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dracoma
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LANDAU

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Insgesamt 188 Bewertungen
Bewertung vom 02.11.2023
Bis wir Wald werden
Mattausch, Birgit

Bis wir Wald werden


gut

Babulya, eine Russlanddeutsche, verlässt mit ihrer nur wenige Monate alten Urenkelin ihre Heimat und übersiedelt wie viele andere auch nach Deutschland, der Heimat ihrer Vorfahren. Diese Russlanddeutschen sind keine Flüchtlinge und keine Vertriebenen, auch wenn vielen das Schicksal der Vertreibung durch die Politik Stalins vertraut ist; sie sind Umsiedler bzw. Spätaussiedler, die im Zuge der Ostpolitik vor allem in den 80er Jahren in die Bundesrepublik wechselten.

Babulyas neue Heimat besteht aus einer Wohnung in einem Hochhaus an der städtischen Peripherie, in der sie zusammen mit anderen Russlanddeutschen lebt. Ihre Küche ist das Zentrum des Zusammenlebens mit ihrer Enkelin Nanush und auch das Zentrum für Begegnungen mit den anderen Bewohnern. Hier werden die Geschichten erzählt, die Babulya bewahrt hat und weitergibt und die mit diesem Buch dem Vergessen entrissen werden.

Die Geschichten Babulyas beschwören eine Vergangenheit herauf, die von Entbehrungen, Hunger, staatlicher Willkür, Verschleppungen und persönlichen Tragödien gekennzeichnet ist. Ihre Geschichten erzählen aber auch von Geheimnissen, phantastischen und ins Mythische überhöhten Ereignissen, von Traditionen, von Essgewohnheiten, Familienzusammenhalt und Zukunftsträumen.

Babulya und ihre Ur-Enkelin Nanush sind in fast symbiotischer Liebe miteinander verbunden. Inzwischen ist Babulya alt und pflegebedürftig, sodass sich ihre Rollen vertauschen. Nun ist es Nanush, die sich mit Hingabe um ihre Urgroßmutter kümmert, auch wenn sie dabei immer wieder an ihre Grenzen kommt.

Durch die Ich-Erzählerin Nanush erfährt der Leser auch die Gegenwart der russlanddeutschen Wohngenmeinschaft, z. B. ihre Puzzle-Bilder an der Wand, die Vorliebe für Plastikblumen, die Liebe zu den traditionellen kleinen Kopftüchern und zu eingelegten Salzgurken, ihren altertümlichen Dialekt, ihre beruflichen Träume und das häufige Platzen dieser Träume.

Die Autorin wählt für ihren Roman eine Sprache, die den Erzählungen Babulyas angepasst ist. Realität und Traumvorstellungen vermengen sich miteinander; Menschen verwandeln sich, und auch das Haus verwandelt sich zu einem Nadelbaum, der seine Äste in den Himmel streckt. Der Wald wird zu einem Bild des Todes, dem sich Babulya zum Zeitpunkt der Erzählung annähert, und die Krähen, die Todesbotinnen, warten bereits auf sie. Dazu passen auch die poetischen „Beschreibungen“ der Personen, die dem Leser nicht immer Konkretes bieten, aber doch einen Eindruck vermitteln. Vieles bleibt in Andeutungen stehen wie z. B. die Tatsache, dass Nanush bei der Umsiedlung auf die Begleitung ihrer Mutter verzichten musste. Auch die Erzählungen sind oft eher Fragmente und wirken wie schlaglichthafte Erinnerungen. Ein wenig mehr Ausgesprochenes hätte dem Roman mehr Konturen verliehen.

Die stets lyrische Sprache hat durchaus ihren Reiz. Sie wird verstärkt durch eingeschobene rechtsbündige Texte, durch eine Vielzahl von Metaphern und eigenwillige Satzstrukturen. Aber nicht alle Ereignisse sind wohl dazu geeignet, in einem poetischen Schwebezustand gehalten zu werden. Wenn z. B. der Junge Vitali, auf Aufforderung seiner Mutter hin, ein anderes Kind so zusammenschlägt, „bis der Boden vor unserem Haus rot war von Blut“, dann kommt die Poetik an ihre Grenzen. „Und Momes Wald. Reh Wolf Bär unsre Freunde. Das Licht uns golden im Haar“ – solche staccato-artigen Sätze und auch der Einsatz vieler stilistischer Mittel sind unbestritten kunstvoll, aber die Häufung wirkte auf mich nur maniriert und zu gewollt.
Bei aller Liebe zur Lyrik: mir war es zuviel.

