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seschat
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 895 Bewertungen
Bewertung vom 13.06.2023
Über Glück
Keller, Mark

Über Glück


ausgezeichnet

Ein durch und durch sympathischer Zeitgenosse
Als langjähriger Fan der ZDF-Produktion "Der Bergdoktor" ist mir Mark Keller als Dr. Kahnweiler erstmals wirklich aufgefallen. Gleichwohl er vorher erfolgreiche TV-Formate wie "Sterne des Südens" oder "Alarm für Cobra 11" hatte, kannte ich diesen durch und durch bescheidenen wie grundehrlichen Schauspieler davor nicht. Sein Buch "Über Glück" hat er mit zwei Co-Autoren verfasst. Es handelt von Mark Kellers ganz persönlichen Glücksmomenten, wobei es an allen Ecken und Enden menschelt. Der bekannte Seriendarsteller drängt sich dem Leser nicht auf, sondern lässt diesen en passant an wichtigen Wegmarken seiner Biografie teilhaben. Geboren in Überlingen am Bodensee (*1965) wurde Keller bereits mit 8 Monaten Halbwaise und wuchs bei seiner geliebten Oma Hedwig auf, die einfach alles für ihren kleinen Prinzen tat. Sport und Kunst sind bis heute seine Triebfedern. Neben der Schauspielerei schlägt sein Herz für die Musik von Elvis und Dean Martin und Filme der 60er Jahre. So ist er u.a. durch seinen musikalischen Auftritt in der Rudi Carrell Show bekannt geworden und war sogar Sänger bei der Bundeswehr Big Band. Sein Aufstieg nötigt Respekt ab, weil er seine Träume nie aufgegeben und viel erreicht hat. Der familiäre Zusammenhalt ist ihm sehr wichtig und das Band zu seinen 2 Söhnen, Joshua und Aaron, entsprechend eng. Ich habe Mark Kellers Buch förmlich inhaliert und in nicht einmal 2 Stunden durchgelesen. Seine Aufstehmentalität und seine Werte wirken inspirierend. Unverstellt und unaufgeregt berichtet er aus seinen Leben und erkennt dabei, dass das Glück im Kleinen bzw. Inneren am wertvollsten ist. Natürlich gibt dabei es auch exklusive Einblicke in die Bergdoktor-Welt und in die besondere Freundschaft zu Hans Sigl. Die einzelnen Kapitel sind zwar nicht frei von Wiederholungen bzw. persönlichen Mantras, aber stets pointiert ausformuliert. Einziges Manko sind die fehlenden Fotos. Dies kann auch das sympathisch-lächelnde Porträt auf dem Cover nicht wettmachen.

Fazit

Eine wirklich lesenswerte Lektüre über einen grundsoliden wie umtriebigen Schauspieler, der mich menschlich beeindruckt hat. Sportlich tut er dies sowieso, indem er sich täglich mit seinen Jungs sportlich duelliert und selbst im fortgesetzten Alter noch in den Spagat springt. Kurzum, Glück ist eine Frage des Mutes und der Einstellung.

Bewertung vom 01.06.2023
Babylons Vermächtnis (MP3-Download)
Black, Joe

Babylons Vermächtnis (MP3-Download)


sehr gut

Ich habe mich der Thrillerreihe um den Archäologen Nikolaidis zuerst mit dem zweiten Band genähert und nun den Auftaktroman "Babylons Vermächtnis" gelesen. Die Figuren und Handlungsorte kannte ich dadurch schon. Im Vergleich zum zweiten Band ist der erste etwas konfuser angelegt. D.h. viel zu häufig wird zwischen Figuren und Städten (New York, Alexandria, Mossul usw.) hin und her gesprungen, was eine aufmerksame Lektüre erfordert. Die syrischen Kriegsszenen sind zudem nichts für zarte Gemüter. Die Paläografin Ilana Shaik war meine Heldin meine persönliche Lieblingsfigur und Heldin. Sie durchlebt schreckliches im Kriegsgebiet und will doch nur sprachliche Kulturgüter bewahren und übersetzen. Die ominösen Schriftrollen aus dem 7. Jh. inkl. antiker Münzen sind Dreh- und Angelpunkt der Handlung. Neben Ilana, die mit Konstatin verbandelt ist, kämpfen private Sammler und Extremisten um diese hoch brisanten Schriftstücke. Darin wird die Göttin Ischtar als Urmutter der Religionen gefeiert, vor allem des Christentums, gefeiert. Joe Black verbindet in seinem Erstling Fiktion mit wahre Begebenheiten auf frappierend realistische Weise. Der Abenteuer- und Trillerfaktor ist hoch. Am Ende zog sich die Story allerdings etwas. Nichtsdestotrotz habe ich Joe Blacks Thriller mit Verve gelesen und mich über seine archäologisch-geschichtlichen Ausflüge sehr gefreut.

