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Elchi130
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Essen

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Insgesamt 418 Bewertungen
Bewertung vom 04.04.2023
Die Radfahrerin
Leonard, Susanna

Die Radfahrerin


ausgezeichnet

Ein tolles Buch

Im Jahr 1894 setzt sich die 22-jährige Annie auf ein Fahrrad, um in 15 Monaten als erste Frau die Welt auf einem Fahrrad zu umrunden. Sie muss jedoch nicht nur innerhalb dieser Zeit eine festgelegte Route befahren, sondern auch noch 5.000 Dollar verdienen, ohne Geschenke oder Spenden anzunehmen. Dabei schlägt ihr viel Respekt und Jubel, aber auch Verachtung und Neid entgegen.

Die Autorin Susanna Leonard schafft es hervorragend, mir als Leserin ein Gefühl für die damalige Zeit zu geben. Was heißt es, als junge Frau im Jahr 1894 mit drei Kindern im jüdischen Ghetto von Boston zu leben? Welche Rolle sollen Frauen in der Gesellschaft einnehmen? Wie gehen Frauen mit diesen an sie herangetragenen Ansprüchen um? Was passiert, wenn eine Frau ausbricht und sich alleine mit einem Fahrrad auf den Weg um die Welt begibt? Susanna Leonard ist es sehr gut gelungen, sowohl die Unterstützung, die Annie erhalten hat, einzufangen als auch die Skepsis, besonders der Männerwelt, gegenüber einer Frau, die Fahrrad fährt.

Der Schreibstil ist unglaublich mitreißend, sodass ich am liebsten ohne Pause gelesen hätte. Das Leben von Annie und auch die Abenteuer, die sie auf ihrer Weltreise erlebt, erscheinen wie in einem Film vor mir als Leserin. Zu Beginn des Buches hat die Autorin mich für Annie eingenommen. Ihre Verzweiflung und Resignation, aufgrund ihrer persönlichen Umstände, waren greifbar. Aber auch ihre Tatkraft, ihre Stärke und ihr Mut sorgten dafür, dass ich Annie sofort mochte. Auf ihrer Fahrt um die Welt, haben ihr gerade diese Eigenschaften enorm geholfen. Allerdings zeigte uns die Autorin da auch einen anderen Teil ihrer Persönlichkeit, der ihr bestimmt ebenfalls sehr geholfen hat, die Fahrt zu überstehen, der jedoch auf mich eher abstoßend wirkte und mich von ihr entfernt hat.

Während des Lesens habe ich mich sehr oft gefragt, was in dem Buch auf Fakten beruht und was der Fantasie der Autorin entsprungen ist. Zwar erklärt Susanna Leonard, dass es nicht viele Aufzeichnungen über Annie Londonderry gibt und sie deshalb oft ihre Fantasie bemühen musste. Ich hätte dies jedoch gerne noch ausführlicher erklärt gehabt. Z.B. habe ich mich immer wieder gefragt, ob es die Aufzeichnungen aus dem Reisetagebuch wirklich gibt. Wirklich entnehmen konnte ich dem Nachwort jedoch nur, dass es über die Weltreise Zeitungsartikel gibt, die bei der Rekonstruktion der Reise geholfen haben.

Nichts desto trotz hat mich das Buch gut unterhalten und mir einen guten Eindruck von der damaligen Zeit vermittelt. Deshalb empfehle ich dieses Buch sehr gerne.

Bewertung vom 30.03.2023
Gallant
Schwab, V. E.

Gallant


gut

Hat mich inhaltlich leider nicht erreicht

Olivia Prior wächst in einem Waisenhaus auf. Die einzige Erinnerung an ihre Eltern ist ein Tagebuch ihrer Mutter. Doch eines Tages erreicht sie ein Brief ihres Onkels, der sie einlädt nach Gallant, ian den Stammsitz ihrer Familie, zu kommen. Sofort wird sie aus dem Waisenhaus in die Obhut ihrer Familie entlassen. Doch dort angekommen, muss sie feststellen, dass nichts so ist, wie sie es erwartet hat.

