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Benutzername: 
westeraccum
Wohnort: 
Sauerland

Bewertungen

Insgesamt 208 Bewertungen
Bewertung vom 04.03.2022
Und dann kommt das Meer in Sicht
Kallert, Tamina

Und dann kommt das Meer in Sicht


ausgezeichnet

Tamina Kallert ist bekannt für ihre Reiseberichte aus aller Welt. Im Fernsehen kommt sie lebendig und sympathisch rüber, ich sehe ihre Filme gern.
Nun ist ihr zweites Buch erschienen, in dem sie Einblicke in das Leben als Moderatorin und in ihr Privatleben gibt. Was auf dem Bildschirm so leicht und heiter aussieht, ist in Wahrheit schwere Arbeit für das ganze Team. Immer wieder klappt etwas nicht so, wie es vorgesehen war - egal ob das Wetter nicht mitspielt und Dauerregen vom Himmel fällt oder ein Auto nicht dort ist, wo es eigentlich sein sollte. Da ist Improvisationstalent gefragt! Aber irgendwie klappt alles dann doch wieder.
Tamina Kallert nimmt uns mit nach Schottland, auf die Azoren oder in die Eifel. Sie begegnet eindrucksvollen Menschen und herrlichen Landschaften. Doch bei allem Stress darf auch ihre Familie nicht zu kurz kommen. Glaubwürdig beschreibt sie den Spagat, den jede Mutter leisten muss, nur ist Kallert oft zehn Tage oder länger unterwegs und nach so einem Drehtermin geschlaucht. Aber auch die Coronapandemie stellt sie vor ganz neue Herausforderungen.
Das Buch ist sehr lebendig geschrieben und leicht zu lesen. Man glaubt immer die typische Stimme von Tamina Kallert im Hintergrund zu hören. Die Mischung aus Arbeitswelt und privaten Erfahrungen ist sehr ansprechend und unterhaltsam.
Das Buch ist ein echtes Lesevergnügen, auch wenn man die Sendung nicht kennt. So sympathisch wie die Frau, die es geschrieben hat!

Bewertung vom 23.02.2022
Tell
Schmidt, Joachim B.

Tell


ausgezeichnet

"Durch diese hohle Gasse muss er kommen..", wer kennt sie nicht, die Geschichte des Schweizer Sagenhelden Wilhelm Tell, der angeblich sein Volk aus der Unterjochung der Habsburger befreit hat? Und das allein mit einem Schuss auf einen Apfel, den sein Sohn Walter auf dem Kopf trug! Friedrich Schiller hat das alles ja in seinem Drama unsterblich gemacht.
Und Joachim B. Schmidt? Er stellt die Geschichte ganz anders dar, erfindet sie quasi neu und schreibt sie um. Tell ist bei ihm ein selbstbewusster, trotziger, aber schweigsamer Bauer auf einem einsamen Berghof. Gessler ist nicht der stolze Landvogt, sondern ein von seiner grausamen Soldateska getriebener Mann, schwach und eitel. Dass sie sich in Altdorf begegnen ist reiner Zufall, dort findet der berühmte Apfelschuss statt.
Das alles liest sich wie ein Krimi. Viele kurze Kapitel, in denen einzelne Beteiligte ihre Sicht der Geschichte berichten, machen das Buch gut lesbar. Man kann es kaum aus der Hand legen und fühlt sich getrieben bis zum fulminanten Ende. Besonders gut hat mir gefallen, dass jede/r der Erzählenden seine ganz eigene Sprache findet, das ist sehr gut geschrieben. Gessler redet eher geziert, seine Soldaten grob und ungehobelt, Tell in eher kurzen Sätzen. Erst am Ende öffnet er sich und kann über die schrecklichen Erlebnisse in seiner Kindheit sprechen.
Ein ganz hervorragendes Buch, das aus einer von uns weit entfernten Sage ein aktuellen Krimi macht!

Bewertung vom 14.02.2022
Ein Präsident verschwindet / Philipp Gerber Bd.2
Langroth, Ralf

