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Benutzername: 
Fannie
Wohnort: 
Oelsnitz/Erzgebirge

Bewertungen

Insgesamt 153 Bewertungen
Bewertung vom 14.08.2014
Totenleuchten / Lappland-Krimi Bd.1
Nordin, Klara

Totenleuchten / Lappland-Krimi Bd.1


sehr gut

Lehrreicher Lappland-Krimi

Im schwedischen Teil Lapplands, am Polarkreis, erreichen die winterlichen Temperaturen nicht selten minus 30 Grad Celsius. Die faszinierenden Polarlichter wiegen die klirrende Winterkälte und die stetige Dunkelheit jedoch auf. Die Samen – das Urvolk Lapplands – allerdings behaupten, die farbigen Lichtstreifen am Himmel seien die Seelen der Toten und kein gutes Omen. Über der Kleinstadt Jokkmokk wabert dieser Tage Anfang Februar das Polarlicht in schillernden Farben. Und dann geschieht ein grausamer Mord, den das chronisch unterbesetzte Polizeikommissariat vor Ort mit Hilfe der neuen Hauptkommissarin Linda Lundin schnellstens aufklären will. Das allerdings ist kein leichtes Unterfangen, denn es gibt gleich mehrere Tatverdächtige und Motive. Außerdem deckt das Team während der Ermittlungen in der vermeintlichen Idylle Ungeheuerliches auf…

Mit ihrem Krimi-Debüt sorgt die unter dem Pseudonym Klara Nordin schreibende Autorin Mitte August für Frösteln und kalte Schauer auf den Rücken ihrer Leser. Die Deutsche lebt bereits seit 13 Jahren in Schweden. Ihren Heimatort Jokkmokk hat sie in “Totenleuchten” eiskalt in einen Tatort verwandelt. Genau das lässt den Krimi authentisch wirken. Mit ihren Schilderungen über das Leben, die Traditionen und den Aberglauben der Samen gewährt Klara Nordin lehrreiche Einblicke in das Leben dieses interessanten Volkes. Die gesellschaftlichen Spannungen zwischen Schweden und Samen lässt sie dabei nicht unerwähnt.

Obwohl “Totenleuchten” ein wenig zögerlich anläuft, erreicht dieses Buch doch rasch den Punkt, an dem man einfach manisch weiterlesen muss. Einige Eckpunkte der Geschichte sind zwar vorhersehbar, aber das Rätsel, wer das Opfer – einen 19-jährigen Jungen – an seinem Geburtstag bestialisch ermordet hat, wird erst am Schluss gelöst. Klara Nordin schreibt durchweg angenehm und ohne Längen. Ihre beeindruckenden Schilderungen von Land und Leuten katapultieren den Leser geradewegs in den hohen Norden. Auch ihre Charaktere, vor allem die Polizisten Linda, Bengt und Margareta sind präzise ausgefeilt. Sie alle haben an persönlichen Schicksalen zu knabbern, die zwar angesprochen, aber nicht zum Hauptthema gemacht werden. Für Auflockerung sorgen die alten Damen Josefina und Maja, die sich permanent streiten. Diese beiden sind eine echte Bereicherung für das Buch. Auf ein Wiedersehen mit den betagten Streithennen darf man hoffen, denn Klara Nordin schreibt bereits an einem zweiten Fall für das Ermittler-Trio Linda, Margareta und Bengt.

Fazit: Wer bei einer spannenden Krimierzählung voll nordischer Atmosphäre und mit charakterstarken Figuren eine fremde Kultur kennenlernen will, ist mit “Totenleuchten” sehr gut beraten!

