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Krimine

Bewertungen

Insgesamt 218 Bewertungen
Bewertung vom 07.04.2017
Die Grausamen
Katzenbach, John

Die Grausamen


ausgezeichnet

Ein wunderbar fesselnder Thriller

Die dreizehnjährige Tessa Gibson verschwindet nach dem Besuch bei einer Freundin spurlos. Eingeleitete Suchmaßnahmen und umfangreiche Ermittlungen bringen nicht den gewünschten Erfolg. Die Spülerin bleibt verschwunden und keiner weiß, was mir ihr geschehen ist. Zwanzig Jahre danach wird im zuständigen Polizeirevier die längst fällige Sondereinheit „Cold Cases“ gegründet, allerdings nicht um alte Fälle neu aufzurollen, sondern um zwei ausrangierte Ermittler unterzubringen. Diesen jedoch genügt es nicht, die archivierten Akten nach neuen Anhaltspunkten durchzusehen. Schon bald ermitteln sie auf eigene Faust und stoßen dabei auf Tessa Gibsons Fall. Doch kaum haben sie eine erste Spur entdeckt, werden sie von einem Killerkommando massiv bedroht.

„Die Grausamen“ ist der erste Thriller des US-amerikanischen Autors John Katzenbach, in dem es nicht um psychopathische Serienkiller und ihre perfiden Spielarten geht, sondern um klassische Ermittlungsarbeit. Dazu hat er ein Duo ins Rennen geschickt, das aufgrund schwerwiegender Probleme ruhiggestellt werden muss, um weiteren Ärger zu vermeiden. Denn während Assistant Deputy Chief Gabriel Dickinson nach einem privaten Unglücksfall dem Alkohol verfallen ist, hat Marta Rodriguez-Johnson einen Polizisten erschossen. Zwei Aussätzige, die sich vor allem wegen ihrer Schwächen und Eigenarten die Sympathie des Lesers zu erkämpfen wissen und wegen ihrer zutage tretenden Verbissenheit.

Die anfänglich ruhig verlaufenden, dann aber immer rasanter in Erscheinung tretenden Ereignisse werden aus der Sicht der beiden Cold-Case-Ermittler erzählt. Dadurch erhält der Leser einen guten Einblick in ihre emotionale Entwicklung, die trotz einiger Rückschläge positive Tendenzen aufweist und in ihre Bemühungen, den undurchsichtigen Fall zu klären. Ein stetiges Auf und Ab, das durch unvorhersehbare Wendungen spannend unterhält und auf ein Finale zusteuert, das überrascht. Dabei wird der Leser durch den in ihm verwendeten flüssigen Schreibstil regelrecht mitgerissen, während bildhafte Beschreibungen dafür sorgen, dass eine düstere und eindringliche Atmosphäre entsteht.

Fazit:
Ein fesselnder Thriller, der alles hat, um ihn in einem Rutsch zu verschlingen.

Bewertung vom 05.04.2017
Zapfig / Rechtsmedizinerin Sofie Rosenhuth Bd.4 (5 Audio-CDs)
Gruber, Felicitas

Zapfig / Rechtsmedizinerin Sofie Rosenhuth Bd.4 (5 Audio-CDs)


ausgezeichnet

Ein lustiger Regionalkrimi mit einer ordentlichen Portion Ermittlungsarbeit

„Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht was Bess'res findet.“ Getreu diesem Motto hat der Juniorchef der Privatbrauerei Rößlbier lange Zeit gelebt, bis er nach ausgiebigem Hin und Her bei der Sekretärin Nathalie hängen geblieben ist. Nun steht zum Leidwesen seiner Mutter die Hochzeit an und verbunden mit ihr ein zünftiger Junggesellinnenabschied. Doch nach einer amüsanten Nacht ist die zukünftige Braut tot und ihre Schwiegermutter in spe gerät in Verdacht, etwas mit ihrem Ableben zu tun zu haben. So jedenfalls lautet Vermutung der zuständigen Rechtsmedizinerin Dr. Sophie Rosenhuth, die sie aber schon bald revidieren muss. Denn ausgerechnet die missmutige Brauereichefin wird ertrunken in einem Gärfass aufgefunden und damit sind die Karten neu gemischt.