Ein Präsident verschwindet / Philipp Gerber Bd.2


gut

Das Buch geht auf eine wahre Begebenheit zurück: 1954 verschwindet Otto John, der Verfassungsschutzpräsident der BRD, ganz plötzlich und taucht dann ist Ostberlin wieder auf. Wurde er entführ? Ist er freiwillig nach "drüben" gegangen?
Bundeskanzler Konrad Adenauer bittet den Kriminalhauptkommissar Philipp Gerber um Ermittlungen. Gerber spielt auch in dem ersten Roman von Ralph Langroth eine Hauptrolle. Aus dem Buch kennt man auch seine Geliebte Eva Herden, auch sie ist plötzlich in Ostberlin. Zwischen den Interessen der unterschiedlichen Geheimdienste versucht Gerber die Wahrheit zu finden, das ist nicht einfach.
Ich kannte den Fall John nur schemenhaft und musste erst einmal nachlesen, was es damit auf sich hatte. Und das ist auch die Schwäche dieses Buches. KGB, CIA, CIC, Stasi, Organisation Gehlen, Verfassungsschutz..., da geht es gehörig durcheinander und das ist nicht immer einfach nachzuvollziehen, zumal eigentlich niemand die Wahrheit sagt. Gerber fährt viel durch die Gegend, nach Westberlin, nach Ostberlin, nach Pullach, nach Bonn, ein echter Roadmovie. Wirkliche Spannung kommt dabei nicht auf, auch die Figuren bleiben eher blass.
Ich würde das Buch nicht als Thriller einordnen, eher ist es ein fiktionales Buch über Zeitgeschichte aus den 1950er Jahren, eine Mischung aus Roman und Krimi.
Mich hat es nicht ganz überzeugt.

Bewertung vom 11.02.2022
Im Schatten der Wende
Goldammer, Frank

Im Schatten der Wende


gut

Zuerst dachte ich, dass dieses Buch das erste von Frank Goldammer sei, denn er macht so einige typische Anfängerfehler. Aber dann sah ich, dass er schon mehrere Bücher geschrieben hat.
Dieses Buch ist das erste einer neuen Reihe rund um den jungen Polizisten Tobias Falck und seine Kollegen vom KDD in Dresden.
Zuerst erfährt man aber einige Dinge über die Vorgeschichte vor dem Fall der Mauer. Schon da ist Tobias ehrgeizig und gewitzt, er macht sich Gedanken über die Fälle, die er bearbeiten muss. Doch dann fällt die Mauer und alles wird anders. Zusammen mit seinem Vorgesetzten Schmidt und der Kollegin Bach bekommt er zuerst die Fälle von Kriminalität auf den Tisch, die in der "neuen Zeit" passieren. Es drängen Drogenbosse, dubiose Autohändler und flüchtige Verbrecher in den Osten, um das Revier unter sich aufzuteilen. Auch verschwinden immer wieder Leichen. Nicht einfach für die Polizei, denn viele der kriminellen Delikte waren bisher in der DDR unbekannt. Dann taucht auch noch die Hauptkommissarin Sybille Suderberg aus Frankfurt/Main auf und will Hilfe bei der Suche nach einem Mörder.
Das Buch ist überfrachtet mit vielen unterschiedlichen Erzählsträngen, da wäre weniger sicher mehr gewesen. Auch werden nicht alle Fälle logisch aufgelöst und es bleibt ein schales Gefühl. Mich störten auch die zahlreichen Satzfehler, da müsste bei der nächsten Auflage nachgebessert werden. Die Personen bleiben blass.
Was ich allerdings sehr interessant fand, war der geschichtliche Hintergrund rund um die Wende. Da kennt Goldammer sich aus, erzählt atmosphärisch dicht und sehr authentisch. Ich kenne Dresden gut und auch die Gegend um die Lutherkirche ist sehr glaubwürdig geschildert.
Fazit: Es ist noch Luft nach oben, aber den nächsten Band werde ich auf jeden Fall lesen, um zu sehen, ob es eine positive Entwicklung gibt.

Bewertung vom 24.01.2022
Der Erinnerungsfälscher
Khider, Abbas

Der Erinnerungsfälscher


ausgezeichnet

Das Büchlein ist dünn, hat nur 125 Seiten, aber es ist eine sehr intensive Leseerfahrung.
Said Al-Wahid lebt seit vielen Jahren in Deutschland und hat sich hier mit seiner deutschen Frau und ihrem gemeinsamen Kind ein erfolgreiches Leben aufgebaut. Als er die Nachricht erhält, dass seine Mutter im Sterben liegt, bricht er Hals über Kopf nach Bagdad auf, um sie noch einmal zu sehen. Eine Reise in die Vergangenheit, die viele Erinnerungen heraufbeschwört und die Schrecken des Krieges und der Flucht noch einmal lebendig werden lässt.
Abbas Khider schreibt sehr intensiv und das Buch lässt sicher niemanden kalt. Seine Erfahrungen mit der deutschen Bürokratie schildert er manchmal ärgerlich, manchmal aber auch mit Galgenhumor. Aber was ist ein deutscher Bürokrat gegen die Folterknechte in den irakischen Gefängnissen und die Schrecken des beginnenden "Islamischen Staats".
Man kann nicht erkennen, wie weit das Buch auch autobiografische Züge enthält, es ist aber zu vermuten, dass seine eigenen Erfahrungen als Asylbewerber und Schriftsteller intensiv in das Buch eingeflossen sind. Aber wie sehr sind die Erinnerungen "gefälscht"? Da bleibt das Buch in der Schwebe, denn es ist ja ein Roman.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich hatte es in wenigen Stunden gelesen, das passiert mir sonst selten. Aber man wird so sehr in die Geschichte hineingesogen, dass man nicht mehr aufhören will.

