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Benutzername: 
vielleser18
Wohnort: 
Hessen
Über mich: 
Ich lese querbeet, am liebsten aus den Bereichen Historisch, Krimi/Thriller, Frauen und Fantasy

Bewertungen

Insgesamt 830 Bewertungen
Bewertung vom 11.06.2023
Das Café ohne Namen
Seethaler, Robert

Das Café ohne Namen


ausgezeichnet

𝗗𝗮𝘀 𝗖𝗮𝗳é 𝗼𝗵𝗻𝗲 𝗡𝗮𝗺𝗲𝗻
ʀᴏʙᴇʀᴛ sᴇᴇᴛʜᴀʟᴇʀ, 2023

..ist ein Ausflug in den Wiener Bezirk Leopoldstadt der 60-70er Jahre. Robert Simon, bislang Gelegenheitsarbeiter, wagt einen Neuanfang: er pachtet eine leerstehende Gastwirtschaft und eröffnet ein Café. Dort treffen sich die verschiedensten Menschen und sie alle haben ihre ganz eigene Geschichte. Autor Robert Seethaler lässt den Leser mit kleinen Einblicken eintauchen in das Leben in Wien zu dieser Zeit, diese reihen sich aneinander, sind miteinander verwoben, sie versprühen Charme, zeigen dunkle und helle Seiten des Lebens, erzählen vom Aufbruch und Niedergang, vom Glück und Leid, von Sehnsüchten und Hoffnungen, von Liebe und Eifersucht, von kleinen und großen Begebenheiten.

𝘚𝘪𝘮𝘰𝘯 𝘥𝘢𝘤𝘩𝘵𝘦 𝘢𝘯 𝘴𝘦𝘪𝘯𝘦 𝘎ä𝘴𝘵𝘦. 𝘌𝘴 𝘸𝘢𝘳 𝘮𝘦𝘳𝘬𝘸ü𝘳𝘥𝘪𝘨, 𝘸𝘪𝘦 𝘸𝘦𝘯𝘪𝘨 𝘦𝘳 𝘷𝘰𝘯 𝘪𝘩𝘯𝘦𝘯 𝘸𝘶𝘴𝘴𝘵𝘦 𝘶𝘯𝘥 𝘸𝘪𝘦 𝘨𝘶𝘵 𝘦𝘳 𝘴𝘪𝘦 𝘥𝘰𝘤𝘩 𝘬𝘢𝘯𝘯𝘵𝘦.(Seite 92)

Dies war mein erster Roman des Autors, ich bin eingetaucht in diese stimmungsvolle Erzählung, habe das Viertel und die Menschen vor Augen gehabt, habe dem bunten Treiben aufmerksam und mit großem Interesse gefolgt und habe die Akteure am Ende mit Wehmut wieder losgelassen, sie sind mir ans Herz gewachsen. Besonders der Sprach- und Schreibstil Seethalers hat mir gefallen. Er hat es verstanden die verschiedenen Blickwinkel, die Figuren, aber auch die Geschichte des Cafés ohne Namen zu einem wunderbaren Zusammenspiel mit Tiefgang zu verknüpfen. Es ist wie ein kleines, sehr interessantes Zeitzeugnis dieser Zeit, wenn auch ein rein fiktives.

Bewertung vom 03.05.2023
Wenn ein neuer Tag anbricht
Turansky, Carrie

Wenn ein neuer Tag anbricht


ausgezeichnet

England, 1898: Bei einem Bootsunglück verliert die 17jährige Maggie ihre Eltern und ihre ältere Schwester. Nur ihre kleine Schwester Violet kann sie noch retten. Ihr Leben verändert sich grundsätzlich, sie ziehen von dem Landsitz, auf dem ihr Vater Landschaftsarchitekt war, weg in das nahegelegene Dorf zu ihrer Großmutter.
Vier Jahre später trifft sie Nate, den Sohn des Gutsbesitzers, mit dem sie seit ihrer Jugend bis zu dem Unglückstag befreundet war, das erste Mal wieder. Dass er sich nach dem Unglückstag nie mit ihr in Verbindung gesetzt hat, hatte sie zusätzlich getroffen. Die alten Wunden werden wieder aufgerissen und als sie nach all den Jahren das erste Mal im Tagebuch ihres Vaters liest, kommen bei ihr Zweifel auf, ob der Unfall wirklich nur ein Unglück war, oder ob mehr dahinter steckt.

