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Rinoa

Bewertungen

Insgesamt 176 Bewertungen
Bewertung vom 24.03.2022
Der Herzgräber
Williams, Jen

Der Herzgräber


gut

Als Heather nach dem Selbstmord ihrer Mutter deren Sachen ordnet, findet sie Briefe des verurteilten Serienmörders Michael Reave, mit dem ihre Mutter offenbar eine jahrzehntelange Freundschaft verband, von der Heather nichts ahnte.
Parallel hierzu wird eine junge Frau getötet, hergerichtet wie die Opfer von Reave. Doch der sitzt seit 20 Jahren im Gefängnis. Heather möchte mit ihm persönlich sprechen, was die Polizei auch unterstützt. Doch will sie die Wahrheit wirklich erfahren…?

Der Schreibstil der Autorin hat mir wirklich gut gefallen und ich war sofort drin in Heathers Leben. Die düstere Atmosphäre im Haus von Heathers Mutter und nach dem Fund der Briefe ein diffuses Gefühl der Bedrohung, das wurde wirklich gut eingefangen und ich konnte regelrecht mitfühlen, vor allem, da alles aus Sicht von Heather erzählt wird.

Zwischendurch gab es dann immer wieder Einschübe mit dem Titel „Früher“ über Michael Reaves Vergangenheit (als Kind und auch später als junger Erwachsener), so dass sich langsam die Zusammenhänge erahnen ließen.

Leider flachte die Spannung für mich relativ schnell ab und auch die zuvor erzeugte Atmosphäre verlor sich nach und nach. Zurück blieben viele Andeutungen und eine sich immer weiter von mir entfernende Heather, deren Verhalten ich teilweise kaum bis gar nicht mehr nachvollziehen konnte.

Das Ende fand ich schon sehr konstruiert auf der einen Seite, auf der anderen Seite wurde dies dann aber nicht konsequent genug durchgezogen, denn es blieben für mich doch einige (auch erhebliche) Dinge offen.

Alles in allem konnte mich „Der Herzgräber“ trotz einiger guter Ansätze nicht so recht überzeugen.

Bewertung vom 23.03.2022
Der große Fehler
Lee, Jonathan

Der große Fehler


sehr gut

Am Freitag, den 13. November 1903 wird Andrew Haswell Green, der Vater von Greater New York, vor seinem Haus erschossen. Auch wenn Green zu seinen Lebzeiten polarisiert hat, ihm verdankt New York unter anderem den Central Park. Inspector McClusky muss nun herausfinden, wie es zu dieser Tat kommen konnte.

Auch wenn der Klappentext es vielleicht suggeriert, ist „Der große Fehler“ kein klassischer Krimi. Es ist vielmehr die Lebensgeschichte von Andrew Haswell Green, der mir persönlich vor der Lektüre überhaupt kein Begriff war – ich war allerdings auch noch nie in New York. Es ist darüber hinaus auch die Geschichte seines Todes, welche allerdings nicht unbedingt im Mittelpunkt steht.

Mit einer sehr detailreichen, manchmal fast poetischen und auch humorvollen Sprache gelingt es dem Autor, dem fast in Vergessenheit geratenen Green wieder Leben einzuhauchen, denn es ist schon bezeichnend, dass viele den Central Park (zumindest dem Namen nach) kennen, die wenigsten wohl aber dessen „Erschaffer“. Wie viel dabei tatsächlich auf Tatsachen beruht und was der Autor möglicherweise hinzugedichtet hat, vermag ich nicht zu beurteilen.

„Der große Fehler“ ist ein Buch, auf das ich mich erst einlassen musste, für das man sich auch aufgrund des Schreibstils Zeit nehmen muss und das mich dann aber wirklich in seinen Bann gezogen hat. Die Erzählung verläuft nicht linear, es gibt Ausschnitte aus Andrews Kindheit, seiner Lehrzeit, seiner Freundschaft mit dem Präsidentschaftskandidaten Samuel Tilden; auf der anderen Seite die Gegenwart kurz vor und nach dem Mord und die Ermittlungen der Polizei.
Insbesondere die Schilderungen der Freundschaft zwischen Andrew und Samuel haben mich wirklich berührt und ich fand es spannend zu lesen, wie Ersterer sich hochgearbeitet hat.