Bewertung vom 22.07.2014
Großstadtgefühle
Plastargias, Jannis

Großstadtgefühle


gut

Unkompliziertes Jugendbuch über die erste schwule Liebe

Jonas erlebt zum ersten Mal die Höhen und Tiefen einer Liebesbeziehung: Er wohnt in Berlin, sein Freund Paul in München. Beide sehnen die gemeinsamen Treffen natürlich inbrünstig herbei. Doch im Alltag, wenn sich beide nicht sehen, begegnen ihnen allerhand Verlockungen und mitunter ist es schwer, ihnen nicht zu erliegen. So wird Jonas eines Tages mit der überraschenden Wahrheit konfrontiert, dass sich sein Kumpel Carl Hals über Kopf in ihn verliebt hat. Was nun?

Jannis Plastargias hat mit “Großstadtgefühle” einen Jugendroman geschrieben, in dem er den Zauber der ersten Liebe beleuchtet. Ein wenig tapsig bewegt sich seine Hauptfigur Jonas, aus dessen Perspektive die Geschichte erzählt wird, durch die Welt, der Kosenamen, Liebesschlösser, Sehnsucht, Sex, Zweifel und Eifersucht innewohnen. Durch tatsächlich existierende Orte, wie beispielsweise den legendären Berliner Club SchwuZ, stellt Jannis Plastargias in seinem Jugendbuch den Bezug zur Realität her. Als langgediente Schwulen-Mutti darf ich mir wohl außerdem das Urteil erlauben, dass die im Roman dargestellten Probleme und Sehnsüchte keinesfalls Vorurteile, sondern sehr nah an der Wirklichkeit dran sind.

Was mir allerdings weit weniger gefallen hat, sind die teils schwülstigen Dialoge und der Kosename “Geliebter”. Das erschien mir wirklich ziemlich dick aufgetragen.

Das Buch lässt sich flüssig lesen. Die Erzählweise besticht durch einfache, prägnante Sätze und versteigt sich nicht zu komplizierten Wortungeheuern – deshalb ist “Großstadtgefühle” meiner Meinung nach für Jugendliche ab 14 Jahren bestens geeignet. Das 172 Seiten umfassende Buch schreckt durch seinen geringen Umfang sicher auch Lesemuffel nicht ab.

Mein Fazit: Bei den Charakteren und den Dialogen gibt es aus meiner Sicht noch Luft nach oben. Alles in allem ist “Großstadtgefühle” aber eine mühelos zu lesende Erzählung, die einen sensiblen Jungen durch das Abenteuer der ersten großen Liebe begleitet, dabei realistische Einblicke in die schwule Welt gibt und auch das Thema Homophobie nicht ausklammert. Vielleicht gibt es Lehrerinnen und Lehrer, die für “Großstadtgefühle” ein Plätzchen im Literaturunterricht frei haben. Wünschenswert wäre es.

Bewertung vom 22.07.2014
Eifler Neid
Pistor, Elke

Eifler Neid


sehr gut

Tatort Eifel – Der 4. Fall für Ina Weinz

Tatort Eifel: In Patersweiher wird eine tote Frau am Straßenrand entdeckt. Ihr Körper weist seltsame Striemen auf, deren Herkunft sich niemand so recht erklären kann. Ina Weinz, die vor ihrer Versetzung auf’s Land bei der Kölner Mordkommission ihren Dienst verrichtete, und Judith Bleuler von der Bonner Mordkommission ermitteln. Doch sie suchen nicht nur nach dem Täter, sondern auch nach einer zweiten Leiche. Ein älteres Ehepaar hat nämlich bei einem Ausflug im Nationalpark ein Tötungsdelikt beobachtet, doch das Opfer ist unauffindbar. Kurz vor ihrem 50. Geburtstag geht es bei Ina Weinz also alles andere als beschaulich zu…

