicht. Wunderbar bildhaft sind die verschiedenen Mitkämpfer, Stanley, Mrs. B, Vera, Chantal, Jackson, Alex, Leila und die Chefin Majorie beschrieben. Jede*r ist so besonders, dass ich am liebsten Teil dieser Gemeinschaft gewesen wäre. Vor allem aber hat mich die Entwicklung der Protagonistin June bewegt. Sie mutiert von einer schüchternen, ängstlichen, privat einsamen jungen Frau, die an einigen Verletzungen aus der Schulzeit und dem Tod der Mutter leidet, hin zu einer zunächst noch zögerlich Mut fassenden doch dann mehr und mehr starken Frau. Diese Metamorphose ist so eindrücklich und gefühlvoll geschrieben, dass es mir sehr nahe ging. Ich konnte nicht anders, als mit ihr und dem Dorf mitzufiebern, dass das Ganze ein gutes Ende nimmt. Und es gibt ein Ende, vielleicht anders als erwartet, aber doch so besonders, dass ich mir eine Fortsetzung der Geschichte rund um June und die besondere Dorfgemeinschaft wünschen würde.

Mein Fazit: Nach dem Lesen von 'Die letzte Bibliothek der Welt' fühlt man sich einfach nur gut. Ein wunderbares Buch, das man nicht aus der Hand legen mag.

Bewertung vom 06.08.2021
Unbekannte Helden (eBook, ePUB)
Bonzol, Oliver C.

Unbekannte Helden (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Zwei Sonderlinge retten die Welt

Die Handlung dreht sich um ein beängstigendes Szenario, das den Tod von hunderttausenden Menschen bedeuten könnte. Die Planung eines Anschlags auf das Treffen der internationalen Friedenskonferenz im Kongo wird durch die machtbesessene Entscheidung eines skrupellosen amerikanischen Präsidenten initiiert. Zahlreiche Gruppen mit unterschiedlichen Interessen treten daraufhin in Aktion. Darunter auch ein interessantes Gespann, nämlich die Protagonisten der Geschichte, Lara und der Lord. Beide, sehr spezielle Charaktere, lernen sich durch Zufall am Schießstand kennen und lieben. Als der Lord sich per Zufall in den Laptop des Attentäters hackt begibt sich das schießfreudige Duo auf die Jagd, um ein entsetzliches Inferno zu verhindern.

In schneller Abfolge über kurze Kapitel, hetzt die Handlung uns Lesende durch die Geschichte. Da muss man sich schon konzentrieren damit man nicht den berühmten roten Faden verliert und es war gar nicht so leicht den Überblick über alle Akteure und deren Rolle in der Geschichte zu behalten. Jedoch finden gegen Ende, in einer hohen Erzähldynamik, alle Handlungsstränge wieder zueinander. Interessant fand ich wie die beiden Hobbyagenten, als es darauf ankam, eine hohe Professionalität in der Durchführung erreichten. Und ich habe nebenbei viel über Waffen, Waffensysteme, Überwachungsmöglichkeiten und Hacken gelernt. Insgesamt war das Buch für mich eine gute Leseunterhaltung mit Spannung in hohem Tempo, Skrupellosigkeit, Grausamkeit und Tod, aber auch ein gutes Maß an Witz und ein bißl Sex – also eine gute Mischung an allem was einen Thriller an sich auszeichnet. Der letzte Satz im Buch lässt auf eine Fortsetzung schließen. Da bin ich mal gespannt wie es mit dem Hobbyagentenduo weitergeht.

Bewertung vom 28.07.2021
Blumen der Nacht (eBook, ePUB)
Andrews, V.C.

