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Rinoa

Bewertungen

Insgesamt 163 Bewertungen
Bewertung vom 04.01.2022
Betongold
Weber, Tanja

Betongold


ausgezeichnet

Obwohl Josef „Smokey“ Frey bereits einige Jahre im Vorruhestand ist und nicht mehr bei der Münchener Mordkommission arbeitet, wird er eines Nachts von einer Nachbarin zu einer Leiche gerufen. In einer Baugrube liegt sein alter Freund Schani, den er seit seiner Jugend kennt, und der als skrupelloser Immobilienhai verschrien ist. Hat sein Tod etwas mit seinen Geschäften zu tun? Auch wenn ihn der Morbus Bechterew quält, Smokey beginnt auf eigene Faust zu ermitteln, das ist er seinem alten Freund schuldig.

Den Schreibstil fand ich zu Beginn wirklich sehr gewöhnungsbedürftig, er ist teilweise fast umgangssprachlich und insbesondere die Artikel vor jedem Namen („der Smokey“, „der Schani“, die Aimée“) waren doch etwas irritierend.
Allerdings habe ich mich erstaunlich schnell daran gewöhnt und schon nach den ersten paar Seiten war ich in der Geschichte angekommen, die sich trotz oder vielleicht sogar wegen des ungewohnten Schreibstils sehr gut lesen ließ.

Wahrscheinlich auch deswegen fiel es mir wirklich leicht, Smokey auf seinen Streifzügen durch München zu begleiten, das Setting, die Sprache und die Geschichte geben wirklich ein rundum stimmiges und passendes Bild ab.

Ebenfalls gut gefallen hat mir die humorvolle Art, mit der die Autorin beispielsweise über Smokeys Krankheit Morbus Bechterew schreibt („der alte Russe“) bzw. Smokey damit umgehen lässt, den ich wirklich ausnehmend sympathisch fand und der mir richtig ans Herz gewachsen ist.

Zwischendurch gibt es immer wieder Rückblenden auf die Freundschaft und auch die familiären Beziehungen zwischen Smokey, Schani und Hias (dem Dritten im Bunde), die in Jungenjahren begann und trotz aller Unterschiede und unterschiedlichen Entwicklungen bis in die Gegenwart andauert.

„Betongold“ ist kein reiner, knallharter Krimi, es ist auch eine Geschichte über Freundschaft und darüber, dass nicht immer alles so ist, wie es scheint. Mir hat das Buch wirklich sehr gut gefallen, ich fand es unterhaltsam und spannend mit liebevoll gestalteten Charakteren.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 20.12.2021
Die Brücke der Ewigkeit / Die Baumeister Bd.1
Hector, Wolf

Die Brücke der Ewigkeit / Die Baumeister Bd.1


sehr gut

Prag im 14. Jahrhundert: Der Baumeister Jan Otlin wird von Kaiser Karl beauftragt, die neue, steinerne Moldau-Brücke zu bauen. Otlin verbindet eine besondere Geschichte mit der Brücke, hätte sie doch einst bei ihrem Einsturz fast seiner Mutter das Leben gekostet. So gab er Gott das Versprechen, eine neue Brücke zu bauen, die bis in alle Ewigkeit stehen soll. Doch bald wird Otlin Teil einer Intrige, die nicht nur sein Leben, sondern auch das seiner geliebten Frau bedroht…

Jeder größere Abschnitt des Buchs beginnt erst einmal mit einem Kapitel aus der Gegenwart, im weiteren Verlauf wird dann aber aus der Vergangenheit erzählt. So weiß der Leser bereits von einigen Entwicklungen, die dann aber erst nach und nach ausführlicher beschrieben werden. Obwohl ich solche Zeitsprünge eigentlich nicht schlecht finde, haben sie hier für mich einen großen Teil der Spannung weggenommen. Das fand ich schade und hat vielleicht auch dazu geführt, dass mich die Geschichte lange nicht richtig fesseln konnte. Erst auf den letzten 100 Seiten nahm sie dann an Fahrt und auch deutlich an Spannung auf.

Stattdessen fand ich die vielen Wiederholungen und die ausführlichen Beschreibungen teilweise zu langatmig und ich habe für meine Verhältnisse wirklich lange gebraucht, das Buch zu Ende zu lesen, obwohl ich die Thematik und auch die historischen Hintergründe sehr interessant fand. Der Autor hat es auf jeden Fall geschafft, Prag, den Brückenbau und auch die sonstigen Begebenheiten lebendig zu machen, richtig berühren konnte er mich aber nicht. Denn insbesondere Jan Otlin, der ja so etwas wie die Hauptfigur ist, blieb für mich etwas blass, obwohl er mir im Laufe der Lektüre schon auch ein wenig ans Herz gewachsen ist (wie auch die anderen Charaktere).

