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anne
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Schweighofen

Bewertungen

Insgesamt 161 Bewertungen
Bewertung vom 14.03.2022
Schmidt, Joachim B.

Tell


ausgezeichnet

Den groben Handlungsablauf von Wilhelm Tell, dem berühmten Nationalhelden der Schweiz kennt jeder und viele sicher auch die Reclamausgabe desselben. Schmidt stellt mit seiner Neufassung des Stoffs jedoch eine ganz neue Sichtweise auf das Geschehen vor.
In einer archaischen Welt befindet sich Wilhelm Tell, hier einfach nur kurz Tell genannt, und die Seinen, in einem abgelegenen Tal zwischen vielen Bergen. Dementsprechend ist auch der Chrakter Tells. Wortkarg, düster, weltabgewand, alles nur nicht sympathisch. Und dennoch zeigt er in dem alles entscheidenden Moment der Geschichte Gefühle die zu einem weiteren Drama führen.
Schmidt schmückt die Geschichte mit zahlreichen Details aus und beschränkt sich dennoch auf das Wesentliche. Hier wird nichts zu viel erzählt, nichts ist unnötig. Die Kapitel sind kurz und die Handlung schreitet rasch voran. Die Spannung bleibt die ganze Erzählspanne über erhalten ohne je abzufallen.
Was die Erzählweise zu etws Besonderem macht ist natürlich der ständig wechselnde Blickwinkel bei dem ein Vielzahl unterschiedlicher Personen zu Wort kommt. Jede Person erzählt dabei ihre ganz persönliche Sicht auf die Ereignisse.
Insgesamt eine interessante Neuinterpretation eines allseits bekannten und großen Werks.

Bewertung vom 14.03.2022
Tjernshaugen, Andreas

Der Blauwal


ausgezeichnet

Bereits rein optisch ist das Buch ein Hingucker. Eine ganze Reihe schöner Bilder und ein fortlaufender Text, unterteilt in mehrere Kapitel, vermitteln erst einmal den Eindruck des handle sich um ein ausführliches Bilderbuch für Grundschüler. Die Bilder wirken dabei gar nicht wie die eines Sachbuchs, sondern wie träumerische Illustrationen eines Romans. Auch die Aufmachung mit den kreativen Schriftzügen bestärken diesen Eindruck.
Doch die einzelnen Abschnitte vermitteln inhaltlich ein breites Wissen über Blauwale, das auch vielen Erwachsenen nicht vollständig bekannt sein dürfte. Vor allem die Entwicklung vom Landsäugetier zum reinen Meeresbewohner ist hierbei sehr interessant. Von der Geburt eines Wals, über seine Essgewohnheiten, sein Jagdverhalten und die Gefahren die in den Weiten der Ozeane lauern sowie über Fossilienfunde wird alles rund um die größten Meeressäuger ausführlich erklärt. Aber auch der Walfang und die Bedrohung der Tiere durch den Menschen ist ein Thema.
Rundum handelt es sich bei diesem ungewöhnlichen Sachbuch um ein äußerst gelungenes Werk, dass man nur empfehlen kann.

Bewertung vom 14.03.2022
Herzig, Anna

Die dritte Hälfte eines Lebens


ausgezeichnet

Die Autorin stellt uns in ihrem Roman eine hartherzig Gesellschaft vor. Wer sich in irgendeiner Art von der Gemeinschaft abhebt, ganz egal ob durch Hautfarbe, Körpergewicht, anatomischen Besonderheiten, der privaten Lebensform oder dergleichen, über den wird nicht nur schlecht gedacht, über den wird auch geredet, der wird unter Umständen sogar ausgeschlossen. Gnade oder Mitleid gibt es nicht. Im Extremfall des Sepp mündet dies gleich zu Beginn des Romans in einem Selbstmord.
Während die Atmosphäre des Inhalts des Romans äußerst düster ist, gestaltet sich passend dazu auch Schreibstil recht knapp. Auf alle Geschehnisse wird nur kurz eingegangen. Ein karges hartes Leben wird geschildert.
So kommt man mit dem Lesen des Buches auch recht schnell voran. Doch an der ein oder andere Stelle wäre eine ausführliche Beschreibung gut angebracht gewesen. Irritierend fand ich, dass die Autorin komplett auf Anführungszeichen verzichtet und diese statt dessen durch einen Bindestrich ersetzt, der Sinn dahinter erschließt sich mir nicht.
Gerede innerhalb einer Dorfgemeinschaft dürfte vielen aus dem realen Leben selbst bekannt sein. Vorverurteilungen, Gerüchte und Tratsch sind auch in der Realität an der Tagesordnung, manchmal auch mit tragischen Folgen für den Betroffenen. Die Autorin versteht es diese Situation überspitzt darzustellen.