𝗖𝗮𝗿𝗿𝗶𝗲 𝗧𝘂𝗿𝗮𝗻𝘀𝗸𝘆 hat ein fesselnden Roman geschrieben, der mich mit der Mischung aus Spannung, historischem Ambiente, romantischen Verwicklungen, abwechslungsreichen Entwicklungen und dem gut in die Geschichte integrierten christlichen Botschaften überzeugen konnte. Die über 400 Seiten waren schnell gelesen. Die Protagonisten entwickeln sich glaubhaft, es geht um Vertrauen, Verzeihen, Wahrheiten und Liebe. Maggie ist anfangs sehr eigenwillig, unversöhnlich und geht nicht immer den moralisch akkuraten Weg, um mehr über die Vergangenheit ans Licht zu bringen. Nate hingegen hat sich in den vergangenen Jahren zu einem aufrichtigen, gläubigen und vor allem engagierten jungen Mann entwickelt, der sich für Maggie und auch für sein Erbe, dass er nun angetreten hat, mit aller Kraft einsetzt. Aber auch er muss seinen Stolz überwinden lernen.

Fazit: Eine bewegende christliche Geschichte mit Herz und Gefühl, die zudem im historischen Setting mit spannenden Elementen fesselt.

Bewertung vom 21.03.2023
Ohne mich
Schüttpelz, Esther

Ohne mich


sehr gut

Fast fertig mit dem Jura-Studium, weiblich, Mitte zwanzig....und frisch getrennt vom Ehemann. Was erwartet man vom Leben, vom (Ex-)Partner, wie verarbeitet man überhaupt eine zerbrochene Ehe? Wer hatte Schuld,wenn es überhaupt eine Schuldfrage gibt? War es richtig so früh zu heiraten? Wie soll es nun privat und auch beruflich weitergehen?

Das sind alles Fragen, die sich die junge Protagonistin stellt. Als Leser begleiten wir sie durch ihren Alltag, der Versuch, diese Wendung in ihrem Leben zu verstehen, damit zu recht zu kommen, neu anzufangen, aber auch den Schmerz, die Schmach nicht nur mit Alkohol zu betäuben. Sie will der Leere nicht nur in ihrer Wohnung entfliehen und versucht diese mit Feiern und Ablenkung zu übertönen. Aber es gibt ja noch mehr, die Ausbildung, die Kommilitonen, die Familie. Wir lesen über ihre Selbstweifel, ihre gedanklichen Rückblenden und Vorstellungen über das Geschehene, die nicht immer objektiv sind, sie redet sich einiges schön, vor allem was sie selbst und den "Ehemann" betrifft, der die allermeiste Zeit des Romanes namenlos bleibt, genau wie sie selbst.

Ein ungewöhnlicher Schreibstil, der einen dennoch packt und einen das Bild des "dabei seins" vermittelt, vor allem was die Gefühle und Gedanken der Protagonistin angeht. Scheinbar ohne roten Faden, dennoch wirkt gerade dadurch alles authentisch. Alles geschrieben aus der Ich-perspektive, das vergrößert die Authentizität und vielleicht fragt man sich auch deshalb oft, wieviel autobiografisches der Autorin steckt dahinter?
Wir begleiten die junge Frau nach der einschneidenden Trennung und ihrem Versuch irgendwie damit klar zu kommen. Man spürt ihre Zerrissenheit, ihre Verletzlichkeit, ihre Einsamkeit, ihre Suche nach einem Anker und dem Wunsch irgendwie, irgendwo dazu zu gehören. Im privaten wie im beruflichen Leben. Es gilt eingeschlagene Wege zu hinterfragen und neue einzuschlagen, nicht immer einfach in einer Welt voller Chancen, aber auch Tretminen.
Am Ende des Romanes dann überraschende Wendungen, die auch dem Leser zeigen, dass es immer zwei Seiten im Leben gibt und die die Lektüre rund abschließen und dennoch Stoff zum Nachdenken geben.