Bewertung vom 30.10.2023
Lieder aller Lebenslagen
Pilgaard, Stine

Lieder aller Lebenslagen


ausgezeichnet

Ein junges Paar zieht in ein genossenschaftliches Mehrfamilienhaus. Von dieser alltäglichen Situation geht die Autorin aus, und Kapitel für Kapitel lernt der Leser nun die anderen Mitbewohner kennen, die der Zufall hier zusammengebracht hat: Singles, Paare, Familien, alle in unterschiedlichen Lebensphasen und mit unterschiedlichen Sorgen und Nöten belastet. Das Dachgeschoss entwickelt sich zu einem gemeinsamen Treffpunkt der Wohngemeinschaft, hier kreuzen sich die Wege, werden Neuigkeiten ausgetauscht und die Gemeinschaft wird lebendig gehalten.

Die namenlose Ich-Erzählerin, aus deren Perspektive wir die Hausgemeinschaft erleben, ist eine junge Frau, Ende 20, die sich nach ihrem Studium mit dem Schreiben von Horoskopen für eine Zeitschrift durchschlägt. Passend dazu teilt die Autorin ihren Roman in 12 Kapitel auf, je eines für je ein Sternzeichen im Jahresverlauf. Die einzelnen Kapitel ähneln sich vom Aufbau her. Immer steht ein Horoskop am Anfang, das in seiner verschwurbelten Sprache alles und nichts besagt. Aber die Schlagworte des Horoskops werden im Kapitel aufgegriffen, sodass das Horoskop weniger als Vorhersage denn als Ideen-Steinbruch bzw. Assoziationsspeicher für den Fortgang des Kapitels dient, der wiederum aus einzelnen „Liedern“ besteht: „Lied von der Hygge“, „Lied vom Pärchenabend“, „Lied vom Duschabzieher etc.

Hier erfahren wir dann Einzelheiten zur Wohngemeinschaft. Der Roman folgt dabei keinem Handlungsverlauf, sondern geht eher anekdotisch vor. Manchmal holt die Ich-Erzählerin weiter aus, etwa wenn sie die anrührende Geschichte der lesbischen Großmutter und ihrer Gefährtin Ruth erzählt. Andere Personen werden nur in Schlaglichtern vorgestellt, bei anderen Figuren wieder erkennt der Leser plötzlich das große Leid, das das Leben der Figur bestimmt. Auch für Skurrilität ist gesorgt mit der Figur der Lisa, einer verbohrten, aber liebenswerten Mediävistin, die die Welt mit den Weisheiten altnordischer Sagas retten will. Ihre Tochter Gudrun sieht das allerdings anders. Gudrun leidet unter ihrem Saga-Namen, sie möchte lieber Emma oder Laura heißen so wie alle, worauf die Mutter in aller Ernsthaftigkeit kontert: „Es hätte ja noch viel schlimmer kommen können, sagt Lisa, Torod Digtstump oder Torbjörg Skudebrust“.

Es ist aber nicht nur dieser Humor, der den Roman so lesenswert macht, sondern eher diese Mischung aus Skurrilem, Traurigem, Besonderem und Alltäglichem. Der Blick der Ich-Erzählerin auf ihre Mitmenschen ist freundlich, niemals belehrend, sondern immer verständnisvoll. Niemals erhebt sie den moralischen Zeigefinger oder wird besserwisserisch, sondern sie betrachtet auch die Unzulänglichkeiten ihrer Mitbewohner freundlich und wohlwollend. Und auch wenn sie mit ihren unberechenbaren Assoziationen und sprachlichen Kapriolen für Verblüffung beim Leser sorgt und dort eigene Assoziationen freisetzt, bleibt sie dieser grundsätzlichen Menschenfreundlichkeit treu.

Das letzte Kapitel, „Lied vom Dessert des Lebens“ endet mit dem „Lied über die Liebe“, und mit diesem liebe- und verständnisvollen Blick auf ihre Mitmenschen endet dieser originelle Roman.
LESENSWERT!

Bewertung vom 27.10.2023
Glutspur / Liv Jensen Bd.1 (MP3-Download)
Engberg, Katrine

Glutspur / Liv Jensen Bd.1 (MP3-Download)


gut

Engberg, Glutspur

Gleich vorneweg: wer blutige Krimis mag, wen grausame Details nicht abschrecken und wer aktionsgeladene Show-downs mag, der ist mit diesem Krimi schlecht bedient!

Der Krimi beginnt eher behäbig und stellt verschiedene Personen in den Handlungsmittelpunkt, allen voran die junge Ermittlerin Liv Jensen, die den Polizeidienst im Norden Jütlands abgebrochen hat und nun auf eine neue Dienststelle in Kopenhagen hofft. Sie wird beauftragt, einen länger zurückliegenden Mord aufzuklären, und mit Akribie und Phantasie macht sie sich an die Arbeit. Kapitel für Kapitel werden die anderen Handlungsträger vorgestellt, und zwar ausführlich genug, sodass sich der Leser ein Bild machen kann und nicht verwirrt wird.