Bewertung vom 14.03.2022
Yanagihara, Hanya

Zum Paradies


ausgezeichnet

Der Roman besteht aus drei Teilen die in keinem direkten inhaltlich Zusammenhang stehen. Jedoch erscheinen zentrale Motive immer wieder. Im Mittelpunkt stehen stets homosexuelle Männer. Weitere zentrale Motive sind Standesunterschiede, Glück und Leid. Handlungsspielort ist in allen Fällen ein und das gleiche Haus. In allen Teilen folgen wir der Geschichte der Menschen die mit diesem Haus in Verbindung stehen, mit all den Abgründen und kleinen Glücksmomenten die sich dahinter verbergen. Geduldig, detailreich, eindinglich erzähl Yanagihara eine Geschichte deren vollen Ausmaß sich dem Leser immer mehr erschließt.
Was allerdings sehr verwirrend ist sind in allen drei Teilen die immer wiederkehrenden gleichen Namen für verschiedene Personen.
Die Autorin bleibt auch in diesem Werk wie in ihren beiden vorherigen ihrem Lieblingsthema treu: Homosexualität von Männern. Ein für mich ungewöhnlich stets wiederkehrendes Thema für eine Frau. Erzählerisch ist Yanagihara einfach genial und für mich eine der besten Schriftstellerinnen. Wie in einem Sog wird man immer weiter in die Handlung hineingezogen.
Das Cover ist wie immer schlicht, aber passend und einprägsam.

Bewertung vom 14.03.2022
Kucher, Felix

Vegetarianer


ausgezeichnet

Der Maler Diefenbach war in vielen modernen oder erst viel später aufkommenden Themen ein wahrer Vorreiter, allen voran der Vegetarismus. Aber auch die alternative Medizin, der Nudismus oder die frei Liebe waren ihm sehr wichtig. Ausserdem stand er der Kirche sehr kritisch gegenüber. Dass er zu seiner Zeit eine solche Lebenseinstellung vertrat mutet schon fast profetisch an. Gerade auch dabei was die Ablehnung gegenüber Impfungen angeht nimmt der Roman sehr aktuelle Züge an. Auch wenn Diefenbach in der ein oder anderen Sache über das Ziel hinausschiesst und dabei etwas schrullig wirkt war er seiner Zeit gegenüber seinen Mitmenschen doch voraus. Insgesamt wirkt er mit seinem Lebensentwurf und der damit verbundenen ständigen Geldnot jedoch oft überfordert.
Der stets leicht sarkastisch anmutende Schreibstil passt zum Inhalt des Romans perfekt. Kurze Kapitel führen durch das Buch, so dass dieses leicht und schnell zu lesen ist.
Das Cover ist ebenfalls passend und schön gestaltet, gut hätte ich jedoch gefunden wenn man auf dem Cover oder im Innenteil des Buches einen Platz gefunden hätte um eines oder mehrere von Diefenbachs Werken abzubilden, die ebenso profetisch wirken wie sein Lebenstiel.

Bewertung vom 14.03.2022
Stronk, Cally

Achtung, Raubritter! / Die Jagd nach dem magischen Detektivkoffer Bd.4


ausgezeichnet

Der Kinderroman ist bereits der vierte einer Reihe in der es um Dedektive geht. Auch wenn wir die ersten drei Bände nicht kannten konnten wir uns schnell in die Geschichte einfinden. Am Anfang des Buches stehen kurze Erklärungen über die magischen Gegenstände die die beiden Dedektivzwillinge die in allen Bänden die Hauptrolle spielen, zur Lösung ihrer Fälle immer mit sich führen.
In diesem Band geht es um die spannende Suche nach einem Schatz auf einer Burg. Dabei erleben die beiden Geschwister samt Hund einiges und es wird auf keiner Seite langweilig.
Das Buch besticht nicht nur durch seinen humorvollen Text, sondern auch durch die schönen und lustigen Bilder die die Geschichte wundervoll ergänzen. Ganz besonders gefallen haben uns die vier Rätsel die zwischen der Handlung versteckt sind und die es von den kleinen Lesern zu lösen gilt. Wem die Rätsel zu schwierig sind, findet die Lösung am Ende des Buches.
Insgesamt ein witziges Lese- und Mitmachbuch für das erste Lesealter.