Das Ende wurde für meinen Geschmack dann wirklich sehr schnell abgehandelt, was in großem Kontrast zur Ausführlichkeit zuvor stand. Hier hätte mir eine ausgewogenere Mischung besser gefallen.

Ich tue mich ein bisschen schwer, den Roman allzu schlecht zu bewerten, denn alles in allem ist „Die Brücke der Ewigkeit“ ein wirklich gelungener historischer Roman und ich möchte dem Autor Anerkennung zollen für seine Recherche und das Einbinden von wahren Begebenheiten und Personen in eine fiktive Geschichte. Das gelingt nicht vielen in dieser Qualität. Bei mir ist allerdings der Funke einfach nicht ganz übergesprungen.

Bewertung vom 29.10.2021
Sharing - Willst du wirklich alles teilen?
Strobel, Arno

Sharing - Willst du wirklich alles teilen?


ausgezeichnet

Ich mag die Bücher von Arno Strobel wirklich gerne, doch nachdem „Die App“ für mich persönlich eher ein Flop war, war ich gespannt, ob „Sharing“ wieder in die andere Richtung geht.
Es wird ein sehr aktuelles Thema aufgegriffen, nämlich das Teilen, welches sich Markus und Bettina mit ihrer Firma zur Aufgabe gemacht haben. Egal ob Auto oder Wohnung, hier geht es nicht um das Besitzen, sondern dass möglichst viele Menschen eine Sache nutzen können. Doch dann wird Bettina entführt und schnell wird klar, dass hier jemand das Teilen allzu genau nimmt und auch vor Menschen nicht zurückschreckt.

Und ich war auch gleich mittendrin in der Geschichte, die wie immer super zu lesen und sehr gut geschrieben ist. Von Anfang an schafft es der Autor, eine große Spannung zu erzeugen und mich richtig zu fesseln, da konnte ich ihm auch einige Logikschwächen verzeihen. Zu sehr wollte ich unbedingt wissen, was passiert ist und was hinter den ganzen Geschehnissen steckt.

Bis es dann zum – für meinen Geschmack etwas dick aufgetragenen, insgesamt aber stimmigen – Ende kommt, werden noch einige Haken geschlagen und der Leser immer mal wieder in die Irre geführt.

Für mich ein echter Strobel: Rasant, spannend, fesselnd und unterhaltsam. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 29.10.2021
Barbara stirbt nicht
Bronsky, Alina

Barbara stirbt nicht


ausgezeichnet

Barbara und Walter Schmidt sind seit über 50 Jahren verheiratet und die Rollen waren immer klar verteilt: Herr Schmidt hat gearbeitet und das Geld ins Haus gebracht, Barbara war für Haushalt, Kochen und Kindererziehung zuständig. Doch eines morgens kann Barbara nicht mehr aufstehen und plötzlich muss sich Herr Schmidt um alles kümmern…

Schon nach den ersten paar Zeilen war ich total drin in der Geschichte und hätte das Buch am liebsten in einem Rutsch durchgelesen. Es gibt keine Kapitel, nur Absätze und alles ist aus (der zugegebenermaßen doch recht beschränkten) Sicht von Herrn Schmidt geschrieben (der auch immer so genannt wird), allerdings mit einer gewissen Distanz.

Herr Schmidt ist wirklich ein Grantler und ich schwankte ständig zwischen Fassungslosigkeit und Kopfschütteln, musste auf der anderen Seite aber auch immer wieder schmunzeln, weil die Autorin es schafft, selbst die größten potenziellen Aufreger total unterhaltsam und mit einer gewissen Leichtigkeit darzustellen.

Ich konnte mir Herrn Schmidt wirklich bildlich vorstellen und auch wenn einiges überspitzt wirkt, gibt es sicher Ehen, in denen es genauso läuft.
Und offensichtlich hat Barbara sich sogar so etwas wie ein eigenes, erfülltes Leben neben ihrem Mann aufgebaut, was ich irgendwie tröstlich fand. Überhaupt hat „Barbara stirbt nicht“ mich auch sehr berührt, womit ich gar nicht so wirklich gerechnet hatte. Auf jeden Fall hat es mich auch nach Abschluss der Lektüre noch eine Weile beschäftigt und nachgewirkt, was mir nicht so oft passiert.

Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für dieses außergewöhnliche Buch!

Bewertung vom 26.10.2021
Das Gift der Lüge / Die Morde von Edinburgh Bd.2
Parry, Ambrose

Das Gift der Lüge / Die Morde von Edinburgh Bd.2


ausgezeichnet

Nachdem ich „Die Tinktur des Todes“ regelrecht verschlungen hatte, habe ich mich sehr auf den zweiten Teil gefreut. Und es war auch gleich wie ein Wiedersehen mit alten, liebgewonnenen Bekannten, Will Raven, Sarah Fisher und Dr. James Simpson im viktorianischen Edinburgh zu treffen.

Der tolle Schreibstil des Autorenduos hat mich sofort wieder in seinen Bann gezogen, die vornehme und altmodische Ausdrucksweise passt einfach perfekt zum Setting. Außerdem bin ich auch ein kleines bisschen in Will Raven verliebt, der trotz seiner Schwächen einfach sehr sympathisch ist.

Der eigentliche Fall – nämlich der unerklärliche Tod teilweise ganzer Familien – tritt fast ein wenig in den Hintergrund, trotz Einschüben der Mörderin alle paar Kapitel. Es geht hier nicht nur darum, wer für alles verantwortlich ist, sondern auch, ob und wie Will und Sarah dem Ganzen auf die Schliche kommen.

Und es geht auch ganz viel um „Frauenthemen“, vor allem darum, was Frauen zur damaligen Zeit alles nicht tun können oder auch dürfen, was insbesondere Sarah sehr zu schaffen macht, denn sie möchte es einfach nicht hinnehmen, dass Frauen so vieles verwehrt bleiben soll.
Gleichzeitig und wie nebenbei erfährt der Leser auch wieder allerhand Wissenswertes über die Entwicklungen im Bereich Medizin und Geburtshilfe, wobei die Figur des Dr. James Simpson hieran einen großen Anteil trägt.

Alles in allem ist „Das Gift der Lüge“ viel mehr als ein historischer Krimi, es lässt einen eintauchen in eine längst vergangene Zeit, erweckt die Atmosphäre des viktorianischen Edinburghs mit all seinen teils düsteren, teils gefährlichen Ecken.
Ich habe die Lektüre wirklich sehr genossen und freue mich schon auf den nächsten Teil (den es hoffentlich geben wird). Klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 11.10.2021
Die Stieftochter
Bach, Ildy

Die Stieftochter


gut

Vor elf Jahren wurde Tess‘ Stiefmutter Rebecca für den Mord an ihrem Mann und Tess‘ Vater Alexander Gretzky verurteilt, obwohl sie immer ihre Unschuld beteuert hat. Jedes Jahr hat sie einen Brief an ihre Stieftochter geschrieben, den Tess jedoch immer ungeöffnet weggeworfen hat. Nun kommt Rebecca aus dem Gefängnis und wird prompt überfallen und schwer verletzt. Tess beginnt nachzuforschen, denn ihr drängt sich immer mehr die Frage auf, ob ihre Stiefmutter nicht vielleicht wirklich unschuldig ist. Und wenn sie ihren Vater nicht umgebracht hat, wer war es dann?

Leider habe ich recht lange gebraucht, bis ich in der Geschichte drin war. Dies lag nicht am Schreibstil der Autorin, der sich wirklich gut lesen lässt, sondern eher daran, dass die Zusammenhänge für meinen Geschmack nur unzureichend erklärt wurden. Auch blieben einige Fragen gänzlich offen und so richtig schlau wurde ich aus den Geschehnissen vor elf Jahren lange nicht bzw. hatte das Gefühl, sie mir selbst zusammenreimen zu müssen.
Das hat so ein bisschen das Lesevergnügen getrübt und ich fand die Geschichte zwar schon spannend, so richtig gepackt hat sie mich aber nicht. Auch die Charaktere blieben mir insgesamt ein wenig zu blass, vielleicht mit Ausnahme von Tess, die mir allerdings trotzdem nicht nahe kam (was eventuell aber auch an ihrem Charakter liegt).

Immerhin hat es die Autorin geschafft, mich bis zuletzt im Dunkeln tappen zu lassen, erst gegen Ende kam dann eine Ahnung auf, die sich letztendlich auch bewahrheitet hat. Trotzdem ging es mir dann fast an ein bisschen zu schnell und die Auflösung war zwar nicht unstimmig, wirkte aber schon etwas konstruiert.