“Eifler Neid” ist bereits der vierte Band aus der Krimi-Reihe um Ina Weinz. Die Tatsache, dass ich die drei Vorgängerbände im Vorfeld noch nicht gelesen hatte, erwies sich als absolut unproblematisch. Ich war sofort Feuer und Flamme für das ungleiche weibliche Ermittler-Duo. Ina Weinz hat viele Sympathiepunkte kassiert: Eine solch toughe Frau, die manchmal die Regeln ein wenig großzügig auslegt, wenn es der Sache dienlich ist, dürfte sich wohl jeder im Kollegenkreis wünschen. Die junge Judith Bleuler hingegen ist sehr ehrgeizig, unterkühlt und distanziert. Einst Inas Praktikantin, ist sie nun die Leiterin der Ermittlungen. Das umgekehrte Rollenverhältnis bietet natürlich Konfliktpotenzial. Überhaupt sind die Figuren des Kriminalromans bewundernswert dreidimensional. Das gilt für das Ermittler-Team ebenso wie für die Nebendarsteller.

Die Story erzählt Elke Pistor aus drei verschiedenen Perspektiven, die für Abwechslung sorgen: Da ist die Geschichte zweier Schwestern, die ihr Glück im Westen suchen, der neutrale Erzähler und die persönliche Sichtweise von Ina Weinz. Das hat mir besonders gut gefallen.

“Eifler Neid” ist kein Buch, das den Leser um den Schlaf bringt oder aus dem das Blut nur so trieft. Dafür ist es ein handwerklich hervorragend gemachter Kriminalroman, der mit lebendigen Protagonisten punktet, sich einem durchaus umstrittenen gesellschaftlichen Thema sowie dem Neid – immerhin eine der sieben Todsünden – widmet und einige Überraschungsmomente bereithält.

Mehr will ich an dieser Stelle aber nicht verraten. Mir hat das Buch jedenfalls sehr gut gefallen. Und eins ist für mich nach “Eifler Neid” ganz klar: Ich will unbedingt mehr über Ina Weinz erfahren. Die drei Vorgängerbände landen deshalb postwendend auf meiner literarischen Wunschliste.

Bewertung vom 21.07.2014
Tampa
Nutting, Alissa

Tampa


ausgezeichnet

Sex mit minderjährigen Schülern: Wie weit darf ein Roman gehen?

Sie ist 26 Jahre alt. Sie ist außergewöhnlich schön. Sie ist Lehrerin. Und sie steht auf vierzehnjährige Jungen.

Was schockierend klingt, ist das, wonach die Lehrerin Celeste Price sich verzehrt: Sex mit ihren minderjährigen Schülern. Hühnerbrüstige, unerfahrene, neugierige Teenager. Ihr Mann Ford hingegen törnt sie ab. Ausschließlich die Tatsache, dass er finanziell gut situiert ist, lässt Celeste bei ihm bleiben. Ihre Lust lebt sie heimlich aus, allen voran mit ihrem Lieblingsschüler Jack. Doch auch die Tatsache, dass sie dabei mit äußerster Vorsicht zu Werke geht, täuscht nicht darüber hinweg, dass jedes ihrer ungesetzlichen Abenteuer eine tickende Zeitbombe ist, die von einem Moment auf den anderen explodieren kann – mit vernichtender Wirkung…

Das Buch “Tampa” von Alissa Nutting hat in den USA zu äußerst kontroversen Debatten geführt. Auch in den deutschen Medien wurde es bereits heiß diskutiert. Im Zentrum steht vor allem die Frage: Wie weit darf ein Roman gehen? Fakt ist, dass die Autorin mit ihrer Hauptfigur Celeste Price eine schillernde und ebenso faszinierende wie abstoßende junge Frau zur Erzählerin ihres 288-seitigen Romandebüts gemacht hat. Wer die Lehrerin auf die Adjektive “pädophil” und “nymphoman” reduziert, beleuchtet allerdings nur einen Bruchteil des vielfältigen Charakters der von Alissa Nutting entworfenen Figur. Denn Celeste Price ist manipulativ, kaltherzig, aber auch klug, schlagfertig und humorvoll. Und schon befindet man sich als Leser im inneren Zwiespalt, indem man sich die Frage stellt: Darf ich eine Frau, die Unzucht mit Minderjährigen treibt, selbst ansatzweise sympathisch finden?