Ich bin froh, dass ich hier über den Tellerrand meiner sonst bevorzugten Lektüre hinausgeschaut habe, denn „Der große Fehler“ hat mir wirklich gut gefallen und mir einige sehr unterhaltsame Lesestunden beschert.

Bewertung vom 21.03.2022
Love in the Big City
Park, Sang Young

Love in the Big City


sehr gut

Ein bisschen verloren habe ich mich gefühlt, nachdem ich „Love in the big city“ zugeklappt hatte. So verloren wie auch Young ist, gefangen zwischen der Suche nach einem Mittel gegen die Einsamkeit, mittelmäßigem, meist unbedeutendem Sex, Alkohol und der Suche nach einem Platz im Leben.

Ich habe das Buch wirklich schnell durchgelesen, was zum einen am Umfang (250 Seiten), zum anderen aber auch am tollen Schreibstil des Autors lag. Ich habe Young, der in Ich-Form erzählt, durch seine Zwanziger begleitet, angefangen im ersten Teil, als er mit seiner Mitbewohnerin und Freundin Jaehee das Leben in vollen Zügen zu genießen scheint, geendet im vierten Teil, als er, nun Anfang 30 desillusionierter und zerrissener erscheint als je zuvor.

Zurück bleiben viele lose Fäden, die teilweise gar nicht oder nur sehr unzureichend verbunden werden, zeitlich wusste ich nicht immer genau, wo Young sich gerade befindet und welches Ereignis wann stattgefunden hat bzw. wie es sich in die Gesamtchronologie einfügt.
Das empfand ich tatsächlich ein wenig störend, ebenso wie die Tatsache, dass die vier Teile jeweils fast so ein bisschen für sich allein stehen und teilweise Personen oder auch Gegebenheiten im weiteren Verlauf überhaupt nicht mehr (oder nur ganz knapp) erwähnt werden. Dies verstärkt das bruchstückhafte Gefühl, das ich beim Lesen hatte, so als sähe man Youngs Leben nur in Ausschnitten.

Dass das Buch als „Psychogramm eines faszinierenden Landes“ angepriesen wurde, kann ich nicht so ganz verstehen. Für mein Dafürhalten hätte es im Großen und Ganzen auch in einer anderen Großstadt spielen können, und dass beispielsweise Youngs Mutter sehr religiös ist und seine Homosexualität ablehnt, gibt es (leider) auch anderswo. Neu war mir allerdings, dass es im Koreanischen verschiedene Sprechstufen gibt, je nach Alter und Beziehung der Menschen zueinander, das fand ich wirklich interessant.

Alles in allem hat mir „Love in the big city“ allerdings gut gefallen und ich kann schon verstehen, warum es in Südkorea als Kultbuch gilt. Youngs Geschichte ist intensiv, berührend, teilweise auch wirklich traurig und hat tatsächlich auch noch einige Zeit nach Beendigung der Lektüre in mir nachgehallt.
Von mir gibt es eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 15.03.2022
Eine Frage der Chemie
Garmus, Bonnie

Eine Frage der Chemie


gut

Eigentlich ist Elizabeth Zott Wissenschaftlerin, präziser gesagt: Chemikerin, doch Anfang der 60er Jahre ist es für Frauen nicht leicht, als eigenständige intelligente Personen wahrgenommen und nicht einfach nur auf Haushalt und Kindererziehung reduziert zu werden. Doch Elizabeth ist eine Kämpferin und geht ihren Weg; allerdings geht auch das Leben manchmal seine eigenen Wege. Und so findet sich Elizabeth alleinerziehend und als Moderatorin einer Kochshow wieder. Doch auch Kochen ist Chemie und für die Frauen, die Elizabeths Sendung ansehen wird sie zur Inspiration…

Der Sprachstil ist wirklich besonders, und ich habe mich (trotz der teilweise schlimmen Vorkommnisse) gerade zu Beginn sehr oft beim Schmunzeln ertappt und hätte mir bestimmte Sätze am liebsten markiert, was bei mir nicht allzu häufig vorkommt.

