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Nach getaner Arbeit und erledigten Alltagspflichten greife ich stets mit viel Freude zum Buch. Lesen ist mein liebstes Hobby. Dabei bin ich an kein Genre gebunden. Ein Buch habe ich immer in der Tasche, so können auch ungeliebte Wartezeiten gut überbrückt werden. Mehr Gedanken zum von mir Gelesenen findet Ihr unter: www.karthause.wordpress.com

Bewertungen

Insgesamt 146 Bewertungen
Bewertung vom 30.06.2012
Der Club der unverbesserlichen Optimisten
Guenassia, Jean-Michel

Der Club der unverbesserlichen Optimisten


ausgezeichnet

Der Roman beginnt mit einem Ende, der Beerdigung eines der ganz Großen, Jean-Paul Sartre, im Jahr 1980. Michel Marini nimmt daran teil und begegnet dort einem Bekannten aus alten Zeiten. Das ruft Erinnerungen hervor, über die Michel als Ich-Erzähler dieses Romans berichtet.
Die Handlung setzt im Jahr 1959 ein, Michel feiert seinen 12. Geburtstag. Der Leser begleitet ihn durch die Zeit des Erwachsenwerdens. Er stammt aus gut situiertem Haus, die Eltern betreiben ein sich stetig vergrößerndes Handelsunternehmen. Die Mathematikprüfungen besteht Michel nur bei Anwesenheit seines Banknachbarn, kurz gesagt, auf sich allein gestellt versagt er, dagegen sind seine Leistungen beim Kickern kaum zu übertreffen. Den heimischen Diskussionen über schulische Leistungen überdrüssig, begleitet Michel seinen älteren Bruder Franck immer häufiger zum Kickern ins Bistro 'Balto'. Durch eine von ihm bislang nicht beachtete Tür gelangt er in ein Nebenzimmer, in dem sich eine illustre Gesellschaft von Emigranten aus dem Ostblock, Igor, der ehemalige Arzt aus Leningrad, Tibor, der homosexuelle Schauspieler aus Ungarn und Leonid, der einstige sowjetische Pilot, aber auch die intellektuelle Elite wie Jean-Paul Sartre und Joseph Kessel zum Schachspielen, Diskutieren, Erinnern, Philosophieren und nicht zuletzt zum Trinken treffen und den "Club der unverbesserlichen Optimisten" bilden. An ihrer optimistischen Weltsicht können auch ihre oftmals schlechten Erfahrungen und ihre derzeitig schwierige Situation nichts ändern. In eingefügten Rückblenden erfährt der Leser von einem auktorialen Erzähler, warum die einstmals erfolgreichen Leute als fast mittellose Emigranten in Paris gestrandet sind. Nach und nach wird Michel der Club zum zweiten Zu Hause und dessen Mitglieder werden Freunde. Als Franck sich als Freiwilliger für den Algerienkrieg meldet, später desertiert und schließlich des Mordes angeklagt wird, legt sich ein Schatten über die scheinbare Familienidylle.
"Der Club der unverbesserlichen Optimisten" ist ein in die Zeitgeschichte vom Ende der 1950er bis zur Mitte der 1960er Jahre eingebetteter Entwicklungsroman. Der Autor, Jahrgang 1949, verknüpft das Erwachsenwerden Michels äußerst gekonnt mit dem historischen Geschehen. Dabei ist anzunehmen, dass eine Vielzahl persönlicher Erlebnisse und Erfahrungen in diesen Roman eingeflossen sind. Die Handlung wirkt leicht erzählt, schreitet trotz der eingefügten Rückblenden stets voran und zeichnet ein brillantes Zeitportrait. Der Roman fesselt den Leser nicht durch actiongeladene Szenen. Er beeindruckt durch die ruhige Erzählweise und eine Handlung, die zum Ende hin dann auch noch dramatisch wird. Unaufdringlich bringt Jean-Michel Guenassia dem Leser auf literarische Weise den zur Zeit der Romanhandlung in voller Blüte stehenden Existentialismus nahe. Er greift die Gedanken Sartres und Camus auf, verwebt sie in seinem Roman und transportiert dadurch gekonnt den Zeitgeist und die Stimmung im Paris der 60er Jahre. Insofern ist dieses Debüt auch ein philosophischer Roman. Die Figuren scheinen aus dem Leben gegriffen, Verfolgte, Querdenker, Philosophen, Schachspieler, Einsame, Flüchtlinge, Menschen wie Du und ich, Franzosen Russen, Ungarn, Deutsche. Die Atmosphäre ist dicht und greifbar. Man meint, beim Lesen den Qualm der Gitanes erahnen zu können. Stilistisch ist dieser Roman sehr ausgereift. Es wechseln sich tiefgründige mit humorvollen Szenen ab, das trägt dazu bei, dass er sich sehr angenehm lesen lässt. Er widerspiegelt das gewisse Flair, das man, auch ohne Kenntnis des Handlungsortes, Paris zuordnen würde und das auch trotz der Übersetzung sehr präsent ist.
"Der Club der unverbesserlichen Optimisten" ist ein Roman, der beste Unterhaltung mit der Vermittlung von Zeitgeschehen verbindet. Er hat mich über Tage gefesselt und mich zu weiteren Recherchen angeregt. Ich empfehle ihn sehr gern weiter, nicht nur an die Liebhaber der französischen Literatur.