Trotzdem gestaltet sich der Fall verwirrend. Verschiedene Erzählstränge werden nebeneinander vorgestellt, und es dauert, bis die einzelnen Fäden miteinander verknüpft werden und schließlich ein Ganzes bilden. Dazu greift die Autorin auch tiefer in die Geschichte ihrer Personen und schließlich Dänemarks hinein. Ein phantasievoller Krimi, der drei Morde miteinander in Verbindung bringt, die zunächst keine Gemeinsamkeiten aufweisen.

Die Spannung wird erhöht durch geheimnisvolle Zwischentexte, „Visionen“ genannt, die an die Apokalypse im Johannes-Evangelium erinnern. Sie erzählen in alttestamentarischem Sprachduktus von Schuld und Unschuld, von Strafe und Fehlurteilen. Diese Visionen sind ein erzählerischer Kunstgriff, der die Handlung überhöht, der aber dennoch, was Sprache und Ort angeht, nicht glaubwürdig ist. Wenn man es streng sieht.

Ebenso darf man wohl nicht zu streng sein, wenn man von den unverantwortlichen Alleingängen der Ermittlerin liest.

Der Roman umfasst nicht nur die Ermittlerarbeit, sondern erzählt auch ausführlich aus dem Privatleben der Figuren. Hier erfährt der Leser aber nicht alles; der Krimi ist offensichtlich darauf angelegt, noch genügend Material für die Folgebände zu haben.

Sprachlich fließt der Krimi meistens angenehm dahin. Einige sprachliche Ausrutscher (“Die Schlucklaute klangen wie eine Anklage“ oder „Ihn umgab ein scharfer Schweißgeruch und der Geruch von Schuld“) stören nur kurzfristig. Die Bedeutung des Titels „Glutspur“ hat sich mir nicht erschlossen; vermutlich soll er auf die sog.Visionen verweisen.
Das Hörbuch wurde eingelesen von Peter Lontzek: eine angenehme, klare Stimme!

Insgesamt ein spannender, sorgfältig aufgebauter Krimi, der neugierig auf den 2. Band macht.

Bewertung vom 20.10.2023
Risse
Klüssendorf, Angelika

Risse


gut

„Die Scham über die Armut war meine eigentliche Kleidung.“

In den zehn Kurzgeschichten dieses Buches schaut der Leser in eine alptraumhafte Kindheit, die geprägt ist vom Alkoholismus der Eltern, von Gewalt und Sadismus, von Übergriffen, von Hunger und Mangelernährung, Diebstahl, Heimaufenthalten, Streunereien und einer großen Verlassenheit der Ich-Erzählerin. Einige der Geschichten sind fast abstrus, z. B. „Hölle oder Himmel“, die so beginnt:

"Es ging auf Ostern zu und mein Vater würde sich verändern. Verwandelt in einen anderen, hätte er nichts anderes im Sinn, als Fachbücher zu lesen, Stricke auf ihre Reißfestigkeit zu überprüfen, wie ein Apotheker würde er Tabletten auf eine kleine Waage häufen oder sich Blumensträuße mit stark duftenden Blüten neben sein Bett stellen."

Der Leser erkennt erst spät, dass der Vater ein Fest der besonderen Art vorbereitet: seinen alljährlich aufs Neue stattfindenden Suizid-Versuch am Ostersonntag, den er akribisch vorbereitet und wie eine Zeremonie plant und durchführt, bis ihm sein Vorhaben in einem späteren Jahr auch gelingt. Der Schrecken, den der Leser empfindet, wird noch gesteigert durch die nüchterne und emotionslose Sprache, in der die Autorin dieses und die anderen Schlaglichter auf eine Kindheit erzählt.

Es ist eine Kindheit in großer Armut, in die man hineinschaut, aber es geht in allen Geschichten nicht um eine soziale Anklage, sondern eher um die erschreckende soziale und emotionale Kälte, in der das Kind aufwächst. Die Verwahrlosung des Kindes zeigt sich äußerlich (Schmutz, Ungepflegtheit, Geruch) und führt zur Isolation in der Schule. Sie zeigt sich aber auch innerlich, wenn das Kind lernt zu stehlen und zu lügen. Nur kurz wird die soziale Kälte aufgebrochen durch die Empathie einer jungen Praktikantin oder, sehr berührend, wenn von der großen Liebe des Kindes zu seiner kleinen Schwester die Rede ist. Die Sehnsucht nach der Schwester ist es, die das Mädchen mehrfach aus dem Heim ausbrechen lässt, um sie vor den sadistischen Übergriffen der Mutter zu schützen.

Die zehn Erzählungen werden durch kursiv gesetzte Zwischentexte zusammengehalten. Diese Texte kommentieren das Erzählte, führen es weiter aus oder aber korrigieren es in Richtung Wirklichkeit, sodass der Eindruck einer Autobiografie verstärkt wird.

