Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Magda
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 190 Bewertungen
Bewertung vom 19.11.2023
Eine Frau, ihr Bus und der unverschämt kluge Plan
Janson, Karin

Eine Frau, ihr Bus und der unverschämt kluge Plan


ausgezeichnet

Es handelt sich um den Debütroman der Autorin, und es ist der erste Teil einer Reihe um Annie, eine Frau im mittleren Alter, die schon einiges im Leben durchgemacht hatte und nunmehr mit einem roten Oldtimer-Postbus übers Land fährt, in dem sie Unterwäsche verkauft.
Annie, Mitte 40 und von einer Krebserkrankung genesen, verliert ihren Job als Altenpflegerin. Als sie bei ihrem letzten Kunden einen alten Postbus entdeckt, beschließt sie spontan, ihn zu erwerben, hauptsächlich, um die Unterwäsche, die sie vor ihrer Erkrankung zum Verkauf erworben hat, an die Frau zu bringen.
Bevor sie krank wurde, wollte sie mit ihrer besten Freundin Ǻsa eine Modeboutique für Dessous eröffnen, Ǻsa hat sie jedoch im Stich gelassen und anstelle der Boutique eine Pflegedienststelle eröffnet.
Nicht nur das zerrüttete Verhältnis zur ehemaligen besten Freundin belastet Annie. Auch die Beziehung zu ihrem Mann Mårten hat sich während ihrer Krankheit verändert, Mårten ist vom Ehemann zum Pfleger mutiert, und ihr 17jähriger Sohn Simon hat Probleme in der Schule. Eine große Rolle in dem Buch spielen ebenfalls Annies polyamouröse Schwester Fia, die als Automechanikerin den alten Postbus fahrtüchtig macht und immer zur Stelle ist, wenn Annie sie braucht.
Was Annie fortwährend begleitet, sind die Erinnerungen an ihre Mutter. Als sie während ihrer Tour übers Land Menschen aus ihrer Kindheit und Jugend begegnet, wird ihr bewusst, dass sie nicht die ganze Wahrheit über den Tod ihrer Mutter kennt.
Der Roman ist in viele kurze Kapitel unterteilt, anhand der Kapitelnamen wird entweder ersichtlich, an welchem Ort die Handlung gerade spielt oder was in dem Kapitel passiert, z.B. Die erste Kundin, Vollgas voraus, Das große Fest.
Annies Roadtrip durch das ländliche Schweden hat mir sehr gut gefallen. Annie lernt viele interessante und witzige Menschen kennen, die teilweise zu guten Freunden werden. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft, während des Lesens saß ich neben Annie in ihrem BH-Bus, habe die vorbeifliegende Landschaft bewundert und mich mit ihr über ihre Familie und die Kundinnen unterhalten. Eine kurzweilige Lektüre über eine mutige Frau, die ihr Leben umkrempelt und ein erfolgreiches kleines Unternehmen auf die Beine stellt. Von mir eine Leseempfehlung für Leserinnen, die ebenfalls in der Mitte des Lebens stehen.

