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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Desiree
Wohnort: 
Wanne-Eickel

Bewertungen

Insgesamt 118 Bewertungen
Bewertung vom 29.11.2022
Ein Abend mit Marilyn
Wildner, Maxine

Ein Abend mit Marilyn


gut

Marilyn Monroe - Ikone, Sexsymbol und vor allem verkannte Schauspielerin. Inzwischen sollte wohl jede*r wissen, dass hinter Marilyn Monroe mehr steckt als der Schlafzimmerblick und das gehauchte „Happy Birthday, Mr. President“. Auch „Ein Abend mit Marilyn“ von Maxine Wilder ist ein Versuch, die Komplexität dieser Persönlichkeit zu verdeutlichen.
Marilyns 36. Geburtstag soll gefeiert werden. Einige Gäste sind schon anwesend: Marilyns Ex-Mann Joe DiMaggio, der Regisseur Billy Wilder, Schauspieler und Regisseur Lauren Bacall, Schauspiellehrerin Paula Strasberg und zu guter letzt erscheint noch Marilyns Mutter. Nur die Hauptperson lässt auf sich warten. Das nutzen die Anwesenden um von Marilyn zu erzählen. Diese Geschichten pendeln zwischen sexy Diva und hilflos Verlorener hin und her. In Rückblicken erzählen Billy Wilder und Lauren Bacall von Dreharbeiten und mit ihre Mutter tauchen wir in ihre Kindheit, die alles andere als geborgen war. Währenddessen liegt Marilyn passiv in ihrer Wohnung und lässt alles über sich ergehen.
Ich bin ein Fan von Marilyn Monroe, gerade weil sie nicht nur dieses Feme Fatale war als die sie immer dargestellt wird. Sie war interessiert, intelligent, sensibel und hochgradig verunsichert - eine gefährliche Mischung in Hollywood zur damaligen Zeit, gerade für Frauen.
Ihre Zerbrechlichkeit, sowie ihr Hang zum Extremen wird im Roman deutlich. Was mich allerdings irritiert hat, war die Auswahl der Personen, die an diesem Geburtstagstisch saßen und auch die Erzählungen waren sich sehr ähnlich bis auf die Kindheitserinnerungen. Sprachlich hat es mich nicht umgehauen, es war ok, gut und flüssig zu lesen, aber keine literarische Sensation.
Für Leute, die einen schnellen, unterhaltenden Einblick in Marilyn Monroes Leben haben möchte, könnte es was sein, aber für mich ist es nicht komplex genug gewesen, gerade weil sie so lange nur auf Sex reduziert wurde. Auch die Ansichten von Männern über sie haben wir schon zu genüge gehört.

Bewertung vom 27.11.2022
Malen macht glücklich
Runyan, Terry

Malen macht glücklich


ausgezeichnet

Bei „Malen macht glücklich“ von Terry Runyan ist der Titel Programm - bei diesem Buch mit der Kunst des Aquarellierens, doch nicht wie wir es in der Schule mit dem schnöden Wasserfarbkasten „gelernt“ haben. Aquarellfarben sind vielseitig und toll einsetzbar, dass zeigt Terry Runyan mit gezielten Projekten, die zum Ausprobieren einladen, aber nicht nur das.
Anfangs gibt sie eine kleine Produktschulung, wobei sie erklärt, worauf man achten soll, aber ohne Werbung für bestimmte Produkte zu machen. Und was noch wichtiger ist, sie erklärt, wie man mit der eigenen Kreativität umgehen sollte, was einem augenscheinlich im Weg steht (man aber getrost ignorieren kann) und wie man den inneren Kritiker leiser stellt. Einfach machen, ausprobieren und mit Pinsel, Farbe und Papier eine neue Art des Glücks kennenlernen.
Sie ist dabei weit entfernt von Schranken und Verboten oder Ratschlägen, die sich wie Regeln anfühlen. Alles ist erlaubt und es soll ausprobiert werden. Für diejenigen, die es brauchen oder schätzen, gibt es auch Schritt-für-Schritt-Erklärungen, die trotzdem genug Spielraum lassen, um seine eigene Bilder nicht absolut hässlich zu finden (wie ich es oft tue). Sie erklärt verschiedene Methoden und man möchte sich sofort selbst hinsetzen und drauflos malen. So entstehen schnell Katzen und Blumen oder gleich ein ganzes Kunstwerk ohne dass man es verbissen versucht.
Danach ist man glücklich - genau das, was Terry Runyan laut Titel bezwecken möchte mit ihrem wunderschön gestalteten Buch, das ich immer wieder zur Hand nehmen werde, während ich das 30 Tage Projekt ausprobiere.

