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FrauSchafski

Bewertungen

Insgesamt 131 Bewertungen
Bewertung vom 03.06.2018
Todesmärchen / Sabine Nemez und Maarten Sneijder Bd.3
Gruber, Andreas

Todesmärchen / Sabine Nemez und Maarten Sneijder Bd.3


sehr gut

Grausam und gut

Was ich ja nicht so mag: unwissentlich in eine Reihe reinstolpern. Das ist mir in diesem Fall leider passiert und ich hatte schon über hundert Seiten gelesen, als es mir auffiel. Nun gut, ich habe dennoch weitergelesen und es letztlich auch nicht bereut. Denn Andreas Gruber ist wirklich ein toller Thriller-Autor, der es versteht, eine Handlung nach und nach aufzubauen und von Anfang an die Spannung hoch zu halten. Ich kann zwar nicht beurteilen, wie es mit den Vorgängerbänden aussieht, aber mit „Todesmärchen“ hat er mich gleich gepackt.

Besonders angetan hat es mir die Erzählweise: Sie springt zwischen jeweils unterschiedliche Protagonisten an unterschiedlichen Orten hin und her. Auf der einen Seite die Psychologin Hannah, die in einem Hochsicherheitsgefängnis für psychisch kranke Schwerverbrecher arbeitet und auf der anderen Seite das Ermittlerteam Maarten S. Sneijder und Sabine Nemez, die mit einer wirklich furchtbar grausamen Mordserie zu kämpfen haben. Beide Seiten scheinen völlig unabhängig voneinander zu sein, beide Erzählperspektiven sind auf ihre Weise interessant und bauen ihre eigene Spannungskurve auf, sodass man als Leser kaum entscheiden kann, wo man gerade lieber weiterlesen möchte. Das hat genau den richtigen Pageturner-Effekt, der mich das Buch kaum aus der Hand hat legen lassen.

Einziges Manko ist für mich die mal wieder sozial inkompatible, verbitterte und exzentrische Ermittlerfigur Maarten S. Sneijder, die von ihrem Sidekick neutralisiert werden muss. Scheinbar ist das ein anhaltender Trend, der in die Spannungsliteratur Einzug gehalten hat. Davon gibt es für meinen Geschmacke zu viele, das langweilt auf Dauer etwas und man wünscht sich zur Abwechslung fast schon jemand „normales“.

Fazit: Dennoch ist dieser Thriller dank des hervorragend inszenierten Spannungsaufbaus absolut rasant und fesselnd, sodass er auf jeden Fall gute vier Sterne verdient hat - exzentrischer Ermittler hin oder her.

Bewertung vom 02.06.2018
Der Marsianer
Weir, Andy

Der Marsianer


sehr gut

Humor siegt über Verzweiflung

Nachdem ich bereits vor einer Weile die tolle Verfilmung mit Matt Damon in der Hauptrolle gesehen habe, musst ich einfach zugreifen, als ich das Buch in einer Wühlkiste entdeckt habe. Und was soll ich sagen, auch das Buch ist absolut lohnenswert.

Der Plot ist schnell erzählt: Eine Marsmisson mit mehreren Astronauten, die auf dem Planeten forschen, scheitert, als ein Sandsturm die Crew zur Flucht zwingt. Im Chaos des Sturms wird Mark Watney verletzt, vermeintlich tödlich, sodass die anderen schweren Herzens ohne ihn aufbrechen. Doch Mark ist nicht tot - und kämpft nun alleine auf dem Mars, wo es weder Sauerstoff, Wasser oder Nahrung gibt, ums Überleben.

In einer Situation, in der viele andere wahrscheinlich in tiefe Depressionen fallen und innerhalb kürzester Zeit sterben würden, beweist Mark einen unglaublichen Überlebenswille. Sein schier unerschöpflicher Einfallsreichtum lässt ihn eine ausweglose Situation nach der nächsten meistern. Als Leser ist es unheimlich interessant zu sehen, welchen irrwitzigen Plan er als nächstes aus dem Hut - oder in diesem Fall dem Astronautenhelm - zaubert. Und dabei geht ihm noch nicht einmal sein unnachahmlicher Humor verloren, der selbst lebensbedrohliche Situationen hoffnungslos entwaffnet. Ein wirklich beeindruckender Charakter, der mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Während Mark darum kämpft, am Leben zu bleiben, wird auch auf der Erde alles drangesetzt, um ihn zu retten. Ein Plan erscheint verrückter und auswegloser als der andere, und so, wie die ganze Welt im Roman mitfiebert, bangt auch der Leser mit.