Bewertung vom 12.01.2022
Das Loft
Geschke, Linus

Das Loft


ausgezeichnet

Linus Geschke hat schon viele interessante Krimis geschrieben, aber dies ist sein erster, der nicht zu einer Reihe gehört.
In einem schicken Loft leben Sarah und Marc zusammen, ein Zimmer bewohnt Marcs Freund aus Kindertagen Henning. Doch eines Tages findet die Putzfrau eine große Menge Blut in der Küche, Henning ist verschwunden. Die Polizei nimmt die Ermittlungen auf und bald fällt der Verdacht auf Sarah und Marc, zumal Marc und Henning ihren luxuriösen Lebensstil durch den Verkauf von Drogen finanzieren. Oder hat Hanning seinen Tod nur inszeniert, um eine Gang in die Irre zu führen, die ihm sein Geschäft kaputtmachen will?
Das Buch ist formal ungewöhnlich geschrieben, abwechselnd erzählen Sarah und Marc aus ihrer Perspektive und dazwischen wird über die Ermittlungen der Polizei berichtet. Dabei bekommt man Einblick in die Weltsicht der beiden, Sarahs Naivität und Marcs Coolness. Ist ihre große Liebe zueinander krisenfest und übersteht die schlimme Phase oder hauen sie sich gegenseitig in die Pfanne, um ihren eigenen Kopf zu retten? Das psychologische Spiel ist sehr geschickt inszeniert und man ahnt lange nicht die Wahrheit. Der Schluss hat noch eine Überraschung bereit, aber die wird nicht verraten.
Das Buch liest sich leicht und schnell, zumal es sehr großzügig gesetzt ist. Aber auch die Spannung bleibt insgesamt hoch.
Ein guter Krimi mit einem ungewöhnlichen Plot!

Bewertung vom 27.12.2021
Die falsche Zeugin
Slaughter, Karin

Die falsche Zeugin


sehr gut

Der Name Karen Slaughter bürgt für Qualität im Krimisektor, jedoch fiel dieses Buch gegenüber ihre anderen Krimis etwas ab.
Das Buch gehört zu keiner Reihe, wir viele andere Werke der Autorin, sondern ist eine abgeschlossene Geschichte. Die Schwestern Leigh und Callie sind unter schwierigsten Verhältnissen aufgewachsen und mussten schlimme Erfahrungen machen. Leigh hat sich aus dem Schlamassel herausgekämpft und ist eine erfolgreiche Anwältin geworden, während Callie drogensüchtig ist und ein Leben am Rande der Gesellschaft führt.
Eines Tages soll Leigh einen Mann verteidigen, der der Vergewaltigung angeklagt ist, ein sehr aufsehenerregender Fall. Doch sie kennt den Mann aus ihrer Kindheit, damals waren die Schwestern sein Babysitter. Viele schlimme Erinnerungen werden bei beiden geweckt und jede versucht auf ihre Art damit klarzukommen. Doch sie sind in großer Gefahr.
Das Buch ist wie nicht anders zu erwarten routiniert und gut lesbar geschrieben und auch besonders am Ende sehr spannend. Jedoch hat es auch einige Längen, die Geschichte wird aus mehreren Perspektiven geschildert und dadurch wiederholt sich vieles. Es erreicht nicht ganz das Niveau der anderen Slaughter-Krimis, ist aber trotzdem gut zu lesen und durchaus empfehlenswert.

Bewertung vom 05.12.2021
Die Früchte, die man erntet / Sebastian Bergman Bd.7
Hjorth, Michael;Rosenfeldt, Hans

Die Früchte, die man erntet / Sebastian Bergman Bd.7


ausgezeichnet

Die Fälle rund um Sebastian Bergman haben mich von Anfang an fasziniert und ich warte immer gespannt auf die Fortsetzung. Auch der achte Band hat mich nicht enttäuscht.
Sebastian Bergman hat sich zurückgezogen und arbeitet wieder als Psychotherapeut. Seine Tochter Vanja hat eine kleine Tochter bekommen, Amanda, um die er sich sporadisch kümmert, wenn sie bei ihrer Arbeit für die Reichsmordkommission in andere Orte muss. Das ist nun wieder der Fall, ein Serienkiller geht um in Karlshamn. Schon bald wissen wir als Leser, wer hinter den Morden steckt, doch als der Fall schließlich aufgeklärt ist, ist das Buch noch nicht zuende. Denn es gibt einen ungeheuerlichen Verdacht gegen ein Mitglied der Polizei. Dabei kommt auch Sebastian wieder ins Spiel, denn er kennt den Verdächtigen nur zu gut.
Das Buch ist wieder sehr abwechslungsreich und spannend geschrieben. Die Erinnerungen suchen Sebastian immer wieder heim und das geht unter die Haut. Aber auch der Fall ist ungewöhnlich und entwickelt sich unvorhersehbar.
Ein wirklich guter Krimi für alle Fans von Bergman! Man sollte allerdings die Bücher in der richtigen Reihenfolge lesen, sonst fehlen viele Hintergrundinformationen.