Die Passagen, in denen Elizabeth von Männern (aber auch von ihren Geschlechtsgenossinnen) ungerecht und schlecht behandelt wird, haben mich wirklich teilweise erschüttert, teilweise aufgeregt (und davon gibt es viele), ansonsten kam ich aber insbesondere gerade Elizabeth nicht wirklich nah, es war immer eine gewisse Distanz da. Auch das lag möglicherweise am Sprachstil, dessen „Fluffigkeit“ mir mit zunehmender Lektüre leider auch etwas auf die Nerven ging.

Für mich gab es einen richtigen Bruch so in der Mitte des Buchs. Die erste Hälfte fand ich toll, die zweite Hälfte hat mich dann aber irgendwie verloren.
Obwohl ich einige Charaktere wirklich mochte, waren mir andere dann wiederum irgendwie zu (bemüht) skurril (was auch auf manche Begebenheiten zutrifft) und gerade am Ende hatte ich das Gefühl, die Autorin möchte auf Teufel komm raus alles noch irgendwie aufklären oder einer Erklärung zuführen. Das war mir dann ein bisschen zu viel.

Alles in allem hat mich „Eine Frage der Chemie“ nicht so recht überzeugen können, vielleicht hatte ich mir auch einfach etwas anderes vorgestellt. Meinen Geschmack hat es leider nicht ganz getroffen.

Bewertung vom 15.03.2022
Der Gräber
Persson Winter, Fredrik

Der Gräber


gut

Jedes Jahr am 6. November schlägt „Der Gräber“ zu: Er hinterlässt allerdings keine Leichen, nur ein Loch im Kellerboden und eine blutige Schleifspur hinein… Doch die Opfer tauchen nie wieder auf.
Zufällig findet die Lektorin Annika Granlund ein Manuskript vor der Tür ihres Verlags. Es ist dreckverschmiert und verstörend, denn offensichtlich hat es der Gräber selbst geschrieben, eine Autobiographie seiner Taten. Annika entscheidet sich, das Buch zu veröffentlichen und bringt damit das Grauen in ihr Leben…

Der Beginn war schon echt gruselig und allein die Vorstellung, dass sich jemand durch den Fußboden gräbt ist echt krank und abgefahren.
Leider ist der Gruselfaktor für mich relativ schnell abgeflacht und es passiert dann erst einmal wenig. Die kurzen Kapitel (die immer mit einem Zitat aus dem erwähnten Manuskript überschrieben sind) sind aus verschiedenen Perspektiven erzählt und es gibt auch immer wieder Rückblenden in die (nähere) Vergangenheit.

Der Leser erfährt viel über die Lektorin Annika und die Ehe mit ihrem Mann Martin, außerdem nimmt das Privatleben der ermittelnden Polizistin Cecilia einen gewissen Raum ein. Überhaupt die Polizeiarbeit; mehr als einmal habe ich mich gefragt, wie denn eigentlich genau ermittelt wird. Das wird, wenn überhaupt, doch eher unzureichend beschrieben.

Die ganze Zeit habe ich darauf gewartet, dass die Geschichte wieder an Fahrt aufnimmt und die gruselige Atmosphäre des Beginns wiederkommt. Leider war das nicht der Fall, stattdessen plätscherte das Ganze so ein bisschen dahin und die Spannung näherte sich hauptsächlich daraus, dass ich natürlich schon wissen wollte, wie sich alles auflöst.