Bewertung vom 16.11.2023
Lindy Girls
Stern, Anne

Lindy Girls


sehr gut

Anne Stern zählt zu meinen Lieblingsautorinnen, und ich habe mich schon sehr auf ihr neues Buch gefreut. Das Cover finde ich wunderschön mit der goldenen Schrift und den beiden jungen Frauen, die nach der damaligen Mode gekleidet sind. Wie ihre Reihe um die Hebamme Hulda Gold spielt der Roman zu Zeiten der Weimarer Republik in Berlin.
1928: Wally Kaluza leitet eine Tanzschule und träumt davon, eine Tanzgruppe zu gründen, die so herausragend ist, dass sie in den schönsten Revuepalästen der Stadt auftreten kann. Nach und nach findet sie acht tanztalentierte Mädchen und das schweißtreibende stunden- und tagelange Training in den Abendstunden beginnt. Tagsüber gehen die jungen Frauen einem Broterwerb nach.
Alice arbeitet in einer Fabrik und ernährt mit ihrem Verdienst auch ihren Bruder. Thea kommt aus behüteten Verhältnissen, und hat ihr Elternhaus verlassen, um einer arrangierten Ehe zu entkommen. Gila ist Sekretärin in einer Zeitungsredaktion und träumt davon, einen Roman zu schreiben.
Toni Lindberg ist ein alter Bekannter von Wally, er bietet sich als Manager der Tanzgruppe an. Da Wally bereits die Erfahrung machen musste, dass die meisten Männer ungern mit Frauen verhandeln, geht sie auf Tonis Angebot ein. In der Tat schafft dieser es, der Gruppe Aufträge zu beschaffen.
Die Kapitel sind aus der Perspektive der Protagonist*Innen geschrieben: Wally, Alice, Gila, Thea, Toni, Jo und Friedrich. Jo kennt Wally noch aus ihrer gemeinsamen Heimat Beuthen in Schlesien, er ist auch der Einzige, der Wallys Geheimnis kennt. Friedrich ist Straßenbahnfahrer und rettet Alice‘ Bruder Benjamin, bevor dieser von Nazis fast totgeprügelt wird.
Leider konnte mich dieser Roman von Anne Stern nicht ganz so begeistern wie ihre anderen Werke, was daran liegen könnte, dass ich mit Charleston, Shimmy, Lindy Hop und der dazugehörigen Musik nicht viel anfangen kann, die Beschreibung des Tanztrainings und der Auftritte jedoch sehr viel Raum in dem Roman einnimmt. Hinzu kommt, dass es in dem Roman sehr viele Protagonist*Innen gibt, deren Probleme und Gedanken nur kurz angerissen werden: Armut und Hungersnot, Straßenkinder, aufkommender Nationalsozialismus, Antisemitismus, unerwiderte Liebe, ungewollte Schwangerschaft/Abtreibung, Kriegstrauma, Drogenkonsum. Es hätte mir besser gefallen, wenn die Autorin sich, wie in ihren anderen Romanen, auf eine oder zwei Protagonistinnen konzentriert hätte und deren Probleme tiefgründiger behandelt hätte. Nichtsdestotrotz liebe ich Anne Sterns poetischen und bildhaften Schreibstil und spreche eine Leseempfehlung für Leser*Innen von historischen Romanen und insbesondere solchen, denen die Musik der 1920er Jahre gut gefällt.

Bewertung vom 15.11.2023
Die Bibliothek im Nebel
Meyer, Kai

Die Bibliothek im Nebel


ausgezeichnet

Der Roman spielt auf drei Zeitebenen: 1917, 1928 und 1957. Im Mittelpunkt steht die Liebesgeschichte zwischen Artur und Mara, die 1917 beginnt und 1957 ihr Ende findet.
1917: Artur lebt bei seiner Tante in Sankt Petersburg. Die Ferien verbringt die Familie an der Côte d’Azur. Arturs Onkel besitzt einen Verlag. An der französischen Riviera trifft sich die Familie Kalinin jedes Jahr mit den Eisenhuths, einer deutschen Verlegerfamilie aus Leipzig.
In Sankt Petersburg lernt Artur die junge Malerin Mara kennen. Nicht nur er, sondern alle, die sie kennenlernen, verfallen Mara auf Anhieb. Mara begleitet die Familie an die Côte d’Azur, wo ihr Schicksal und das der beiden Familien seinen Lauf nimmt.
1928: Die elfjährige Liette verbringt ihre Ferien bei ihrem Onkel im Château Trois Grâces. Ihr Onkel macht dubiose Geschäfte mit einem aus Russland stammenden Doktor und tut alles, um in den Besitz des Hotels zu kommen, welches Liettes Eltern gehört.
1957: Liette besitzt das Château, in dessen Nähe die verlassene Villa der Eisenhuths steht. Die rechtmäßige Besitzerin der Villa ist Mara. Sie beauftragt den ehemaligen Reporter Thomas Jansen damit, Mara zu finden.
Die Kapitel spielen abwechselnd auf verschiedenen Zeitebenen und enden meist mit einem Cliffhanger. Die Geschehnisse von 1917 werden aus Arturs, die von 1928 und 1957 aus Liettes bzw. Thomas‘ Perspektive dargestellt.
Mara und Artur begegnen sich in Sankt Petersburg, Leipzig, Frankreich und Karelien. Mara hat was von einem Geist, mit ihren weißen Kleidern und den goldenen Augen. Ihr Weg ist mit Leichen gepflastert, es ist unmöglich, sie zu überführen.
Genau wie „Die Bücher, der Junge und die Nacht“ konnte mich auch dieses Buch von Kai Meyer begeistern. Dem Autor ist eine perfekte Mischung aus historischem Roman, Familiensaga, Krimi, Fantasy, Action, und Mystery gelungen. Das Ende ist grandios, alles endet da, wo es begonnen hat. Ein Highlight, das mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird und ein Roman, den ich wirklich allen, die gerne lesen, empfehlen kann.