Die Sprachkunst der Autorin ist unbestritten; ihre nüchterne emotionslose Sprache spiegelt die soziale Kälte wider, der das Kind ausgesetzt ist. Trotzdem blieb mir als Leser ein schaler Nachgeschmack. Sinn und Zweck dieser Schlaglichter wirken wie ein therapeutisches Tagebuch, wie eine sehr persönliche Traumabewältigung, zu deren Zeuge der Leser gemacht wird. Eine Leserrolle, die mir persönlich nicht zusagt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.10.2023
Die Wahrheiten meiner Mutter
Hjorth, Vigdis

Die Wahrheiten meiner Mutter


ausgezeichnet

Mein Hör-Eindruck:

Johanna ist 60 Jahre alt, sie ist eine erfolgreiche Künstlerin und lebt in den USA. Zu ihrer Familie hat sie keinen Kontakt mehr. Als nun ihr zu Ehren in ihrer norwegischen Heimatstadt eine Retrospektive ihrer Werke eingerichtet wird, kehrt sie zurück in der Hoffnung, sich der Mutter wieder annähern zu können. Die Mutter aber verweigert jeden Kontakt.

Die Gedanken der Tochter kreisen unablässig und in sich wiederholenden, auch den Leser quälenden Schleifen um die Mutter. Wie sieht sie aus? Wie lebt sie? Hat sie ihre roten Haare noch? Wie verlebt sie den Tag? Johanna imaginiert ihre Mutter: „Ich erdichte dich mit Wörtern, um ein Bild von dir zu haben.“ In den Gedankenschleifen erfährt der Leser auch in kleinen Splittern die Gründe für den Kontaktabbruch, dessen Ursachen in der Kindheit liegen. Es war nicht nur der dominante Vater, der für Johannas Begabungen und ihr Wesen nur Spott übrighatte, sondern auch die Mutter, die sich dem Vater unterwarf und seinen Erwartungsdruck an Johanna weiterleitete. Beide fordern angepasstes Verhalten von ihr ein und begegnen ihr, ihren Lebensvorstellungen und auch ihren Wahrnehmungen mit Abwertung und Verachtung. Bis es zum Skandal kommt, der die Eltern mit der Tochter endgültig brechen lässt.

Johanna erinnert sich zunehmend deutlicher an einzelne Situationen ihrer Kindheit und bringt ihre unklaren Erinnerungen in einen Zusammenhang. Dadurch erkennt sie den Lebensschmerz ihrer Mutter, aber zweifelt nach wie vor an ihren Wahrnehmungen. Sie braucht die Bestätigung durch die Mutter, um ihr vergeben zu können. So wird ihr Wunsch nach einem Gespräch zur Obsession, Meter um Meter nähert sie sich ihrer Mutter. Sie erkennt, wie instabil ihre Mutter und daher auf das Beachten von Regeln und Konventionen angewiesen war. Und sie erkennt die Wahrheiten ihrer Mutter: dass nämlich unbehagliche Wahrheiten nicht akzeptiert, sondern als Wahrnehmungsstörung der anderen eingeordnet werden.

Die Autorin erzählt ausgesprochen raffiniert. Der Leser hört sich Johannas Monolog zunächst mit Mitleid, aber auch mit kritischer Distanz an, und er fragt sich, inwieweit Johanna eine zuverlässige Beobachterin ist. Damit wird der Leser äußerst subtil in die Position der Eltern gedrängt. Erst im Lauf des Monologs erkennt er Johannas Wahrheit und stellt sich schließlich auf ihre Seite. Dieses Spiel mit der Position des Lesers hat mit sehr gut gefallen.

Der Roman wird perfekt eingelesen von Frauke Poolmann. Ihre Stimmfärbung passt zum Inhalt, und mit Tempo-Variationen verstärkt sie die quälenden Gedankenschleifen der Erzählerin.

Fazit: Ein raffiniert erzählter Roman um Unterwerfung und Erlösung.

Bewertung vom 13.10.2023
Sinkende Sterne
Hettche, Thomas

Sinkende Sterne


ausgezeichnet

Eine Naturkatastrophe größeren Ausmaßes steht am Beginn dieses Buches: ein Bergsturz im unteren Wallis hat das Tal verschüttet, die Rhone wurde zurückgestaut und bildet nun einen gewaltigen See, der die Dörfer des Tals in sich begräbt. Der Autor hält sich nicht auf mit Erläuterungen oder Hinweisen zu den vermutlichen Ursachen des Bergsturzes. Kein Wort über Dauerregen, Gletscherschmelzen, Klima und dergleichen, sondern er kommt sofort zu seinen eigentlichen Themen.

Der Protagonist, namensidentisch mit dem Autor, ein alternder und beruflich gestrandeter Literat, reist nun in das Tal, um nach dem Tod seiner Eltern sein Elternhaus zu verkaufen. Und da beginnt schon das Irritierende: er kommt in seine Heimat und ist dort ein unerwünschter Fremder.