Das Ende konnte mich allerdings auch nicht wirklich überzeugen, insgesamt habe ich einfach mehr (oder vielleicht auch etwas anderes) erwartet, so dass mich „Der Gräber“ dann doch etwas ratlos zurückgelassen hat.

Bewertung vom 09.03.2022
Waldeskälte
Krüger, Martin

Waldeskälte


weniger gut

Eigerstal, ein kleines Bergdorf in den Schweizer Alpen und Heimatort von Leutnant Valeria Ravelli. Als ein junges Mädchen verschwindet kehrt sie zurück und übernimmt die Ermittlungen. Eine persönliche Geschichte, denn vor 21 Jahren wurden im Dorf schon einmal drei Mädchen verschleppt, nur eine von ihnen entkam, allerdings ohne Erinnerung – Valeria. Sie ist überzeugt, dass wieder derselbe Täter am Werk ist. Um ihn zu finden muss sie sich ihrer eigenen Vergangenheit stellen.

Aufgrund des Klappentextes und des tollen Covers versprach ich mir einen düsteren und spannenden Thriller. Doch leider wurden meine Erwartungen nicht erfüllt.

Dem Autor gelingt es, eine den Geschehnissen und dem Schauplatz angemessene düstere und teilweise auch gruselige Atmosphäre zu schaffen, was mir gut gefallen hat.
Doch leider konnte mich das Buch an sich einfach nicht packen. Zum einen bin ich den handelnden Personen einfach nicht nahegekommen, allen voran Valeria, die mir komplett unsympathisch war und mich irgendwann richtig genervt hat, mit ihrer (über-)toughen und arroganten Art.

Zum anderen kam ich einfach nicht richtig in die Geschichte rein. Insbesondere die Geschehnisse von vor 21 Jahren blieben irgendwie schwammig und schlecht greifbar für mich, was sich dann über die komplette Lektüre hinzog.
Auch die sich immer wiederholenden Gedanken Valerias über ihre Entführung damals und die jetzigen Ereignisse nahmen mir jegliche Spannung.

Alles in allem hat „Waldeskälte“ leider nicht meinen Geschmack getroffen.

Bewertung vom 09.03.2022
Narbenherz / Heloise Kaldan Bd.2
Hancock, Anne Mette

Narbenherz / Heloise Kaldan Bd.2


sehr gut

Eigentlich recherchiert Journalistin Heloise Kaldan gerade zum Thema traumatisierte Soldaten, da erfährt sie zufällig vom Verschwinden eines zehnjährigen Jungen. Vor Ort trifft sie auf Kommissar Erik Schäfer, mit dem sie ein freundschaftliches Verhältnis verbindet. Und auch Heloise beginnt zu ermitteln…

Der Schreibstil ist, wie auch schon beim Vorgänger, richtig angenehm und gut zu lesen, doch auch im zweiten Band wurde ich mich Heloise nicht richtig warm. Aber das ist ja auch nicht unbedingt nötig. Außerdem hatte ich schon das Gefühl, mit ihr und Erik Schäfer auf alte Bekannte zu treffen.

Es war mir aber insgesamt ein bisschen zu viel aus dem Privatleben von Heloise und ihrem Umfeld, und zufällig hängt da auch ganz viel zusammen, das war mir ein wenig zu konstruiert und teilweise auch etwas vorhersehbar.

Trotzdem hat es mir Spaß gemacht, das Buch zu lesen, der Fall ist spannend und ich habe gerne die Ermittlungsarbeit mitverfolgt. Etwas behäbig fand ich das Ganze zwar schon und die Geschichte wird mir wohl auch nicht allzu lange im Gedächtnis bleiben. Die Lektüre an sich war aber auf jeden Fall unterhaltsam und kurzweilig.

Das Ende kam dann tatsächlich überraschend für mich (und insbesondere der letzte Satz hat es in sich), da hatte die Autorin einige falsche Fährten parat, denen ich auch prompt gefolgt bin.

Alles in allem hat mir „Narbenherz“ gut gefallen und ich möchte auf jeden Fall auch den dritten Band lesen.