Blumen der Nacht (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Skrupelloser Egoismus

Was für ein beklemmendes Gefühl dieses Buch hinterlässt! Die Geschichte von vier Geschwistern, die nach dem Tod des Vaters, in das verhasste Elternhaus ihrer Mutter zurückkehren und dort ein jahrelanges Martyrium in völliger Abgeschiedenheit erleben müssen, bricht einem das Herz. Die Mutter der Kinder wird von ihren steinreichen Eltern gehasst dafür, dass der Kindsvater ihr Halbonkel war. Glücklich und voll Liebe zu ihrem Partner brach sie mit ihrem Elternhaus und wurde daraufhin enterbt. Doch nun steht sie nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes völlig mittellos mit ihren vier Kindern da. Nicht durch Intelligenz, aber durch Schönheit ausgezeichnet, gibt sie sich der Versuchung des Geldes hin und begibt sich zurück in das reiche Umfeld der verhassten Eltern. Der Preis dafür ist, dass niemand ihre Kinder entdecken darf bis der alte kranke Vater endlich stirbt. Und so beginnt in einem grausamen Umfeld eine wahrhaft schreckliche Zeit für die versteckten Geschwister, die sich von Tag zu Woche und von Woche zu Monat verschlimmert.

Dieses Buch enthält eine entsetzliche Geschichte mit bigotten, skrupellosen und menschenverachtenden Charakteren. An manchen Stellen musste ich mit dem Lesen für eine Weile aufhören, da mit das Erlebte der Kinder zu nahe ging. Allein die Kinder zeigen eine unglaubliche, dauerhafte Stärke und halten unerschütterlich zueinander, um diese aussichtslose Situation zu erdulden. Beim Lesen empfand ich eine stetige Düsternis und Hoffnungslosigkeit, die ich manchmal kaum ertragen konnte.

Es ist schwer ein Buch zu bewerten, dessen Geschichte man kaum aushalten kann. Aber gerade deshalb vergebe ich 5 Sterne, da es V.C. Andrews absolut gelungen ist, die starken Gefühle zu transportieren. Man muss es halt aushalten können.

Bewertung vom 23.07.2021
Der Stern der Elbe (eBook, ePUB)
Seidel, Diana

Der Stern der Elbe (eBook, ePUB)


sehr gut

Eine Geschichte der Egoismen

Üble Verhältnisse in einer Fleischwarenfabrik eröffnen die Bekanntschaft zwischen der sehr jungen Jetta und Rudolf Büttner. Jetta, frühreif, lebenslustig und sich ihrer Schönheit durchaus bewusst ist den Avancen Rudolfs nicht abgeneigt, aber auch weitere Anwärter geben sich die Klinke in die Hand und Jetta hält sie sich alle warm. Jetta ist eines von vier Kindern der Familie Reckwisch, die das Gasthaus / Kaffeehaus Stern nahe Hamburg betreiben. Die Geschwister sind bemerkenswert unterschiedlich. Jetta und Fritz sind auffallend schön, Erich, der Älteste besticht durch Kraft und Willen. Fita, die Zwillingsschwester von Fritz, ist herzensgut, aber leider gar nicht von Schönheit gesegnet. Doch auch die anderen Figuren des Romans sind jeder auf seine/ihre Weise auffallend - von den Eltern, über die Dienstboten bis hin zu Freunden und Geliebten. Und plötzlich ist Jetta schwanger und muss sich etwas einfallen lassen.

Mir haben die vielen Facetten Jettas gut gefallen. Für ein junges Mädchen in den 1920er-Jahren ist sie bemerkenswert selbständig, abgeklärt und verfolgt zielstrebig ihre eigenen Interessen. Was sie mit den meisten ihrer Familienmitglieder gemein hat. Die Idee hinter der Familiengeschichte und deren Umsetzung finde ich gut gelungen. Allerdings vergebe ich nur 4 Sterne, da ich den Schreibstil zu distanziert, ja fast emotionslos empfand. Phasenweise kam es mir eher wie ein Bericht vor. Auch waren für meinen Geschmack zu viele Nebengeschichten angedeutet und dann doch nicht konsequent weiter geführt. Das hätte es eigentlich nicht gebraucht, da Jettas Anteil an der Geschichte schon genügend Raum einnehmen könnte. Insgesamt fand ich das Buch aufgrund der direkten und einfachen Sprache gut und schnell lesbar - es ist sicher eine gute Unterhaltung, z.B. für den Urlaub.