Bewertung vom 06.11.2023
Gwendolyns Hoffnung / Die Zuckerbaronin Bd.2
Sahler, Martina;Wolz, Heiko

Gwendolyns Hoffnung / Die Zuckerbaronin Bd.2


ausgezeichnet

Nachdem ich den ersten Teil der Zuckerbaronin verschlungen habe, wollte ich unbedingt wissen, wie es mit den drei Schinder-Schwestern weitergeht.
Bayern, 1911: Gwendolyn hat Alexander von Wallenstein geheiratet und leitet mit ihm zusammen die Zuckerfabrik. Allerdings ist Alexander längst nicht so fleißig wie sie und vertreibt sich die Zeit lieber mit Glückspiel, Automobil fahren und Trinkgelagen. Dann taucht Lisa mit dem kleinen Matti auf, den sie als Alexanders Sohn ausgibt. Alexander hatte einige Jahre zuvor mit Lisa eine Affäre. Lisa kommt aus Leipzig, wo Alexander studiert hat.
Martha ist in die Fußstapfen ihres verstorbenen Vaters getreten und schmuggelt Saccharin über die Schweizer Grenze ins Deutsche Reich. Als Martha, Benno und Helena von ihrem Schweizer Geschäftspartner zu einer Hochzeit eingeladen werden, lernt Helena auf der Feier Andrin, einen der Schmuggler, näher kennen. Eine Verbindung zwischen Helena und dem Schweizer würde Martha sehr begrüßen, und als Helena von einer Schweizer Familie gebeten wird, als Kindermädchen auszuhelfen, überredet Martha ihre Schwester, für einige Wochen in der Schweiz zu bleiben. Schon bald muss Helena feststellen, dass Andrin kein Mann ist, an den sie sich binden möchte.
In einigen Kapiteln erfahren wir einiges über den Siegeszug des Saccharins in den USA, dessen größter Verfechter der damalige US-Präsident, William H. Taft, war. Er beauftragte die Chemieindustrie damit, die Unbedenklichkeit von Saccharin in Lebensmitteln nachzuweisen. Im Deutschen Reich hingegen gab es ein Süßstoffgesetz, nach dem Lebensmittel mit Saccharin gekennzeichnet werden mussten und ein weiteres, nach dem es nur auf Rezept in Apotheken erworben werden konnte.
Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft und fesselnd, ich habe auch den zweiten Band sehr gern gelesen und kann beide Bücher Leser*Innen von historischen Romanen empfehlen. Über eine Fortsetzung der Reihe würde ich mich sehr freuen.

Bewertung vom 04.11.2023
Dieses schöne Leben
Brammer, Mikki

Dieses schöne Leben


ausgezeichnet

Ein wunderbarer Debütroman über das Leben und den Tod, der mich zum Nachdenken gebracht hat.
Clover, 36 Jahre alt, ist Sterbe-Doula, sie begleitet Menschen an ihren letzten Tagen, Wochen oder Stunden. Den Beruf hat sie gewählt, nachdem ihr geliebter Großvater, bei dem sie aufgewachsen ist, alleine sterben musste, während sie im Ausland war.
In Rückblenden erfahren wir, welche Erlebnisse in Clovers Jugend dazu geführt haben, dass sie noch nie eine Beziehung hatte, und bis auf ihren 87jährigen Nachbarn Leo keine Freunde hat. Sie lebt mit zwei Katzen und einem Hund zwischen den Möbeln und Büchern ihres Großvaters und schafft es auch dreizehn Jahre nach seinem Tod nicht, sie zu entsorgen.
In der freien Zeit zwischen ihren Aufträgen schaut sie sich romantische Liebeskomödien an und beobachtet mit ihrem Fernglas das glückliche Paar in der Wohnung gegenüber. Einmal in der Woche spielt sie mit Leo Mahjongg.
Dann nimmt ihr Leben einige Wendungen. Die quirlige Sylvie zieht in das Haus ein. Sie lässt sich nicht von Clovers Unnahbarkeit abschrecken und findet Clovers Beruf nicht wie die meisten anderen morbide, sondern interessant und faszinierend.
In einem Death Café trifft Clover auf Sebastian, dessen Großmutter Claudia unheilbar krank ist. Sebastian engagiert Clover als Sterbebegleiterin für Claudia, die ein aufregendes Leben geführt hatte. In den 1950er Jahren, vor ihrer Heirat, war sie als Fotoreporterin unterwegs. Auf ihren Reisen hat sie Hugo, ihre große Liebe getroffen, aber auch wieder verloren. Clover beschließt, Hugo für Claudia wiederzufinden.
Ich habe viel Neues gelernt, so wusste ich nicht, dass es Death Cafés gibt, Treffpunkte für Menschen, die über den Tod oder die Bewältigung ihrer Trauer sprechen wollen. Den Beruf der Sterbe-Doula kannte ich auch nicht, einen Beruf, den Clover mit sehr viel Herz und Hingabe ausübt. Die letzten Worte der Sterbenden ordnet sie in drei Kategorien ein: Geständnisse, Bedauern und Ratschläge. Bei einigen Geständnissen musste ich schmunzeln, manches, was Menschen am Ende ihres Lebens bedauern, hat mich zum Nachdenken gebracht.
Im Nachwort schreibt die Autorin, dass sie ein Buch über den Tod schreiben wollte, das Spaß macht und aufmunternd ist. Das ist ihr hervorragend gelungen. Ein wunderbarer Roman, der mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Von mir eine große Leseempfehlung.