Bewertung vom 30.11.2021
606
Fox, Candice

606


ausgezeichnet

Auf Candice Fox wurde ich durch die "Hades"-Reihe aufmerksam, die mir durch ihre ungewöhnlichen Figuren und spannenden Plots schon sehr gut gefiel.
Aber dieses Buch ist noch besser.
606 Gefangene vom Dieb bis zum Todeskandidaten brechen bei einer spektakulären Aktion aus einem Hochsicherheitsgefängnis mitten in der Wüste bei Las Vegas aus. Unter ihnen ist auch John Kradle, der seine Familie umgebracht haben soll und nun auf die Vollstreckung des Todesurteils wartet. Er ist allerdings unschuldig und nutzt die Gelegenheit, um die Wahrheit über den Tod seiner Familie zu erfahren. Ihm auf den Fersen ist die Wärterin Celine Osbourne, die selbst Schweres erlebt hat und Kradle unbedingt wieder hinter Gitter bringen will. Doch dann überrascht Kradle alle mit "guten Taten".
Das Buch ist eine atemlose Jagd auf die Ausbrecher und die Suche nach den Hintermännern. Immer wieder ergeben sich überraschende Wendungen und neue Aspekte. Man kann es kaum aus der Hand legen und verfolgt das Geschehen manchmal mit Herzklopfen bis hin zum großen Finale.
Erstklassig geschrieben, unheimlich spannend - der perfekte Thriller!

Bewertung vom 19.11.2021
Ritchie Girl
Pflüger, Andreas

Ritchie Girl


ausgezeichnet

Von Andreas Pflüger kannte ich bisher nur die Krimis um die blinde Ermittlerin Jenny Aaron. Dieses Buch hat mich überrascht und begeistert.
Paula Bloom kehrt nach einer Ausbildung bei der US-Army nach Deutschland zurück, wo sie als Tochter eines wohlhabenden amerikanischen Geschäftsmanns aufgewachsen ist. Nach dem Tod des Vaters geht sie in die USA, studiert und meldet sich im 2. Weltkrieg zur Armee. Es gibt nur wenige Frauen im Camp Ritchie und sie werden vor allem als Sekretärinnen eingesetzt. In Italien und Deutschland arbeitet Paula als Übersetzerin und soll dabei auch feststellen, ob der Gefangene Johann Kupfer wirklich "SIEBEN", ein gefürchteter Spion, ist. Sie baut eine Beziehung zu ihm auf, auch, weil sie hofft, von ihm etwas über das Schicksal ihres verschollenen Freundes Georg zu erfahren. Aber sie muss sich auch den Dämonen der Vergangenheit stellen und stellt erschreckt fest, dass die USA nicht immer gegen die Nazis gekämpft haben und auch ihr Vater in solche geheimen Geschäftsbeziehungen verwickelt war.
Das Buch schildert in Romanform ein Stück Zeitgeschichte direkt nach dem Ende des 2. Weltkriegs. Dabei bezieht es sich weitestgehend auf Tatsachen und reale Personen. Reinhard Gehlen z.B. stieg - obwohl nachweislich ein hoher Nazifunktionär - zum Chef des Bundesnachrichtendienstes auf. Die Adenauerregierung nahm es dabei nicht so genau, wenn jemand nützlich war. Ähnlich gingen die Besatzungsmächte vor. Nach den Nürnberger Prozessen wurden nur noch wenige Nazis verurteilt, viele bekamen einen Persilschein.
Pflüger schildert diese Zeit vielschichtig, die Zerrissenheit und Armut der Menschen, die Machenschaften hinter den Kulissen, Gewalt und Not. Das geht unter die Haut und hat mir viele Erkenntnisse beschert, die mir fremd waren. Paula und die anderen Figuren sind nahbar und dicht beschrieben. Alle Menschen haben in irgendeiner Weise Schuld auf sich geladen, die "zehn Gerechten" sind nur schwer zu finden. Das Buch erfordert manchmal Geduld und Wissen über die Vergangenheit schadet nicht. Aber es lohnt sich!
Ein sehr eindrückliches Buch, das man nicht vergisst, zumal es auch heute noch immer Bezüge zu der schändlichen Vergangenheit gibt.