FAZIT
Eine spannende Mischung aus Thriller und Historienroman.

Bewertung vom 22.05.2023
Falsch verliebt ist auch ok
Gercke, Martina

Falsch verliebt ist auch ok


ausgezeichnet

Lockerleichte Liebesgeschichte

Ich kann von Martina Gerckes Liebesromanen einfach nicht genug bekommen. Sie sind witzig und oft viel zu schön, um wahr zu sein. Ihr neuestes Werk "Falsch verliebt ist auch ok" ist wieder ein richtiger Frauenroman geworden, den ich ab der ersten Seite einfach nicht mehr weglegen konnte.

Worum geht's?
Die Goldschmiedin Kinsey Walsh besitzt einen kleinen Laden in Notting Hill, der momentan finanziell nicht gut dasteht. Da kommt der Vorschlag ihrer vermögenden Freundin Juliette, sie beim High Society Event auf Blenheim Palace zu vertreten, wie gerufen. Hier kann Kinsey sicherlich neue Kundenkontakte knüpfen. Blöd nur, dass es das Junggesellenevent schlechthin ist und Kinsey sich Hals über Kopf in den selbstsicheren Polospieler Tyler Lepley verliebt. Dieser wiederum wurde von seinem Vater auf Juliette angesetzt, um das Familienunternehmen zu retten. Und Kinsey gibt sich auf dem Ball als Juliette aus, so dass beide ein falsches Spiel spielen...

Meinung
Martina Gerckes neuester Liebesroman las sich ausgesprochen flüssig und unterhaltsam. Ich bin förmlich über die Seiten geflogen und habe mich herrlich über die selbstironischen wie starken Frauenfiguren amüsiert. Die Hauptprotagonistin Kinsey habe ich ab dem ersten Moment in mein Leserherz geschlossen. Diese teilt sich mit Tyler die Erzählerrolle. Auf diese Weise bekommt man als Leser exklusive Einblicke in beider Gefühlsleben - was ungemein spannend ist, weil beide überzeugte Singles sind und auf einmal die große Liebe finden. Noch mehr als die Verwechslungs-Lovestory zwischen Kinsey und Tyler mochte ich die unabhängige Unternehmerin Flossy - eine burschikose Feministin durch und durch. Auch Kinseys bunte Freundeschar aus Reichentochter Juliette, dem schwulen Chirurgen Marcus und der attraktiven Rechtsanwältin Posey bot allerhand Erheiterung. Gerckes lockerleichte Story lebte davon, dass beide Hauptfiguren sich zwar im Hochstapeln übertreffen und dennoch die Liebe obsiegt. Das pompöse Ballevent auf Blenheim Palace hat mich unweigerlich an Aschenputtel denken lassen. Selbst nach Beendigung der Lektüre wirkte der märchenhafte Zauber der Geschichte noch nach. Manch romantisch gesinnte Leserin würde sicherlich gern solch eine Liebesgeschichte durchleben. Das rosarote bzw. harmonische Happyend war aber auch einfach perfekt.

Die Covergestaltung ist wie immer ein Eyecatcher und bildet mit dem Buchinhalt eine stimmige Melange.

Fazit
Ein unterhaltsamer Liebesroman, der zum Träumen einlädt und an die einzig wahre Liebe glauben lässt. Vielleicht etwas kitschig, aber einfach wunderbar romantisch.