Bewertung vom 02.11.2023
In Liebe, deine Lina / Mühlbach-Saga Bd.1
Leciejewski, Barbara

In Liebe, deine Lina / Mühlbach-Saga Bd.1


ausgezeichnet

Diese Kombination aus einem historischen Roman und einer Familien-und Liebesgeschichte hat ein wunderschönes Cover.
Ende des 19. Jahrhunderts: Lina und Albert wachsen zusammen in dem kleinen pfälzischen Dorf Mühlbach am Glan auf. Während Lina aus einer armen Familie kommt, ist Albert des Sohns des Kaufmanns und Besitzers der örtlichen Schmiede. Als Lina schwanger wird, verweigern Alberts Eltern ihm die Erlaubnis, Lina zu heiraten. Sie bringt ihr Kind zur Welt und wird von allen Dorfbewohnern geächtet. Nur Karl steht zu ihr, der selbst unehelich geboren wurde. Er bietet Lina an, mit ihm nach Bremen zu gehen, wo sie ein neues Leben als Ehepaar beginnen.
Auch wenn sich Lina in Bremen schnell einlebt, so hat sie doch starkes Heimweh und große Sehnsucht nach ihrer Heimat Mühlbach und ihrem Bruder Walter. Obwohl Karl eigentlich nie wieder zurück möchte, so lässt er sich schließlich überreden, und fährt mit Lina und der kleinen Charlotte in die Pfalz. In dem kleinen Dorf ist die Zeit stehen geblieben, Lina und Karl und auch ihre kleine Tochter bleiben für die Mehrheit der Pfälzer die Geächteten.
Die aufgeweckte Charlotte bekommt in Mühlbach mit, dass Karl nicht ihr leiblicher Vater ist, damit bricht für sie eine Welt zusammen. Die Tatsache, dass sie zwei Väter hat, belastet ihr Leben von nun an ungemein und sie macht sich unablässig Gedanken, ob ihr Vater sie genauso lieb hat wie seine beiden leiblichen Kinder.
Dieser erste Roman, den ich von der Autorin gelesen habe, hat mich sehr begeistert. Ich lese sehr gern historische Romane und bin besonders von der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg fasziniert. „In Liebe, deine Lina“ war für mich der erste Roman, in dem es um das Alltagsleben der Mittelschicht geht, da Familie Schäfer weder arm noch reich ist. Was den Roman auch noch besonders macht, ist, dass er auf wahren Begebenheiten beruht, da die Autorin die Geschichte ihrer Urgroßeltern und Großeltern aufgeschrieben hat. Der erste Teil endet mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, und ich freue mich, dass es einen zweiten Teil geben wird, in dem Charlotte im Mittelpunkt stehen wird. Von mir eine große Leseempfehlung sowohl für Leser*Innen von historischen Romanen als auch von Liebes- und Familienromanen.