Bewertung vom 13.09.2021
vor Schulte, Stefanie

Junge mit schwarzem Hahn


ausgezeichnet

Ein Waisenkind lebt fest verbunden mit einem schwarzen Hahn in einer archaisch wirkenden Dorfgemeinschaft, innerhalb derer er wie ein Ausgestoßener behandelt wird. Bereit zu Beginn des Romanes erfahren wir, dass seine Familie auf tragische Weise ums Leben kam. Nur der Junge und das Tier überlebten und sind seither eine eingeschworene Gemeinschaft.
Die Thematik des Romanes erinnerte mich sofort an "Das Flüstern der Bienen". Hier bildet der Junge Simonopio eine feste Gemeinschaft mit einem Bienenschwarm. Auch dieser Junge wird von Teilen der Einwohner missbilligend oder gar bösartig behandelt. Scheinbar ist es nur besonders einfühlsamen Menschen möglich die Einzigartigkeit der sonderbaren Kinder zu erkennen. Bei dem Jungen mit dem Hahn ist es der Maler, bei Sinompino Nana. Beide Werke muten wie moderne düstere Märchen an.
Die Feindseeligkeit gegenüber dem Kind drückt sich auch durch die durchgängig distanzierte Sprache aus. Über der ganzen Handlung hängt die Atmosphäre der angezeigten Bürger.
Insgesamt ein schöner wenn auch düster Roman. Die Paralellen zu "Das Flüstern der Bienen", das erste kurze Zeit vorher erschienen ist hat mich jedoch überrascht.

Bewertung vom 13.09.2021
Wlasak, Helmut

In allen Punkten


ausgezeichnet

Der Autor, selbst Staatsanwalt in Österreich, beschreibt hier 30 der späktatulärsten Fälle seiner Arbeitszeit. Hier geht es unter anderen um Omas die zuliebe eines Enkels Drogen und Waffen schmücken, Verbrecher die von ihrer viel älteren Geliebten nach Stich und Faden hintergangen wurden oder Ganoven mit einem äußerst verstellten Blick auf die Realität. Alle eint eins - sie stellen sich bei ihrer Tat so ungeschickt an, dass sie dabei erwischt und überführt wurden. Dabei sind die Fälle so skurril, dass man darüber nur schmunzeln oder gar lachen muss.
Jedes Kapitel beschäftigt sich mit einem Fall. Die meisten Kapitel sind unter zehn Seiten lang, also recht kurz gehalten und dazu in leichter lockerer Sprache gehalten, so dass man äußerst schnell vorankommt. Eine gute Lektüre für zwischendurch oder als Gutenachtgeschichte. Jeglicher Tiefgang fehlt den Geschichten, dafür hat man einiges zu lachen. Das Cover passt gut zum Inhalt und ist ansprechend gestaltet.

Bewertung vom 13.09.2021
Höflich, Sarah

Heimatsterben


ausgezeichnet

Die Geschichte spielt sich im Zeitraum vom Zweiten Weltkrieg bis zum Jahr 2023 ab. Dabei ist die Familie um die es sich handelt genauso in ihrer Haltung zerrissen wie das ganze Land. Während ein Familienteil der rechtsnational gesinnten Bevölkerung angehört ist der andere eher links orientiert.
Was mir an dem Buch gut gefallen hat, ist das politische Szenario das von der Autorin aufgezeigt wird. Da dieses jedoch in einer wirklich sehr nahen Zukunft liegt wird sich der Roman bald selbst überholt haben. Er hat zurzeit zwar eine hohe Aktualität, wer möchte ihn aber noch in zwei Jahren lesen, wenn das Jahr 2023 Realität ist. Auch finde ich die Handlungsabläufe etwas zu flach, teilweise geradezu trivial. Vor allem wenn eine der zahlreichen Familienangelegenheiten erörtert wird wirkt die Handlung eher wie die eines typischen Frauenromans.
Insgesamt finde ich das Thema sehr gut und äußerst aktuell, allerdings hätte man viel mehr daraus machen können und es wäre gut gewesen die Handlung etwas weiter in die Zukunft zu ziehen und vielleicht noch mehr mit gegenwärtigen Geschehnissen zu verknüpfen.

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