„Zapfig“ ist der vierte Fall der Kalten Sofie, eine Münchener Rechtsmedizinerin, die mit ausreichend Ecken und Kanten gesegnet ist und darüber hinaus auch mit einigen Pfündchen Übergewicht. Etwas, das ihren Ex-Mann und neuen Freund Hauptkommissar Jo Lederer überhaupt nicht stört. Deshalb planen sie auch wieder zusammenzuziehen, was in München gar nicht so einfach ist. Da sind Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten vorprogrammiert, die regelmäßig zu Verstimmungen führen. Aber nicht nur das Privatleben der Ermittler bietet ausreichend Stoff für ein abwechslungsreiches Geschehen. Auch der aktuelle Fall entwickelt sich turbulenter, als gedacht. Vor allem, weil es mehr als eine Leiche und ungeahnt viele Verdächtige gibt.

Gelesen wird der mit vielen humorvollen Szenen und Dialogen durchsetzte Kriminalroman von Tatjana Pokorny, die es wunderbar versteht, den einzelnen Figuren einen zu ihnen passenden Ausdruck zu verleihen. Dazu spielt sie gekonnt mit Stimmlage, Lautstärke, Tempo und Dialekt sowie mit einem hörbaren schauspielerischen Talent. Ein Hörbuch, das unheimlich viel Spaß bereitet und dazu jeden Krimifan ordentlich miträtseln lässt.

Fazit:
Wer lustige Regionalkrimis mit einer ordentlichen Portion Ermittlungsarbeit mag, ist hier genau richtig.

Bewertung vom 02.04.2017
Seelendunkel
Drake, Rebecca

Seelendunkel


ausgezeichnet

An einem heißen Sommertag verschwindet die dreijährige Sophia auf einem Spielplatz spurlos und taucht einige Zeit später völlig unversehrt wieder auf. Lediglich ein kleiner Einstich in ihrer Armbeuge zeugt davon, dass etwas Unerklärliches geschehen ist. Doch eine Untersuchung von Sophia im Krankenhaus bleibt ohne Befund und niemand, außer Sophias Mutter, misst dem Ganzen noch eine Bedeutung bei. Vier Monate später, der merkwürdige Vorfall ist längst vergessen, verschwindet Sophia erneut. Diesmal allerdings ist ihr Bett im Kinderzimmer leer und eine daraufhin eingeleitete Suchaktion bringt nicht den gewünschten Erfolg. Im Gegenteil. Schon bald stehen Sophias Eltern selbst im Fokus der Ermittlungen, während eine unbekannte Frau ihren grausamen Racheplan in die Tat umsetzt.

„Seelendunkel“ ist ein bewegender Psychothriller, der mit einem Paukenschlag beginnt, dann allerdings in ein ruhiges Tempo verfällt. Eine Zeit, in der der Leser die Figuren und ihr Leben kennenlernt und Anteil an täglichen Problemen nimmt. Aber auch eine Zeit, in der seltsame Dinge geschehen und die Unsicherheit einer besorgten Mutter ihr Leben bestimmt. Denn während plötzlich Türen offenstehen und Schubkästen durchwühlt worden sind, zeichnet sich ein Drama ab, das die trügerische Ruhe schon bald durchbricht. Wie in einem Alptraum, aus dem es kein Entrinnen gibt, geschieht es, dass Jill Lassiters kleine Tochter Sophia das Opfer einer Entführung wird, während sie selbst nur einige Meter entfernt einen erholsamen Schlaf genießt.