Zunächst einmal möchte ich hervorheben, dass der Schreibstil der Autorin V.E. Schwab in vielerlei Hinsicht bemerkenswert ist. Ihre Formulierungen sind wohlgeschliffen, teilweise schon poetisch. Zudem verbindet sie verschiedene Erzählstile gekonnt und mit scheinbarer Leichtigkeit miteinander. So ergänzt sie den Haupttext ihrer Geschichte durch Tagebuchaufzeichnungen, gezeichnete Bilder und einen Spiegelbildtext, der in weißer Schrift auf schwarzem Grund erscheint. Das alles sind tolle Elemente, die ihren Erzählstil für mich besonders, ja fast einzigartig machen. Besonders die wiederholte, geschickte Einbindung des Tagebuchs und das damit erreichte tiefere Verständnis für die Geschichte bei mir als Leserin, habe ich sehr faszinierend gefunden.

Doch leider konnte das Buch „Gallant – Im Garten der Schatten“ mich inhaltlich nur selten erreichen. Nämlich in den oben genannten Momenten, wenn die Autorin mit den verschiedenen Stilmitteln spielte. Ansonsten herrschte oft ein beschreibender Erzählstil vor, der mich ermüdet hat und durch den keinerlei Interesse für das Geschehen in mir aufkam.

Zudem bin ich zu der Erkenntnis gelangt, dass ich dem Genre des Schauerromans nichts abgewinnen kann. Einen Ort oder ein Gebäude als etwas Böses zu betrachte oder einen Fluch für alles verantwortlich zu machen, was geschehen ist bzw. noch geschieht, finde ich einfach nicht spannend. Für die unheimliche, bedrohliche oder albtraumhafte Atmosphäre bin ich offenbar nicht empfänglich, da sie vor allem durch Beschreibungen hervorgerufen wird. Einen Schreibstil der von Beschreibungen lebt, empfinde ich jedoch als sehr distanziert, sodass ich von oben auf das Geschehen schaue und nicht mittendrin bin.

Positiv möchte ich noch anmerken, dass bei diesem Buch das Cover perfekt zum Inhalt passt. Das ist eher selten der Fall, weshalb ich es hier hervorheben möchte.

Fazit: Insgesamt kein Buch für mich, da mich der Inhalt über weite Strecken nicht erreichen konnte, sondern gelangweilt hat. Obwohl mich die Autorin mit ihrem gekonnten Jonglieren unterschiedlicher Erzählstile begeistern konnte.

Bewertung vom 27.03.2023
Remember when Trust was found / Remember Bd.3 (eBook, ePUB)
Goldberg, Anne

Remember when Trust was found / Remember Bd.3 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die Geschichte hat mich richtig aufgewühlt

Bis vor 9 Monaten hatten Flora und Logan eine Büroaffäre. Doch dann hat Flora erfahren, dass sie nicht die einzige Frau an Logans Seite ist. Sie hat sich geschworen, nie wieder mit ihm zusammenzuarbeiten. Doch dann droht das Projekt von Logan und seinem Team zu scheitern und Flora soll es richten. Das bedeutet, dass sie wieder eng mit Logan zusammenarbeiten muss. Kein Problem, denn sie ist seit Monaten glücklich liiert und will beruflich weiter hinauf auf der Karriereleiter.

Die beiden Hauptfiguren Logan und Flora hatten mein Herz im Handumdrehen erobert. Logan ist ein netter Kerl, auch wenn er für sein Alter unreif ist, was Beziehungen angeht. Und Flora ist eine erfolgreiche, zielstrebige und starke Frau. Obwohl die beiden eine gemeinsame Vergangenheit haben, die wie ein großer Elefant im Raum steht, wenn sie aufeinandertreffen, spürt man auch die Chemie der beiden, die stimmt und verspricht, dass es noch nicht vorbei ist. Aber dazwischen steht Simon, der neue von Partner von Flora, der nicht bereit ist, sie so einfach wieder herzugeben.