Bewertung vom 21.07.2021
Raumfahrer
Rietzschel, Lukas

Raumfahrer


ausgezeichnet

„Alles steht Kopf“- Schwerelos durch die Deutsch-Deutsche Geschichte

Alles im Roman dreht sich um die Familie Kern, mit den Brüdern Georg (Georg Baselitz) und Günter, sowie Günters Sohn Thorsten Kern, der nach einem Unfall im Rollstuhl sitzt. Parallel dazu kreist die Erzählung um Jan, geboren zur Wendezeit, und dessen Familiengeschichte. Jan arbeitet im Krankenhaus und lernt dort 'den Alten', Thorsten Kern, kennen. Dieser überreicht Jan einen Karton mit Papieren seines Vaters, Günter Kern. Und so werden wir Lesende eingeführt in eine unglaubliche Geschichte um das Leben der Brüder Kern, beginnend ab der Nachkriegszeit. Deren Auswirkungen bis in die aktuelle Zeit und damit hinein in das Leben Jans reicht. Georg Kern (Georg Baselitz), der Künstler, geht, nachdem er von der Ostberliner Hochschule verwiesen wurde, nach Westberlin. Seinem Bruder Günter gelingt es nicht mehr die DDR rechtzeitig zu verlassen, um Georg zu folgen. Stattdessen erlebt Günter die staatliche Überwachung durch die Stasi und die Infiltration seines Lebens durch informelle Mitarbeitende (IM). Und wie hängt das nun alles mit Jans Leben zusammen?

Jan erlebt die Nachwendezeit, die geprägt ist von schließenden Industriestandorten, dem Verlust der Arbeitsplätze, dem Wegzug der Menschen, der einhergehenden Entsiedelung seines Heimatorts. Seine Familie ist betroffen durch den Alkoholismus und dem späteren Auszug der Mutter und dem innerlichen Rückzug mit dem Schweigen des Vaters und der gesellschaftlichen Ausgrenzung. Letztendlich hinterfragen sich die Eltern selbst nach ihrer „Lebensleistung“ und suchen nach „ihrer Richtung“. Doch welche Rolle spielte die Stasi im Leben von Jans Eltern?

Die Geschichten der Protagonisten baut sich in losen, zunächst scheinbar unzusammenhängenden Handlungssträngen auf und wird dabei auch plötzlich durch das eine oder andere verstörende, teils erschreckende Bild verzerrt. Der Lesende ist aufgefordert die einzelnen Puzzleteile zusammen zu fügen und erhält im Gegenzug Einblick in eine unglaubliche Geschichte über das Leben zweier Familien, die zunächst scheinbar nichts miteinander zu tun haben, doch deren Schicksal letztendlich untrennbar verwoben ist.

Der literarische Sprachstil vermittelt starke Bilder, teilweise auch nur stichpunktartig eingeschoben, doch immer aussagekräftig – und manchmal auch „schwerelos“ schwebend. Ich finde, Lukas Rietzschel ist mit „Raumfahrer“ ein hervorragendes Buch gelungen, das einen Einblick in das scheinbar alltägliche Leben zweier ehemaliger und aktueller „DDR-Familien“ gewährt. Die Verknüpfung zur realen Geschichte der Brüder Kern ist sehr gut eingeflossen und, ich meine, darin auch die gemalte Schwere der Bilder von Baselitz zu entdecken. Sehr gut und realitätsnah fand ich die Schilderungen zur staatlichen Überwachung der DDR und der perfiden Infiltration der Spitzel in das Privatleben der Menschen.

Fazit: Von mir eine 5-Punkte-Bewertung mit einer absoluten Leseempfehlung!

Bewertung vom 17.07.2021
Deutschland ist asozial
Krempl, Stefan Daniel

Deutschland ist asozial


ausgezeichnet

Schwarz-rot-goldene Gleiche und Gleichere.