Bewertung vom 21.03.2023
Frauenmord in Venberg
Stein, Ella

Frauenmord in Venberg


ausgezeichnet

Norbert erschießt in der fiktiven österreichischen Kleinstadt Venberg seine Ehefrau Ursula hinterrücks, während diese am Kaffeetisch sitzt nach über 20jähriger Ehe. Grundlos? Nein, Gründe gibt es immer, auch hier. Während er aus seiner Sicht die Ehe und die Tat reflektiert, steht im zweiten Erzählstrang der junge Polizist Manuel im Blickpunkt, der gerade erfahren hat, dass er Vater werden wird und der sich auf der Venberger Polizeiwache, zu der er erst neu dazugestoßen ist, erst einen Platz erkämpfen muss. Es ist mehr als "nur" ein Krimi, es geht vielmehr um Recht und Gesetz und wie der Einzelne sich im Gemeinschaftsgefüge verhält.

Im MIttelpunkt steht auch ein neues Gesetz, das erlassen wurde. Auch dadurch muss sich jeder Einzelne im Roman damit beschäftigen, wie weit er Gesetzen folgt, was er bereit ist zu hinterfragen und wo auch persönlich Grenzen gelten, und das Hinterfragen gilt für alle Bereichen, die hier angeschnitten und beleuchtet werden. Hier wird nicht bewertet, hier werden Fragen über wichtige Themen aufgeworfen. Und die sind vielfältig und laden auch den Leser zur Reflexion ein, denn nie ist etwas nur schwarz oder weiß.

Alles ist rein fiktiv und dennoch gibt es meistens reale Hintergründe und Geschehnisse, die als Vorlage dienten. Ella Stein schafft es, dass man die Gedankengänge der Protagonisten versteht, sogar Konturen zwischen Opfer und Täter, Polizei und Gesetzen, sowie Männern und Frauen verschwimmen scheinbar. Das sorgt für ein Gedankenkarussell beim Lesen und dazu, dass man selber Stellung beziehen muss, gedanklich sich damit auseinander setzt.
Trotz aller Ernsthaftigkeit fehlt es auch nicht am trockenen Humor. Ella Steins Schreibstil ist bildhaft, man kann sich die Protagonisten sehr gut vorstellen, sind es doch typische Ebenbilder unserer Gesellschaft. Ein tiefgründiger Krimi, bei dem es um so viel mehr geht, als um die Suche nach einem flüchtigen Täter.

Bewertung vom 14.03.2023
Über Carl reden wir morgen (MP3-Download)
Taschler, Judith W.

Über Carl reden wir morgen (MP3-Download)


sehr gut

Ü𝘣𝘦𝘳 𝘊𝘢𝘳𝘭 𝘳𝘦𝘥𝘦𝘯 𝘸𝘪𝘳 𝘮𝘰𝘳𝘨𝘦𝘯

Die letzten Wochen hat mich ein Hörbuch bei vielen Gelegenheiten "begleitet". Fast 15 Stunden konnte ich eintauchen in die fesselnde und vielschichtige Dreigenerationen-Geschichte der österreichischen Autorin Judith W. Taschler. Der Roman erstreckt sich von Anfang des 19. Jahrhunderts bis 1922 , spielt u.a.im österreichischen Mühlviertel, Wien und Amerika und ist an die eigene Familiengeschichte der Autorin angelehnt.

Gerade beim hören muss man anfangs lernen die Protagonisten einzuordnen, aber nachdem ich in die Geschichte reingekommen bin, war ich ungemein gefesselt. Erstens habe ich sehr gerne der Stimme von Tanja Geke gelauscht, anderseits hat Judith W. Taschler die Geschichte sehr interessant und geschickt aufgebaut, z. B durch wechselnde Sichtweisen bei den Handlungssträngen und durch eingeschobene Rückblenden. So kristallisiert sich erst nach und nach die ganze Tragik, sowie so manche Zusammenhänge zwischen agierenden Personen und deren Handlungen heraus.
Der Roman zeichnet ein lebendiges Bild von Anton und seiner Schwester Rosa, von Antons Sohn Albert und dessen Frau Anna, bis zu deren Zwillings-Söhnen Eugen und Carl. Aber es gibt auch viele weitere Familienmitglieder und sie alle sind Puzzleteile in dieser Geschichte, alle zusammen ergeben einen großartigen Einblick in das familiäre Leben der damaligen Zeit. Ihre Suche nach Glück, ihr Schaffen und Wirken und die tragischen Ereignisse in ihrem Leben lassen sie zu greifbaren Figuren werden. Das Leben in der k.u.k. Monarchie, während des ersten Weltkrieges und danach wird lebendig dargestellt. Ich habe sehr gerne dieser Geschichte gelauscht und hätte gerne noch vielen weiteren Stunden die Geschichte weiterverfolgt.
Ich hoffe nun auf eine Fortsetzung, denn ich würde gerne mehr von der Familie Brugger in der Zeit nach 1922 erfahren.