Alles in allem fand die „Die Stieftochter“ zwar nicht unbedingt schlecht, so richtig überzeugt hat mich das Buch allerdings auch nicht.

Bewertung vom 01.10.2021
Eskalation
Benrath, Nora

Eskalation


gut

Eigentlich will Dina Martin nur schnell nach Hause zu ihrer Familie. Doch ein unbekannter Anrufer zwingt sie, weiterzufahren. Aber wohin? Und was hat er mit ihr vor? Als sie in eine Polizeikontrolle gerät, schöpft Dina Hoffnung. Doch dann fällt ein Schuss und die Situation eskaliert völlig…

Der Klappentext las sich interessant und ich habe mir mit „Eskalation“ eine spannende Geschichte erwartet. Leider hat sich meine Erwartung nicht so recht erfüllt.
Den Einstieg fand ich richtig gut, Dina auf der Fahrt durch die Nacht, einen unbekannten Verfolger hinter sich, das hat eigentlich schon Potenzial. Auf eine Erklärung, wie es überhaupt dazu kam, musste ich allerdings lange warten und das hat mich ziemlich gestört, denn Dinas Verhalten erschien mir dadurch (und ehrlicherweise auch noch nach der Lektüre des kompletten Buchs) nicht unbedingt nachvollziehbar.

Ich fand die Geschichte zwar recht gut zu lesen, wenn der Sprachstil auch manchmal etwas holprig erschien, insgesamt war sie mir aber zu behäbig und zu wenig spannend (was sich erst gegen Ende geändert hat). Sie hat mich einfach nicht gepackt.

Gut gefallen haben mir die kurzen Kapitel aus den unterschiedlichen Sichtweisen der verschiedenen Personen. Dadurch bekommt der Leser einen breit gefächerten Überblick über die Geschehnisse.
Die Auflösung kam für mich dann tatsächlich überraschend, wirkte allerdings doch ein wenig konstruiert und konnte das Leseerlebnis nicht gravierend aufwerten.

Alles in allem hat „Eskalation“ nicht ganz meinen Geschmack getroffen.

Bewertung vom 30.09.2021
Der schwarze Winter
Lindemann, Clara

Der schwarze Winter


ausgezeichnet

Deutschland im Oktober 1946: Silke und ihre jüngere Schwester Rosemarie wurden aus ihrer Heimat vertrieben und müssen von dem Bauernhof fliehen, dem sie zur Arbeit zugeteilt waren. Gemeinsam schlagen sie sich bis nach Hamburg durch, wohl wissend, dass es auch dort alles andere als leicht werden wird. Doch Silke ist geschäftstüchtig und schafft es sogar, eine Bar für britische Soldaten zu eröffnen. Allerdings ruft der Erfolg der Frauen bald auch Neider auf den Plan…

Ich lese sehr gerne historische Romane, wenn auch normalerweise nicht unbedingt aus der Zeit kurz nach dem 2. Weltkrieg. Der Klappentext und auch die ersten Seiten von „Der schwarze Winter“ haben mir aber so gut gefallen, dass ich auf jeden Fall weiterlesen wollte.
Das Buch ist gut geschrieben und lässt sich wirklich schnell lesen. Außerdem hat es die Autorin geschafft, dass mir die beiden Schwestern, aber auch die (meisten) anderen Personen wirklich ans Herz gewachsen sind und ich mich selbst während der Lektüre als Teil davon gefühlt habe.

Die Geschichte um Silke und Rosemarie ist zwar schon recht vorhersehbar (und vielleicht auch ein wenig oberflächlich), das hat mich allerdings nicht weiter gestört, sondern ich fand es genau richtig so. Denn es war trotzdem spannend zu lesen und mitzuverfolgen, wie sich alles auflöst.

Trotz des schlimmen Themas hat mir „Der schwarze Winter“ wirklich sehr gut gefallen und ich werde es gerne weiterempfehlen.