Stefan Daniel Krempl führt uns Lesende mit seinem Buch durch einen dichten Wald der Ungerechtigkeiten. Ja, die meisten Aspekte und Wahrheiten kennen wir bereits und doch scheinen sie in der aufgezählten Dichte noch unglaublicher, noch ärgerlicher und wütender machend. Wir werden in kurzen Kapiteln gejagt durch ein System von Unglaublichkeit, sichtbar, bekannt und dennoch hingenommen.
Krempls Spektrum der Ungerechtigkeiten beginnt mit dem Aufregerthema Sozialversicherungsbeiträge und Steuersystem. Danach setzt er Lebenserwartung in Bezug zum Gesundheitssystem bis hin zu Kosten und Verfügbarkeit von gesunden Lebensmitteln um schließlich in eine kritische Betrachtung der Arbeitsbedingungen und Rentensysteme zu münden. Er beleuchtet Themen zu Kosten für Kinderbetreuung und Pflege, zu bürokratische Hürden, zu Subventionen, Zuwanderung, Mobilität, Bildung und Karriere, Mieten und Immobilien, Banken und Finanzsystem. Letztendlich resümiert er zur Einflussnahme von Medien, Lobbyisten und Interessensverbänden, politischen Parteien und deren Vertreter. Und endet schließlich mit einem Lösungsvorschlag.

Gut gefallen hat mir die Aufmachung des Buches, die einem Nachschlagewert Ehre macht. Der Autor erklärt in gut verständlicher Sprache, kurzweilig und ohne lange akademische Ausführungen, teils komplexe Systeme und deren Auswirkung. Die Texte sind durch zahlreiche Quellenangaben belegt, die uns Lesenden die Möglichkeit bietet, angeschnittene Thematiken weiter zu vertiefen.

An vielen Stellen bin ich wieder einmal ins Grübeln gekommen und habe mich, wie schon so oft, gefragt warum wir als Wähler es zulassen, dass so vieles über unsere Köpfe hinweg festgelegt wird. Warum wir sehenden Auges in eine massive Klimakatastrophe steuern und so tun, als hätten wir noch alle Zeit der Welt. Warum wir es zulassen, dass wir (die Mittelschicht) trotz massiven Arbeits- und Zeiteinsatzes immer weiter nach unten rutschen und gleichzeitig die oben schwimmenden Fettaugen auf der Suppe immer fetter werden? Ich plädiere dafür, unsere Demokratie, Grundrechte und Menschenrechte konsequent umzusetzen und uns politisch dafür einzusetzen.

Fazit: Das Buch ist ein gutes Nachschlagewerk für jung und alt und meiner Meinung nach auch gut für Unterrichtszwecke verwendbar.

Bewertung vom 17.07.2021
Der Nachlass
Winner, Jonas

Der Nachlass


ausgezeichnet

Schuld und Sühne

Alles dreht sich um die Familiengeschichte der Laurents, die sich bedrückend, verstörend und teils entsetzlich durch die Erzählung zieht. Bereits zu Anfang des Buchs lernen wir, anhand eines grafischen Stammbaums, den Zusammenhang zwischen den Familienangehörigen kennen. Ein einzelner Hauptprotagonist lässt sich kaum festlegen, da die Geschichten der einzelnen Protagonisten eng miteinander verwoben sind. Schlüsselfiguren sind die Eltern Hedda und Artur Laurent, sowie Heddas Zwillingsbruder Ruben. Weitere Protagonisten sind die Kinder von Hedda und Artur: Jannick und Sophia, Theo und Patricia, sowie deren jeweilige Lebenspartner und Kinder. Das Leben der Familie spielte sich in einer herrschaftlichen Villa ab, auf einer Insel im Tegeler See von Berlin. Es ist geprägt von der idyllischen Abgeschiedenheit durch die Insellage und von der Düsterheit und Schwernis, die im Haus spürbar ist.