Bewertung vom 14.03.2023
Mein Leben in deinem
Moyes, Jojo

Mein Leben in deinem


ausgezeichnet

Hach, habe ich diese Geschichte geliebt. Jojo Moyes hat es wieder einmal wunderbar verstanden Protagonisten zu erschaffen, die so facettenreich sind, die sich entwickeln und an den Ereignissen wachsen. Zwei ganz unterschiedliche Frauen aus ganz gegensätzlichen Milieus, deren Wege sich zufällig kreuzen. Mit Sam(antha), die einen arbeitslosen depressiven Mann zu Hause hat, an der Arbeit gemobbt wird und die vor lauter Belastung kaum noch ein und aus weiß und mit Nisha, die von ihrem superreichen, exentrischem Mann vor die Tür gesetzt wird, hat die Autorin zwei völlig gegensetzliche Charaktere erschaffen, deren Lebensbahnen sich durch eine Verwechslung kreuzen. Eine Tasche, die in einem Umkleideraum eines Fitnessstudios versehentlich und in Hektik vertauscht wird. Durch diesenTausch gerät eine ganze Lawine ins Rollen, die jede der Frauen verändern wird. Dies hat Jojo Moyes in eine so zauberhaft geschriebene und lebendige Geschichte eingearbeitet, dass man beim Lesen ständig das Gefühl hat, dass ein Film sich vor den Augen abspielt. Ich konnte mir die Personen und Handlungsorte so gut vorstellen!

Jojo Moyes hat zudem einen fesselnden Schreibstil, ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, so sehr hat mich diese Geschichte gepackt und auch berührt. Es geht um Verantwortung und Freundschaft, um Abhängigkeiten und verschiedene Lebensumstände, um Missverständnisse und Zusammenhalt, Freud und Leid und um die große Frage nach Glück, was ich vom Leben erwarte und wo ich das Glück finde.

Mit den wechselnden Handlungssträngen, überraschenden Wendungen, den interessanten Figuren und der Story mit Tiefgang ein Lesehight !

Bewertung vom 14.03.2023
Caroline Märklin - Sie brachte Kinderaugen zum Leuchten, doch kämpfte um ihr eigenes Glück
Feyerabend, Charlotte von

Caroline Märklin - Sie brachte Kinderaugen zum Leuchten, doch kämpfte um ihr eigenes Glück


ausgezeichnet

Ein wunderbarer Roman von Autorin Charlotte von Feyerabend, der das Leben der Frau, die am Anfang des später weltweit agierenden Unternehmens Märklin stand, in einer sehr fesselnde Art beschreibt. Man merkt beim Lesen, wie tief die Autorin in die Materie eingedrungen ist, wie viel sie recherchiert hat, so konnte ich nicht nur sehr viel über das Leben und Wirken von Caroline Märklin erfahren, sondern auch über die damaligen Lebens- und Arbeitsumstände, insbesondere auch über die Rechte der Frauen (bzw. mehrheitlich das Fehlen dieser Rechte) und über die Entwicklung von Kinderspielzeug.