Bewertung vom 26.11.2022
Die dunklen Sommer
Beverly-Whittemore, Miranda

Die dunklen Sommer


ausgezeichnet

Saskia hat sich der Welt abgewandt und in ihrer Villa verschanzt. Bis Xavier vor ihrer Tür steht und sie aus dem Haus und zurück in die Vergangenheit holt. Sie muss zurück nach ‚Zuhause‘, einem Ort, der ihr mehr bedeutet hat, als allen anderen, der ihr ein neues Heim wurde, als die von allen verlassen und verstoßen wurde und welches sie unter allen Umständen hatte schützen wollen. Nun ist sie erwachsen und wird aber von ihren Taten eingeholt, aber sie ist nicht allein. Xavier, Issy, Cornelia und Ben hängen mit drin und sie haben weitaus mehr zu verlieren als Saskia.
„Die dunklen Sommer“ von Miranda Beverly-Whittemore hat mich sehr beeindruckt. Ich bin unvoreingenommen an den Roman rangegangen und wurde überrascht, von der Bildhaftigkeit der Sprache und von der Spannung, die sich ganz subtil aufgebaut hat. Die Schuld, die vor allem Saskia umtreibt, ist so verheerend, dass sie kaum lebensfähig ist, zumindest nicht in einer Gesellschaft. Dabei war sie damals noch fast ein Kind, so wie die anderen auch und haben schlichtweg einem Mann vertraut, der das verstand auszunutzen. Aber so einfach ist es dann doch wieder nicht. Die Geschichte ist komplex und vielschichtig, so wie die Menschen die ‚Zuhause‘ bevölkert haben. Es geht viel um Manipulation und Schuld; um Liebe, nach der man sich so sehr sehnt und nach einem wahren Zuhause für das man alles tun würde, wenn man es einmal gefunden hat.
Der Roman besteht aus kurzen Kapiteln, die abwechselnd in der Vergangenheit und in der Gegenwart spielen, was das Lesetempo enorm beschleunigt. Man ahnt, was vorgefallen ist, aber man möchte es trotzdem ganz genau wissen. Ich konnte mich sehr gut in die Saskia und ihren Mitstreiter*innen hineinversetzen und es zeigt wie leicht man manipuliert werden kann, wenn nur die richtigen Knöpfe gedrückt werden und die Lebensumstände dafür günstig sind.