Fazit: Die technischen Details sind zwar wichtig, aber schon sehr ausführlich beschrieben, das führt zwischenzeitlich zu ein paar Längen. Aber insgesamt ist das ein überaus spannender Sci-Fi-Roman mit einem absolut grandiosen Hauptcharakter: 4 Sterne.

Und wer den Film noch nicht gesehen hat: Es lohnt sich, Matt Damon ist wirklich die perfekte Besetzung für Mark Watney.

Bewertung vom 27.05.2018
Erbarmen / Carl Mørck. Sonderdezernat Q Bd.1
Adler-Olsen, Jussi

Erbarmen / Carl Mørck. Sonderdezernat Q Bd.1


sehr gut

Der Auftakt für ein ungewöhnliches Ermittlerteam

Der erste Fall für Carl Mørck und Assad und gleichzeitig auch mein erster Jussi Adler-Olsen. Im Laufe des Buchs musste ich allerdings feststellen, dass ich schonmal die Verfilmung im Fernsehen gesehen hatte, ohne dass mir das bewusst war. Das tat dem Lesevergnügen zum Glück keinen Abbruch, auch wenn der Fall nicht mehr ganz so interessant war.

Aber der Fall an sich ist auch nicht das eigentlich reizvolle an diesem Thriller, auch wenn er durchaus ungewöhnlich und zeitweise sehr, sehr schauderhaft ist. (Ich komme überhaupt nicht gut klar mit Szenen, in denen irgendwas mit Zähnen passiert, die muss ich jedes Mal überspringen.) Nein, was hier so reizvoll ist, sind die beiden Ermittler Mørck und Assad. Selten gab es so eine merkwürdige Personenkonstellation, die aber vom Spannungsfeld ihrer unterschiedlichen Charaktere und Kulturen lebt. Denn Assad ist Syrer und muslimischen Glaubens, seine kulturellen Gepflogenheiten bringt er natürlich auch mit ins Polizeidezernat, was zur ein oder anderen lustigen Situation führt. Und obwohl Assad eigentlich nur zum Aufräumen, Putzen und Fahren eingestellt wurde, beweist er Köpfchen und jede Menge Ermittlerinstinkt. Dadurch wird er zum interessanteren Charakter, dessen Vergangenheit ein großes Rätsel bleibt.

Mørck hingegen ist mal wieder der einsame harte Hund, der von seiner Frau getrennt lebt, aber nicht den Arsch in der Hose hat, sich scheiden zu lassen und weiterhin brav für ihre Kapriolen blecht. Als Einzelgänger und unzugänglicher Kollege ist er im Polizeipräsidium ein „schwieriger Fall“ und wird daher mit Freude zum Leiter des Sonderdezernats Q ernannt - außer ihm und Assad gibt es dort nämlich keine Mitarbeiter. Das ist nichts Neues, knurrige Ermittlerfiguren hat das Genre schon zuhauf gesehen. In diesem Fall ist es das Zusammenspiel von Mørck und Assad, das den Thriller wirklich lesenswert macht.

Fazit: Ist etwas hinter meinen Erwartungen zurück geblieben, insgesamt jedoch ein spannendes und kurzweiliges Lesevergnügen, das vor allem von den beiden Protagonisten profitiert. Dafür gibt’s vier Sterne.