Bewertung vom 20.05.2023
Solitaire (deutsche Ausgabe)
Oseman, Alice

Solitaire (deutsche Ausgabe)


sehr gut

INHALT

Die Nachwuchsautorin Alice Oseman wurde für ihren Debütroman "Solitaire" 2015 gefeiert. Dieser handelt von der 16-jährigen Oberstufenschülerin Victoria Springs aus London. Schule und Freundschaften öden Victoria an, lieber verkriecht sie sich im Bett und bloggt. Während andere ihre Jugend feiern, ist sie depressiv und hat mit der Außenwelt abgeschlossen. Dies ändert sich, als Nerd Michael Holden und die geheimnisvolle Solitaire-Organisation in ihr Leben treten. Auf einmal wird sie täglich dazu animiert, zu leben und weniger pessimistisch zu sein. Doch will Victoria überhaupt ihrem gewohnten Alltagstrott entfliehen?

MEINUNG

Ich habe Osemans Coming-of-Age-Roman mit Interesse gelesen, auch wegen der vollmundigen Vorschusslorbeeren. Victoria Springs ist eine intelligente, wenn auch stark schwarzmalende und scheue Hauptprotagonistin wie Ich-Erzählerin. Mit ihr wurde ich sofort warm, weil ich mich selbst während meiner Schulzeit als anders empfand. Typische Mädchensachen und Partys lehnt sie ab und schafft sich lieber eigene Welten. Dass sie ausgerechnet in Michael Holden einen Seelenverwandten findet, lässt Victoria aufblühen, wenn auch nur langsam. Der erfolgreiche Eisschnellläufer stiehlt sich wie der Solitaire-Verein in ihr Leben. Und sie fragt sich, wie jemand für sie - eine "Menschen hassende Psychopathin" Gefühle haben kann? Diese vertrackte Pubertätssituation zeichnet Oseman ungemein authentisch und damit mitreißend nach. Ich habe sehr mit Victoria im Verlauf ihrer Metamorphose mitgefiebert. Das dramatisch inszenierte Ende passte auch. Insgesamt las sich Osemans Debütwerk recht flüssig. Die Solitaire-Idee brachte anhaltende Spannung in den Plot, obgleich ich von Anfang an wusste, wer hinter diesem Verein steckte.

FAZIT

Ein gelungener Jugendroman, besonders für 15- bis 17-jährige Leser, die mit ihrem Leben und der Schule hadern.

Bewertung vom 15.05.2023
Das L in Frau steht für lustig
Brandner, Julia

Das L in Frau steht für lustig


ausgezeichnet

Frausein in 2023

Die österreichische Influencerin und Comedienne Julia Brandner lässt sich nicht gern von Männern in Schubladen stecken. Sie lebt ihr Leben, so wie es ihr und nicht der patriarchalischen Gesellschaft gefällt. Als überzeugte Feministin nimmt sie gleich Alice Schwarzer kein Blatt vor den Mund und beschwört die Vielfalt. Body Positivity und Authentizität sind ihre Themen. Verstaubte Rollenbilder waren gestern. Die Mitzwanzigerin berichtet in ihrem Buch von Männern, die ihr ungewollt, Tipps zum optimalen Frauenbild/Frausein gaben. Sie ist es leid, nur nach Äußerlichkeiten bewertet zu werden, was ich gut verstehen kann. Denn Frausein im 21. Jh. ist so viel mehr als. Es bedeutet vor allem Unabhängigkeit. Indem Julia Brandner gern das Gegenteil vom klischeebehafteten Frauenbild abgibt, provoziert sie die Männerwelt bewusst, um den ein oder anderen zum Nachdenken zu bewegen. Selbstbewusst und um keinen Kommentar verlegen, zeigt Brandner, dass Frauen sich nicht mehr verstellen müssen, um gesehen zu werden. Ihr selbstredender Buchtitel hat mich sofort angesprochen und an typische Männerkommentare à la "Lach doch mal!" denken lassen.