Bewertung vom 22.09.2021
Die andere Tochter
Golch, Dinah Marte

Die andere Tochter


gut

Nach einem Unfall droht Toni zu erblinden, doch die Cornea einer Toten bringt ihr das Augenlicht zurück. Und obwohl ihr Umfeld ihr davon abrät, möchte sie Kontakt zur Mutter ihrer Spenderin aufnehmen, um so viel wie möglich über diese zu erfahren, denn seit der Operation fühlt sie eine gewisse Verbindung zu ihr.
Dass sie damit jedoch ihre eigene Gesundheit und sogar das Leben ihrer Mutter aufs Spiel setzt, erkennt sie dabei fast zu spät. Denn ihre eigene Familie ist nicht die einzige mit einem Geheimnis…

Ich fand die Idee von „Die andere Tochter“ wirklich toll und die Frage, ob die Seele des Verstorbenen oder bestimmte Eigenschaften, Ängste etc. nach einer Organspende auf den Empfänger übergehen sehr interessant.
Erzählt wird die Geschichte aus Sicht von Toni, abwechselnd in der Gegenwart in Ich-Form (und passenderweise im Präsens) und in der Vergangenheit, also den Monaten zuvor, in der 3. Person. Am Ende, wenn die beiden Zeitebenen aufeinandertreffen, verschwimmt das Ganze so ein bisschen; das hat mir wirklich gut gefallen.

Gerade zu Beginn macht einen Großteil der Spannung aus, dass der Leser eben nicht genau weiß, was denn genau geschehen ist. Es gibt viele Andeutungen über Tonis Kindheit und auch über die Ereignisse kurz nach ihrer Operation, aber eben nichts Konkretes, und da fiel es mir wirklich schwer, das Buch aus der Hand zu legen.

Meine Schwierigkeiten hatte ich allerdings mit Toni, die ich das ganze Buch über einfach nicht richtig greifen konnte, obwohl sie doch die zentrale Figur ist und sich sehr viel um sie dreht. Ich wurde einfach nicht warm mit ihr und fand auch ihr Verhalten oft nicht nachvollziehbar. Zwischendurch kam sie mir fast ein bisschen manisch vor und das fand ich anstrengend zu lesen.

Der größte Kritikpunkt ist für mich aber, dass mir „Die andere Tochter“ zu vollgepackt war. Aus dem Stoff hätte man zwei oder sogar drei Bücher machen können, oder eben einen Wälzer, der doppelt so dick ist. Es wird lange auf die Auflösung der Geschehnisse hingearbeitet und diese dann aber für meinen Geschmack zu schnell abgefertigt; wo vorher doch recht ausführlich erzählt wird, fehlte mir dies am Ende.

Die Spannung und das unbedingt Dranbleiben-Wollen lebt hauptsächlich aus der gewählten Erzählform (die ich großartig fand), ansonsten war es mir einfach zu viel an Handlung mit zu wenig Tiefe.

Bewertung vom 08.09.2021
SCHWEIG!
Merchant, Judith

SCHWEIG!


sehr gut

Esther macht sich Sorgen um ihre Schwester Sue. Seit sie und ihr Mann sich getrennt haben, sitzt Sue allein in ihrem riesigen Haus mitten im Wald. Und nach dem, was letztes Weihnachten passiert ist, sollte sie dieses eigentlich nicht allein verbringen. Also fährt Esther am Tag vor Heiligabend in den Wald. Doch Sue freut sich nicht, sie scheint ihre Schwester sogar loswerden zu wollen. Verbirgt sie etwas? Als ein Schneesturm aufkommt und die beiden Schwestern wirklich anfangen, miteinander zu sprechen, droht die Situation zu eskalieren…

Ich habe mich sehr auf „Schweig!“ gefreut, denn schon den ersten Thriller der Autorin fand ich grandios und so hatte ich tatsächlich eine recht große Erwartungshaltung. Und ich wurde nicht enttäuscht. Durch den tollen Schreibstil war ich direkt mittendrin in der Geschichte um die beiden Schwestern, wo mir Esther mit ihrer übergriffigen Art bereits von Anfang an gehört auf die Nerven ging.

Abwechselnd aus Sicht von Esther, Sue und später auch Esthers Mann Martin beschrieben, wird man immer mehr in einen Strudel aus ungesunden Beziehungen gezogen, wobei ich nie genau wusste, wer denn nun die Wahrheit sagt, denn die gleiche Situation wurde teilweise extrem unterschiedlich bewertet, so dass ich mich immer fragen musste, wessen Wahrnehmung denn eigentlich stimmt.
Dies hat wirklich eine große Spannung erzeugt und ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, so sehr wollte ich wissen, ob und wie sich alles auflöst.

Ein paar Fragen blieben für mich am Ende allerdings offen und einige Erklärungsansätze (insbesondere auch die Rückblicke in die Kindheit der beiden Schwestern) fand ich ein wenig unbefriedigend, so dass der Gesamteindruck nicht durchgehend nur positiv war.

Trotzdem gibt es von mir eine klare Leseempfehlung!