Bewertung vom 26.05.2018
Silber - Das erste Buch der Träume / Silber Trilogie Bd.1
Gier, Kerstin

Silber - Das erste Buch der Träume / Silber Trilogie Bd.1


sehr gut

Wer deine Träume kennt, hat Macht über dich

Manche Bücher ziehen mich allein wegen ihres Covers magisch an und so konnte ich dem ersten Band der Silber-Reihe von Kerstin Gier nicht widerstehen. Und das, obwohl ich mich durchaus schwer tue mit Jugendbüchern. Doch dieses Buch hat mich wirklich positiv überrascht. Die Autorin hat einen tollen Stil, witzig, süffisant, kurzweilig, eben mal so zum weglesen. Auch ihre Figuren sind durchweg sympathisch, mit teils skurrilen Eigenheiten, die sie aber nicht nervig, sondern eher liebenswert erscheinen lassen. Darüber hinaus schafft sie es, jenseits der Klischees zu schreiben, und sollte sie doch mal eines aufgreifen, dann wird dies auch mit einem Augenzwinkern als eben solches entlarvt. Das ist ein Humor, mit dem ich gut klar komme, einfach nicht alles zu ernst nehmen.

Die Story an sich ist jetzt nicht unbedingt die Erfindung des Rads, aber irgendwie ist sie doch besonders. Vor allem die kleinen Details, die Kerstin Gier überall einstreut, machen das Lesen zu einer regelrechten Entdeckungsreise. Die bildhafte Sprache tut ihr übriges dazu und lässt Orte und Figuren plastisch vor dem inneren Auge entstehen.

Fazit: Heute mal ganz kurz und bündig: Ich wurde überraschend gut unterhalten und werde auf jeden Fall noch weitere Bücher von Kerstin Gier lesen. Für „Silber“ gibt es wohlverdiente 4 Sterne.

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Bewertung vom 09.05.2018
Unter der Mitternachtssonne
Higashino, Keigo

Unter der Mitternachtssonne


sehr gut

Die Grundel und der Knallkrebs

Alles beginnt mit dem Mord an einem Pfandhausbesitzer, der nie aufgeklärt wird. Über zwei Jahrzehnte hin spinnt sich die Geschichte immer weiter fort. Scheinbar zusammenhanglos passieren immer wieder die unterschiedlichsten Verbrechen, bei denen den Leser das Gefühl nicht los lässt, dass da doch irgendein Zusammenhang bestehen muss ...

Nachdem ich „Böse Absichten“ schon gelesen habe, dachte ich mir schon, dass dies wieder ein ruhiger Krimi werden würde, war jedoch etwas überrascht über den 700-Seiten starken Umfang. Ob über so eine lange Strecke der Krimi nicht zu langatmig werden könnte? Aber nein, ganz im Gegenteil flogen die Seiten nur so dahin und das, obwohl über lange Passagen nur sehr wenige passierte. In dieser Hinsicht hat mich dieses Buch wirklich sehr positiv überrascht. Es muss an der durchaus andersartigen, weil vollkommen unaufgeregten Erzählweise von Keigo Higashino liegen, der es schafft, über Hunderte Seiten die Spannung unterschwellig immer aufrecht zu halten. Nach und nach entwickelt der Leser durch das Beobachten der Figuren ein nagendes Gefühl, dass hier irgendetwas ganz und gar nicht stimmen kann. Und plötzlich stellt man überrascht fest, dass man derselben Obsession verfallen ist, wie der nur selten auftauchende Kommissar Sasagaki, der sich auch nach 20 Jahren in der Aufklärung des damals verübten Mordes verbissen hat. Ohne es zu merken, wird man zum Co-Ermittler und ist die einzige Person, die den Überblick über all die merkwürdigen Vorfälle hat.

Fazit: Die außergewöhnliche Erzählweise gepaart mit den vielen kleinen Einblicken in die Besonderheiten der japanischen Kultur haben mir wirklich gut gefallen, sodass ich gerne vier Sterne vergebe.

Bewertung vom 22.04.2018
Das Gefüge der Zeiten / Menduria Bd.2
Mang, Ela

Das Gefüge der Zeiten / Menduria Bd.2


gut

Kriegen sie sich oder nicht?

Achtung: Da dies der zweite Teil einer Reihe ist, kann diese Rezi Spoiler hinsichtlich des ersten Teils enthalten.

Lina ist nun seit fast drei Jahren zurück in der Schöpferwelt - der Realität. Doch hier fühlt sie sich längst nicht mehr zu Hause, denn das ist nun Menduria - und Darian. Verzweifelt sehnt sie sich zurück und hofft, einen Weg zu finden. Und tadah: Eines Tages taucht aus dem Nichts Drogonn auf, der sie erneut mitnimmt, denn schließlich ist Lina ganz Wichtig für das Schicksal Mendurias. Dort angekommen hat sie natürlich nur eines im Sinn: Zurück zu Darian zu gelangen. Auch wenn der sich nicht an sie erinnert, immerhin lernt er sie erst in der Zukunft lieben und Lina ist sozusagen in die Vergangenheit zurückgekehrt.