Voll gepackt mit dramatischen Ereignissen, mit vehementen Schuldzuweisungen und überbordenden Emotionen versteht es, „Seelendunkel“ den Leser in seinen Bann zu ziehen. Dabei weiß dieser beizeiten, wer hinter der Entführung der kleinen Sophia steckt, während ihre Eltern und die verantwortlichen Ermittler völlig im Dunkeln tappen. In abwechselnden Handlungssträngen, mit unvorhersehbaren Wendungen und ergreifenden Dialogen werden die verhängnisvollen Geschehnisse erzählt, in deren Mittelpunkt vor allem Sophias Mutter Jill Lassiter steht. Ihre Empfindungen, ihre Schmerzen und ihr Kampf werden dermaßen intensiv und bis ins kleinste Detail dargestellt, dass alle anderen Figuren, egal wie viel Einfluss sie auf den Verlauf der Handlung haben, hinter ihr verblassen.

Fazit:
Ein psychologisch geschickt inszenierter Psychothriller, der spannende Lesestunden verspricht.

Bewertung vom 26.03.2017
Mord mit Meerblick / Sandra Horvat Bd.1
Nikolic, Ranka

Mord mit Meerblick / Sandra Horvat Bd.1


gut

Ein schlichter Krimi mit einem ganz eigenen Charme und tollen Figuren

Auf seiner nächtlichen Tour durch die Straßen der kroatischen Hafenstadt Rijeka findet der Mitarbeiter eines Reinigungsunternehmens einen toten Mann, der inmitten einer großen Blutlache liegt. Ein Fall für Inspektorin Sandra Horvat und ihr Team, die bereits am frühen Morgen damit beginnen, erste Ermittlungen anzustellen. Allerdings bringen einige sofort angestellte Befragungen der Nachbarn keinen Erfolg und weitere Zeugen sind nicht in Sicht. Grund genug, etwas genauer in das Umfeld des Mordopfers schauen, wo es bald erste Ansätze für ein Tatmotiv gibt. Fast zur gleichen Zeit wird eine 75-jährige Frau mit ihrem Schnellkopftopf erschlagen, und während die Mordkommission auch in diesem Fall zunächst einmal im Trüben fischt, stellt sich plötzlich heraus, dass beide Taten zusammenhängen.

„Mord mit Meerblick“ ist das Debüt der Autorin Ranka Nikolic, die als Kind mit ihren Eltern von Kroatien nach Deutschland kam. Kein Wunder also, dass ihr erster Kriminalroman in der Hafenstadt Rijeka spielt, die als drittgrößte Metropole Kroatiens ein gut besuchter Urlaubsort ist. Hier lernt der Leser vor einer atemberaubenden Kulisse nicht nur die pulsierende Stadt und ihre Bewohner kennen, sondern erhält auch einen kleinen Einblick in die bewegende Geschichte des Landes. Doch vor allem stehen im Mittelpunkt des atmosphärischen Romans die Ermittlungen zu zwei brutalen Verbrechen, die dem vierköpfigen Team der Mordkommission von Rijeka ordentlich zu schaffen machen.

Erzählt werden die eher unspektakulär verlaufenden Ereignisse in chronologischer Reihenfolge, ohne die sonst üblichen Verfolgungsjagden oder andere Effekthascherei. Deshalb erscheint der Kriminalroman ungewohnt ruhig, hat es aber trotzdem in sich und liefert durch die in ihm akribisch geführten Ermittlungen ausreichend Material, um eigene Vermutungen anzustellen. Ob diese allerdings richtig sind, offenbart sich erst ganz zum Schluss. Bis dahin wird der Leser durch immer wieder neue Wendungen und humorvoll geführten Dialogen der Ermittler gut unterhalten, die sich trotz unterschiedlicher Charaktereigenschaften und persönlicher Handicaps in ihrem täglichen Miteinander gut verstehen.

Fazit:
„Mord mit Meerblick“ ist ein eher schlichter Kriminalroman mit einem ganz eigenen, manchmal etwas rauen Charme, der dem wahren Leben sehr nahe kommt und mit angenehm realistischen Figuren, bei denen es Spaß macht, sie mit allen ihren Eigenarten kennenzulernen.