Der gewaltige Erdrutsch hat nicht nur die Dörfer zerstört, sondern hat auch die bisherigen gesellschaftlichen Strukturen, die Zivilisation, die Neuzeit im Element Wasser begraben. Ein gewaltiges Totenreich ist hier entstanden, eingerahmt von den mächtigen und unzugänglichen Bergen der Hochalpen. Die überlebende Bevölkerung schließt sich ab und installiert eine restriktive feudale Ordnung. Hier kann sich der Autor einige diskrete Seitenhiebe auf das rückwärtsgewandte bürokratische Selbstverständnis der Schweizer und ihren ausgeprägten Geschäftssinn nicht verkneifen.
Der unheimlich dunkle See kann mit einer Fähre überquert werden, und hier gelingen dem Auto sehr eindringliche und archaische Bilder, die an griechische Mythen erinnern und die Motive der Vergänglichkeit und des Todes noch verstärken.

Durch den Untergang des Jetzigen tauchen die alten, vorschriftlichen Mythen und Sagen wieder aus der Versenkung auf, und der Leser lauscht mit dem Protagonisten den Sagen von Hungersnöten, von Totenwanderungen über die Gebirgskämme, von todbringenden Schneewehen, von den heimatlos umherirrenden Armen Seelen und ihren gefährlich verlockenden Lichtern. Der Autor schafft hier eine düstere und unheimliche Atmosphäre, der sich der Leser nicht entziehen kann – und die verstärkt und gleichzeitig verschönt wird durch die einfach nur grandiosen Beschreibungen des unwirtlichen, stürmischen Wetters und der Natur.

An diesem Punkt zweigen sich Hettches andere Themen ab. In breit angelegten Reflexionssträngen sinniert sein Protagonist über die vielschichtigen und existenziellen Themen Tod und Vergänglichkeit und vor allem um die Möglichkeiten, beides zu überwinden. Hier zeigt sich ein Walliser Mythos als Hoffnungsschimmer: weit oben im Gletscher befinde sich eine blühende Landschaft, in der die Sonne scheine, in der Kirsch- und Zwetschgenbäume wachsen und in der jeder Irrende und Suchende seine Heimat finden könne. Wo ist dieses Paradies, das den Tod überwindet? Die Antwort auf diese Frage hebt sich den Autor für den Schluss auf...

Hier schließt sich ein poetologischer Diskurs an, in dem Hettche gedankenreich und durchaus spannend Homers Ilias und die Sagen um Sindbad, den Seefahrer bemüht. Was für ein schöner Gedanke: Morgenland und Abendland treffen sich in ihrer phantasievollen Erzählfreude! Beiden Helden fühlt sich der Protagonist ähnlich: sie sind vaterlos und heimatlos wie er, Suchende und Irrende auf dem Wasser. Aber es geht um das Erzählen, um die Macht des Erzählens, das Konstrukt einer fiktiven Realität und das Verhältnis von Realität/Wahrheit und Fiktion.
Homer konnte seine Welt, also die Welt des Odysses, noch als Sinnganzes begreifen, und so begreift sie auch Odysseus: er glaubt "an die Welt, so wie sie ist".

Das geht heute nicht mehr, sinniert der Protagonist. Unsere Wirklichkeit ist dekonstruiert, d. h. sie ist in Einzelwahrnehmungen zersplittert, und das Sinnganze existiert nicht mehr bzw. kann nicht mehr gesehen werden. Dichter und Leser sind nicht mehr durch ein gemeinsames Weltverständnis miteinander verbunden.
Und das verändert auch das Erzählen. Die Dichtung, meint der Protagonist, führt den Dichter und den Leser aus seiner Welt heraus, anders als bei Homer. Dichtung versucht, die Welt zu erreichen, aber es bleibt bei dem Versuch; Dichtung ist immer eine Konstruktion in dem Sinn, dass sie die subjektive Wahrheit des Dichters wiedergibt, aber nicht wie bei Homer die der Welt.

Die Folge ist, dass Literatur und Sprache eine eigene Dynamik entfalten, die Figuren werden quasi selbstständig und bestimmen selber ihr Leben. Die Begriffe Realität und Wahrheit sind nicht mehr fest umrissen, sondern taumeln wie „sinkende Sterne“, ihrer festen Konturen beraubt.

Am Schluss des Romans wird die Frage nach dem Paradies beantwortet, und hier schließen sich alle Themen des Buches nahtlos und ungemein elegant zusammen.
Das Paradies ist die Überwindung der Zeit und der Vergänglichkeit, und die gelingt in der Kunst. Und die Kunst kann eine Wahrheit bieten, die die tatsächliche Wirklichkeit nicht bieten kann.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.10.2023
Franz Marc. In fünf Jahren zur Unsterblichkeit
Lindenhahn, Reinhard

Franz Marc. In fünf Jahren zur Unsterblichkeit


sehr gut

„,Das reine Blau steht für ... stark, herb, durchgeistigt.“

Der Autor nimmt fünf Jahre des kurzen Lebens von Franz Marc ins Visier: die Jahre 1910 bis zu seinem frühen Tod im März 1916.