Bewertung vom 15.05.2023
Noch wach?
Stuckrad-Barre, Benjamin von

Noch wach?


sehr gut

Der Bildskandal und seine Folgen

Seit seinem grandiosen autobiografischen Werk "Panikherz" beschäftige ich mich mit dem deutschen Popliteraten Benjamin von Stuckrad-Barre. In seinem neuesten Buch "Noch wach?" setzt er sich mit dem BILD-Skandal um den Ex-Chefredakteur Julian Reichelt auseinander, der weibliche Kolleginnen sexuell belästigt haben soll. Das Ganze ist insofern brisant, als dass Stuckrad-Barre einst selbst für den Springer-Verlag gearbeitet hat und gut mit dem Springer-Chef Mathias Döpfner befreundet ist. In "Noch wach?" agiert Stuckrad-Barre unverkennbar als Erzähler und wird ungewollt zum Vorkämpfer für #MeToo in der deutschen Medienlandschaft. Durch Kontakt zu einer jungen BILD-TV-Journalistin lernt er die perfiden männlichen Machtstrukturen im Hause Springer kennen. Infolge melden sich immer mehr weibliche Opfer des Chefredakteurs und verbinden sich zur sog. Bonobo-Gruppe. Aufstieg und Fall waren eng an körperliche Gefälligkeiten gebunden. Mithilfe des Transatlantik-Verlags wird der Skandal dann erstmals publik gemacht, doch die Macht der Medienanwälte scheint größer zu sein. Währenddessen hält sich der Autor bzw. Erzähler immer wieder im legendären Hollywood-Hotel Chateau Marmont auf, in dem er gleichzeitig mit der Weinstein-Affäre konfrontiert wird. So gerät er zwischen die Fronten, verliert seinen Freund und zeichnet zugleich den Fortgang des BILD-Skandals minutiös nach.

Mit seinen typischem nonchalanten Sprachstil vermochte mich Stuckrad-Barre mal wieder ab der ersten Zeile abzuholen. Die Versalienschreibweise mancher Begriffe hat mich nicht gestört, dient sie doch dazu, den Fokus bewusst auf manche Aussagen zu lenken und ist ein Stilmerkmal der Popliteratur. Mit seinen Neologismen wie "Gemeinseligkeit" oder "antiintelligent" traf er stets den richtigen Ton. Stuckrad-Barres Darstellung - eine Mischung aus Fiktion und Realität - zeigt eindrücklich, wie auch heute noch im Journalismus Frauen durch Mansplaining bewusst auf ihr Äußeres reduziert werden und Machtmissbrauch vor aller Augen stattfindet. Es ist beschämend und wichtig zugleich, solch ein hochaktuelles Thema belletristisch zu verarbeiten. Gleichwohl die Lektüre mir nicht immer leicht fiel, auch weil sich einiges im Verlauf wiederholte, habe ich sie bis zum Ende als aufschlussreich empfunden.

Bewertung vom 04.05.2023
Venezianische Finsternis (eBook, ePUB)
Gesing, Daniela

Venezianische Finsternis (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

INHALT
Der Antiquitätenhändler Edoardo Bianchi wird nachts in seinem Geschäft überfallen und gewaltsam ermordet. Der geöffnete Tresor spricht für einen Raubmord. Doch welche Kostbarkeit hat Bianchi dort aufbewahrt? Nach ersten Erkenntnissen war er ein ausgesprochener Ägyptenkenner und häufiger Gast im archäologischen Museum Venedigs. Die Lösung des Falls ist für Commissario Luca Brassoni auch ein privates Anliegen, da der Lebensgefährte seines Cousins ebenfalls vom Täter schwer am Schädel verletzt wurde.