All dies hat Charlotte von Feyerabend in eine informative und fesselnde Geschichte gepackt. Dies ist keine Biographie im eigentlichen Sinne, sondern ein fiktiver Roman, der die umfangreich recherchierten Begebenheiten ausschmückt und somit zu einer anschaulichen und lebendigen Geschichte verarbeitet hat . Sehr gefallen haben mir auch die vorangestellten Zitate bekannter Persönlichkeiten, die vielen Anmerkungen zur Dokumentation, zu Dichtung und Wahrheit, mitsamt umfangreichen Quellenangaben. Alles zusammen vermittelt mir ein ziemlich gutes Bild der Frau, die ihrer Zeit weit voraus war, die als erste weibliche Handelsreisende und innovative Ideengeberin nicht nur Bewunderung hervorrief, sondern sich in einer von Männern dominierten Welt durchsetzen musste, was meistens nicht leicht war. Caroline Märklin hat für damalige Verhältnisse spät geheiratet, ihr Mann, der verwitwete Wilhelm Märklin hatte bereits zwei Töchter und eine eigene Firma, die Blechwaren herstellte. Gemeinsam haben sie weitere Kinder bekommen. Caroline war Anfangs Mutter und Ideengeberin, doch die Umstände machten sie zuerst zu einer Handlungsreisenden, der ersten weiblichen überhaupt. Sie stieß auf sehr viele Widerstände in der von Männern dominierten Handelswelt, auf Reisen und auch in ihrer Umgebung, genauso wie bei allen weiteren Entwicklungen, die sie in weitere leitende Verantwortung gebracht hat. Durch Charlotte von Feyerabends Roman habe ich daher nicht nur einen Blick auf die Anfänge der Firma Märklin nehmen können, sondern auch auf das Rollenbild und das Rollenverständnis der Frauen im 19. Jahrhundert in Deutschland.

Bewertung vom 14.03.2023
Das Buch - Schreib um dein Leben!
Walter, Patricia

Das Buch - Schreib um dein Leben!


ausgezeichnet

Autorin Patricia Walter hat mir spannende Lesestunden beschert. Ich mag den Schreibstil der Autorin unheimlich gern, sie schreibt sehr fesselnd und bildhaft. Psychologisch ausgefeilt geht es diesmal nicht vordergründig nicht um die Aufklärung von Morden (von denen aber einige hier in vielen verschiedenen Facetten beschrieben werden), sondern um eine Entführung und um das Überleben in Gefangenschaft.

Die Haupt-Protagonistin Kara Bender, die kurz vor der Veröffentlichung ihres neuen Thrillers steht, wird vom sogenannten Puppenmörder entführt. Er hatte erst eine Woche zuvor wieder brutal zugeschlagen und einen älteren Mann grausam ermordet. Seit Jahren tötet er anscheinend wahllos Männer und Frauen in relativ regelmäßigen Abständen in München und hinterlässt jedesmal am Tatort eine Puppe. Die Polizei rund um Ermittlerin Nadine Herfurth tappt im Dunkeln. Doch diesmal liegt der Fall anders, die Puppe wird in der Wohnung der Autorin gefunden, aber keine Leiche, was das ganze für die Ermittler brisanter macht und den Druck enorm erhöht. Was die Polizei nicht ahnt, ist, dass der Mörder Kara entführt hat und zwingt einen Roman über sein Leben zu schreiben. Dabei schreckt er vor keinem Mittel zurück, damit Kara gefügig bleibt.


In diesem Thriller geht es zwar auch um die Suche der Polizei nach dem Täter und nach Kara, vor allem aber um die Täter-Opfer-Beziehung. Aus Sicht von Kara erleben wir ihre Gefangenschaft in einem Kellerraum mit, ihre Gefühle, Gedanken, ihre Wut und Verzweiflung, aber auch ihren Überlebenswillen, der sie aufrecht hält. Man bangt und fiebert mit Kara mit und erfährt dabei die interessante Lebensgeschichte des Täters. Als Leser wird man dahin gebracht, sich selber mit Gefühlen über den Mörder auseinanderzusetzen. Da ist natürlich die Abscheu und das Unverständnis über seine grausamen Taten. Aber durch seine Geschichte, die er erzählt, schafft es Patricia Walter doch glatt, dass man auch hinter die Fassade blickt und plötzlich entdeckt, dass man auch so etwas wie Mitleid mit ihm empfindet. Dennoch fiebert man natürlich mit Kara mit. Durch geschickte Cliffhanger bei den Kapitelwechseln ist das Buch spätestens zur Mitte hin ein regelrechter Pageturner gewesen. Patricia Walter ist es gelungen, dass ich beim Lesen einen inneren Film vor Augen hatte, ich fühlte mich stets mittendrin im Geschehen!
Das Nachwort ist auch grandios! und wurde stimmig und witzig auf die Geschichte ausgerichtet.