Das Jahr 1910 ist gut gewählt. Es ist das Jahr, in dem Marc mit seiner Lebensgefährtin und späteren Ehefrau Maria Franck aufs Land zieht, und zwar nach Sindelsdorf im Pfaffenwinkel, einem landschaftlichen schönen Eck im bayerischen Oberland. Das Leben auf dem Lande kommt Marc entgegen, er ist kein Stadtmensch.
1910 ist aber auch das Jahr, in dem er die Vettern Macke kennenlernt, und mit August Macke verbindet ihn schnell eine tiefe Freundschaft. August Macke ist es auch, der Franz Marc mit dem Sammler und Mäzen Bernhard Koehler bekanntmacht und Marcs extrem angespannte finanzielle Situation mildert. 1910 ist auch das Jahr, in dem Marc seine erste, positiv aufgenommene Einzelausstellung in München hatte und in dem er mit Kandinsky und der revolutionären Neuen Künstlervereinigung zusammentraf, von der sich Marc wesentliche Impulse für sein künstlerisches Schaffen erhoffte.

Der Weg Marcs wird sorgsam nachgezeichnet, und dem Leser werden in Szenen und Gesprächen die Maler und Malerinnen vorgestellt, mit denen Marc zu tun hat und die seinen Weg beeinflussen. Da ist der etwas dominante Kandinsky mit seiner Gefährtin Gabriele Münter, die gebildete russische Gräfin Marianne Werefkin und ihr skandalfreudiger Liebhaber Jawlensky, dazu Paul Klee, Erich Heckel und andere, mit denen er um neue Formen und neue Gestaltungsweisen ringt. Im Unterschied zu Kandinsky entscheidet sich Marc gegen die Abstraktion, aber kunsttheoretisch sind sie sich einig: das Sujet sollte nicht aus der äußeren Realität entnommen werden, sondern vollständig aus dem Inneren des Künstlers stammen. Diese vergeistigte Kunst sollte ein neues Zeitalter der Kunst begründen, in dem Farbe und Form einen eigenen, teils auch symbolischen Stellenwert erhalten. Zugleich wird der Kunst eine wesentliche Aufgabe zugewiesen: sie soll der Menschheit zu einer besseren, harmonischen und naturverbundenen Welt verhelfen.

Der Autor zeichnet Marcs kunsttheoretische Überlegungen sorgfältig nach, und so erklärt er plausibel die Trennung von der Neuen Künstlervereinigung sowie die emphatische Gründung des Blauen Reiter. Es wird auch deutlich, dass Marc, wie so viele seiner Zeitgenossen, den Krieg als Mittel der Reinigung, als Purgatorium begrüßte, verbunden mit der Zuversicht, dass nach dieser Reinigung Europa wie der Phönix aus der Asche geläutert wieder auferstehen würde.

Sehr ausführlich stellt der Autor heraus, was Marc dazu bewegte, sich der Tiermalerei zuzuwenden. Marc liebte Tiere schon als Kind. Er ist fasziniert von dem von Grund auf natürlichen Lebensgefühl des Tieres, seinem Eins-Sein mit der umgebenden Natur und seiner harmonischen Einbindung in die Schöpfung. Den Menschen dagegen sieht Marc als von der Natur entfremdet an. Lindenhahn betrachtet dankenswerterweise auch die oft eigentümlichen Perspektiven, die Marc gelegentlich wählt und mit der er den Betrachter quasi ins Bild versetzt, damit dieser den Blickwinkel des Tieres einnimmt.

Der Autor bemüht sich sichtlich, den kunsttheoretischen Überlegungen Lebendigkeit zu verleihen, z. B. durch innere Monologe oder Gespräche. Das gelingt ihm nur bedingt; die Gespräche wirken oft recht hölzern und dienen deutlich nur der Information des Lesers.

Besonders schade ist es, dass das Buch keine farbigen Drucke zu den vorgestellten Bildern anbietet. Immerhin: das Cover zeigt das beeindruckende monumentale Bild Turm der blauen Pferde, das wohl am eindrücklichsten Marcs Kunst, vielleicht sogar die des Expressionismus, zeigt: vier Pferde in der Symbolfarbe des Geistigen, entmaterialisiert, kristallin, in Kathedralstruktur angeordnet und sich einem geistigen Bereich zuwendend.
Das Bild befand sich – dies als Ergänzung – zuletzt im Besitz Hermann Görings und ist seitdem verschollen.

Das Buch wird ergänzt durch eine ausführliche Bibliografie, Nachrufe, Zeittafeln und Quellennachweise.

Fazit: ein interessanter, kenntnisreicher Einblick in die fruchtbarsten Jahre Franz Marcs.

