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katikatharinenhof

Bewertungen

Insgesamt 998 Bewertungen
Bewertung vom 01.04.2024
Die Reise der Bilder

Die Reise der Bilder


sehr gut

Kunstbild der Nazis und der Umgang mit Raubkunst gut aufgearbeitet

In Linz sollte es entstehen - das "Führermuseum" und es sollte viele Kunstwerke zeigen, die dem Kunstbild der Nazis entsprachen. Um dieses wahnwitzige Zeil zu erreichen, wurden Bilder beschlagnahmt, geraubt, zwangs­ver­kauft und ver­scho­ben, in Salzstollen oder Schlössern eingelagert und aufbewahrt.

Hitler empfand dieses Vorgehen als Notwendigkeit, um seiner treuen Gefolgschaft aufzuzeigen, dass der "entarteten Kunst", als Werke der Moderne, so viel mehr "gute" Kunst, eben echte Meisterwerke von Munch, Goya, Tizian u.v.m das Auge der Betrachtenden verwöhnen und es sie zu huldigen gilt.

Das vorliegende Begleitbuch zur Ausstellung zeigt viele wundervolle Aufnahmen der Bilder, die eine ganz eigene Geschichte erzählen und eine wahre Irrfahrt hinter sich haben. Die kurzen Abhandlungen geben auch einen kleine Einblick in das mehr aus zeitaufwendige Klären der Provenienzen, die teilweise bis zum heutigen Tag unklar sind.

Die Ausstellung setzt sich sensibel mit der Thematik auseinander und ist gleichzeitig ein kleiner Hoffnungsschimmer, das Kunst, ganz gleich ob in Form von Bildern, Skulpturen oder Installationen, auch in unruhigen Zeiten und widrigen Umständen überlebt.

Bewertung vom 01.04.2024
Der Tag, an dem ich sterben sollte
Hashemi, Said Etris

Der Tag, an dem ich sterben sollte


ausgezeichnet

Aufklärung, Erinnerung und die Suche nach Gerechtigkeit

Said Etris Hashemi wächst, wie so viele Menschen mit Migrationshintergrund, mit genau diesem Stigmata auf, dass ihnen die Gesellschaft äußerst großzügig aufdrückt. Dieses "Anderssein" macht seine Familie, seine Freunde und seine Nachbar;innen automatisch zu Menschen, die nicht dazugehören. Aber warum ist das so ? Warum sieht niemand genau hin und erkennt, wie wertvoll jede/r Einzelne von ihnen ist, wie viel sie uns zu geben haben und was wir von Menschen aus anderen Kulturen noch lernen können.

Hashemi erzählt mit einer sehr sanften, aber eindrücklichen Stimme von seinem Leben im Block, von seinen Erfahrungen und der unendlich großen Zuwendung seiner Eltern, die ihren Kindern alles ermöglicht haben, obwohl das Geld eigentlich nie gereicht hat. Was viel wichtiger ist als Geld, ist Zuwendung und Bildung. Bildung öffnet Türen, die sonst verschlossen geblieben wären. Aber selbst in der Schule gelten Hashemi und seine Geschwister und Freund:innen immer wieder als Außenseiter:innen, denen meine keine Chance auf Bildung zugestanden wird.

Und dann kommt der 19.Februar 2020 - ein Tag, der alles bisher dagewesene verändert. Für immer. Narben und Wunden hinterlässt, die nie mehr verheilen . Ein rechtsextremer Attentäter schießt wie im Rausch um sich, löscht die Leben Unschuldiger aus und richtet sich danach selbst. Es sind Sekunden, die das Leben von Hashemi komplett aus der Bahn werfen.

In seinem Buch erzählt Hashemi von diesen schrecklichen Sekunden, lässt die Leser:innen die Todesangst und Panik fühlen, die wie Eis durch seine Adern kriecht . Es sind Szenen, die mir die Tränen in die Augen treiben und mich sprach- & fassungslos zurücklassen.

Der Autor versucht nach seiner Rekonvaleszenz eine lückenlose Aufklärung des Tathergangs zu erlangen, Antworten auf Fragen zu erhalten, die allen Betroffenen unter den Nägeln brennen, aber auch hier bleiben zunächst die Stimmen ungehört, werden sogar versucht vom Opfer in Täter umzuwandeln.