Die Geschichte, die dieses Buch erzählt, hat mich sehr mitgenommen. Die Autorin versteht es hervorragend, schon zu Beginn unterschwellig zu vermitteln, dass etwas ganz und gar nicht so ist, wie es sein sollte. Dieses Unbehagen hat sich auf meine Schultern gelegt und sich dort gehalten, bis ich die Bestätigung meiner Befürchtungen erhalten habe. Immer wieder konnte ich es kaum ertragen, weiterzulesen. Doch aufzuhören war auch keine Option. Die Handlung war spannend wie ein Thriller. Anne Goldberg hat es hervorragend geschafft, mir die Gefühls- und Gedankenwelt ihrer Figuren zu vermitteln. Immer wieder habe ich mir gewünscht, ich könnte in das Geschehen eingreifen, um den Verlauf zu ändern. Trotzdem hat die Autorin es sehr gut verstanden, nie einen Schritt zu weit zu gehen. Sie hat mit ihren Beschreibungen immer genau da gestoppt, wo es zwar weh getan hat, aber noch auszuhalten war.

Besonders Logans Verhalten hat mich im Laufe des Buches immer mehr überzeugt. Er reift, wird erwachsen, stellt sich zurück, um im Notfall da zu sein. Dazu kommt, dass er ein toller großer Bruder ist und sein Verhalten gegenüber seiner kleinen Schwester einfach perfekt ist. Schon dafür hätte er sich einen ewigen Platz in meinem Herzen verdient. Doch im Laufe des Buches erobert er mein Herz immer wieder.

Ein tolles Buch mit einem sehr ernsten Thema, das mich auf ganzer Linie überzeugt hat.

Bewertung vom 26.03.2023
Wer die Hölle kennt / Alex Stern Bd.2
Bardugo, Leigh

Wer die Hölle kennt / Alex Stern Bd.2


ausgezeichnet

Ein irrer Höllenritt

Alex Stern hat nur eines im Sinn, ihren Mentor Daniel Arlington nach Hause zu holen. Doch dafür muss sie in die Hölle hinabsteigen. Denn dahin ist Arlington verbannt worden. Diese Aufgabe schafft Alex nicht alleine. Sie braucht starke Verbündete und die findet sie auch.

Mit Spannung habe ich den Nachfolgeroman zu „Das neunte Haus“ von Leigh Bardugo erwartet. Nachdem Band 1 für mich ein überraschendes Highlight war, wollte ich unbedingt wissen, wie Alex Stern sich in Yale schlägt und ob es ihr gelingt, ihren Mentor aus der Hölle zu befreien.

Sehr schnell war ich wieder von dem Schreibstil der Autorin eingenommen. Sie hat einen ganz eigenen Erzählstil, den ich als sehr dicht und ungemein komplex empfinde. Selbst, wenn auf der Handlungsebene vordergründig gar nicht viel passiert, ist höchste Konzentration gefordert, damit ich als Leserin bei diesem kompakten Schreibstil nicht den Faden verliere. Ein bisschen ist es ein Gefühl, als ob ich mich in einem Irrgarten befinde und den Weg nach draußen suche – auf eine sehr positive Art und Weise. Ich liebe es, denn ich fühle mich von der Autorin auf beste Art und Weise unterhalten.

Alex Stern ist eine tolle Hauptfigur. Sie ist düster, klug, mutig und findet immer einen Weg, um sich ans Ziel zu kämpfen. Ergänzt wird sie von Dawes, die sehr belesen, zudem mütterlich und fürsorglich ist. Turner steht als Polizist auf der Seite des Gesetzes, hilft und unterstützt Alex jedoch, wo er nur kann. Als Bereicherung habe ich Mercy, die Mitbewohnerin von Alex, empfunden. Neugierig, loyal und ein Lexikon an Wissen. Leigh Bardugo schafft es immer wieder, mich mit ihren Figuren zu überzeugen.

Allerdings finde ich das Buch „Wer die Hölle kennt“ an der einen oder anderen Stelle zu ausführlich und insgesamt zu lang geraten. 50 Seiten weniger hätten dem Buch gut getan, um sich für mich rund anzufühlen und wieder ein Highlight zu werden. Auch hat mich das Ende bzw. der Ausblick auf den nächsten Band ein wenig enttäuscht. Ich hatte gehofft, dass wir uns wieder in Richtung der acht Studentenverbindungen, ihrer Rituale und der Aufgabe des neunten Hauses, diese zu überwachen, bewegen. Daher blicke ich dem dritten Teil im Moment eher skeptisch entgegen.