Bewertung vom 08.10.2023
Der Verwechsling
Lüftner, Kai

Der Verwechsling


ausgezeichnet

Der Verlag empfiehlt das Buch für Leser ab 6 Jahren, und also habe ich es K., unserem 7jährigen Enkelliebchen, vorgelesen und ihm auch die Beurteilung überlassen.

K. hat gespannt zugehört, und besonders gut hat ihm die Szene gefallen, wie Vilmar sich im Schoß der Oma zusammenkuschelt und sich so richtig gut aufgehoben fühlt. Mit Vilmar konnte sich K. sogar identifizieren, weil Vilmar dasselbe Hobby wie er hat: die beiden schnitzen gerne. Die Tatsache, dass Vilmar nicht mehr wächst und nicht spricht, fand er allerdings unheimlich und stellte sofort Vermutungen über den Grund an.

Aber: „Oma, was ist ein Verwechsling?“ Hm... Er hat es sich so zurechtgelegt, dass die Menschen das Kind verwechseln mit einem echten Menschenkind, und dass manche wachsen und sprechen so wie Hendrik, und andere eben nicht, so wie Vilmar. „Und was sind Unterirdische?“ „Kommt Vilmar aus dem Meer? Geht er wieder ins Meer?“ Die Geschichte lässt also Raum für die eigene Phantasie.

Die Sprache ist grundsätzlich altersangemessen, auch wenn der Begriff „Vegetationsgrenze“ erläutert werden muss. Sehr schön wird mit Worten und Wortspielereien eine märchenhafte Atmosphäre geschaffen. Der Märchenton wird nicht konsequent durchgezogen (z. B. der Ausdruck „altersgerecht“), was aber nur kurzfristig stört.

Die Märchenhaftigkeit wird unterstützt durch die wunderschönen Bilder von Emilia Dziubak, die wegen ihrer klaren Konturen und ihrer Farbgebung von Enkel und Oma sehr geschätzt wurden. Der nach Art der Mangas übergroße Kopf des kleinen Verwechslings störte den kindlichen Leser nicht.

Wir waren uns einig: ein wunderschönes Winterbuch!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.10.2023
Übertretung
Kennedy, Louise

Übertretung


ausgezeichnet

Eine Welt voller Hass und Gewalt im Irland der 70er Jahre öffnet sich in diesem Buch. Der Leser erlebt die irischen "troubles" aus der privaten Sicht von Cushla Laverty, einer jungen Lehrerin in Belfast. Trotz der Waffenruhe ist das tägliche Leben von Bombenattentaten, gewalttätigen und grausamen Übergriffen, Überwachung und von Polizeiwillkür gepägt. Cushla und ihre Familie gehören zur katholischen Minderheit in einem durchwegs protestantisch bewohnten Viertel. Sie wohnt noch bei ihrer Mutter, einer Alkoholikerin, und abends hilft sie ihrem Bruder in dessen Pub aus. Hier lernt sie den protestantischen Anwalt Michael kennen, mit dem sie schließlich eine leidenschaftliche Affäre beginnt.

Damit sind bereits einige „Übertretungen“ Cushlas benannt. Das ist zum einem die Tatsache, dass sie als junge Katholikin eine unmoralische Affäre hat und damit, jedenfalls nach Ansicht ihrer Familie, ihre Heiratschancen mindert. Zum anderen ist es der Umstand, dass Michael verheiratet ist, und, last not least, er ist Protestant. Die Beziehung wird daher von Geheimhaltung, von Verstellung und auch von Lügen begleitet.

Eine weitere Übertretung besteht darin, dass Cushla sich eines kleinen Schülers annimmt, dessen Vater katholisch, die Mutter aber protestantisch ist. Die Familie ist täglichen Schikanen und auch tätlichen Übergriffen seitens ihrer protestantischen Nachbarn ausgesetzt. Die Angriffe gehen so weit, dass der Vater grausam verletzt und arbeitsunfähig wird. Cushla übertritt hier die Aufgaben, die ihr als Lehrerin zugewiesen sind, und kümmert sich um die Familie, die unter dem äußeren Druck zerbricht.

Cushla sieht sich wegen dieser Übertretungen großem privaten Druck ausgesetzt, und zwar sowohl, von offizieller Seite durch den Schulleiter und den fanatisierten Priester, als auch im privaten Bereich durch Mutter und Bruder, die „tugendhaftes“ Verhalten einfordern. Auch hier übertritt Cushla tradierte Grenzen und verweigert das Nachleben von patriarchalischen Rollenvorstellungen. Sie wehrt sich gegen die Bevormundungen und damit auch gegen die traditionelle Abwertung der Frauen.

Damit vermischt die Autorin das Thema der Emanzipation mit den politischen-konfessionellen und auch sozialen Konflikten, die Irland viele Jahre polarisiert haben. Diese Vermischung gelingt ihr ohne jede Verwerfung, und es ist beklemmend zu lesen, wie die Zeitgeschichte im privaten Leben Cushlas zur Tragödie wird.