Es ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, die hier von Politik und Behörden, auch der Polizei, öffentlich gelebt wird. Doch Hashemi gibt nicht auf, lässt nicht locker und kämpft für Aufklärung und Gerechtigkeit. Seine Bemühungen finden endlich Anerkennung und seinen Weg dorthin schildert er in diesem Buch.

Er prangert Rassismus, Antisemitismus, Stigmatisierung und das bewusste Wegsehen an und gibt denjenigen eine Stimme, die leider für immer verstummt sind. Es bleibt so vieles im Gedächtnis, was Hashemi mit diesem Buch bewegt, aber am meisten beschäftigt die Frage, wie sich jemand fühlt, der gerade von einem Rechtsextremen bedroht, verfolgt und beschossen wird und nach Annahme des Notrufs weitere Rechtsextreme in Uniform auf der Matte stehen, um was eigentlich zu tun ?

Das Buch rüttelt wach, regt zum Nach- & Umdenken an und hält das Andenken und Erinnerung an die Opfer von Hanau wach.

Bewertung vom 30.03.2024
Hundswut
Alvarenga, Daniel

Hundswut


sehr gut

Gerücht ist der Klage Anfang (Sprichwort)

Es ist eine ländliche Idylle, die anno 1932 im kleinen bayerischen Dorf zu finden ist, alle halten zusammen und sind eine eingeschworene Gemeinschaft, Diese Ruhe und Beschaulichkeit wird regelrecht zerfetzt, als mysteriöse Morde geschehen. Schnell steht fest, dass ein Wolf sein -Unwesen treibt...aber ist es wirklich ein Tier, das seine Opfer so grausam zurichtet ? Der Gemeinderat muss handeln und das schnell, denn ein Gerücht jagt das nächste....


Es gibt wenige Bücher, die so grausam sind und bis ins Mark erschüttern, doch Daniel Alvarenga spielt sein psychologisches Spiel fast bis zur Perfektion und zeigt seinen Leser:innen, was passiert, wenn sich ein ganzes Dorf wie eine Wand gegen einen einzelnen Menschen stellt. Dabei kehrt der Autor die Machtpositionen einiger erlauchten Dörfler sehr schön aus und zeigt, wie sich dieses Ansehen schnell in manipulative Gesten verwandelt.

Zwischen Furcht und Neugierde, Aberglaube und rationellem Denken mischen sich die Leser;innen unter die Bewohner:innen des Dorfes und werden so ein Teil der Geheimnisträger:innen, die immer tiefer in den Strudel aus menschlichen Abgründen, Verzweiflungstaten und Verunsicherung mit hineingezogen werden.

Die Figuren sind vielschichtig angelegt, vermitteln sowohl ihre Bigotterie als auch ihre manchmal eher einfältige Denkweise sehr glaubhaft und bieten immer wieder einen Nährboden für Ängste und Abgründe. Das gesprochene Wort, einmal in die Welt gesandt und als Gerücht verbreitet, kann nicht zurückgenommen werden und richtet im Verlauf der Handlung mehr Schaden als, als gut für das kleine Dorf ist. Hinter jeder Ecke, jedem Gässchen und jedem Winkel lauern Misstrauen und Verrat und bald können weder Provinzler:innen noch Leser:innen sich sicher sein, wem man noch sein Vertrauen schenkt.

Es geht hart zu im Buch und einige Szenen sind so grausam, dass sich mir ab und zu der Magen dreht...harter Tobak und nichts für zarte Gemüter. Das Grauen bekommt durch die Dorfbewohner;innen eine menschliche, wenn auch sehr verzerrte Fratze und zeigt, wie stark eine Gruppendynamik das eigene Tun und Handeln beeinflusst, wenn der Weg zurück zur Wahrheit unmöglich scheint.

Ein paar Ungereimtheiten bleiben dennoch offen im Raum stehen, die leider keine Auflösung finden und auch die Rolle der Kirche, gerade zum Ende des Buches, erscheint klischeehaft und recht überspitzt dargestellt. Solide 4 Sternchen für einen Krimi, der einem die Haare zu Berge stehen lässt.