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.04.2012
22 Britannia Road
Hodgkinson, Amanda

22 Britannia Road


ausgezeichnet

Janusz und Silvana lernen sich Ende der 1930er Jahre in Warschau kennen und lieben. Sie heiraten und bekommen ihren Sohn Aurek. Dann überfällt 1939 Deutschland Polen und nichts ist für die kleine Familie mehr wie es war. Janusz kämpft gegen die Deutschen. Er wird von seiner Truppe getrennt und nutzt die Gelegenheit zur Flucht. Gemeinsam mit seinen zwei Begleitern schlägt er sich über Frankreich bis nach Großbritannien durch. Silvana muss mit ihrem Sohn aus Warschau fliehen, sie ist ganz auf sich gestellt und muss eine lange Zeit mit dem Kind im Wald verbringen. Sie durchlebt eine Zeit unvorstellbarer Schrecken und Ängste.
6 Jahre nachdem sich Janusz und Silvana zum letzten Mal sahen, stehen sie sich nun in England wieder gegenüber. Janusz hat alles daran gesetzt, seine Frau und seinen Sohn zu finden. In Ipswich hat er in der 22 Britannia Road ein Nest für sie vorbereitet. Er hat schon gut Fuß gefasst in der neuen Heimat und will britischer als die Briten selbst sein. Aber die Jahre der Trennung haben beide entfremdet. Aurek ist schwer traumatisiert. Alle haben eine eigene, schwierige Vergangenheit, von der sie sich nur schwer lösen und über die noch schlechter miteinander reden können. Das Gestern liegt wie ein dunkler Schatten über ihnen und auch das Heute legt ihnen große Hürden in den Weg. Der Neustart der Familie gestaltet sich äußerst schwierig. Aber die Probleme liegen nicht nur im Vergangenen, die Folgen der langen Trennung reichen bis in die Gegenwart und bereiten Silvana und Janusz Probleme. Das größte ist wohl die Sprachlosigkeit. Sie hat Schwierigkeiten mit der Eingewöhnung, er will ein perfektes britisches Leben führen. Die Situation beginn zu eskalieren, als Silvana an Janusz gerichtete Briefe einer Frau findet und auch sie von einem anderen Mann umworben wird.
Mit ihrem Erstling legt Amanda Hodgkinson ein starkes, beachtenswertes Buch vor. Sie erzählt die Geschichte einer kleinen polnischen Familie, die nach 6 Jahren Trennung 1946 in Ipswich wieder zusammen findet. Auf eine sehr eindringliche Weise beschreibt sie nachvollziehbar die Entfremdung, die es zwischen den Eheleuten gibt. Sie lässt die Leser in eine kranke Kinderseele schauen und macht damit das Leiden des kleinen Aurek greifbar, der sich an seine Mutter wie ein Ertrinkender klammert und zu dem Janusz nur ganz langsam Zugang bekommt. Für das Verständnis der Protagonisten lässt sie den Leser immer wieder zurück blicken, damit erschließt sich einem ganz langsam die harte Vergangenheit der drei und ihre Gedanken und Reaktionen werden (größtenteils) verständlich, wodurch der Roman eine ganz besondere Tiefe und Kraft erfährt. „22 Britannia Road“ lässt sich trotz der schweren Thematik wunderbar leicht lesen. Diese Familiengeschichte wird von der Autorin ruhig und stetig in der Handlung fortschreitend erzählt. Sie ist emotional, aber keineswegs rührselig geschrieben. Besonders beeindruckt hat mich die Beschreibung der Nachkriegszeit in Ipswich. Amanda Hodgkinson hat mit ihrem Roman ein wirklich gelungenes Sittenbild dieser Zeit gezeichnet. Ein Glücksgriff gelang dem Verlag bei der Auswahl des Coverbildes. Das äußere Erscheinungsbild und der Inhalt des Buches sind vollkommen harmonisch.
„22 Britannia Road“ ist ein Buch, dass sich wie im Flug lesen ließ und dessen Thematik den Leser zwar emotional beansprucht, aber nicht zu gefühlsbetont ist. Ich habe diesen Roman sehr gern gelesen und damit wieder eine Autorin gefunden, deren weitere Werke ich gespannt erwarte.