Seitens der Medienvertreter wurde unter anderem die Frage aufgeworfen, wie es wohl für Alissa Nutting gewesen sein muss, sich beim Schreiben in eine pädophile Lehrerin hineinzuversetzen. Eine reichlich seltsame Frage, wenn man bedenkt, dass es zahllose Krimis und Thriller gibt, die aus der Sichtweise von Mördern geschrieben werden – und zuhauf gelesen werden, denn der Boom des Spannungsgenres ist ungebrochen. Insofern beantwortet sich die Frage, wie weit ein Roman gehen darf, für mich von selbst: Fiktion darf alles, so wie Gedanken alles dürfen. Ich lehne Pädophilie selbstverständlich strikt ab, ebenso wie Mord und Totschlag – und dennoch bin ich eine begeisterte Krimi- und Thriller-Leserin. Allerdings gibt es natürlich sowohl im Fall des Romans “Tampa” als auch bei Belletristik über Mörder durchaus Bezüge zur Realität.

Über dieses Buch lässt es sich vortrefflich streiten. Intensiven und derben Sexszenen mit 14-jährigen Jungen kommt darin eine große Bedeutung zu. Alissa Nutting bricht wortgewaltig Tabus und lässt Grenzen verschwimmen. Allerdings ist “Tampa” keinesfalls ein Roman, der sich aus Effekthascherei durch das Verbotene, bloße Pornografie und Provokation speist. Die Erzählung zeigt das glasklare Profil einer von ständiger Lust getriebenen Frau, die sich nimmt, was sie will, mit der Kombination aus Schönheit und Cleverness geschickt alle Register zieht und panische Angst vor dem Altern hat.

Die durchtriebene Celeste Price hat mich gefesselt wie selten eine Protagonistin zuvor. Diese Tatsache beweist, dass Alissa Nutting ihren Job hervorragend gemacht hat: Denn wie einfach wäre es, den Leser eine solche Frau einfach abscheulich finden zu lassen.

“Tampa” ist jedenfalls schon jetzt eines meiner literarischen Highlights des Jahres 2014. Das Buch mit dem vermeintlich so obszönen Cover hat mich erschreckt, schockiert, fasziniert, erstaunt und mitgerissen. Der Erzählstil ist schlichtweg großartig. Gleiches gilt für die Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch, den Fortgang der Handlung und den besonders gegen Ende stetig ansteigenden Spannungsbogen.

Ich wünsche diesem mutigen Buch viele Leser, die sich ungeachtet des Presserummels ihr eigenes Bild davon machen.

Bewertung vom 23.06.2014
Einer da oben hasst mich
Seamon, Hollis

Einer da oben hasst mich


ausgezeichnet

Eine Liebeserklärung an das Leben

Richard ist 17, verknallt in Sylvie und Fan von Black Sabbath. Ein ganz normaler Teenager also – mit dem Unterschied, dass Richard und Sylvie im Hospiz leben. Sie wissen, dass ihre Zeit begrenzt ist und lassen es deshalb an diesem so ernsten Ort sehr zum Ärger des Pflegepersonals gerne richtig krachen. Manchmal aber reicht die Kraft der beiden Teens nicht einmal dafür, aufzustehen. Dann sind sie zwei kahlköpfige hilflose Wesen, die der Krebs voll im Griff hat. Doch so leicht ergeben sich Richard und Sylvie nicht…