MEINUNG
Ich liebe die Krimireihe um Commissario Luca Brassoni einfach und habe bisher alle Bände von Daniela Gesing gelesen. Dieses Mal wird der Leser in die spannende Welt der Kunst und des Kunsthandels entführt. Das archäologische Museum der Stadt spielt dabei eine zentrale Rolle. Hier ist eine Ausstellung mit ägyptischen Altertümern geplant, die den toten Antiquitätenhändler sehr interessierte. Dementsprechend sind alle einflussreichen Museumsmitarbeiter, von der Kuratorin über ihren Assistenten bis zum Direktor, erst einmal verdächtig. Auch die Familie Bianchi gerät ins Fadenkreuz der Ermittlungen. Um letztere muss sich der talentierte Commissario Brassoni im achten Fall allein kümmern, da sich sein Kollege Maurizio Goldini im Vaterschaftsurlaub befindet. Daneben versucht Brassoni seine Familie nicht zu vernachlässigen. Da ist es praktisch, dass er seinen Hund Picco mit aufs Polizeirevier nehmen darf und eine Frau Carla die Gerichtsmedizin leitet. Die Mischung aus verzwickten Kriminalfall und venezianischen Lebensgefühl war wie immer recht apart und eine Lektüre wert. Zumal sich die einzelnen Charaktere weiterentwickeln und allesamt interessant sind. Spannungstechnisch erreicht die Handlung am Ende ihren Höhepunkt, wobei mich die Enttarnung des Täters und seiner Motive sehr überrascht hat.

FAZIT
Eine gelungene Fortsetzung der venezianischen Krimireihe, die auch für Kenner nie langweilig wird. Wer Donna Leons Brunetti mag, der wird auch Daniela Gesings authentischen Ermittler Brassoni lieben.

Bewertung vom 22.04.2023
Jana, 39, ungeküsst
Crämer, Jana

Jana, 39, ungeküsst


ausgezeichnet

Erfolgsautor Sebastian Fitzek empfiehlt Jana Crämers Buch seinen Kindern - und das vollkommen zu recht. Mich hat die Geschichte der 39-jährigen Influencerin und Musikagentin ab der ersten Zeile gepackt. Das lag nicht nur daran, dass ich gerade einmal 2 Jahre jünger als die Autorin bin, sondern vor allem an ihrer herzerfrischend ehrlichen Art. Denn anders als die meisten Erwachsenen in ihrem Alter hatte sie noch nie einen Freund, umgibt sich nicht mit Statussymbolen und ist Social-Media-Star. In ihrer Autobiografie beschreibt Jana Crämer ihren steinigen Weg zur Selbstliebe. Krankheiten (Adipositas, Lipödem, MS) und Hass haben sie nicht gebrochen, sondern stärker werden lassen. Sie will sich nicht mehr über andere und deren vermeintliches Lebensglück, abgebildet auf Instagram & Co, definieren. Diese Entwicklung zeichnet sie scheibchenweise nach, indem sie unentwegt Zwiesprache mit ihrem jüngeren Ich hält und diesem Tipps gibt, was mich an diesem Buch am meisten begeistert hat. Crämer blickt schonungslos unverstellt zurück und trauert mitnichten verpassten Chancen in der Jugend nach. Nach Psychotherapie und Gewichtsreduktion von 100 Kilo ist sie heute bei sich angekommen und stolz auf ihr Leben. Den Druck von außen und gängige Schönheitsideale hat sie abgelegt und stärkt junge Frauen mit ihrem BKK-Programm "bauchgefühl". Crämers vielschichtige Gedankengänge und brutale Selbstreflexion haben mich förmlich durch das Buch getragen. Am spannendsten fand ich die abgedruckten Beiträge aus ihrer Community, weil diese zeigen, dass Leben mehr als eine schöne Fassade und Lebensglück ganz individuell ist.

FAZIT
Ein starkes Buch für starke Frauen, das Mut macht, zum Anderssein zu stehen und sich von Gesellschaft und Erwartungen nicht beeinflussen zu lassen. Mainstream war gestern. In Zeiten von Bodyshaming, Cybermobbing & Co genau die richtige Lektüre.