Bewertung vom 30.03.2024
Moving Pictures

Moving Pictures


ausgezeichnet

Als die Bilder laufen lernten

Wer sich für Foto- &Filmkunst interessiert, der kommt an einem großen Namen einfach nicht vorbei: Karl Struss. Der Mann hinter der Kamera legt eine Karriere hin, die fast wie ein Drehbuch zu einem seiner Hollywood-Filme anmutet.

Der vorliegende Bildband widmet sich dem Lebensweg und dem künstlerischen Schaffen Struss', der aus Standbildern nicht nur bewegte Bilder, sondern echte Kunst werden lässt. Die Stummfilm-Ära wird mit jeder Seite wieder lebendig und dank der großartigen Fotografien werden die Betrachtenden von einem nostalgischen Hauch und Hollywood-Feeling regelrecht umgarnt.

Glanz und Glamour, Stil und Ausdruck - all das ist in den einzigartigen Aufnahmen zu finden, die eine Brücke zwischen Standfotografie und bewegten Bildern schlagen. Struss hat den Blick für die Vergänglichkeit des Augenblicks, kann diesen in seinen Fotografien einfangen und regelrecht konservieren und ihm gelingt es, eben jene bewegenden Momente auch als Kameramann in Szene zu setzen, um nachhaltige Eindrücke zu schaffen.

Hierzu gehört, dass Struss sein Handwerk nicht nur von der Pike auf beherrscht, sondern auch seiner Kreativität immer wieder freien Lauf lässt, um kunstvolle Szenen nicht nur darzustellen, sondern auch mit Leben zu versehen. Die Aufnahmen im Buch zeigen die Handschrift Struss', sind sehr ausdrucksstark und detailreich, fangen perfekt den Moment ein und ermöglichen den Leser:innen eine Zeitreise der ganz besonderen Art.

Als Begleitbuch zur Ausstellung ein absolutes Muss, denn erklärende Sachtexte in Verbindung mit den im Buch befindlichen Fotografien bilden den Grundstock , um die zeitgeschichtliche Entwicklung der Ära Struss miterleben zu können.

Bewertung vom 29.03.2024
Der Zeuge auf Golgota
Krieger, Günter

Der Zeuge auf Golgota


gut

Macht die Leser:innen zu Zeuginnen der Passionsgeschichte

Stephaton ist Schauspieler mit Leib uns Seele und wird von seinem Publikum geliebt. Gerade für die Darstellung des Gekreuzigten zollt man ihm Respekt und Anerkennung. Doch so groß sein schauspielerisches Talent, so wenig hält er seine Zunge im Zaum und eine unbedachte Äußerung reißt ihn aus seinem gewohnten Umfeld. Seine Strafe: Er muss als Hilfssoldat zwei Jahre lang seine Strafe abarbeiten und Jerusalem wird sein Einsatzort. Noch ahnt er nicht, dass er am Ende seiner Zeit als Hilfssoldat Handlager und Zeuge zugleich sein wird...


Günter Krieger ermöglicht mit seinen Buch "Der Zeuge auf Golgota" an der wohl größten Geschichte der Menschheit teilzunehmen und selbst Zeitzeug;in zu werden. Die Leser:innen erleben ihre ganz eigene Passionsgeschichte und tauchen in die Ereignisse ein, was aber eher den Bildern vor dem inneren Augen geschuldet ist, nicht aber immer unbedingt dem Schreibstil. Hier fehlt manchmal das Mitfiebern von Augenblick zu Augenblick, aber trotzdem schafft es Krieger, Nähe zu den Figuren aufzubauen.

Viele spirituelle Erlebnisse, Momente des Innehaltens und des innerlichen Aufschreiens sind vorhanden - gerade in den letzten Minuten, die sich im Todeskampf am Kreuz abspielen. Die Bosheit der Machthaber Roms, die Bestürzung und Verwirrung der Anhänger:innen Jesu und schließlich das Erkennen von Stephaton hätte ich mir noch intensiver gewünscht, um der sehr nah an den Evangelien geschilderten Erzählung noch mehr beiwohnen zu können.