Die US-Autorin Hollis Seamon hat mit “Einer da oben hasst mich” ein mutiges Thema für ein Jugendbuch gewählt: Den nahenden Tod zweier Teenager, die doch das ganze Leben noch vor sich haben sollten. Ihre Hauptfigur Richard, der gleichzeitig der Erzähler ist, wirkt anfangs ziemlich cool und abgebrüht. Doch Seite um Seite dringt man als Leser näher in das Seelenleben des Jungen vor. Dabei merkt man, dass seine Fassade nichts als ein Schutzschild ist. Er ist bemüht, seine Mutter aufzuheitern und ihm tut es sogar leid, dass er sie mit seiner Krankheit derart belastet. Auch vor den Pflegern und Schwestern gibt er mit gelegentlichem Sarkasmus oft den lässigen Typen. Doch in seinem Inneren hat er Angst, Todesangst. Im Laufe des Buches habe ich Richard liebgewonnen. Er ist nämlich ein sensibler und charmanter Typ, der sich niemals selbst bemitleidet. Deshalb ist “Einer da oben hasst mich” auch keine Herzschmerz-Geschichte, bei der pausenlos die Tränen kullern, sondern eine von einem starken Jungen schnoddrig erzählte Liebeserklärung an das Leben. Oft hatte ich einen Kloß im Hals bei Richards messerscharfen und schonungslosen Betrachtungen. Hochinteressante und sehr real wirkende Figuren um den Protagonisten herum, schockierende Situationen, in denen mit den Angehörigen die Nerven durchgehen, die Beziehung zu Sylvie und so manche witzige Situation machen aus “Einer da oben hasst mich” ein großartig erzähltes und ganz besonderes Buch, in das man von der ersten Silbe an regelrecht hineingezogen wird. Und wie das bei allen guten Büchern so ist: Leider war es viel zu schnell gelesen.

Die Frage nach der Altersempfehlung würde ich mit mindestens 15 Jahren beantworten. Einerseits ist das Hauptthema selbst für Erwachsene harte Kost. Zum anderen schildert Richard deutlich einige prickelnde Sexszenen. Das Thema Drogen wird am Rand gestreift.

Wer also auf der Suche nach einem tiefgreifenden, schonungslosen und emotionalen Jugendroman ist, der ohne Kitsch auskommt, wird von “Einer da oben hasst mich” angetan sein und dieses Buch nicht so schnell vergessen.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.06.2014
Radiergummitage
Pielhau, Miriam

Radiergummitage


sehr gut

Zum Lachen, zum Weinen und zum Nachdenken

Neu unter den Autoren ist Moderatorin Miriam Pielhau ("taff") keineswegs: Nach ihrer Brustkrebserkrankung 2008 schrieb sie das vielbeachtete Buch “Fremdkörper”. Mit "Radiergummitage" legt die 39-Jährige nun ihren ersten Roman vor. Schon das Cover ist ein echter Hingucker – ein knallrotes strukturiertes Strickherz, mit Liebe selbstgemacht von Sarah Kuttner ("Mängelexemplar"). Doch der Inhalt des Buchs ist mindestens genauso schön: Maja Pauly ist Schauspielerin am Braunschweiger Theater, Single und hat eine absolute Hass-Zahl: Die 35. Unschön, dass sie in Kürze ausgerechnet ihren 35. Geburtstag feiert. Sie beschließt, jeden Monat eine ganz besondere Mission zu absolvieren, um der gefürchteten 35 dennoch ein wenig Gutes abzugewinnen: Neues wagen, etwas, das sie vorher noch nie ausprobiert hat. Darunter sind vergleichsweise einfache Dinge, wie etwas zu säen, aber auch echt harte Prüfungen stehen ihr bevor. Wie gut, dass Maja mit ihrer Adoptiv-Omi Lina eine kluge und liebenswerte Freundin an ihrer Seite weiß, denn die 85-Jährige lehrt Maja eine ganze Menge über das Leben.