Bewertung vom 08.03.2022
Priest of Lies / Kampf um den Rosenthron Bd.2
McLean, Peter

Priest of Lies / Kampf um den Rosenthron Bd.2


ausgezeichnet

Nachdem ich schon den ersten Band „Priest of Bones“ richtig gut fand, habe ich mich sehr auf die Fortsetzung gefreut. Und ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen, hat sie mir sogar noch besser gefallen, als der Vorgänger (dem ich auch schon 5 Sterne gegeben hatte).

Nachdem Tomas Piety aus dem Krieg zurückgekehrt ist und mit seinen Pious Men sein Imperium wieder aufgebaut hat, zieht er immer mehr Aufmerksamkeit auf sich. Und obwohl er selbst damit eher wenig am Hut hat, wird er in politische Intrigen verstrickt. Er muss also in die Hauptstadt Dannsburg aufbrechen, wo der Adel regiert. Hier wird sich zeigen, ob Tomas auch in dieser Welt bestehen kann…

Da die Lektüre des ersten Teils schon ein bisschen her war, habe ich kurz gebraucht, um (wieder) reinzukommen, aber dann war alles wieder da. Man sollte den Vorgänger aber schon gelesen haben, um die ganzen Zusammenhänge zu verstehen.

Peter McLean hat diesen ganz besonderen Schreibstil, im Grunde eine einfache, manchmal auch derbe Sprache (aber Tomas Piety, der die Geschichte erzählt, ist eben auch ein einfacher Mann), die es aber schafft, mich völlig in ihren Bann zu ziehen und alles um mich herum zu vergessen.

Ich war mittendrin in der Welt von Tomas, Ellinburg, Bloody Anne und den anderen und habe mit Spannung die Ereignisse verfolgt.
Darüber hinaus ist mir Tomas einfach wahnsinnig sympathisch und ich mag wirklich sehr, wie er die Geschehnisse um ihn herum erzählt.

Ich fand „Priest of Lies“ absolut unterhaltsam und kurzweilig und möchte unbedingt noch mehr davon lesen!

Bewertung vom 18.02.2022
Die Gezeiten gehören uns
Vida, Vendela

Die Gezeiten gehören uns


sehr gut

Eulabee und ihre Freundinnen wachsen Anfang der Achtziger Jahre im noblen Sea Cliff in San Francisco auf. An der Schwelle vom Mädchen zur Frau lässt insbesondere Eulabees beste Freundin Maria Fabiola die Herzen der Jungs (und auch der Männer) höher schlagen.
Als sie eines Morgens auf dem Schulweg von einem Mann nach der Uhrzeit gefragt werden, bauscht Maria Fabiola die Geschichte auf und erzählt, der Mann hätte sich angefasst. Eulabee widerspricht ihr – und steht plötzlich ganz alleine da.

Das Thema hat mich gleich angesprochen, ich kann mich selbst noch gut an die Zeit mit 13,14 erinnern und ich weiß, wie schnell (natürlich nicht nur in diesem Alter) Loyalitäten oder auch „Freundschaften“ umschlagen können.

Der Schreibstil der Autorin hat mir gut gefallen und ich war gleich drin im Leben von Eulabee und ihren Freundinnen. Gerade am Anfang gab es sehr viele Details über die verschiedenen Familien und Familienkonstellationen, das fand ich ein bisschen anstrengend, weil ich öfter blättern musste. Andererseits wurde so ein gutes Gesamtbild gezeichnet.

Eulabee war mir von Anfang an sympathisch, ich mochte vor allem ihren trockenen Humor und es hat mir gefallen, dass sie ihren Weg geht. Gleichzeitig habe ich mich allerdings schon gefragt, ob ihr die Ereignisse und das gemieden werden denn gar nichts ausmachen, das kam zumindest bei mir nicht so an und fand ich etwas oberflächlich.