Bewertung vom 08.04.2012
Die Orangen des Präsidenten
Khider, Abbas

Die Orangen des Präsidenten


ausgezeichnet

Irak 1989. Nach der letzten Abiturprüfung wurde Mahdi Hamama von seinem Freund Ali zur Feier des Tages zu einer Spritztour eingeladen. Ali hatte sich ein Auto geborgt – von den falschen Freunden. Bei einer Polizeikontrolle wurden beide festgenommen und inhaftiert. Eine Verhandlung oder ein Urteil gab es nicht. Mahdi verbringt 2 Jahre im Gefängnis voller Schikanen, Demütigungen, Hunger und Folter bevor. Er flüchtet in seine Rolle als Geschichtenerzähler und kann so wenigstens in Gedanken den Schrecknissen entfliehen.

Abbas Khider hat mit „Die Orangen des Präsidenten“ einen wirklich beeindruckenden Roman vorgelegt. Betrachtet man die Biografie des Autors, so wird deutlich, wie nahe an der Realität dieses Buch angelegt sein muss. Denn Abbas Khider war selbst aus politischen Gründen zwei Jahre in irakischer Haft. Wortgewaltig und ausdrucksstark beschreibt er die elenden Verhältnisse, die Schrecken der Folter, die Erniedrigung, den ständigen Hunger, die Ausweglosigkeit und das Ausgeliefertsein. Dabei liest sich der Roman ausgenommen flüssig. Die Geschichte ist in zwei sehr gegensätzliche Handlungsstränge aufgeteilt. Man erlebt den entsetzlichen Gefängnisalltag einerseits, andererseits folgt der Leser der den Geschichten aus Mahdis Kindheit, wie der von Sami, dem Taubenzüchter, oder der des Geschichtslehrers und Übersetzers Razaq’s. Diese schrecklichen Erlebnisse verbunden mit den Erzählungen aus unbeschwerten und sorglosen Kindertagen machen in ihrem Zusammenspiel den besonderen Reiz dieses wunderbaren Romans aus, der ein Stück irakischer Zeitgeschichte widerspiegelt und der auch Tage nach Beendigung der Lektüre aufgrund seiner Glaubwürdigkeit noch nachwirkt.