Bewertung vom 19.03.2017
DEAR AMY - Er wird mich töten, wenn Du mich nicht findest
Callaghan, Helen

DEAR AMY - Er wird mich töten, wenn Du mich nicht findest


sehr gut

Ein eher leiser und doch wirkungsvoller Psychothriller

Die 15jährige Katie Brown verlässt an einem regnerischen Abend ihr Elternhaus. Ein Entschluss, den sie noch am selben Abend bereuen wird. Denn Katie, die vor allem wegen ihres Stiefvaters nicht mehr bei der Mutter leben will, wird von einem Fremden entführt. Und während verschiedenartige Vermutungen über den Verbleib der Schülerin die Runde machen, ist ihre Lehrerin Margot Lewis überzeugt davon, dass Katie nicht aus freien Stücken verschwunden ist. Nur einige Tage später erhält Margot, die eine Ratgeber-Kolumne in einer Zeitung führt, einen Brief, in dem die 15 Jahre zuvor verschwundene Bethan Avery sie um Hilfe bittet. Von dem Schicksal beider Mädchen stark berührt, stellt sie umgangreiche Nachforschungen an und gerät schon bald einen Sog merkwürdiger Ereignisse, die ihr schwer zu schaffen machen. Denn ohne, dass sie es wirklich wahrhaben will, erhärtet sich der Verdacht, dass ihr Leben eng mit dem grausamen Schicksal der Mädchen verwoben ist.

„Dear Amy: Er wird mich töten, wenn Du mich nicht findest“ ist das gelungene Psychothriller-Debüt der englischen Autorin Helen Callaghan, die es wunderbar versteht, ein undurchschaubares Drama zu inszenieren. Denn nicht nur die beiden in ihm entführten Mädchen werden einem bestialischen Martyrium ausgesetzt. Auch die unscheinbare Lehrerin Margot Lewis muss, ohne dass es ihr zunächst bewusst wird, gegen innere Dämonen kämpfen. Eine ergreifende Geschichte, die mit viel Einfühlungsvermögen und einem untrüglichen Gespür für das Böse im Menschen erzählt wird und aufgrund der ständig spürbaren Gefahr eine gleichermaßen düstere und beklemmende Stimmung aufbaut. Allerdings dauert es ein wenig, bis geschickt gelegte Spuren und bewusst gestreute Vermutungen ihre volle Wirkung entfalten und den Leser in ein immer rasanter werdendes Gefühlschaos ziehen. Doch ist dieses erst einmal entfacht, gibt es kein Halten mehr.

Fazit:
Ein eher leiser und doch wirkungsvoller Psychothriller, der unvorhersehbar und wendungsreich in Erscheinung tritt und gut unterhält.

Bewertung vom 17.03.2017
Das Brombeerzimmer
Töpfer, Anne

Das Brombeerzimmer


ausgezeichnet

Ein Roman, der nachhaltig berührt

Nora und Julian haben glückliche Jahre miteinander verbracht, haben ihre Freuden und Sehnsüchte geteilt und gehofft, für zusammen zu sein. Doch das, was Julian während einer ganz normalen Joggingrunde widerfährt, damit haben sie nicht gerechnet. Ohne Anzeichen von gesundheitlichen Problemen bricht Julian plötzlich zusammen und stirbt an einem Herzinfarkt. Eine schwere Zeit für Nora, die sich nur langsam zurück ins Leben kämpft. Da kommt der Brief von Julians Großtante Klara gerade recht, der Nora durch Zufall in die Hände fällt und der ein Familienrezept für Brombeermarmelade enthält. Gerührt von Klaras netten Worten, beschließt Nora sie endlich kennenzulernen und fährt zu ihr. Eine Reise, die sie nicht nur in einen verborgenen Keller voller Marmelade entführt, sondern auch zu sich selbst.