Bewertung vom 26.03.2023
Gestohlenes Erbe / Fallen Kingdom Bd.1
Müller-Braun, Dana

Gestohlenes Erbe / Fallen Kingdom Bd.1


ausgezeichnet

Ich war am Ende so wütend wegen der ganzen Intrigen

Im Reich Jaraskai gibt es die Fürstentümer der sieben Todsünden und als achtes das Reich der Wahrheit. Es werden immer zwei zueinander gehörende Kinder geboren. Das erste als Wächter für das zweite Kind. Als das Reich der Wahrheit überfallen wird, fliehen die Schwestern Navien und Aviell. Um ihre Schwester Aviell, die Prinzessin des Reiches der Wahrheit, zu beschützen, tauscht Navien mit ihr die Rolle und gibt sich als Prinzessin aus. Schon bald findet sie sich in einer Welt aus Lügen, Manipulationen und Intrigen wieder.

Die Autorin Dana Müller-Braun hat mit „Fallen Kingdom – Gestohlenes Erbe“ eine spannende Welt erschaffen. Wir treffen auf die Fürsten der sieben Todsünden, deren Fürstentümer so unterschiedlich sind, wie sie selbst. Es gibt Menschen, Dämonen und Engel. Doch die Zuordnung, wer gut und wer böse ist, ist nicht so klar und einfach, wie es auf den ersten Blick scheint.

Die zentrale Figur des Buches ist Navien, eine sogenannte Heroe. Das bedeutet, dass sie die Erstgeborene eines Geschwisterpaares ist. In ihr fließt dämonisches Blut, weshalb sie als unrein gilt und ihre Aufgabe darin besteht, ihre Schwester mit allen Mitteln zu beschützen. Sie ist eine starke, kämpferische Person, die sich nach Liebe sehnt. Letzteres hat mich irgendwann ziemlich genervt, weil sie dadurch nicht im Stande ist, sich auf sich zu besinnen und ihre Stärke für sich selbst einzusetzen.

Die Autorin spinnt ein Netz aus falschen Spielen, Intrigen, Lügen und Manipulationen, das für mich als Leserin bis zum Ende hin nicht zu durchschauen war. Das sorgt für Spannung und hat mich immer wieder an allen und allem zweifeln lassen. Dazu kommt, dass sich das Erzähltempo immer weiter erhöht und ich das Buch irgendwann gar nicht mehr aus der Hand legen konnte. Die Ereignisse überschlagen sich immer wieder, ändern die Richtung, um dann doch im nächsten Augenblick wieder ganz anders zu sein, als gedacht. Das sorgte immer wieder für eine Atemlosigkeit bei mir, weil ich oft kaum hinterherkam.

Gegen Ende machten mich die vielen falschen Spiele, Geheimnisse und Intrigen dann jedoch einfach nur noch wütend. Nicht auf die Autorin, sondern auf die handelnden Personen im Buch, die ihre Interessen ohne Rücksicht durchsetzen und dabei weder Freund noch Feind verschonen.

Nun wünsche ich mir vor allen Dingen, dass Teil 2 schnell erscheint, damit ich endlich erfahre, wie alles zusammenhängt und wer am Ende siegt und überlebt.

Bewertung vom 22.03.2023
Tödlicher Genuss / Die Hausboot-Detektei Bd.1
Achterop, Amy

Tödlicher Genuss / Die Hausboot-Detektei Bd.1


sehr gut

Für einen ersten Teil super

Der ehemalige Amsterdamer Polizist Arie möchte eine Detektei gründen. Dafür sucht er sich ein paar Mitstreiter, nämlich den Engländer Jack, die Krav-Maga-Trainerin Maggie und den Ex-Beamten Jan. Auf Jans Empfehlung hin ergänzt die Lappländerin Elin die Runde. Gemeinsam werden sie die Hausboot-Detektei. Einen ersten Auftrag bekommen sie auch schnell. Der Spitzenkoch Gabriel Petit steckt in einem Wettstreit um einen Auftrag mit der Sterneköchin Femke Baas. Die Detektei soll nun herausfinden, mit welchem Rezept Femke den Auftrag erlangen möchte.
Richtig begeistert war ich vom Schreibstil der Autorin Amy Achterop. Dieser ist lebensfroh, lebendig und humorvoll. Die Personen, die sie schafft, sind schräg, liebenswert und voller Ecken und Kanten. Also genauso, wie ich Romanfiguren mag.