Klingt kompliziert, ist es aber nicht. Generell wird fortlaufend alles so schön und ausführlich erklärt, dass auch der unaufmerksame Leser nur ja nichts verpasst. Und so beginnt der altbekannte Tanz des „Kriegen sie sich oder nicht“, wird das alte Märchen der unendlichen Liebe und des Glücklich-bis-an-ihr-Lebensende einmal mehr neu erzählt. Das ist zuweilen sehr ermüdend, insbesondere wenn man die Figuren bei ihren ungeschickten Flirtversuchen beobachtet, innerlich zerrissen von Selbstzweifeln und der Auffassung, dass der andere niemals sie selbst lieben könnte ... Obwohl wir genau das ja bereits aus dem ersten Teil wissen. Nun gut, es wird also gelitten, gekämpft und gerettet, gehofft und geliebt. Einzig die Handlungskonstruktion im Hintergrund ist interessant und lässt erkennen, dass sich da jemand Gedanken gemacht hat. So ist das Schicksal von Lina und Darian eng mit dem Mendurias verbunden. Und auch wenn sie versuchen, dem zu entgehen und es gar selbst zu bestimmen, müssen sie letztlich feststellen, dass sie von fremden Mächten gesteuert genau dahin laufen, wo sie hinsollen.

Fazit: Nette Fortsetzung, die in meinen Augen zu sehr den Fokus auf den Balztanz zwischen Lina und Darian legt. Menduria, also die phantastische Welt an sich, gewinnt dafür in diesem Band neue Facetten hinzu und kann durchaus überzeugen. Es bleibt auch bei der Fortsetzung bei drei Sternen, weil der Anspruch insgesamt einfach zu flach ist.

Bewertung vom 15.04.2018
The Girls
Cline, Emma

The Girls


gut

Verpufft in Bedeutungslosigkeit

Ein einsamer, stürmisch, kalter Ort. Ein verlassenes Haus, das von einer Frau im mittleren Alter „gehütet“ wird. Evie ist die Ich-Erzählerin des Romans, der uns mit ins Jahr 1969 nimmt, die Zeit der Blumenkinder und freien Liebe. In diesem Sommer lernt Evie Suzanne kennen, die zusammen mit mehreren anderen Mädchen in eine „Kommune“ lebt und die alle demselben Mann folgen: Russell. Folgen umfasst dabei, ja ihr habt richtig vermutet, auch sexuelle Hörigkeit. Evie verfällt mit Begeisterung dieser neuen Idee des Zusammenlebens, auch wenn sie gerade einmal 14 Jahre alt ist, und gelangt in einen Sog aus Zusammenhalt, Abhängigkeit, Willenlosigkeit.

Nun wäre es an der Zeit, Großes oder Kleines von diesem Buch zu berichten, Charaktere, Inhalt und Spannungsaufbau zu bewerten, das Problem ist nur: Der Roman war für meinen Geschmack insgesamt so farblos, dass er völlig nichtssagend in meinem Gedächtnis verpufft. Schon jetzt, nur zwei Tage nach der Lektüre, habe ich Schwierigkeiten, mich an konkrete Handlungsmuster und Charaktere zu erinnern, geschweige denn eine sinnvolle Einschätzung zusammenzubekommen. Dabei ist der Roman im Großen und Ganzen nicht schlecht, die Lektüre tut nicht weh, aber wie gesagt, es bleibt davon irgendwie nichts übrig. Einzig die Sprache hat mich zu Beginn irritiert, weil sie gespickt ist mit düsteren und zugleich eintönigen Metaphern. Bis mir klar wurde, dass sie Ausdruck der mittlerweile einsamen und fast schon verbitterten Evie sind.

Fazit: Drei Sterne kann man mit etwas gutem Willen vergeben für einen Roman, der am Ende genauso wie die Mädchen verschwindet, ohne großen Eindruck zu hinterlassen.

