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Elisabeth

Bewertungen

Insgesamt 112 Bewertungen
Bewertung vom 15.09.2018
Nie zu alt für Casablanca
Frank, Elisabeth;Homma, Christian

Nie zu alt für Casablanca


sehr gut

Gero Valerius, Ina-Marie, Eleonora und Rüdiger – das sind die V.I.E.R. Als Kinder schon als Vierergespann Verbrechern auf der Spur, haben sich nach dem Abitur aus den Augen verloren. Als Rüdigers Frau stirbt, beschließt Ina, die V.I.E.R. wieder zu reaktivieren, um den Trauernden aufzumuntern. Alle beißen an, und da kommt ihnen der Tod des Immobilienmaklers Schlüter gerade recht. Kurz vor seinem Tod hat der eine Kreuzfahrt unternommen, seit der sich eine Elfenbeinstatuette in seinem Besitz befindet. Unverzüglich machen sie sich auf den Weg, dem illegalen Elfenbeinhandel Einhalt zu gebieten. Der Fall führt die V.I.E.R. auf eine turbulente Kreuzfahrt durch den Mittelmeerraum.
Gerahmt wird die eigentliche Romanhandlung von Prolog und Epilog.
Ziehen die V.I.E.R. am Anfang los, um ein Delikt, nämlich den illegalen Elfenbeinhandel, zu untersuchen, nimmt der Fall bald größere Dimensionen an und unverhofft kommen sie einem Pharmaskandal auf die Spur. Obwohl die beiden Fälle an sich nicht miteinander zusammenhängen, gelingt es Frank und Homma sehr gut, die Fäden so miteinander zu verweben, sodass die Handlung am Ende ein Großes, Ganzes ergibt.
Von Anfang an baut sich ein Spannungsbogen auf, den die Autoren durch Verfolgungsjagden aufheizen und nicht selten durch Pannen, die den Amateurdetektiven immer wieder unterlaufen, unterbrechen, um anschließend erneut Fahrt aufzunehmen. Auch an falsch gelegte Spuren, die immer wieder in die Irre führen, fehlt es nicht. Was so als Spaß beginnt, endet schließlich in einem lebensbedrohlichen, fulminanten Showdown, das dem Leser den Atem raubt.
Gleich zu Beginn werden die Protagonisten recht detailliert beschrieben, sodass der Leser sie sich bildlich vorstellen kann. Dabei zeigen sie sehr menschliche Züge, sind auch mit Schrullen, Ecken und Kanten versehen, was sie zu sympathischen Zeitgenossen macht, in denen sich der Leser wiederfinden kann. Doch auch einen dramaturgischen Effekt haben die unterschiedlichen Charakterisierungen, sorgen sie doch immer wieder für humoristische Elemente im Geschehen, wenn z.B. Rüdiger und Gero aufeinander lossticheln und Elli trotz aller Wirren sich dem Sightseeing und Shopping widmet. Dabei sind die Figuren jedoch keineswegs auf bestimmte Charakterzüge festgelegt, was sich bspw. zeigt, wenn ein ansonsten ruppiger Gero Mitleid an den Tag legt. Umso erfreulicher ist es, dass die V.I.E.R. sich am Ende zu einem eingeschworenen Team mausern, in dem jeder für jeden einsteht, jeder seine ihm eigenen Wesensmerkmale für das gemeinsame Ziel einsetzt, und so selbst die brisantesten Situationen meistert.
Wie es bei einem Kreuzfahrtkrimi nicht anders sein sollte, erhält der Leser fast kostenlose Führungen durch Städte des Mittelmeerraums und erfährt viel Wissenswertes über den Alltag auf einem Kreuzfahrtschiff. Beides spricht für eine gewissenhafte Recherche der Autoren. Teilweise erschienen mir die Beschreibungen beim Lesen ein wenig langatmig, doch haben sie stets ihren Sinn und Zweck im Handlungsverlauf.
Franks und Hommas Sprache ist locker, leicht und flüssig zu lesen, was es dem Leser ermöglicht, sich voll und ganz dem Geschehen zu widmen und ihn vor keinerlei Verständnisprobleme stellt.
Der Epilog am Ende sowie der immer wieder geäußerte Wunsch der Detektive nach weiteren Fällen lassen auf eine Fortsetzung dieser Romanreihe hoffen. Potenzial dazu gibt es jedenfalls.
Insgesamt handelt es sich bei diesem Werk um einen witzigen Krimi, der mir so manche vergnügliche Lesestunde bereitet hat, ohne dass es an Spannung fehlte. Gerade am Ende konnte ich den Krimi gar nicht mehr aus der Hand legen. Allen, die neben Spannung auch Humor von einem Krimi erwarten, kann ich dieses Buch ohne zu zögern empfehlen. Die Lektüre lohnt sich auf jeden Fall.

Bewertung vom 11.09.2018
Beweg dich! Und dein Gehirn sagt Danke
Macedonia, Manuela