Obwohl die Autorin von Anfang an Verbrechen in die Handlung einbaut, nahm mir zu Beginn die Einführung der Hausboot-Detektive zu viel Raum ein. Es macht zwar Spaß, diese beim gegenseitigen Kennenlernen zu beobachten und mit ihnen Amsterdam zu durchstreifen, aber eine spannende Krimihandlung ist meines Erachtens mindestens genauso wichtig.

Sehr gut gefallen hat mir die kriminelle Energie der verschiedenen Personen. Das hat die Handlung immer wieder aufgelockert.

Teil 1 „Tödlicher Genuss“ war ein gelungener Start in eine neue Reihe, die das Potential hat, sich zu einer Lieblingsreihe im Bereich des Cosy Crime für mich zu entwickeln. Ich bin schon sehr gespannt auf den zweiten Teil der Hausboot-Detektei.

Bewertung vom 20.03.2023
Tod in Siebenbürgen / Paul Schwartzmüller ermittelt Bd.1
Werrelmann, Lioba

Tod in Siebenbürgen / Paul Schwartzmüller ermittelt Bd.1


gut

Ich hatte mir mehr davon versprochen

Im Kindesalter ist Paul Schwartzmüller mit seinem Vater von Rumänien nach Deutschland gekommen. Bis dahin hat er die Sommer in Siebenbürgen bei seiner Tante Zinzi verbracht. Doch der Vater wollte nach der Übersiedlung nach Deutschland weder über ihr früheres Leben in Siebenbürgen mit ihm reden, noch sind sie jemals wieder dort hingefahren. Mit Mitte Vierzig ist Paul erfolgreicher Journalist und erbt nach dem Tod seiner Tante deren Hof in Siebenbürgen. Sofort macht er sich auf den Weg nach Rumänien…

Die Autorin Lioba Werrelmann hat mich zu Beginn des Buches mit ihrem angenehmen Schreibstil mitgerissen. Sofort wollte ich mit Paul auf die Reise nach Siebenbürgen gehen. Erst einmal war ich auch sehr angetan von den Kindheitserinnerungen, die in Paul hochkommen. Der Schriftstellerin ist es sehr gut gelungen, das Gefühl herüberzubringen, das in Paul aufsteigt, als er endlich wieder in seiner alten Heimat ist.

Doch schnell war ich an einen Reiseführer erinnert. Man merkt deutlich, dass Lioba Werrelmann das Land, die Leute und die alten Geschichten und Mythen sehr gut gefallen haben. Mir geht es jedoch so, dass ich in einem Roman keine ausführlichen Beschreibungen der Landschaft, der Sehenswürdigkeiten oder der üblichen Gerichte, die gekocht werden, mag. Das langweilt mich sehr schnell sehr stark. Wenn ich mich für ein Land interessiere, dann lese ich einen Reiseführer oder ähnliches. So war die erste Hälfte des Buches für mich ein Wechselspiel zwischen interessanten Szenen und langatmigen Beschreibungen.

Doch je weiter die Geschichte voranschritt, desto spannender wurde sie. Leider entwickelte sich jedoch gleichzeitig Paul zu einer Figur, die ich kaum noch ertragen konnte. Er zeichnete sich durch Naivität und dilettantisches Verhalten aus. Als Ermittler war er eine absolute Niete. Zwar löst er am Ende den Fall. Aber dies nur dank der Hilfe eines Mädchens aus dem Ort und durch Zufall.

Für eine Krimireihe finde ich es sehr wichtig, dass ich die ermittelnden Figuren mag oder zumindest spannend finde und ihre weitere Entwicklung verfolgen möchte. Das ist bei Paul Schwartzmüller leider nicht der Fall. Daher beende ich meine Begegnung mit ihm nach dem Lesen dieses Buches.