Bewertung vom 09.04.2018
Die Träumerin / The Bone Season Bd.1
Shannon, Samantha

Die Träumerin / The Bone Season Bd.1


gut

Wer durchhält, entdeckt eine faszinierende Welt

Selten hat mich ein Buch so zwiegespalten, was die Bewertung angeht. Mehrfach war ich kurz davor aufzugeben und bin nun doch froh, dass ich es nicht getan habe. Zu sehr hat mich letztlich diese fremdartige Welt in den Bann gezogen.

Zwei Faktoren haben mir jedoch die Lektüre sehr erschwert:
1. Es ist sehr deutlich spürbar, dass die Autorin noch jung und unerfahren ist. Sie hat sich hier einen wirklich faszinierenden Kosmos ausgedacht, das Problem ist nur: Er ist unendlich erklärungsbedürftig. Und das gelingt ihr leider überhaupt nicht gut. Ich habe ungelogen Hunderte Seiten gebraucht, bis ich einigermaßen den Durchblick hatte. Davor schwebte die ganze Zeit ein rot blinkendes Fragezeichen über meinem Kopf, weil ich immer wieder den Faden in all den Erklärungen und Begrifflichkeiten verlor. Erst nach etwa der Hälfte des Buches wurde es langsam besser. Aber bis dahin musste ich wirklich eisernes Durchhaltevermögen beweisen.
2. Die Hauptprotagonistin Paige: Boah, ist mir die Alte zwischenzeitlich auf den Sack gegangen, um es etwas salopper auszudrücken. Über lange, lange Strecken hatte ich den Eindruck, einen pubertierenden, sturen Teenager vor mir zu haben, dem jegliches vernünftiges Denken abhanden gekommen ist. Mehr als einmal wollte ich sie anschreien und ihr Ætherverbot erteilen. Sperrige Charaktere sind an sich nicht das Problem, aber wenn sie teilweise völlig gegen den eigenen Lebenserhaltungstrieb handeln, bleibt bei mir nur ein unverständiges Kopfschütteln übrig.

Nun mag man sich fragen, warum ich dann doch drei Sterne vergebe und fast sogar versucht war, vier daraus zu machen. Ganz einfach: Irgendwann hat mich diese Welt so fasziniert, so in ihren Bann gezogen, dass ich nicht mehr aufhören konnte und es letztlich auch nicht mehr wollte. Was die Hauptfigur Paige angeht, kann ich nur sagen, dass trotzige Wasser dennoch tief sein können - und sich mit etwas Glück weiterentwickeln ...

Fazit: Das Durchhalten lohnt sich! Denn trotz der vielen Schwächen, die m.E. in der Unerfahrenheit der Autorin liegen, ist das toller Lesestoff.

Bewertung vom 25.03.2018
Hologrammatica
Hillenbrand, Tom

Hologrammatica


sehr gut

Das, was Du siehst, ist nicht real

Die Hologrammatica ist die vorherrschende Realität im Jahre 2088. Ein System aus sogenannten Holonets verkleidet alles, was den Ansprüchen nicht genügt, indem eine durch Holografie vorgegaukelte Hülle darüber gelegt wird. Damit werden Städte, Menschen, Wohnungen, Kleidung, Natur zu einer glattpolierten Täuschung. Hinzu kommt, dass die Menschheit es geschafft hat, ihre Gehirne zu digitalisieren und so speicherbar zu machen. Nun können die sogenannten Cogits in jedes beliebige Gefäß, so der Name der alternativen Körper, hochgeladen werden. Für ein paar Tage, einundzwanzig um genau zu sein, kann also jeder, der ausreichend Geld hat, denn Reichtum verliert auch in der nahen Zukunft nicht an Macht, jeder sein, der er sein will. Danach droht der Braincrash, wenn das Cogit nicht wieder in den Stammkörper zurücktransferiert wird.