Bewertung vom 20.02.2023
Ginsterhöhe
Caspari, Anna-Maria

Ginsterhöhe


ausgezeichnet

1919 kehrt Albert Lintermann aus dem Krieg in sein Heimatdorf Wollseifen in der Eifel zurück. Sein bester Freund ist gefallen, er selbst ist im Gesicht durch Granatsplitter furchtbar entstellt. Seine Frau Bertha kann ihn nur mit Grausen ansehen. Doch Albert ist keiner der aufgibt, voller Elan packt er die Arbeit auf dem elterlichen Bauernhof wieder an, setzt auf Modernisierungen und spielt mit dem Gedanken auf eine plastische Gesichtsoperation bei einem bekannten Kölner Chirurgen. Als Leser begleiten wir ihn und weitere Bewohner des Dorfes bei den Veränderungen während der 1920er bis zum Ende des 2. Weltkrieges.

1930 macht auch der politische Wandel vor dem Dorf nicht halt, Johann Meller, der Zugezogene, hat schon lange das Parteiabzeichen. Als Wollseifen auserkoren wird für den Bau der Ordensburg Vogelsang, rückt das Dorf ins Rampenlicht, was diesem schlussendlich zum Verhängnis wird, was aber noch keiner ahnt. Viele im Dorf freuen sich am Anfang über die gutbezahlte Arbeit beim Bau, andere sehen die Veränderungen des Dorfes, die damit einherschreitet, mit Sorgen. Auch der zweite Weltkrieg verändert das Dorfleben wieder radikal.

Anna-Maria Caspari hat es verstanden dem Dorf Leben einzuhauchen. Wollseifen und Vogelsang hat es wirklich gegeben, die Figuren sind allerdings fiktiv. Die Autorin hat es vor allem geschaft alles so darzustellen, dass man sich die damalige Zeit und das Leben in einem Dorf bildlich vorstellen kann und mitfühlen kann. Ein fesselnder und informativer Auftakt der Trilogie um den Untergang eines ganzen Dorfes. Dadurch, dass nicht alles fiktiv ist, sondern geschichtliche Ereignisse nur "Gesichter" bekommen haben, macht das ganze noch interessanter und bewegender. Dank Karte und Fotos im Klappeninnenteil, sowie einem informativen Nachwort wird Fiktion und Realität auch getrennt. Ginsterhöhe ist ein fesselnder historischer Familienroman, bei dem es neben Liebe, Glück und Leid, Gemeinschaft und Gegensätze, Krieg und Frieden auch um das alltägliche Leben und Schaffen geht.

Bewertung vom 20.02.2023
Prost, auf die Gaukler
Kalpenstein, Friedrich

Prost, auf die Gaukler


sehr gut

Wer ist auch ein Fan der Reihe um Hauptkommissar Tischler? Dies ist bereits der 6. Fall und diesmal gibt's ein Opfer auf dem Brunngrieser Volksfest. Der Volksmusiksänger Ron Goldinger wird mit einer Pfeil einer Armbrust erschossen. Tischler und sein Kollege Felix Fink ermitteln und tappen lange im Dunkeln.

Jeder Fall ist in sich abgeschlossen, aber mit gefällt es, dass auch das private Leben der Kommissare sich (weiter) entwickelt und andere Figuren aus Brunngries immer wieder in den Krimis auftauchen, wie alte Bekannte eben. Ob Tereza, der Ferstl, der Automechaniker Franz Steiner, Frau Kneidinger oder eben Dackel Resi. Die Dackeldame spielt in diesem Band sogar an vorderster Front mit, da Tischler sie in Obhut nehmen muss. Ich liebe die humorvollen Szenen, die amüsanten Gespräche, aber auch die Art und Weise, wie die Ermittlungen vonstatten gehen. Diese stehen auch diesmal - so finde ich fast- etwas mehr im Vordergrund. Aber dennoch, es gibt wieder einen Mordfall und diesmal ist der Schauplatz das Volksfest und das Milieu eines B-Promis. Hier erhascht man einen guten Blick hinter die glänzende Fassade. Man trifft als Leser dabei auf so einige, die als Verdächtige in Frage kommen und kann also fleißig miträtseln. Der Provinzkrimi (so bezeichnet ihn der Autor/Verlag) hat Mal wieder für einige humorvolle, interessante und abwechslungsreiche Lesestunden gesorgt.