Bewertung vom 13.11.2022
Für euch
Sayram, Iris

Für euch


sehr gut

Iris wächst in prekären Verhältnissen auf, trotzdem versucht ihre Mutter Sonja alles, um ihr das bestmögliche Leben zu bieten, auch wenn sie dafür ihren Körper verkaufen muss. Darüber reden, tut sie nie - sie will ihre Tochter davor bewahren und wünscht ihr eine bessere Zukunft. Zweierlei hat Iris von Sonja gelernt: Durchhaltevermögen und Disziplin. Sie kämpft sich aufs Gymnasium, um später Jura zu studieren, während Sonja ihr jeden Wunsch erfüllt, auch wenn sie dafür kriminell werden und sich später lange Zeit prostituieren muss. Iris versucht das zu vergessen, doch gerade nachts verfolgt sie der Gedanke, dass ihr Mutter das alles nur für sie macht. Hinzukommt, dass ihr Vater aus der Türkei stammt und sich dafür sein ganzes Leben lang schämt. Er hatte große Pläne, wurde jedoch immer wieder von seiner Spielsucht und den festgeschriebenen Bahnen, in die er als Ausländer geleitet wurde, torpediert.
„Für euch“ von Iris Sayram ist eine Liebeserklärung, aber vor allem eine Entschuldigung an die Mutter, die sich aufgeopfert hat. Iris weiß, dass sie viel verlangt, kennt die finanzielle Situation früh, bekommt aber den Hals nicht voll. Sie hat gelernt, dass sie alles bekommt, was sie möchte und ist der Inbegriff einer verwöhnten Prinzessin, allerdings in einer finanziell armen Familie.
„Für euch“ lässt mich zwiegespalten zurück. Der Egoismus von Iris, der vor allem von der Mutter getragen wird, war manchmal schwer zu ertragen, da bringen auch die wiederholten Entschuldigungen nichts. Aber als Kind ordnet man gewisse Dinge anders ein und ob Sonja wirklich von diesem Lebensweg hätte abgebracht werden können, bezweifle ich. Dennoch schlug mein Gehirn immer wieder andere Möglichkeiten vor. Nicht zuletzt, weil meine Eltern vor fast 40 Jahren mit nichts hier ankamen und hart gearbeitet haben, um mir eine behütete Kindheit ermöglichen zu können.
Trotzdem finde ich dieses Buch wichtig, denn es zeigt eine Lebensrealität über die zu oft geschwiegen wird und dass man nicht zu vorschnell urteilen sollte.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.11.2022
Die Sehnsucht nach Licht
Naumann, Kati

Die Sehnsucht nach Licht


sehr gut

Die Familie Steiner hat viel durchgemacht, doch es gab zwei Konstanten: den Bergbau und den familiären Zusammenhalt - davon handelt „Die Sehnsucht nach Licht“ von Kati Naumann. Sogar die letzte Generation mit Luisa hat sich dem Berg verschrieben, inzwischen geht es allerdings um Renaturierung; aber Bergmann bleibt Bergmann und so ist sie auch in gewisser Weise Bergfrau geworden und fährt hinab, um Besucher*innen durch die alten Stollen zu führen. Sie ist es auch, die endlich das große Rätsel der Steiners lösen möchte: Was passierte mit ihrem Großonkel Rudolf, der so plötzlich verschwand? Doch nicht nur Luisas Recherche wird erzählt, die eher Einblick in das Leben einer vom Bergbau geprägten Region in heutiger Zeit ist, sondern die Erlebnisse der Familie von 1909 bis 1989. Viel ist geschehen im Schlematal und viel wurde verlangt von den Bergmännern, sowie von den Frauen: versiegende Quellen, erster und zweiter Weltkrieg, Bergbauunglücke, die DDR und die Strahlung des Urans, das dort jahrzehntelang abgebaut wurde, anfangs ohne Schutzausrüstung. Doch wie sagte Luisas Ururgroßmutter immer: „Neuer Tag bringt neue Hoffnung“.
Anfangs tat ich mich schwer mit „Die Sehnsucht nach Licht“. Kati Naumann versteht was vom Bergbau und wirft regelrecht mit den dazugehörigen Begriffen um sich, die zwar für den Bergbau an sich wichtig sind, aber nicht für die Geschichte. Trotzdem fing mich das Buch langsam ein, vor allem durch die Charaktere, die alle wunderbar liebenswürdig sind. Die Steiners hatten kein leichtes Leben, gaben die Hoffnung aber nie auf, sie machten weiter, fuhren hinab in den Berg und holten das beste aus jeder Situation raus. Nicht mal der Verlust von Rudolf konnte sie in die Knie zwingen, obwohl dieser sie über Generationen hinweg begleitete. Dabei muss man bedenken, dass Rudolf Schicksal keine reine Fiktion ist, so etwas geschah damals in der DDR und unterstreicht in was für einer privilegierten Zeit wir heute Leben dürfen.