Bewertung vom 11.04.2023
Loriot. 100 Seiten
Schwanebeck, Wieland

Loriot. 100 Seiten


sehr gut

Lohnenswerte Einführung

Ich gebe es zu, dass ich ein ausgesprochener Fan der 100-Seiten-Buchreihe von Reclam bin. Kurz und bündig gelangt der Leser hierbei an Wissen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Für Loriot konnte ich mich erst im fortgeschrittenen Alter begeistern. Kein anderer Humorist schaffte es auf solch geniale Weise, Sketche auf den Punkt zu komponieren. Der Literatur- und Kulturwissenschaftler Wieland Schwanebeck ist selbst ein eingefleischter Anhänger des deutschen Ausnahmekünstlers und musste sich entsprechend beschränken, um nur 100 Seiten zu füllen. Herausgekommen ist dabei ein wirklich wohl recherchiertes Werk mit passenden Grafiken und Fotos. Bisweilen empfand ich den Sprachstil als etwas zu universitär, d.h. als zu anspruchsvoll und mit Schachtelsätzen überfrachtet. Nichtsdestotrotz bekommt man spannende Einblicke in Biografie und Werk des preußischen Humoristen. Loriot, der mit bürgerlichen Namen Bernhard-Viktor-Christoph-Carl von Bülow hieß, parodierte am liebsten den deutschen Kleinbürger der 60er und 70er Jahre. Angefangen hat er als Zeichner bzw. Karikaturist bei Stern & Co und schaffte es sogar mit eigenen Filmen wie "Ödipussi" oder "Papa ante portas" ins TV. Vorbilder waren Buster Keaton und Monty Python. Seinen trockenen wie intellektuellen Humor mag ich besonders. Die Redewendungen bzw. Aussprüche aus seinen Sketchen wie z. B. "Die Nudel" oder "Kosakenzipfel" sind bis heute in aller Munde. Auch seine Vorliebe für die Hunderasse Mops macht Loriot sympathisch. Das mediale Multitalent Loriot wäre dieses Jahr, 2023, 100 Jahre alt geworden, was man seinem zeitlosen Œuvre allerdings nicht anmerkt. Alles in allem ist das vorliegende Heftchen eine kurzweilige Einführungsliteratur.

Bewertung vom 10.04.2023
Glück im Unglück
Schreiber, Constantin

Glück im Unglück


ausgezeichnet

Mit jedem Buch wird mir der Tagesschau-Sprecher und Nahost-Experte Constantin Schreiber (*1979) sympathischer. Sein neuestes Werk "Glück im Unglück" handelt vom persönlichen Umgang mit schlechten Nachrichten und der Suche nach dem Glück. Der Hanseat Schreiber macht aus seinem Unwohlsein bei der Bekanntgabe von Katastrophenmeldungen keinen Hehl. Die Dauerberieselung mit Bad News geht auch an ihm nicht spurlos vorbei und führt zur sog. News-Fatigue. Mithilfe von Kompensationsstrategien gelingt es ihm, inmitten von globalem Unglück wieder glücklich sein. So entdeckt er das Klavierspielen wieder, macht Sport, spendet Blut oder reist nach der Corona-Zeit erstmals wieder ins Ausland. Infolge beschäftigt sich Schreiber bewusst mit sich und seinem Leben und lernt dabei eine Menge, aber vor allem sich dem panischen Zeitgeist nicht unterzuordnen.

Mich hat Constantin Schreibers Buch sehr angesprochen, weil es den Menschen hinter dem Journalisten abbildet. So erfährt man im Laufe der Lektüre u.a., dass er am Gymnasium das Leistungsfach Latein gewählt hat und bis heute ein altsprachlich-historisch interessierter Zeitgenosse ist, was mich als studierte Altertumswissenschaftlerin sehr freut. Darüber hinaus ist er ein überaus reflektierter Autor, der zum einen multiperspektivisch, zum anderen subjektiv argumentiert. Ich habe die 118 Buchseiten (E-Book) schnell durchgelesen und mich dank der konzisen Sprache nicht ein einziges Mal gelangweilt.

Wer mehr über die derzeitige Nachrichtenwelt und besonders über Constantin Schreiber erfahren möchte, der greife zu diesem persönlichen wie informativen Büchlein. Quintessenz: Jeder ist seines Glückes Schmied.