„Das Brombeerzimmer“ ist ein Roman von Anne Töpfer, einem Pseudonym, hinter dem die Autorin Andrea Russo steckt. Von ihrer Vorliebe für selbst zubereitete Marmelade inspiriert, hat sie die ergreifende Geschichte der jungen Nora erdacht und dabei dem Leser einige ihrer Rezepte zukommen lassen. Doch bevor er diese ausprobieren kann, wird er von einer Handlung gefangen genommen, die zügig voranschreitet und sich wunderbar abwechslungsreich präsentiert. Aus der Sicht von Nora erzählt, erlebt er, wie die junge Frau mit einem schweren Verlust klarkommen muss und wie sie durch das Zutun vieler lieber Menschen zurück ins Leben findet. Ein emotionales Auf und Ab, das viele Überraschungen und Geheimnisse enthält und wunderbar berührend und kurzweilig geschrieben ist.

Fazit.
Eine Geschichte, wie aus dem Leben gegriffen, die mit einem lachenden und einem weinenden Auge erzählt worden ist und nachhaltig berührt.

Bewertung vom 09.03.2017
Das Haus der Hildy Good
Leary, Ann

Das Haus der Hildy Good


sehr gut

Ein lockerer Kleinstadtroman, der die Schwächen seiner Bewohner offenbart

Die erfolgreiche Immobilienmaklerin Hildy Good versteht es nicht nur imposante Häuser zu verkaufen, sondern hat auch ein Faible dafür, hinter deren gut gebauten Mauern zu schauen. Egal, mit wem sie eine Besichtigungstour unternimmt oder welchen Bewohner des kleinen Küstenstädtchens Wendover besucht. Immer ist sie sofort im Bilde, was dieser vor anderen verbirgt. Mal sind es psychische Abnormitäten, die in Schach gehalten werden müssen, ein anderes Mal ist eine außereheliche Affäre, die aus dem Ruder läuft. Und während sie tief in die Seelen anderer Menschen schaut, kämpft auch sie mit einem Problem, das ihr zu entgleiten droht. Denn jeden Abend nach der Arbeit zieht sich Hildy Good in ihren Keller zurück, wo sie heimlich einen gut versteckten Rotwein genießt. Eine Sucht, die plötzlich außer Kontrolle gerät und fatale Ereignisse nach sich zieht..

„Das Haus der Hildy Good“ ist ein lockerer Kleinstadtroman mit einer sympathischen Hauptfigur, der durch die in ihm verarbeiteten menschlichen Schwächen angenehm kurzweilig unterhält. Dabei ist es vor allem Hildy Goods turbulentes Leben, das als Dreh- und Angelpunkt für viele kleine Begebenheiten herhalten muss und sich, wie ein roter Faden durch die Handlung zieht. So erfährt der Leser aus ihrer Sicht, warum eine deprimierte Ehefrau und Mutter durch den Umgang mit Pferden ein neues Selbstwertgefühl gewinnt oder wie die Suche nach einem verschwundenen Jungen verläuft. Aber auch der alltägliche Tratsch macht vor ihrer Tür nicht halt, was in diesem Fall kein Wunder ist, da Hildy mit dem ihr gegebenen siebenten Sinn ausreichend Öl ins Feuer gießt. Doch neben allen diesen manchmal auch skurrilen Geschichten taucht der Leser tief in Hildys Leben ein und erlebt ihren immerwährenden Kampf mit und gegen den Alkohol. Ein ungeschönter Einblick, der ihre Abstürze und Lügen offenbart und ihre Bemühungen, diese vor anderen zu verbergen.

Fazit:
Ein Roman, der genauso vielfältig, wie das Leben ist und in wunderbar realistischer Weise Humor und Ernst in sich vereint.