Bewertung vom 10.03.2023
Die marmornen Träume
Grangé, Jean-Christophe

Die marmornen Träume


gut

Die erste Hälfte und das Ende fand ich spannend

Im Berlin des Jahres 1939 werden die Ehefrauen bedeutender, NS-naher Männer brutal ermordet. Franz Beween, Mitarbeiter bei der Gestapo, erhält den Auftrag, still und leise zu ermitteln und den Täter aufzuspüren. Dabei stößt er auf den Psychoanalytiker Simon Kraus, bei dem diese Frauen aus gehobenen Kreisen in Behandlung waren und mit dem sie auch alle ein Verhältnis hatten. Die Psychiaterin und Adlige Minna von Hassel trifft selbst auf den Mörder und er verschont sie, als er merkt, dass er die verkehrte Frau erwischt hat. Zusammen mit ihr und Simon Kraus beginnt Franz Beween zu ermitteln. Den drei Personen ist bewusst, dass sie ganz schnell in einem KZ oder Arbeitslager verschwinden können, wenn sie den Täter nicht schnell und von der Öffentlichkeit unbemerkt aufspüren.

Die erste Hälfte des Buches hat mich mitgerissen. Der Schreibstil hat mich begeistert, die Ermittlungen waren super spannend und die Figuren sehr interessant. Es ist schon viele Jahre her, dass ich etwas von Jean-Christophe Grange gelesen habe. Ich fand seine Bücher im Allgemeinen sehr spannend. Der Erzählstil war mir jedoch zu reißerisch und die Auflösung meistens zu abgedreht. Daher war ich zu Beginn seines neuen Buches „Die marmornen Träume“ besonders von dem angenehmen, ausdrucksstarken Schreibstil sehr angetan.

Mich hat auch sehr interessiert, wie ein französischer Schriftsteller die Zeit des deutschen Nationalsozialismus darstellt. Denn bisher habe ich vor allem Bücher von deutschen Autoren über diese dunkle Zeit der deutschen Geschichte gelesen. Die Erzählung ist voller Gewalt, Blut und Brutalität, wie es für den Autor üblich ist. Die SS wird als blutrünstiger, sadistischer Haufen ehemaliger Verbrecher dargestellt, der seiner Aufgabe mit Freude nachgeht. Die weibliche NS-Elite will auf nichts verzichten, feiert unentwegt, liebt teure Kleider und den großen Auftritt.

Das Buch hat mich etwa bis zur Hälfte sehr gut unterhalten. Als dann der vermeintliche Täter ermittelt war, drehte sich das Geschehen nach meiner Ansicht zu sehr im Kreis. Es folgte mutmaßlicher Täter auf mutmaßlichem Täter, Jagd auf Jagd. Das Ganze höchstens unterbrochen von Einblicken in das Handeln und den Aufbau der Gestapo bzw. NS-Strukturen. Uns werden die verschiedenen Vernichtungsprogramme erläutert, die das Nazi-Regime ersonnen hat, um unerwünschte Personengruppen loszuwerden.

Was ich jedoch vermisst habe, war eine durchgehend spannende Handlung, die bei mir das Interesse an der Geschichte wachgehalten hätte. So habe ich mich durch 300 Seiten gequält und hatte den Eindruck, dass ich mich von der ursprünglichen Handlung immer weiter entferne. Immer neue Personen wurden aus dem Hut gezaubert, die diesen oder jenen Grund gehabt haben könnten, um die dekadenten Frauen zu ermorden. Es wirkte jedoch wie ein wildes Herumraten, ein Stochern im Nebel und nicht wie solide Ermittlungsarbeit. So ist bei mir im Laufe des Lesens nichts mehr übriggeblieben von meiner anfänglichen Begeisterung, meiner Wissbegierde, meiner Freude über das Buch.

Erst das Ende und die Auflösung war in meinen Augen wieder spannend. Auch das Zusammenführen der drei Hauptfiguren am Schluss und ihre Reise haben mir sehr gut gefallen. Das Buch wäre besser geworden, wenn der Inhalt nicht so weitschweifig und umständlich erzählt worden und gekürzt worden wäre.