„Die Orangen des Präsidenten“ gibt ein bewegendes Zeugnis von Willkür und Gewaltherrschaft ab, das den Leser aber nicht in der Hoffnungslosigkeit zurücklässt. Es ist ein sehr informatives und zugleich äußerst lesenswertes Buch, das nachhaltig beeindruckt. Ich kann es uneingeschränkt empfehlen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.04.2012
Titanic
Koldau, Linda Maria

Titanic


ausgezeichnet

Am 15. April 2012 jährt sich der Untergang der Titanic, der über 1500 Menschen den Tod brachte, zum 100. Mal. Seit dem ranken sich viele Geschichten und Legenden um dieses Ereignis. Bücher wurden geschrieben und Filme gedreht. Die Titanic wurde zum Mythos.
Linda Maria Koldau hat in ihrem Buch diese Thematik aufgegriffen. Sie berichtet über den Bau der Titanic und beschreibt die luxuriöse Ausstattung. Sie betont auch, dass die Titanic zwar ein Luxusliner war, aber der Transport von Auswandern mehr als nur ein Nebengeschäft war. Auch die Kajüten der 3. Klasse waren im Vergleich zu anderen Passagierschiffen erstaunlich geräumig. Sie schreibt vom harten Konkurrenzkampf der Reedereien, der in nicht unerheblichem Maße auch zu Lasten der Sicherheit ging. Die Autorin zitiert aus Befragungen und Gerichtsprotokollen die Aussagen der Überlebenden, deckt Widersprüche und bisher für Außenstehende Unbekanntes auf und belegt damit die aus Haftungsgründen verschleierten Umstände des Schiffsuntergangs. Die Autorin lenkt aber auch die Gedanken des Lesers zu den Filmen, denen die Titanic-Katastrophe als Vorlage diente. So gibt es zum Beispiel einen Blick auf die Figur des Joseph (Jack) Dawson (in der Cameron-Verfilmung dargestellt von Leonado Dicaprio), der zwar auf keiner Passagierliste stand, für den es aber einen Grabstein in Halifax gibt.
In einem Epilog, einer Einleitung und 17 Kapiteln lässt die Autorin den Leser selbst die Jungfernfahrt Revue passieren. Das Werk wird durch einen umfangreichen Anhang, der eine Zeittafel, umfangreiche Literatur-, Zitat- und Bildnachweise sowie ein Register umfasst, abgerundet. Aber auch die Gestaltung des Buches ist ausgesprochen gelungen.
"Titanic: Das Schiff, der Untergang, die Legenden" ist ein Sachbuch mit durchaus kulturgeschichtlicher Bedeutung. Es ist aber so flüssig zu lesen, so spannend geschrieben, dass es einen Roman in nichts nachsteht. Mich hat das Buch von der ersten Seite an gefesselt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.04.2012
Ich bin der Herr deiner Angst / Albrecht & Friedrichs Bd.1
Rother, Stephan M.

Ich bin der Herr deiner Angst / Albrecht & Friedrichs Bd.1


sehr gut

Im Mittelpunkt dieses in Hamburg angesiedelten Thrillers stehen die Ermittler Jörg Albrecht und Hannah Friedrichsen. Sie ermitteln in einer Serie äußerst bizarrer und grausamer Morde. Die ersten beiden Opfer sind Kollegen, das dritte Opfer ist eine bekannte TV-Moderatorin, die für einen Privatsender als Berichterstatterin immer in erster Reihe stand. Die Ermittler stehen unter Druck, denn die Fälle haben die Öffentlichkeit wach gerüttelt, gab es doch zu Beginn von Jörg Albrechts Polizeikarriere ähnlich gelagerte Serienmorde. Der damalige Täter sitzt jedoch inzwischen in der Psychiatrie.
Der in 12 Kapitel gegliederte Thriller wird von einem Vorspiel eingeleitet, von mehreren Zwischenspielen unterbrochen und endet mit einem Nachspiel. Die Haupthandlung wird aus der Sicht der beiden Ermittler geschildert, dabei ist Hannah Friedrichsen die Ich-Erzählerin und die Sichtweise ihres Vorgesetzten, Jörg Albrecht, wird dem Leser in der dritten Person erzählt. Diese beiden Erzählperspektiven tun dem Roman sehr gut, der Blickwickel des Lesers wird dadurch scheinbar größer und der Einblick in die Ermittlertätigkeit lässt die Protagonisten in ihrem Tun überzeugender wirken. Auch wenn beide Ermittler nicht meine Sympathie erlangten, Albrecht kehrte für meine Begriffe zu oft den Bildungsbürger heraus, Friedrichsens Affäre mit dem Staranwalt war völlig unnötig, führten sie mich doch gekonnt zur Aufklärung dieser eigenwilligen Mordserie, bei der sich die Angst der Opfer immer in ihrem Tod widerspiegelte. Der Spannungsbogen wird von Beginn an ziemlich konstant gehalten. Sprachlich ist der Roman sehr ansprechend und flüssig zu lesen. Die Aufklärung der Morde ist intelligent konstruiert, wobei mir besonders die psychologische Komponente sehr gut gefiel.
Thrillerleser, die ihre Lektüre abseits der bluttriefenden Massenware suchen und ihr Augenmerk eher auf das Subtile richten, werden mit "Ich bin der Herr deiner Angst" sicher angenehme, spannende und unterhaltsame Lesestunden verbringen können.