Hedda, alt und schwer krank, ruft ihre komplette Familie zusammen, um ihren selbstgewählten Tod zu verkünden. Direkt nach Heddas Tod lässt sie über ihren Anwalt ihren letzten Willen bekannt gegeben. Doch nun beginnt ein perfides Spiel. Um das reiche Erbe antreten zu können müssen alle Familienmitglieder an der Lösung von 27 Aufgaben teilnehmen. Gewinner ist wer die meisten Aufgaben erfüllt hat. Das könnte sich ja nun lustig gestalten und den Kooperations- und Solidaritätswillen der Beteiligten beflügeln, ja vielleicht dadurch vorhandene Spannungen im Leben der Geschwister und Partner lösen. Aber leider stellen sich die Aufgaben zunehmend als widerlich und bedrohlich heraus.

Die Erzählung, die von intensiven Dialogen und Reflexionen der Figuren geprägt ist, ist in kurzen Kapiteln geschrieben. In hoher Geschwindigkeit rast man als Lesender durch zahlreiche Begebenheiten zwischen den Beteiligten, sowohl in der Gegenwart als auch in der nahen und ferneren Vergangenheit. Stetig baut sich ein Spannungsbogen auf, der an jeder Stelle zu zerreißen droht. Als Lesender ist man zur ungeteilten Aufmerksamkeit gezwungen - die aufzubringen mir an keiner Stelle schwer fiel. Ständig hatte ich andere Personen in Verdacht die teils schrecklichen Vorgänge verursacht zu haben. Der Ausgang der Geschichte ist ungewöhnlich und unerwartet. Zurück bleiben die zweifelnden Fragen um Vertrauen und Misstrauen, Liebe und Hass, Gier und Bescheidenheit, Vergebung und Vergeltung, Schuld und Sühne.

Mein Fazit: 'Der Nachlass' von Jonas Winter ist 100% lesenswert – für Liebhaber des Thrillers ein Muss! Für mich war es ein eindrucksvoller 'Pageturner', den ich kaum aus der Hand legen mochte.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.07.2021
Schwarzer Nachtschatten / Apothekerin Maja Ursinus ermittelt Bd.1
Seibold, Jürgen

Schwarzer Nachtschatten / Apothekerin Maja Ursinus ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Die richtige Dosis macht das Gift !

Die unvergleichliche Apothekerin Maja Ursinus ermittelt wieder. Und auch dieses Mal ist Jürgen Seibold ein hervorragender Kriminalfall gelungen, der an Spannung nichts vermissen lässt.
Alles beginnt damit, dass Maja, nach dem Auffinden der grausam ermordeten Frau Mögel, einer Nachbarin Majas, in Verdacht gerät. Natürlich ist Maja prädestiniert als Verdächtige, da sie sich als Apothekerin mit Pflanzengiften auskennt und da ihr ehemaliger Freund auch erst vor einigen Wochen vergiftet wurde. Doch Maja ist auch eine hervorragende Ermittlerin und so macht sie sich daran mögliche Hintergründe zu untersuchen und darin verwickelte Personen unter die Lupe zu nehmen. Doch auch der Täter hat Maja im Blick und so beginnt sich dessen Netz langsam aber sicher um Maja herum zu zuziehen. Was sollte sie den ermittelnden Kommissaren Schnell und Brodtbeck anvertrauen?

Das war mein zweiter Maja Ursinus Kriminalfall und ich bin wiederum vollends begeistert. Jürgen Seibold gelingt es auch dieses Mal wieder so viele falsche Spuren zu legen, die die Protagonisten und damit auch die Lesenden verfolgen, dass es quasi bis zu den letzten Seiten schier unmöglich ist den Mörder und dessen Beweggründe zu erahnen. Immer wenn man sich sicher ist, dass man einen Verdächtigen und das Motiv entdeckt hat, dann kommt es völlig anders als man vermutet hat. Und immerzu hat man Angst, dass Maja etwas passieren könnte, wenn sie ihre Nase unerschrocken in alles hineinstecken muss.