Bewertung vom 05.03.2017
DNA / Kommissar Huldar Bd.1
Sigurdardóttir, Yrsa

DNA / Kommissar Huldar Bd.1


ausgezeichnet

Ein düsterer Islandthriller

In Reykjavik wird eine junge Mutter in ihrem eigenen Haus überfallen und bestialisch ermordet, während ihre siebenjährige Tochter Margrét unter dem Ehebett Zuflucht sucht. Ein Fall, dessen enorme Brutalität nicht nur den ermittelnden Kommissar Huldar Jonás zutiefst beunruhigt, sondern auch die Mitarbeiter eines Kinderhauses, in dem Margrét von Psychologen vernommen wird. Als dann auch noch eine zweite Frau auf ähnliche Weise stirbt, wird klar, dass ein zu allem entschlossener Mörder grausame Rache übt. Zur gleichen Zeit erhält ein Amateurfunker kryptische Zahlennachrichten, die er zunächst nicht entschlüsseln kann. Erst ein Zufall hilft ihm weiter und schon bald folgt er der Spur der beiden Opfer und gerät dabei in höchste Gefahr.

„DNA“ ist der erste Fall einer neuen Thriller-Serie der bekannten isländischen Autorin Yrsa Sigurdardóttir, die mit ihren Kriminalromanen um die Rechtsanwältin Dóra Gudmundsdóttir mehrfach bewiesen hat, dass sie das Schreiben von Spannungsromanen beherrscht. Nun schickt sie mit dem in Leitungsdingen noch unerfahrenen Kriminalkommissar Huldar Jonás und der versierten Kinderpsychologin Freyja ein Duo ins Rennen, das entsprechend der Ankündigung des Verlages noch einige gemeinsame Fälle zu bestreiten hat. Dumm nur, dass sich Huldar unter Nennung einer falschen Identität eine Nacht mit Freyja erschlichen hat, um sich am nächsten Morgen ohne Abschied davonzustehlen.

Überaus spannend, mit einem undurchsichtigen Prolog, einem brutalen Mord und einer daraufhin einsetzenden Ermittlung beginnt der Thriller und lässt in seiner Dramatik zu keiner Zeit nach. So erlebt der Leser das aus verschiedenen Perspektiven heraus erzähltes Handlungsgeflecht, das mit grauenhaften Bildern, verstörenden Szenen und einer düsteren Atmosphäre einhergeht und am Ende nicht einmal mehr an das Gute im Menschen glauben lässt. Dabei nimmt sich die Autorin viel Zeit, ihre Figuren dem Leser vorzustellen, bevor dieser erfährt, ob derjenige Ermittler oder Opfer, Zeuge oder Freund, Kollege oder Nachbar oder vielleicht sogar der Mörder ist.

Fazit:
Ein tiefer Blick in menschliche Abgründe ist bei diesem Thriller garantiert, wie auch ein kniffliger und abwechslungsreicher Fall und eine am Rande verlaufende Auseinandersetzung mit vorherrschenden Schwächen bei der isländischen Polizei.

Bewertung vom 01.03.2017
Der Colibri-Effekt / Kommissar Haderlein Bd.3
Vorndran, Helmut

Der Colibri-Effekt / Kommissar Haderlein Bd.3


sehr gut

Ein amüsanter und spannender Franken-Krimi

Auf dem hochherrschaftlichen Familiensitz des Barons von Rotenhenne sind die Biber los. Drei Todesopfer hat ihr Tun schon gefordert und mit Kommissar Haderlein und seinem jungen Kollegen Lagerfeld nehmen sich jetzt gestandene Polizisten der Sache an. Doch anstatt den Mördern der dahingeschiedenen Gräfinnen von Scheßlitz habhaft zu werden, stoßen sie im Gartenhaus auf einen abgetrennten Kopf, der zusammen mit einer alten Spieluhr in einer Kiste liegt. Eine Botschaft, die niemand versteht. Da helfen auch die alten Zigaretten mit der russischsprachigen Banderole nicht, die am Tatort gefunden werden. Ein kniffliger Fall, der seine blutige Spur bis nach Norwegen zieht.