Dadurch, dass einige Passagen in Wir-Form geschrieben waren (was ich ungewöhnlich fand), kam in mir immer wieder ein Gefühl auf, als würde die Autorin etwas Universelles beschreiben, als würden sich Erlebnisse insbesondere in diesem Alter bei Mädchen zumindest gleichen, was ich wirklich nachdenkenswert fand. Die Antwort, zu der ich selbst kam, ist „Jein“. Denn natürlich kommt es auch darauf an, wie und wo man aufwächst. Doch gewisse Erfahrungen ähneln sich mit Sicherheit.

Gegen Ende wurde mir die Handlung dann etwas zu wild bzw. in einigen Punkten zu übertrieben, obwohl das vielleicht auch passend für das Alter ist. Allerdings fand ich es nicht ganz passend für Eulabee, zumindest, wie ich sie vorher kennengelernt oder eingeschätzt habe.

Alles in allem hat mir „Die Gezeiten gehören uns“ gut gefallen und mir einige unterhaltsame Lesestunden beschert. Die Tiefe, die ich mir aufgrund des Klappentexts und auch des Themas erhofft hatte, hatte es für mich allerdings nicht.

Bewertung vom 07.02.2022
Die falsche Zeugin
Slaughter, Karin

Die falsche Zeugin


ausgezeichnet

Leighs Kindheit war geprägt von Gewalt, Drogen und einer lieblosen Mutter. Doch sie hat es geschafft, sich selbst aus diesem Sumpf zu befreien und lebt nun als Anwältin ein gutbürgerliches und unauffälliges Leben.
Bis sie eines Tages einen mutmaßlichen Vergewaltiger verteidigen soll, der ausdrücklich sie als Anwältin angefordert hat. Als sie sich persönlich treffen, weiß Leigh auch warum. Sie kennt ihn. Und er könnte ihre ganze Welt zum Einstürzen bringen…

Ich kenne Karin Slaughter zwar vom Namen her, habe aber bisher erst ein oder zwei Bücher von ihr gelesen, und das auch schon vor längerer Zeit. Ich konnte also recht unvoreingenommen und ohne spezielle Erwartungen an die Lektüre gehen.

Schon der (relativ ausführliche) Prolog hat mich total gefesselt und mich neugierig gemacht, was diese Ereignisse vor über 20 Jahren mit Leigh und ihrem Mandanten zu tun haben.
Ich musste ein bisschen warten, bis die Zusammenhänge verständlich wurden, denn die Autorin baut mit einer Akribie und Detailtreue die Handlung auf, die mir wirklich sehr gut gefallen haben und die trotz vieler Informationen und Hintergründe nie langweilig oder „zu viel“ wurden. Stattdessen war ich die ganzen gut 600 Seiten lang absolut im Bann der Geschichte.

Die aktuellen Ereignisse wechseln sich immer wieder mit Rückblenden aus der Vergangenheit ab, so dass sich nach und nach ein immer größeres und intensiveres Bild insbesondere der beiden Schwestern Callie und Leigh sowie deren doch recht unterschiedlich verlaufenden Leben zeigt.
Tatsächlich mochte ich Callie fast ein bisschen mehr, Leigh war mir an vielen Punkten sehr hart, vor allem gegen sich selbst, was ich ihr allerdings auch nicht verdenken konnte.

Den Schreibstil fand ich richtig angenehm zu lesen, wenn auch einige Szenen doch recht heftig und grausam waren. Das machte das Ganze noch intensiver, hätte ich allerdings persönlich nicht gebraucht.

Was mir auch gut gefallen hat war, dass die Autorin die Corona-Pandemie in die Handlung mit eingebaut hat, ohne sie allerdings damit zu überladen. Denn leider ist diese Pandemie natürlich immer noch aktuell und eben einfach vorhanden und ich fand es passend, wie hier damit umgegangen wurde.

Alles in allem hat mir „Die falsche Zeugin“ wirklich sehr gut gefallen, ein echter Pageturner, den ich kaum aus der Hand legen konnte. Klare Leseempfehlung!