Sprachlich flüssig, spannungsgeladen und mit überzeugenden Charakteren bietet die Geschichte alles was der/die Krimi-Liebhaber/in zu schätzen weiß. Dieses Buch kann man sich selbst gönnen oder auch mit gutem Gewissen an Krimi-Fans verschenken. Allerdings ist das Lesevergnügen, wie immer, zu kurz, so dass ich mich schon auf den nächsten Maja-Ursinus-Fall freue.

Bewertung vom 05.07.2021
Die Morgenröte - Sie nehmen dir dein Leben
Richter, Noah

Die Morgenröte - Sie nehmen dir dein Leben


ausgezeichnet

Brisantes Thema vor der Bundestagswahl

Die starken Farben des Buchcovers mit dem Bild aus der Mischung von Strudel, magnetischem Feld und überwachendem Auge lassen einen Thriller vermuten. Und in der Tat – dieser Roman ist auch einer! Ein Politthriller, der übersteigerten Fanatismus, Einflussnahme durch soziale Medien und das dumme, bornierte und intolerante Gesicht der Massen skizziert. In flüssigem Sprachstil wird dabei nicht mit provokanten, markigen Einschüben gespart, ganz im Sinne der allseits beliebten 'Social-Media-Mania'.

Das Kernthema des Romans behandelt die schier unglaubliche Einflussnahme einer neuen Bewegung, die das Ziel des Austauschs der vorhandenen demokratischen Strukturen verfolgt. Aus der Ich-Perspektive gewährt der Protagonist, Georg Herzfeld, bereits zu Beginn einen Einblick in sein Leben als Influencer. In seiner Youtube-Show 'Herzfelds Herzschlag' klagt er politische und gesellschaftliche Missstände an und beschreibt dabei seine Vorstellung einer staatlichen Führung. Dabei konfrontiert (oder bindet?) er seine 9 Millionen Follower durchaus auch mit Schimpfwörtern und Gewaltfantasien. Doch es gibt neben der provokanten, auch eine andere, emotionale Seite an Georg. Als sein Vater Selbstmord begeht, nachdem die Bank ihm seine Kredite gekündigt hat, begibt sich Georg auf einen Rachefeldzug gegen den Vorstandsvorsitzenden der Bank. Leider sind die kompromittierenden Fotos über den Banker nur Fake und Georg hat nun eine Millionenklage am Hals. Als ihm der charismatische Popstar Götz Wolf einen Rettungsanker zuwirft, in Form einer Mitarbeit bei dessen Bewegung 'Morgenröte', greift Georg zu und tritt dem Bündnis bei, zusammen mit seinen Millionen Followern. Leider zeigen Götz und seine Mitstreiter zunehmend ihre hässlichen Fratzen, indem sie ihre Umwelt nach ihren Regeln beherrschen, manipulieren und auch vor Mord nicht zurück schrecken. Dabei verfolgen sie ein klares Ziel: bei der kommenden Bundestagswahl die Herrschaft zu übernehmen. So beginnt ein atemberaubender Wettlauf für Georg, seine Freundin Sophie und seine Tante Nellie, um aus dieser Machtspirale zu entkommen.

Die Idee der Geschichte hat mich ziemlich beeindruckt. So abstrus wie sie erscheint, so realitätsnah erlebe ich die Strömungen doch in Ansätzen auch in unserer Gesellschaft. Diese werden in der Geschichte durchaus reflektiert: die Unzufriedenheit und das Abdriften sozial schwächerer Bevölkerungsgruppen, die zunehmende Macht des Kapitals, die Hilflosigkeit der Politik angesichts der multiplen aktuellen Probleme, das Vordringen skrupelloser diktatorischer Männer in manchen Staaten, die Möglichkeit der uneingeschränkten inländischen und ausländischen Meinungsmache über Social Media und leider auch der Manipulierbarkeit der Bevölkerung bedingt durch Desinteresse, bis hin zur Agonie, sich mit politischen Themen auseinander zu setzen – wahrlich es ist die Zeit für des Wahnsinns fette Beute.