Bewertung vom 04.11.2022
Der Pfirsichgarten
Fu, Melissa

Der Pfirsichgarten


ausgezeichnet

„Der Pfirsichgarten“ von Melissa Fu hat mich überrascht. Das schöne Cover hat mich angezogen und der Klappentext mein Interesse geweckt, aber ich hatte nicht erwartet, dass es mich so fesseln würde.
Melissa Fu erzählt über Generationen hinweg die Geschichte der Daos. Wie Witwe Meilin mit Sohn Renshu aus China fliehen muss, erst mit ihrem Schwager Longwei und dessen Familie, später allein. Wie sie schließlich in Taiwan landet und schafft, sich dort ein einigermaßen ruhiges Leben aufzubauen. Renshu verschreibt sich der Bildung und studiert. Er schafft es sogar in die USA, dank der Unterstützung des wieder aufgetauchten Onkels Longwei. Dort studiert er weiter, promoviert und bleibt. Er ist nun Henry Dao. Er heiratet und bekommt Tochter Lily, die als Halb-Chinesin, denn Henrys Frau Rachel ist weiß, mit ihrem Erbe zu kämpfen hat. Nicht zuletzt, weil Henry darüber schweigt. Zu schmerzhaft sind die Erinnerungen an die Kriege, die er miterlebt hat und zu groß die Angst, dass seiner Mutter in Taiwan etwas geschehen könnte, weil er sich unbedarft äußert.
Nicht nur der Einblick in die chinesische Geschichte hat mir sehr gefallen, denn ich muss zugeben, diese war Neuland für mich. Melissa Fu versteht es die Leserschaft in eine andere Welt mitzunehmen und braucht dafür gar nicht viele Wort. Geschickt baut sie chinesische Märchen mithilfe einer Bildrolle ein, die Meilin und Renshu lange Zeit begleitet. Auch die Charaktere sind gut gezeichnet: Meilin, die liebevolle, aber vor allem starke Mutter; Renshu, der Sohn, der alles richtig machen möchte; der verschlagene Longwei und die zerrissene Lily, die versucht eine Kultur zu verstehen, welche Teil ihres Lebens ist, von der sie allerdings nichts weiß.
Natürlich bleiben in diesem Familienepos lose Fäden hängen, aber so ist das in der Wirklichkeit nun mal auch und mich stören sie nicht, denn es ist eine runde Geschichte, die mit sehr viel Interesse und Liebe verfasst wurde - das wird immer wieder deutlich beim Lesen.

Bewertung vom 29.10.2022
Alle_Zeit
Bücker, Teresa

Alle_Zeit


ausgezeichnet

Zeit ist ein komplexes Thema, so auch „Alle_Zeit“ von Teresa Bücker. Sie hat viel Arbeit und vor allem Zeit in dieses Buch gesteckt, das merkt man augenblicklich, nicht nur an den fast 500 Anmerkungen. Sehr anschaulich beschreibt sie, wie Erwerbsarbeit sich auf uns auswirkt und wie sich Carearbeit in unser Leben sneakt, gerade bei Frauen, für die das allzuoft selbstverständlich ist. Sie thematisiert Gegenwart und Zukunft, und wie wir fälschlicherweise annehmen, dass wir ja später noch alle Zeit haben werden. Sie zeigt, was Freizeit, Eigenzeit und Alltagszeit ist und sie hat mir mit dem Begriff Zeitkonfetti die Augen geöffnet.
Zeit ist Geld, aber anders, als der Kapitalismus uns weismacht, denn Zeit ist viel mehr. Viele Tätigkeiten werden nicht entlohnt, die es eigentlich werden sollte, da sonst die Gesellschaft in der wir Leben zusammenbrechen würde. Das macht Zeit zu einem Politikum und wird trotzdem von der Politik ignoriert. Es wird lieber an veralteten Strukturen festgehalten, anstatt Veränderung anzustreben, indem man z.B. Care wertschätzt, bzw. es als das ansieht, was es ist: Arbeit, die auch entlohnt werden sollte.
Besonders anschaulich zeigt Teresa Bückner wie ungerecht Zeit verteilt ist, zwischen Frauen und Männern, aber auch zwischen arm und reich und welches Privileg es ist, frei über seine Zeit bestimmen zu können. Doch wie frei entscheiden wir wirklich? Erwerbsarbeit, Carearbeit, Alltagszeit und schon sind die 24 Stunden des Tages um - wo bleibt Zeit, in der wir wirklich das tun können, was wir wollen, über die wir wirklich frei verfügen können?
Teresa Bücker schildert den momentanen Istzustand von Zeitverteilung und zeigt Lösungsmöglichkeiten, doch ob diese tatsächlich umgesetzt werden können, ist schwierig zu sagen. Wünschenswert wäre es, aber da müssten Menschen mitmachen, die sich bequem in ihren Leben, die oft anderen Zeit rauben, eingerichtet haben.
„Alle_Zeit“ regt zum Denken an und befasst sich mit dem wichtigsten Aspekt unseres Lebens: Zeit.