„Der Colibri-Effekt“ ist eine ungewöhnliche Kombination aus einem humorvollen Frankenkrimi und einem knallharten Thriller. In ihm wechseln sich skurrile Begebenheiten mit dramatischen Verfolgungsjagden ab, und während in einem Bamberger Biberbau die Familienplanung auf Hochtouren läuft, wird in den Norwegen ein Mann nach dem anderen umgebracht. Da fällt es nicht leicht, den roten Faden zu finden und die beiden völlig unterschiedlichen Handlungsstränge zu einem in sich greifenden Ganzen zusammenzufügen. Doch ist das erst einmal gelungen, ist der Krimi ein Genuss. Vor allem, weil es wieder jede Menge skurrile Begebenheiten und witzige Dialoge zu erleben gibt. Hinzu kommen eine ordentliche Portion Lokalkolorit und die bekannten Ermittler, wobei Lagerfeld diesmal ausufernde private Probleme hat und sein absonderlicher Dienststellenleiter Suckfüll an vorderster Front mitmischen muss.

Fazit:
Im dritten Fall der Bamberger Kriminalpolizei geht es hoch her und das nicht nur, weil ein blaublütiger Baron sauer auf die ignoranten Ordnungshüter ist, sondern auch weil gleich eine ganze Gruppe von Gangstern ihr Stelldichein gibt. Ein fränkischer Regionalkrimi, der gleichermaßen amüsant und spannend ist.

Bewertung vom 26.02.2017
Anders
Terpstra, Anita

Anders


sehr gut

Ein beunruhigender Thriller

In einem Jugendcamp werden bei einer Nachtwanderung zwei Jungen vermisst. Und während der eine von ihnen tot aufgefunden wird, taucht der andere nicht wieder auf. Auch eine groß angelegte Suchaktion sowie zahlreiche Befragungen bringen nicht den gewünschten Erfolg. Der elfjährige Sander Meester bleibt verschwunden und lässt seine Familie allein zurück.

Sechs Jahre nach diesem tragischen Vorfall meldet sich ein Jugendlicher in einem Stuttgarter Polizeirevier, der angibt, Sander Meester zu sein. Von einem Mann namens Eelco entführt, hat er die letzten Jahre bei ihm zugebracht, konnte aber jetzt fliehen, weil dieser gestorben ist. Eine euphorische Freude ergreift von den Meesters Besitz, und erst als wieder der Alltag einkehrt, wächst plötzlich der Verdacht, dass etwas nicht stimmt.

„Anders“ ist ein Thriller, der beunruhigend ruhig verläuft. Zwar beginnt er mit dem Verschwinden zweier elfjähriger Jungen und der dramatischen Suche nach ihnen. Aber dieser Tatsache wird nur dahin gehend Bedeutung beigemessen, dass sie als Ausgangspunkt für die eigentliche Geschichte gilt. Denn diese beginnt mit der Heimkehr eines Bruders und Sohnes, der von einem Pädophilen verschleppt worden ist und nach sechs Jahren Martyrium zurück in seine Familie kommt.

Ein Happy End könnte man meinen. Doch weit gefehlt. Schon kurz nach der Rückkehr von Sanders braut sich eine ungeahnte Bedrohung zusammen, die aus der Vergangenheit resultiert und Dinge ans Tageslicht zerrt, mit denen niemand gerechnet hat. Und die ganze Zeit über versteht es die niederländische Autorin Anita Terpstra eine Stimmung aufzubauen, die unheilschwanger über allem schwebt, deren Ursache aber einfach nicht greifbar ist. Ein Thriller, der beim Lesen Gänsehaut erzeugt und mit einer Auflösung aufwarten kann, die so nicht vorhersehbar war.

Fazit:
In diesem Buch ist nichts so, wie es scheint. Und obwohl am Anfang die Handlung ein wenig braucht, um in Fahrt zu kommen, überrascht sie schon bald mit einem ungewöhnlichen Verlauf.