Manchmal lässt der Autor einfach zu viele negative Äußerungen in Bezug auf das Judentum, das Jüdischsein und die Juden und Jüdinnen mit einfließen und das ist, gerade in Anbetracht dessen, was im aktuellen Tagesgeschehen zu finden ist, nicht ganz so glücklich. Es geht auch anders und da kenne ich Texte aus der Feder Anderer, die die Passionsgeschichte mit mehr Fingerspitzengefühl erzählen und sie ihrer Eindringlichkeit nicht berauben.

Zwischen Glaube, Liebe, Hoffnung und Vergebung, einer aufwühlenden Geschichte und einem eher mäßigen Schreibstil kann ich mich nur schwer entscheiden, daher neutrale 3 Sternchen

Bewertung vom 29.03.2024
Deutschland
Scherthan, Yannick;Mentzel, Britta

Deutschland


ausgezeichnet

Und einen Herzschlag lang hat sie in das Paradies ihrer Träume geblickt (Rudolf Herzog)

Reise-Bildbände sind Inspiration, Türen ins Paradies, Träume aus Zuckerwatte und einfach nur wunderschön. Dass ich einmal genau diese Worte für einen Sach-Bildband formulieren würde, der mir die Schönheit meiner Heimat Deutschland auf fast schon traumwandlerische Art ins Wohnzimmer trägt, hätte ich nie für möglich gehalten.

Yannick Scherthan fängt mit seiner Kamera märchenhafte Momente ein und malt damit verwunschene Bilder. Die Stille des Wales rund im die Rakotzbrücke lässt die mystisch-magische Szenerie noch märchenhafter erscheinen. Das sanfte Glühen der Altschlossfelsen bewirkt absolute Entschleunigung und wenn der Burgbachwasserfall seine Symphonie aus abertausend kristallklaren Tropfen perlen lässt, liegt in jedem Tropfen die Geschichte von Beständigkeit und Wandel, der in der Natur zu finden ist.

Die Texte von Britta Mentzel setzen den visuellen Genuss in wundervolle Worte um, die von Märchen, Sagen, Mythen und Legenden erzählen. Krabat, Dornröschen, Herr Ribbeck von Ribbeck im Havelland, die Buddenbrooks oder die Loreley steigen aus den Seiten, reichen den Leser:innen die Hand und ziehen sie in die von Mentzel beschriebenen Texte hinein. Jede Seite des Bildbandes ist wie ein Fenster in eine andere Welt, die zum Träumen und Verweilen einlädt. Aber das schönste daran ist, dass sich diese andere, romantische Welt direkt vor unserer Haustür befindet.

Bewertung vom 29.03.2024
Beautiful Places Bayern
Mentzel, Britta

Beautiful Places Bayern


sehr gut

...Und erhalte dir die Farben Seines Himmels, weiß und blau (Bayernhymne)

Auch wenn Buddy mit seiner musikalischen Aufforderung "Ab in den Süden" wohl eher den Urlaub in mediterranen Gefilden meint, so braucht sich unser heimischer Süden - nämlich Bayern - vor nichts zu verstecken. Britta Mentzel hat die Reiseziel von der Rhön bis an die Zugspitze einmal etwas genauer unter die Lupe genommen und dabei wirklich schöne Fleckerl entdeckt, die sehens- & reisenswert sind.

Mal von den üblichen Postkartenansichten abgesehen, finden sich in diesem Buch wirklich tolle An- & Einsichten, die auch mit Wissenswertem und um die Städte, Dörfer und Bauwerke ergänzt werden. Aber es ist kein schönes Präsentieren von Bildern und Geschichten rund um malerische Dörfer und prunkvolle Schlösser, sondern schon eine Art Liebeserklärung an die Landschaften und die Menschen, die aus Bayerns Idylle eine Region mit Herz machen.
Die "Scheibum" ist Balsam für die Seele und spült mit dem Wasser die Hektik des Alltags einfach davon. Der Rosengarten der Neuen Residenz in Bamberg lädt mit seinem Duft aus abertausend Blüten die Besucher;innen zum Träumen ein und bei einem Spaziergang durch Dinkelsbühl wird die Stadt zum begehbaren Geschichtsbuch.