Bewertung vom 13.10.2022
Dieser Beitrag wurde entfernt
Bervoets, Hanna

Dieser Beitrag wurde entfernt


ausgezeichnet

Kayleigh arbeitet bei Hexa, einem Unternehmen, das Posts bewertet und gegebenfalls löscht, wenn diese vorgegebene Richtlinien verletzen. Sex, Gewalt, Tierquälerei, Selbstverletzung, Verschwörungstheorien, Hass in jeder nur denkbaren Form flimmern während der Arbeitszeit über ihren Bildschirm, wobei sie eine bestimmte Anzahl erreichen muss. Doch das ist nur die Kulisse dieses Romans, denn eigentlich geht es um eine gescheiterte Beziehung. Bei Hexa lernt Kayleigh Sigrid kennen und schnell kommen sie zusammen, verbringen viel Zeit miteinander, auf der Arbeit und auch zu Hause. Bis Sigrid sich verändert. Der Content, den sie täglich sichten muss, geht ihr zusehends näher. Kayleigh hat dieses Problem nicht. Zwar bemerkt sie, dass sie alles in ihrer Umgebung nach den Richtlinien von Hexa zu bewerten beginnt, aber sie erkennt nichts falsches daran.
Irgendwie hatte ich von „Dieser Beitrag wurde gelöscht“ von Hanna Bervoets etwas anderes erwartet und die Liebesgeschichte (nicht Schnulze!), die sich darin verbirgt, hat mich überrascht. Die titelgebende Thematik bildet nur den Hintergrund, wirkt sich aber sehr auf das Leben und die Liebe der beiden Frauen aus. Und zwar auf unterschiedliche Weise. Während Kayleighs moralischer Kompass immer weniger ausschlägt und sich ihre Grenze in eine gewisse Abgebrühtheit verschiebt, driftet Sigrid in eine ganz andere, genauso gefährliche Richtung ab. Beide werden mehr von der Arbeit, dem Content, dem sie täglich ausgesetzt sind, beeinflusst als sie wahrnehmen.
Der Roman ist subtiler als er scheint. Er verdeutlicht wie gefährlich ungefilterter SocialMedia-Konsum sein kann und verpackt das in eine scheinbar leicht verdauliche Geschichte. Seine Kürze lädt dazu ein, ihn einfach wegzusnacken, genauso wie seine leichte Lesbarkeit. Gut finde ich auch, dass die Liebesbeziehung zweier Frauen thematisiert wird. Meiner Meinung nach, wäre das ein gutes Buch für Schullektüre: aktuell, kurz, interessant und absolut wichtig.