Diese beiden großen Neuerungen sind nur die Spitze des Eisbergs der von Tom Hillenbrand so detailliert durchdachten Zukunft. Sie reichen als Beschreibung aus, um zu erahnen, welch unendlichen Möglichkeiten, aber auch Probleme sich daraus ergeben. Hillenbrands Welt besticht durch das sorgsam komponierte Funktionssystem im gesamten, das sie authentisch und nah an unserer Realität erscheinen lässt. Fast wie nebenbei stellen sich große Fragen nach Schein und Sein sowie dem „göttlichen“, das Körper und Seele zusammenhält. Antworten muss der Leser freilich selbst finden, hier gibt es lediglich Denkansätze, die aber zum fröhlichen philosophieren einladen. Verpackt ist das Ganze übrigens in einen Kriminalfall, denn der Protagonist Galahad Singh ist ein sogenannte Quästor, die moderne Form des Privatdetektivs, der natürlich auf der Suche nach einer verschwundenen Person ist. So ist die gesamte Handlung in eine nicht unspannende Schnitzeljagt eingebunden, die den Leser bei der Stange hält. Und das Ende verspricht schließlich noch ein paar dicke Überraschungen.

Fazit: Zum Schluss weiß man, nicht mehr so genau, was real ist und was nicht. Aber dieses Ende ist für eine Dystopie dennoch eher versöhnlich und birgt die Hoffnung, dass die Menschheit verschiedene Probleme in den Griff bekommen kann. Prinzipiell ist Tom Hillenbrand eine sehr überzeugende Dystopie gelungen, bei der ich dennoch immer eine gewisse Distanzhaltung bewahrt habe, sodass es nicht ganz für fünf Sterne gereicht hat. Dennoch sehr lesenswert!

Bewertung vom 18.03.2018
DNA / Kommissar Huldar Bd.1
Sigurdardóttir, Yrsa

DNA / Kommissar Huldar Bd.1


ausgezeichnet

Der Mord passiert in deinem Kopf

Der Spannungsaufbau dieses Thrillers ist meisterhaft und hat mich fast um den Verstand gebracht. Meisterhaft deswegen, weil er nicht auf effekthascherischen Szenen und Verfolgungsjagden aufbaut, seine Protagonisten nicht durch die Handlung hetzt. Stattdessen entsteht das Spannungsverhältnis zwischen den Erzählperspektiven, die dem Leser immer etwas Vorsprung vor den Ermittelnden lassen, jedoch nicht so viel, dass er in der Lage wäre, den Fall verfrüht zu lösen. Nein, der Vorsprung reicht gerade dazu aus, dass er erahnt, was nun passieren wird, die Schlinge zieht sich langsam zu. Ich hatte mehrmals das Bedürfnis, Kommissar Huldar anzuschreien und in die richtige Richtung zu schubsen - ein Nervenkrieg. Aber ein richtig gut inszenierter.

Hinzu kommt, dass die Morde bestialisch sind, ohne Splatter-Film-like dargestellt zu sein. Auch das ist ein wahrlich meisterhafter Kniff der Autorin. Und es funktioniert so einfach: Der Täter umwickelt die Köpfe seiner Opfer mit Klebeband, sie können also nichts mehr sehen. Gleichzeitig wird aus ihrer Perspektive erzählt. Ihre Panik und Angst überträgt sich auf den Leser. Er hört, was die Opfer hören, fragt sich, was diese Geräusche wohl zu bedeuten haben. Die eigentliche Tat wird ausgeblendet, sodass des Rätsels Lösung, was Opfer und Leser da wohl hörend erahnt haben, erst mit dem Eintreffen der Ermittler erfolgt. Bis dahin bleiben die Nerven gespannt wir Drahtseile. Und die Auflösung ist jedes Mal ein Schock ...

Meine Begeisterung für diesen Thriller ist nun wahrscheinlich mehr als offensichtlich. Dennoch sind die oben genannten Punkte nur die hervorstechendsten. Überzeugen konnten mich auch die Atmosphäre, das Lokalkolorit Islands, der alles andere als selbstsichere Kommissar Huldar und wie es die Autorin schafft, all ihre Figuren so vielschichtig und authentisch zu machen.

Fazit: DAS ist ein Thriller, der seinem Namen wirklich gerecht wird, indem die Effekte ganz subtil aus der Erzählweise entstehen und dem Leser nicht plakativ mit Leuchtreklame garniert vor Augen geführt werden. Entsprechend begeistert vergebe ich gerne 5 Sterne und spreche eine nachdrückliche Leseempfehlung aus.