Bewertung vom 01.11.2023
Elmflüstern
Owczarski, Bettina

Elmflüstern


sehr gut

Die 16jährige Angelina verschwindet, und erst nachdem ihr 10jähriger Bruder Philipp seine Lehrerin darüber Sarah informiert hat, wird nach ihr gesucht. Angies alleinerziehende Mutter Katja war selbst fast noch ein Kind, als sie Angelina bekommen hat, sie ist mit Haushalt und den beiden Kindern hoffnungslos überfordert. Als sie ins Krankenhaus eingewiesen wird, kümmert sich Sarah um den kleinen Philipp.
Giovanni und sein Partner Wagner befragen Angelinas Freunde und finden heraus, dass sie in der Schule gemobbt wurde, und ihre sogenannten Freunde an vorderster Front mitgemacht haben.
Giovannis und Sarahs Privatleben nimmt sehr viel Platz in dem Roman ein. Giovanni kommt aus einem reichen Elternhaus und ist eigentlich eingefleischter Junggeselle. Sarah lebt in einem Schloss auf dem Land. Beide hatten eine unglückliche Kindheit.
Die sogenannten Freunde von Angelina und ihre Freundin werden als verzogen und egoistisch dargestellt, statt Liebe, Zuneigung und gemeinsamer Zeit bekommen sie von ihren Eltern das neueste iPhone und Markenklamotten. Wie traurig wäre es, wenn alle Jugendlichen so wären. Zitat S. 361: "Wenn diese Kinder die Zukunft waren, dann würde der Planet wohl untergehen."
Der Schreibstil ist angenehm flüssig. Für mich hat der Roman zu wenig Krimielemente, im Vordergrund steht das Privatleben des Ermittlers und seiner Lebensgefährtin und vor allem die Kritik an den Jugendlichen. Ein untypischer Krimi, der mir aber schöne Lesestunden beschert hat.

Bewertung vom 31.10.2023
New York Grand Hotel (eBook, ePUB)
Bell, Karin

New York Grand Hotel (eBook, ePUB)


sehr gut

Das Cover und der Klappentext haben mich sehr angesprochen, da New York für mich die schönste und interessanteste Stadt der Welt ist.
Brianna und Evan sind beide im Grand Hotel Juwel am Central Park aufgewachsen, Brianna ist die Enkeltochter des Konditors, Evan der Sohn des Hoteleigentümers. Da Evans Mutter Patricia eine enge Verbindung ihres Sohnes zu einer Angestellten unterbinden möchte, schickt sie ihren Sohn nach Paris zum Studium. Zehn Jahre vergehen, in denen die beiden nichts voneinander hören.
Als Evans Vater Simon krank wird, kehrt er nach New York zurück, und es ist, als ob er nie weg gewesen wäre, Brianna und er sind noch immer ineinander verliebt. Allerdings ist Evan mittlerweile mit der Französin Vivian verlobt, und Patricia drängt auf eine baldige Hochzeit der beiden. Die Verlobung soll beim Ereignis des Jahres, dem bevorstehenden Winterball, verkündet werden.
Das Setting ist traumhaft, Brianna und Evan besuchen die schönsten und berühmtesten Sehenswürdigkeiten New Yorks, der Schreibstil ist bildhaft und flüssig, ich hatte das altmodische Grand Hotel mit dem wunderschön geschmückten Weihnachtsbaum im Foyer, dem Doorman und dem Liftboy vor Augen, und das Wasser lief mir im Mund zusammen bei den Leckereien, die Brianna in der Patisserie gezaubert hat.
Mein einziger Kritikpunkt ist, dass die Handlung sehr vorhersehbar ist. Wer Lust auf ein Weihnachtsmärchen hat, sollte das Buch unbedingt mit einer heißen Schokolade und Marshmallows genießen - Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Bewertung vom 30.10.2023
Das leise Platzen unserer Träume
Lohmann, Eva