Fazit: Lesenswert!!

Bewertung vom 01.10.2023
Valentinstag
Ford, Richard

Valentinstag


ausgezeichnet

Frank Bascombe, dieser amerikanische Durchschnittsmann, ist wieder da. Wie sein Autor, der demnächst 80 Jahre alt wird, ist auch Frank Bascombe gealtert: er ist 74. Franks Leben steht vor einer besonderen Herausforderung. Sein Sohn Ralph ist bereits früh verstorben, die Ehe zerbrach an diesem Verlust, und nun begleitet er seinen Sohn Paul, der an der tödlichen Krankheit ALS leidet und bald sterben wird.

Der Plot ist eigentlich schnell erzählt: Vater und Sohn kaufen ein klappriges Wohnmobil und starten eine Tour zu den Absurditäten und Verrücktheiten der USA. Im Mittelpunkt steht dabei der Besuch des Mount Rushmore in Süd-Dakota, der Berg, in den die vier monumentalen Köpfe der Präsidenten George Washington, Thomas Jefferson, Abraham Lincoln und Theodore Roosevelt eingehauen sind. Ein Nationaldenkmal, ein Sinnbild des amerikanischen Selbstverständnisses und der Demokratie. Vater und Sohn sehen den organisatorischen Aufwand, die Parkplätze, die Menschenmassen, die pompöse Zugangsallee, die vielen Andenkenläden, den ganzen Konsum um dieses Denkmal herum, und sie sehen, dass das Denkmal bröckelt.

Diese Feststellung ist typisch für den ganzen Roman: nicht nur das Denkmal, dieser Shrine of Democracy, bröckelt, sondern auch das Land. Ford und sein Protagonist scheinen hier zu verschmelzen, wenn sie sehr genau beobachten und beschreiben. Die Furcht vor Amokschützen in öffentlichen Freiplätzen, der ungebremste Konsum in Einkaufsparadiesen, die Negierung ethnischer Rechte, heruntergekommene und überteuerte Motels, Fast-Food-Ketten, ein Casino, das von Indianern betrieben wird, endlose Straßen, endlose Vororte, touristisch aufgemotzte Orte, ein bizarres Maismuseum, die Mayo-Klinik als perfekt durchorganisierter riesiger Gesundheitspark, der den Tod negiert, und natürlich Trump - das ist der Blick, den Autor + Protagonist dem Leser vermitteln: ein ernüchternder Blick auf ein zerbröckelndes Land.

Das Verhältnis Vater-Sohn war nie das Beste, dennoch beschließt Frank, sich um den Sohn zu kümmern. Er beobachtet die schleichende Verschlechterung von Pauls Zustand, er registriert seine Muskelzuckungen, die zunehmende Muskelschwäche, die zu Stürzen führt, und seine Probleme beim Kauen und Sprechen. Es wäre also Zeit für das große Resümee, das die Klinik empfohlen hat. Und genau das tun sie nicht. Die Beiden reden viel, sie machen Witze, sie pflaumen sich an, aber sie reden nicht über die Dinge, die anstehen: Pauls Sterben und Tod. Aber hinter all den verbalen Spielereien klingt immer Franks tiefe Trauer über die Erkrankung des Sohnes heraus. Und diese verhaltene Mischung aus Tragik und Komik, aus Leid und Ironie macht den Roman anrührend bis zum letzten Satz.

Die Gedanken von Vater und Sohn kreisen um die Frage, woraus ein gutes Leben besteht. „Ein tolles Leben habe ich nicht hingelegt“, sagt der Sohn, und der Vater darauf: „Aber du hast dich ordentlich geschlagen.“ Damit sind sie beide zufrieden. Frank verzichtet darauf, mit dem Schicksal zu hadern und nach dem Warum zu fragen. Er lehnt sich nicht auf, sondern beugt sich und nimmt das Schicksal an, das ihm zugewiesen ist. Die Frage nach dem Glück beantwortet er nüchtern und in Anlehnung an Augustinus so, dass Glück die Abwesenheit von Unglück ist.
Und was ist ein gelungenes Leben? Die Antworten des Vaters auf diese Frage werden dem sterbenden Paul vorgelesen. Der Roman schließt mit dieser tröstlichen Aussage: Nicht alles hat Sinn und Zweck, vieles macht man nicht, obwohl man es machen wollte oder sollte, und auch wenn nicht alles klappt, wie es sollte, hat man trotzdem ein gelungenes Leben geführt.

Der Roman wurde perfekt und kongenial übersetzt von Frank Heibert, Chapeau!! Schade, dass das Nachwort der Print-Ausgabe im Hörbuch nicht enthalten ist!
Ebenso perfekt ist die Einlesung von Christian Brückner, dessen variationsstarke Stimme v. a. in den Dialogen überzeugt.