Ja, ich denke, dieser Roman erzählt eine außergewöhnliche Geschichte, die jedoch neben der Fiktion gleichermaßen ein gar nicht so kleines Quäntchen Wahrheit beinhaltet. So prüfet wen ihr wählt, denn: „Demokratie heißt, die Wahl haben. Diktatur heißt, vor die Wahl gestellt sein (J. Luczak)“.

Bewertung vom 02.07.2021
Darmstädter Nachtgesänge
Theiss, Ella

Darmstädter Nachtgesänge


ausgezeichnet

Ein historischer Lesegenuss

Ich nehme das Fazit gleich vorneweg: 'Darmstädter Nachtgesänge' ist ein inhaltlich und sprachlich fantastischer Roman. Allein den Schreibstil finde ich hervorragend. Fast fühlt man sich als Lesender getrieben, durch die knappen, teils telegrammartigen Sätze und den schnellen Handlungsverlauf. Da ist einfach kein Wort zu viel. Vor allem aber ist jedes Wort und jeder Satz lesenswert.

Die Geschichte spielt in der Mitte des 19-ten Jahrhunderts. Die Armut der Bauern und Arbeiter ist allgegenwärtig während sich der Adel Sonderrechte verschafft und das Gerichtswesen das ermöglicht. Aufklärerische Gedanken und politische Treffen werden gnadenlos verfolgt.
Es geht um den Mord an einem gräflichen Förster. Jacob Trumpfheller, arm, wildernd und stehlend, wird verdächtigt die Tat begangen zu haben und gerät in die Fänge der unerbittlichen Gerichtsbarkeit. Anna, das Hausmädchen der Familie Büchner, der Jacob einmal geholfen hat versucht nun ihrerseits Jacob zu helfen. Dabei kommt Oscar, der angehende Journalist, ins Spiel, an den sich Anna wendet. Doch Oscar ist selbst in einer prekären Situation gefangen, da sein Chef ihn zwingt die Familie Büchner auszuspionieren, insbesondere deren ältesten Sohn, Georg. Georg ist Teil einer Gruppe politischer Aktivisten und veröffentlicht Schriften, die zum Klassenkampf aufrufen.

In der durchweg spannenden Erzählung erfahren wir wie weit die Familie Büchner, mit ihren Kindern Georg, Mathilde, Wilhelm, Luise, Ludwig und Alexander ihrer Zeit voraus waren. Und wie die Kinder sich in diesem Umfeld entwickeln konnten. Luise wird trotz ihrer körperlichen Behinderung gleichwertig von allen Familienmitgliedern behandelt und überzeugt durch einen messerscharfen Verstand und einer ebensolchen Zunge. Die politisch-gesellschaftliche Bewegung, heraus unter der Knute des herrschenden Systems hin zu einem freieren, gleicheren und selbstbestimmteren Leben, begleitet die Geschichte um den Kampf zum Unschuldsbeweis Jacob Trumpfhellers. Dabei geht es jedoch nicht nur todernst zu. Es gibt herrliche Anekdoten, z.B. zum Weg einer politischen Schrift vom Koffer, übers Plumpsklo auf den Acker. Jeder einzelne Protagonist, und es gibt eine ganze Menge davon, wird wunderbar beschrieben, so dass man als Lesender ein klares Bild vor Augen hat.

Das Lesen des Romans hat mir richtig viel Spaß gemacht. Gerade auch da ich die Orte und die genannten Gegenden bestens kenne und natürlich auch die bekannten Namen (Büchner, Bretano, von Liebig). Die Geschichte hätte für mich durchaus noch weiter gehen können. Es verbergen sich noch zahlreiche weitere Schicksale und Handlungen hinter den einzelnen Protagonisten. So hoffe ich auf eine Fortsetzung. Bis dahin gebe ich auf jeden Fall schon einmal meine 5-Sterne-Empfehlung für dieses Buch ab.