Bewertung vom 13.10.2022
Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu. / Emer Murphy Bd.1 (eBook, ePUB)
Getz, Kristine

Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu. / Emer Murphy Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Poppy, die Tochter der Bloggerin Lotte und selbst schon eine kleine Berühmtheit mit ihren zwei Jahren, verschwindet. Emer Murphy ist eigentlich noch nicht wieder im Dienst, nachdem sie erst vor kurzem zusammengebrochen und in der Psychiatrie gelandet ist. Angelockt durch einen anderen Entführungsfall, stolpert sie in die Suche nach Poppy und betritt damit die Welt der Pädophilie und Exposition von Kindern, die diese Menschen noch mit den nötigen Bildern versorgen. Eine Triggerwarnung zum Thema Selbstverletzung und Missbrauch sind mehr als angebracht.
„Poppy“ von Kristine Getz ist ein sehr gelungenes Debüt und der Auftakt zu einer Reihe rund um Ermittlerin Emer Murphy. Mit der Zurschaustellung der eigenen Kinder auf Social Media hat Kristine Getz ein Thema gewählt, dass nicht aktueller sein könnte und ich bin mir sicher, dass die meisten Eltern sich keinerlei Gedanken darum machen, was mit den Bildern und Videos passiert, die sie unbedarft posten, obwohl das Bewusstsein dafür langsam wächst. Es ist erschreckend. Und ich weiß es ist Fiktion, aber ich denke da steckt viel Wahres drin.
Aber so einfach ist dieser Thriller nicht, es gibt viele Keime, die sich als Irrwege herausstellen. Viele schlechte Menschen, die den Anschein erwecken gut zu sein und zu helfen. Emer als Ermittlerin, mit ihrem Partner Mons sind eigentümliche Charaktere, die noch komplexer zu sein scheinen als dieser erste Band verrät.
An manchen Formulierungen habe ich mich anfangs etwas gestoßen, aber das kann auch an der Übersetzung gelegen haben und zum Schluss war es eh egal, weil ich einfach wissen wollte, wer nun hinter der Entführung steckte und die letzten Kapitel weggeatmet habe. Ein spannendes Thrillerdebüt zu einem aktuellen Thema von einer Autorin von der wir hoffentlich noch einiges zu lesen bekommen werden.

Bewertung vom 13.10.2022
Die Ewigkeit ist ein guter Ort
Noort, Tamar

Die Ewigkeit ist ein guter Ort


ausgezeichnet

Elke ist Theologin und soll bester früher als später das Amt ihres Vaters übernehmen. Doch ihr passiert, was einer angehenden Pastorin auf keinen Fall passieren sollte: Sie vergisst Gott; selbst das ‚Vater unser’ fällt ihr nicht mehr ein - sie nennt es Gottesdemenz. Erst sucht sie nach der Ursache und als das erfolglos bleibt, versucht sie weiter zu machen, weiß aber trotzdem nicht, wie sie damit umgehen soll. Also besucht sie ihre alte Heimat, doch der Tod ihres Bruders überschattet alles. Sie fängt bei einer Steilwand-Show an, was eine ganz eigene Art von Spiritualität mit sich bringt. Sie nimmt den Graupapagei Gertude, den sie seit ihrer Kindheit kennt, bei sich auf. Bis alles eskaliert und sie mit der Zukunft, der Vergangenheit und Gott konfrontiert wird.
„Die Ewigkeit ist ein guter Ort“ von Tamar Noort ist ein wunderbarer Roman. Und das obwohl ich Religion und vor allem der Kirche aus dem Weg gehen. Ich muss eingestehen, manchmal wurde es etwas viel mit Gott und Kirche, aber das macht der Roman in vielem wieder wett. Er ist sehr amüsant und bevölkert von interessanten Menschen. Außerdem geht es um so viel mehr als um Gott und die evangelische Kirche. Es geht um den Tod und dessen Bewältigung, den Glauben ans Leben und die Zukunft, die vor einem liegt und bewältigt werden will.
Die Charaktere sind unglaublich gut gezeichnet und Elke ist nicht nur sympathisch, was ich persönlich gerne mag. Zur wunderbaren Geschichte, die einige Wendungen parat hält und ich als sehr originell empfunden habe, ist „Die Ewigkeit ein guter Ort“ sprachlich hervorragend. Keine abgedroschenen Klischees oder unnötiges Gelaber, dafür gute Metaphern, passende Bilder und ein herrlich flüssiger Sprachstil.
Ein wirklich gelungener Roman, auch für Menschen, die mit Religion und Kirche nichts am Hut haben.