Bewertung vom 08.04.2012
Erwin, König der Wüste / Erdmännchen-Abenteuer Bd.1
Whybrow, Ian

Erwin, König der Wüste / Erdmännchen-Abenteuer Bd.1


ausgezeichnet

Früher war Erwin der König der Wüste, ein geachteter König einer Erdmännchenkolonie. Aber seit seinem „Unfall“ mit dem Stummen Feind hat sich seine Welt verändert. Körperlich ist er nicht mehr der Alte, mit nur noch einem Auge und einigen „Kriegsverletzungen“ hat er es schwer, er taugt jetzt nur noch als Babysitter für den Nachwuchs. So erzählt er Tüftler, Mia und Träumer von seinen Abenteuern mit den Blah-Blahs, den Klick-Klicks und den O-Guck-Mals. Er prahlt, gibt mit seinen Erlebnissen an und verspinnt so manchen Meter Erdmännchenlegendengarn. Sogar die jungen Erdmännchen haben ihre Zweifel am Wahrheitsgehalt seiner Berichte. Aber dann kommt der Tag, an dem sie ihren dunklen Bau tief unter der Wüste verlassen dürfen...
Wer mag sie nicht, die possierlichen Erdmännchen. In den Zoos sind sie die Lieblinge von Groß und Klein. Ian Whybrow macht sie zu Helden einer wunderbaren Geschichte. Er erzählt vom Leben in einer Erdmännchenkolonie, von Freud und Leid, von Freund und Feind, vom Gewinnen und Verlieren, alles ohne jegliche Gewalt. Aber er berichtet auch, dass ein scheinbarer Verlierer am Ende etwas gewonnen haben kann. Das Buch ist kindgerecht, auch Erwins Unglück wird sehr einfühlsam vermittelt. Mit vielen Illustrationen wird der Text, der für Erstleser eine angenehme Schriftgröße hat, veranschaulicht. Die Handlung ist auf 22 Kapitel aufgeteilt, jedes ist etwa 10 Seiten lang. Eine Länge, die sich auch sehr gut für das abendliche Vorlesen eignet. Das Buch ist sehr flüssig zu lesen und lebt von seinen humorvoll geschilderten Begebenheiten. Es wird für die Altersklasse von 8 – 10 Jahren empfohlen, ich würde sie um 1 Jahr heruntersetzen. 10-jährige sind dem Buch vielleicht schon ein wenig entwachsen. Dagegen versteht auch ein 7-jähriger schon gut, worum es in der Handlung geht. Ich empfehle das Buch besonders als Vorlesebuch.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.04.2012
Kübelpflanzen
Ratsch, Tanja