Das leise Platzen unserer Träume


ausgezeichnet

Das schlichte Cover hat mich sofort angezogen, und der Klappentext verspricht eine interessante Geschichte, die ich auch bekommen habe.
Die recht kurzen Kapitel sind abwechselnd aus der Sicht von Jule und Hellen geschrieben, wobei Hellens Sicht in der Ich-Perspektive erzählt wird.
Jule ist seit vielen Jahren mit David verheiratet. Vor kurzem haben sie sich einen Traum erfüllt und sind aufs Land gezogen. Die beiden, vor allem aber Jule, stecken viel Liebe in das Haus und den großen Garten. Während Jule beim Catering auf einem nahegelegenen Gutshof aushilft, hat David seinen Arbeitsplatz weiterhin in der Stadt. Jule hadert mit ihrer Kinderlosigkeit, die Beziehung zu David plätschert dahin ohne größere Emotionen. Erich Kästners Gedicht „Sachliche Romanze“ beschreibt es perfekt: „Sie waren traurig, betrugen sich heiter, versuchten Küsse, als ob nichts sei, und sahen sich an und wussten nicht weiter.“ Liebe schenkt Jule der kranken Katze der Vorbesitzer, die in das Haus zurückgekommen ist.
Hellen ist Davids Geliebte. Sie ist alleinerziehende Mutter von zwei Kindern und von Beruf Instagrammerin bzw. Influencerin, sie lässt ihre FollowerInnen im Netz an ihrem Leben teilhaben.
Beide Frauen sind sich sehr ähnlich in ihren Ansichten, Wünschen und Träumen. Wenn David nicht zwischen ihnen stünde, wären sie sicherlich Freundinnen geworden.
Auch Hellen hat sich ihr Leben anders vorgestellt, als allein den Alltag mit zwei Kindern bewältigen zu müssen. Sie wundert sich aber darüber, dass Jule in einer lieblosen Beziehung verharrt, anstatt sich zu trennen und einen Neuanfang zu wagen.
Als die beiden Frauen sich begegnen, fällt Jule der alte Schlager von Marianne Rosenberg ein „Marleen, eine von uns beiden muss nun gehn…“. Jule glaubt, dass Hellen alles hat, um glücklich zu sein, vor allem Kinder.
Das Ende hat mir sehr gut gefallen, es ist genau das Ende, das ich mir gewünscht habe. Der Roman ist authentisch und realistisch. Es werden sich sicherlich viele Frauen in Jule oder Hellen wiedererkennen, vielleicht finden sie nach dem Lesen sogar den Mut für einen Neuanfang. Ich empfehle ihn vor allem Frauen im mittleren Alter, denn sind nicht bei den meisten von ihnen schon Träume zerplatzt?

Bewertung vom 29.10.2023
Im Herzen so kalt / Maya Topelius Bd.1 (eBook, ePUB)
Åslund, Sandra

Im Herzen so kalt / Maya Topelius Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Ich liebe skandinavische Kriminalromane, deshalb habe ich mich schon sehr auf den ersten Fall für Maya Topelius gefreut.
Östersund, Nordschweden: Mats Anderberg wird erschossen aufgefunden. Anderberg war ein bekannter Umweltaktivist, der der lokalen Forstindustrie ein Dorn im Auge war. Um den Mord aufzuklären, werden Kriminalinspektorin Maya Topelius und ihr Partner Pär Stenqvist aus Stockholm angefordert.
Im einem weiteren Handlungsstrang wird Sanna, eine von Mayas besten Freundinnen, von einem Kollegen sexuell belästigt, und wir erfahren einiges über Mayas und Sannas Vergangenheit, die von einem Ereignis in einer Mittsommernacht zwanzig Jahre zuvor überschattet wird.
Die 9jährige Frida hat Mats‘ Leiche gefunden, sie wohnt mit ihrer Mutter mitten im Wald. Frida bewundert Maya sehr und spielt gern Detektivin, was ihr beinahe zum Verhängnis wird.
Maya ist in Berlin aufgewachsen und hat einen deutschen Vater, sie wendet mehrfach deutsche Redewendungen an, die es so im Schwedischen nicht gibt. So sagt man z.B. im Schwedischen, wenn man zu viel getrunken und einen Kater hat, dass man eine Betonkappe habe, wenn man im Deutschen mit einem blauen Auge davonkommt, tut man das im Schwedischen mit einer Ohrfeige. Diese Hinweise auf sprachliche Besonderheiten haben mir gut gefallen.
Trotz einiger etwas zäher Passagen über Umweltpolitik möchte ich den Krimi sehr gern weiterempfehlen. Das Setting im winterlichen Nordschweden ist sehr atmosphärisch, die Protagonist*Innen authentisch und sympathisch. Die anfangs relativ schwierige Zusammenarbeit mit den Östersunder Kollegen wird immer besser, und Maya verliert sogar ihr Herz im hohen Norden.
Im Laufe des Romans wird der Zusammenhang zwischen Sannas Geschichte und dem Mordfall ersichtlich. Ein Paket aus winterlichem Setting, einem bildhaften Schreibstil und einer sympathischen Protagonistin - ich freue mich auf den nächsten Fall für Maya, der leider erst in einem Jahr erscheint.