Kultur, Brauchtum, Religion und Traditionen sind fest verankert, bilden eine Brücken zwischen dem dem Alten und dem Modernen. Sanfter Tourismus in Verbindung mit weltbekannten Sehenswürdigkeiten gelingt hier schon an vielen Orten und Stellen und macht Lust , die im Buch vorgestellten 50 Reiseziele wieder einmal zu besuchen.

Bewertung vom 29.03.2024
Wanderungen für jede Jahreszeit Ammergauer Alpen
Pröttel, Michael

Wanderungen für jede Jahreszeit Ammergauer Alpen


ausgezeichnet

Naturerlebniswege in den Ammergauer Alpen

Kann man sich als Leser:in in einen Wanderführer Herz über Kopf verlieben ? So ungewöhnlich die Frage auf den ersten Blick erscheint,so klar ist die Antwort: JA, und wie !

Seit Jahren zählt die Gegend rund um Oberammergau zu meiner Heimat des Herzens und ich teile die Begeisterung von Michael Pröttel, wenn er von glitzernden Seen, herrlichen Bergpanoramen und Wandererlebnissen erzählt, die vielleicht nicht in jedem Wanderführer zu finden sind. Umso schöner ist es zu lesen, dass in seinem Buch der vielfältige Reiz der Ammergauer Alpen nicht nur im Erklimmen der Berge liegt, sondern eben jene im Wandel der Jahreszeiten immer wieder neu und faszinierend sind. Idyllische Almen, dichte Wälder, rauschender Bergbäche oder imposante Wasserfälle - jede vorgestellte Route birgt unglaublich viel Abwechslung, sodass jede Wanderung anders und ein Erlebnis für die Sinne ist. Ob gemütliche Spaziergänge oder anspruchsvolle Bergtouren – hier finden Wandernde für jeden Konditionslevel ihr ganz persönliches Ziel, sodass auch schon Familien mit Kindern die Wanderschuhe schnüren können.

Einkehrmöglichkeiten oder einladende Platzerl für eine Brotzeit auf der mitgebrachten Picknickdecke finden sich ebenso zwischen den Seiten, wie ausführliche Wegbeschreibungen, Anreise mit den Öffis, Detailkarten und GPS-Daten zum Downloaden. Interessante Fakten über die Region und ihre Geschichte werden von Pröttel als kleine Wissenshäppchen (Passionsspiele, Heimatsoundfestival etc) miteingestreut, um das Wandererlebnis noch authentischer zu gestalten.

Die Magie der Ammergauer Alpen zu jeder Jahreszeit darf in Wort und Bild in diesem Wanderführer die Leser:innen verzaubern und auf das nächste Wanderabenteuer einstimmen.

Bewertung vom 27.03.2024
Und Großvater atmete mit den Wellen
Teige, Trude

Und Großvater atmete mit den Wellen


sehr gut

Überleben und Lieben, wenn die Menschlichkeit fehlt

Für Juni war der Großvater immer eine starke Schulter zum Anlehnen, ein Mann voller Liebe und Herzlichkeit. Doch seine eigentliche Lebensgeschichte ist geprägt vom Gegenteil, denn Konrad hat Schlimmes im Krieg erlebt. Aber wie hat er es geschafft, aus den Narben und seelischen Wunden so viel Kraft und Liebe zu ziehen, um Juni der Großvater zu sein, als den sie ihn kennt....


Mit "Und Großvater atmete mit den Wellen" erzählt Trude Teige die Geschichte von Konrad weiter und verlangt ihren Leser;inne unglaublich viel ab. Sie füllt die Seiten mit einer Brutalität, die das Leben der Internierten in den japanischen Straflagern mit einer solchen Wucht regelrecht in die Knie zwingen, dass die Schmerzen - körperlicher und seelischer Art - mit dem Umblättern fühlbar werden.

Die Ausweglosigkeit der Gefangenen überträgt sich auf die Lesenden und hält sie regelrecht in einer eisernen Faust gefangen. Und doch sind da immer wieder kleine Hoffnungsschimmer, die den Mut und den Willen zu Überleben immer wieder aufblitzen lassen. Die Figur des Konrad ist dabei der tragende Charakter, der schier Unmenschliches erleidet, aber trotz allem ist sein Wille nicht gebrochen. Was mir aber ins Auge springt sind die vielen Zufälle, die wichtige Bezugspersonen von Konrad immer wieder in seinen Lebenslauf spülen. Manches wirkt dadurch etwas zu konstruiert und unglaubwürdig, aber das nimmt den Gräueltaten nicht Schrecken, den Schmerz und das Unfassbare.