Kübelpflanzen


sehr gut

Wie oft kommt es vor, dass man einfach eine schöne Kübelpflanze kauft, ohne zu wissen, welche Ansprüche sie hat. Sie wird dann an einem fürs Auge günstigen Platz aufgestellt und nach Bauchgefühl gegossen, gedüngt und eventuell verschnitten. Eine Weile mag das auch gut gehen, aber was, wenn es der neue Pflanze schlecht geht, sie von Schädlingen befallen ist oder einfach vor sich hin kümmert. Mit diesem Buch sollten die häufigsten Sorgen behoben werden können.
Das Buch ist in die Abschnitte
*Basics
*Blütenpflanzen
*Schmucklilie und Co.
*Fruchtpflanzen
*Zitrus
*Lorbeer
*Hochstämmchen
*Kletterpflanzen
*Palmlilie und Co.gegliedert
In den einzelnen Kapiteln werden die Themen Worauf muss ich achten?, Was brauche ich?, Wie versorge ich die Pflanzen am besten?, Die schönsten Arten, Probleme und Schneiden erörtert. Das Sachbuch wird durch einen Serviceteil mit vielen Adressen und einem Register abgerundet. Tanja Ratsch ist eine erfahrene Gärtnerin, seit vielen Jahren leitet sie eine Kübelpflanzenversandgärtnerei unweit von Ulm. In diesem Nachschlagewerk gibt sie ihr umfangreiches Fachwissen kompetent, aber unkompliziert an den Ratsuchenden weiter. Die Autorin hat für ihr Buch eine Auswahl der gängigsten Kübelpflanzen getroffen, so kann es sein, dass man sein eigenes Kübelpflanzen-Sorgenkind nicht darin findet. Aber schon aufgrund des Buchumfanges habe ich kein allumfassendes Sachbuch erwartet, sondern eher eine Art Erste Hilfe und Anleitung für Einsteiger. Diesem Anspruch wird das Buch gerecht. Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle noch die gelungenen Fotografien von Martin Stafler.

Bewertung vom 14.03.2012
Das Alphabethaus
Adler-Olsen, Jussi

Das Alphabethaus


gut

1944. Während eines Aufklärungsfluges im deutschen Luftraum stürzen James und Bryan, beide englische Piloten, in der Nähe von Dresden ab. Bei ihrer Flucht retten sie sich vor ihren Verfolgern in einen Lazarettzug voller Soldaten mit Kriegsneurosen und schlüpfen in die Identität zweier deutscher SS-Angehöriger, die sie kurzerhand verschwinden lassen. Die Fahrt endet im Freiburger „Alphabethaus“, in dem die Soldaten wieder kriegstauglich gemacht werden sollen. James und Bryan müssen nun unter allen Umständen vermeiden, enttarnt zu werden, aber sie sind nicht die einzigen Simulanten in der Klinik…
Im Jahr 1972, ist Bryan anlässlich der Olympischen Spiele wieder in Deutschland und macht sich auf die Suche nach seinem Freund James, den er vor 28 Jahren im Breisgau zurück ließ. Dabei trifft er auf alte Bekannte, die nicht erfreut sind, dass er Vergangenes ans Tageslicht bringt.
„Das Alphabethaus“ ist der Debütroman von Jussi Adler-Olsen, der nach den Erfolgen seiner Thriller um den Ermittler Mørck in Deutschland veröffentlicht wurde. Unglückerweise assoziiert das Cover einen Zusammenhang zur Mørck-Reihe. Das ist aber nicht der Fall, dieser Roman, den ich nur bedingt ins Thriller-Genre einordnen würde, steht für sich allein.
Schon nach wenigen Seiten hatte mich die Handlung gefangen genommen und im 1. Teil wurde die Spannung stetig gesteigert. Leider blieb das nicht durchgehend so. Zu Beginn des 2. Teils, der im Jahr 1972 spielt, empfand ich ein paar Längen und las ich den Roman mit deutlich mehr Distanz. Spannung kam zwar nach ein paar ein paar Kapiteln wieder auf, dem Autor gelang es jedoch bis zum Ende hin nicht mehr, mich so zu fesseln wie zu Beginn des Buches, obwohl in dieser Teil deutlich mehr Thrillerelemente aufwies.
Beeindruckend waren für mich die glaubhaft beschriebenen Abschnitte in der psychiatrischen Klinik, der Alltag, die Behandlungsmethoden und Charakteristiken der Erkrankungen wurden sehr gekonnt und detailreich in Szene gesetzt. Jussi Adler-Olsens Roman ist sprachlich sehr einfach gestaltet, er verzichtet auf sehr actiongeladene und blutige Beschreibungen, dafür steht das Zwischenmenschliche für ihn in diesem Roman im Vordergrund, was ich als sehr angenehm empfand. Kurze, prägnante Sätze bestimmen seinen Stil. Seine Protagonisten waren recht gut charakterisiert, ließen sich jedoch recht offensichtlich in gut oder böse einordnen.
Trotz meiner angeführten Kritikpunkte und einiger kleinerer Ungereimtheiten habe ich diesen Roman von Jussi Adler Olsen gern gelesen. Er hat mir angenehme Lesestunden beschert und mich gut unterhalten.