Zugegeben, es hat ein wenig gedauert, bis ich mit dem Buch im Allgemeinen und Hauptakteurin Maja im Besonderen warm geworden bin. Miriam Pielhau schreibt außergewöhnlich – mit einer großen Portion Umgangssprache, zuweilen rotzig und temporeich. Aber irgendwann platzte bei mir der berühmte Knoten – ich hatte mich an den Schreibstil gewöhnt und konnte "Radiergummitage" so richtig genießen. Miriam Pielhau pflastert ihre Geschichte mit teilweise schrillen Charakteren, aber auch mit Personen, die man sofort ins Herz schließt – allen voran die betagte Lina Abendstern. Einzigartig und unverwechselbar sind sie jedenfalls alle. Viel Humor und allerhand aberwitzige Begebenheiten unterhalten den Leser wunderbar. Vor allem aber birgt dieser Roman eine ebenso simple wie eindrucksvolle Botschaft in sich: Nämlich, dass man sich die Neugier auf das Leben bewahren sollte. "Radiergummitage" hat mich überrascht, denn hinter diesem Buch steckt keine seichte Unterhaltungsliteratur. Miriam Pielhau erzählt, verborgen hinter Witz und Kurzweil, gekonnt eine kluge Story, die nachdenklich macht.

Die Missionen, die Maja sich vornimmt, hat Miriam Pielhau übrigens alle selbst absolviert. Und es mag auch mehr als ein Zufall sein, dass die Protagonistin die selben Initialen wie die Autorin trägt. Wie autobiografisch "Radiergummitage" also ist, weiß allein Miriam Pielhau. So oder so hat sie jedenfalls einen warmherzigen Roman geschrieben, den ich gern allen weiterempfehle, die beim Lesen ebenso gerne lachen wie weinen.

Bewertung vom 14.03.2014
Abgründig
Strobel, Arno

Abgründig


sehr gut

Spannung für sämtliche Altersklassen: Der erste Jugendthriller von Erfolgsautor Arno Strobel

Im Bergcamp Grainau trifft Tim aus Saarbrücken auf den selbstbewussten Ralf (18) aus München. Dieser überredet Tim und ein paar andere Teilnehmer dazu, aus dem Camp abzuhauen und eine ganz private Bergtour in Richtung Zugspitze zu unternehmen – mit ihm als Bergführer. Früh am Morgen machen sich die Teenager auf den Weg und betreten über die Höllentalklamm die Berge. Doch plötzlich schlägt das Wetter um. In den aufkommenden Sturm mischt sich peitschender Regen und schließlich ein Gewitter. In einer einsamen Berghütte finden die Jungen und Mädchen zwar Unterschlupf vor dem bedrohlichen Unwetter. Aber dort wartet eine neue, viel perfidere Bedrohung auf sie…

Arno Strobel war bisher für Erwachsenenthriller bekannt, die die Bestsellerlisten im Sturm eroberten – wie beispielsweise “Der Sarg” und zuletzt “Das Rachespiel”. Mit “Abgründig” legt der Erfolgsautor aus dem Saarland nun seinen ersten Jugendthriller vor. Die Geschichte spielt in den Bergen Garmisch-Partenkirchens. Bildgewaltig beschreibt Arno Strobel die Gebirgslandschaft und das heraufziehende Unwetter. Durch seine detaillierten Schilderungen findet sich der Leser quasi mitten im Geschehen wieder. Die jugendlichen Protagonisten sind unterhaltsam-bunt zusammengewürfelt und charakterlich sehr verschieden. Das führt immer wieder zu Konflikten und Auseinandersetzungen, die für die Story das Salz in der Suppe sind. In einem gutem Tempo geht die Geschichte voran: Langeweile Fehlanzeige! Bis zum Schluss hält Arno Strobel die Spannung aufrecht. Dadurch, dass der Autor den Spannungsbogen auf der psychologischen Ebene anstelle von blutigem Gemetzel aufbaut, eignet sich der Thriller bestens für unter 18-jährige Jugendliche. Trotzdem werden erwachsene Thriller-Fans sich von “Abgründig” ebenso gut unterhalten fühlen – auch, wenn die drastischen Szenen gegenüber den bisherigen Büchern von Arno Strobel um einiges entschärft sind.