Teige besitzt die Gabe, mit einer beeindruckenden Sprachgewalt und einer Prise Melancholie die fiktive Handlung mit den realen Ereignissen zu verbinden, um daraus einen neue, schmerzhafte Wahrheit zu kreieren, die auch beim Lesen des Romans nicht spurlos an der Leserschaft vorbeizieht. Vor allen Dingen gibt die Autorin all denjenigen eine Stimme, die in den japanischen Lagern fernab der Heimat geknechtet, misshandelt, gedemütigt und erniedrigt worden sind.

Nicht ganz so gut gelungen wie der erste Teil, aber dennoch eine wichtiger Beitrag gegen das Vergessen. Der Roman wird noch lange nach dem Lesen im Gedächtnis bleiben, gerade weil Konrad eine Figur ist, die aus den Gräuel der Vergangenheit eine persönliche Stärke zieht, um die Zukunft für diejenigen mit Wärme und Liebe zu füllen, die ihm an Herzen liegen.

Bewertung vom 24.03.2024
Krieg der Seesterne / Thies Detlefsen Bd.12
Koch, Krischan

Krieg der Seesterne / Thies Detlefsen Bd.12


ausgezeichnet

High, high, high to tigh, Space taxi to the sky (Stefan Raab)

Es ist Sommer in Fredebüll und trotzdem ist von beschaulicher Ruhe nichts zu spüren. Selbst das Getreide auf den Feldern hat es gar so eilig, in die Höhe zu wachsen. Als Piet Paulsen dann auch noch in einer lauen Sommernacht ein UFO sichtet und ein Toter sein "Bett im Kornfeld" aufschlägt, müssen Thies und Nicole wieder ermitteln.....


Krischan Koch nimmt in "Krieg der Seesterne" die Eso-Welle und Anbeter:innen von intergalaktischen Wesen aufs Korn und strickt daraus einen Fall, der spannend, mitreißen und unterhaltsam ist. Er zündet ein echtes "Feuerwerk" wenn KI, Schamanen, Heilsteine und biochemische Substanzen aufeinandertreffen und so Piet in "Major Tom" verwandeln und ihn "völlig losgelöst von der Erde" durch Fredebüll schweben lassen.
Manchmal entsteht tatsächlich das Gefühl, dass "Fred vom Jupiter"gelandet ist und sich dieser in Personalunion als Rettungsschwimmer Benny bei Telje die ersten Flirtversuche startet.

Die Crew aus der "Hidden Kist" steht im mittlerweile 12. Fall wieder fest zusammen, sinniert und kombiniert, was das Zeug hält und so gelingt Koch wieder einmal, seine Leser;innen von der ersten bis zur letzten Seite gut zu unterhalten. Was Alexa und Uwe Seeler im Haushalt von Piet für eine Rolle spielen ? Wer schraubt denn so spät bei Nacht und Wind, in der Hühnerhalle entsteht ein Geheimnis geschwind... es sind viele kleine und große Schauplätze, die die Leseneugier immer wieder neu entfachen und für abwechslungsreichen Szenen sorgen.

Renate ist für d i e Wortschöpfungun des Tages verantwortlich, während Heike zur "Maul"beere mutiert und ihren Fokus auf das Wohlergehen ihres neuen Mähroboters, statt auf Ehemann Thies legt. Aber bei all dem Spaß gelingt es Krischan Koch, die Ernsthaftigkeit seiner Themen zu vermitteln, die die Grundlage für seinen Roman bilden. Abzocke, Raffgier, falsche Versprechungen und das schnelle Geld mit vermeintlichen Bio-Siegeln sind brisante Punkte, die der Autor zu einem rasanten und wendungsreichen Krimi zusammenfügt.

Wie immer beste Krimiunterhaltung mit ganz vielen Spleens und schrägen Originalen - absolut lesenswert !