337 von 629 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.03.2012
Eine große Zeit
Boyd, William

Eine große Zeit


ausgezeichnet

1913-1915. Lysander Rief, ein junger und kurz vor der Hochzeit stehender Schauspieler aus London, kam nach Wien, um sich durch eine Psychoanalyse seines sehr speziellen Problems zu entledigen. Im Wartezimmer von Dr. Bensimon lernte er Hettie Bull kennen und verliebte sich in sie. Hettie gewährte Lysander Eintritt die Wiener Künstlerszene und in ihr Bett, zeigte ihn dann aber wegen Vergewaltigung an. Zwei britische Agenten retteten ihn vor der Verurteilung und dem Gefängnis, fordern aber später Spionage für Großbritannien als Gegenleistung von ihm.
Mit „Eine große Zeit“ ist William Boyd ein wirklich großer Roman gelungen. Spannung, Zeitgeschichte und Unterhaltung verbindet der Autor auf sehr gekonnte Art und Weise. So war es nicht schwer, die Zeit um 100 Jahre zurückzudrehen, um sich in Lysander Riefs Welt zu orientieren. Detailliert und authentisch beschreibt Boyd seine Handlungsorte und schon nach kurzer Lesezeit baute sich die Kulisse des Romans vor dem inneren Auge auf. Dem „Kopfkino“ stand nichts mehr entgegen. Mit Lysander Rief wurde ein glaubwürdiger und sympathischer Held geschaffen, den man als Leser gern durch die Stationen seines Lebens begleitet, mit dem man mitfiebert und –hofft. Aber auch die anderen handelnden Personen waren gut gezeichnet und Kinder ihrer Zeit. Die Handlung war spannungsgeladen. Durch die zwei Erzählebenen, in einer berichtet ein Erzähler und in den „Autobiographischen Untersuchungen“ schildert der Protagonist seine persönlichen Eindrücke, erhält der Leser eine komfortable Außen- und Innenwahrnehmung der Handlung und der Persönlichkeiten. Dadurch wurde es förmlich möglich mit den Protagonisten die Handlung zu erleben. Das Zusammenspiel von fein gezeichneten Charakteren, spannender Handlung und hervorragenden Beschreibungen von Ort und Zeit erfüllen den Zeitraum von 1913 - 1915 mit Leben und lassen den Leser in der Vergangenheit auftauchen, so dass er das Gefühl hat, Augenzeuge zu sein. So schafft er es auf beeindruckende Weise ein wirklichkeitsnahes Zeitgefühl zu vermitteln. Wie nebenbei erklärt der Autor dabei auch noch politische Hintergründe und den Stand der Technik zu Beginn des Ersten Weltkrieges.
Sprachlich ist der Roman von William Boyd auf einem hohen Niveau angesiedelt, kraftvoll und mitreißend, das findet man bei diesem Genre eher selten, deshalb ist es besonders erwähnenswert.
„Eine große Zeit“ ist ein echter Boyd. Mich hat das Buch gefesselt und aufs angenehmste unterhalten. Dieser Roman bekommt meine uneingeschränkte Leseempfehlung.

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.