Beweg dich! Und dein Gehirn sagt Danke


ausgezeichnet

Das 181-seitige Sachbuch „Beweg dich! Und dein Gehirn sagt danke. Wie wir schlauer werden, besser denken und uns vor Demenz schützen“ der Neurowissenschaftlerin Manuela Macedonia ist 2018 bei Brandstätter erschienen.
Nach einer knappen Einleitung, in der Macedonia von ihre eigenen Erfahrungen mit Gedächtnis- sowie Konzentrationsproblemen berichtet und knapp auf deren Ursachen eingeht, widmet sie sich der Arbeits- und Funktionsweise des Gehirns. Ist dieser Teil eher theoretisch gehalten, erläutert sie im Anschluss daran, was wir praktisch tun können, um unser eigenes Gehirn bei seiner Arbeit zu unterschützen, zu aktivieren und funktionstüchtig zu halten. Am Ende des Buches gibt es ein Quellenverzeichnis, das das Geschriebene belegt.
Wie der Titel schon erahnen lässt, geht es hier natürlich in erster Linie um das große Thema der (aeroben) Bewegung. Doch auch Schlafmangel, Stress, Ernährung und Alter beeinflussen unser Gehirn und seine Arbeit. Wie diese sich auf unterschiedlichen Altersstufen auswirken und sich mit Hilfe der Bewegung regulieren lassen, bildet das Herzstück dieses Werkes.
Insbesondere die theoretischen Abhandlungen dieses Buches werden durch zahlreiche Abbildungen illustriert, was auch Laien und denjenigen, die sie das erste Mal mit diesem Thema beschäftigen, das Begreifen ermöglicht. Außerdem führt die Autorin zahlreiche Versuche ins Feld, die das Geschriebene untermauern; der Leser erhält so Einblick in die praktische Arbeit der Hirnforschung. Eigene, teils sehr persönliche Erfahrungsberichte geben darüber hinaus das Gefühl des sich Wiederfindens und -erkennens.
Der Leser wird in diesem Buch immer wieder direkt angesprochen und dadurch zum Nach- und Mitdenken sowie zum Heranziehen eigener Erfahrungen animiert, sodass dieses Buch zugleich zu einem „persönlichen“ werden kann. Die Sprache ist gut verständlich, Fachbegriffe werden erklärt und etymologisch hergeleitet, was wiederum das Verstehen unterstützt.
Die Ausstattung des Buches ist qualitativ und ästhetisch hochwertig. Die durchgehend harmonische Farbgestaltung mit Gelbtönen versprüht eine positive Grundstimmung, die einzelnen Kapitel sind klar voneinander abgegrenzt und wichtige Begriffe hervorgehoben. Dieses vereinfacht das Lesen und anschließende Nachschlagen, man wird das Buch entsprechend immer wieder gern in die Hand nehmen wollen.
Auch wenn ich vieles, was ich in diesem Buch gelesen habe, schon vorher wusste und kannte, hat es mir doch neue Einsichten in die Notwendigkeit von Bewegung und Ernährung – gerade auch in Hinsicht auf die „Gehirnpflege“ - geboten. Menschen, die im pädagogischen Bereich arbeiten und ihren Eleven beim Lernen helfen möchten, bietet dieses Werk gute Argumentationsgrundlagen; Selbiges gilt für Eltern. Menschen, die sich mit dem Thema Demenz auseinandersetzen, kann dieses Buch ebenso eine große Hilfe sein. Ich habe es jedenfalls mit großem Interesse gelesen, werde meinen Nutzen daraus ziehen und kann die Lektüre allen nur wärmstens empfehlen.

Bewertung vom 10.09.2018
Das Ludwig Thoma Komplott / Hauptkommissar Tom Perlinger Bd.2
Vöhringer, Sabine

Das Ludwig Thoma Komplott / Hauptkommissar Tom Perlinger Bd.2


ausgezeichnet

Bei Sabine Vöhringers Münchenkrimi „Das Ludwig Thoma Komplott“ handelt es sich um den zweiten Band aus der Tom Perlinger-Reihe. Das Buch ist im September 2018 beim Gmeiner-Verlag erschienen und umfasst 342 Seiten.
Um ihren Verlag aus den roten Zahlen zu führen, spielt Julia Frey mit dem Gedanken, ein aus dem Nachlass ihres Vaters stammendes, bisher unveröffentlichtes Ludwig Thoma-Manuskript herauszugeben. Darin stößt sie auf Hinweise auf eine nie geklärte Serie an Prostituiertenmorden aus den 60ern. In ihrer Not bittet sie ihren Freund Tom Perlinger, Beamter bei der Kripo, um Hilfe. Doch bevor es zu einem Treffen kommt, wird Julia auf offener Straße niedergeschossen. Perlinger und sein Team nehmen die Ermittlungen auf, die sie weit in die Münchener Vergangenheit zurückführen.
In dem einleitenden Prolog schildert die Autorin, wie Claas, Perlingers ehemaliger Kollege, einen Anschlag auf diesen zu verüben versucht. Nach einem Zeitsprung in die Gegenwart treten weitere Sachverhalte zu Tage. Anschlag, Ludwig Thoma, lange zurückliegende Prostituiertenmorde, Immobiliengeschäfte, Russenmafia – wie passt das alles zusammen? Das fragen sich Leser und Ermittler über lange Strecken dieses Romans. Und je weiter der Leser im Lesen voranschreitet, desto verwirrender scheinen die einzelnen Handlungsstränge zu werden, was einerseits für einen sich stetig aufbauenden Spannungsbogen sorgt, andererseits zum immerwährenden Miträtseln veranlasst und von Zeit zu Zeit in die Irre führt. Während man noch daran zweifelt, dass die einzelnen Fäden am Ende zusammengeführt werden können, gelingt es Sabine Vöhringer mit einem fulminanten Ende, diese miteinander zu verweben, sodass der Roman schließlich ein Rundes, Ganzes ergibt. Der Epilog am Ende lässt auf eine Fortsetzung der Perlinger-Reihe hoffen.
Die doch recht große Zahl an Protagonisten erscheint zu Beginn recht unübersichtlich und es dauert eine Zeitlang, bis sich der Leser hier zurechtfindet. Deshalb wäre es gut gewesen, dem Krimi eine Liste mit den wichtigsten Charakteren voranzustellen, um die Orientierung zu erleichtern. Positiv sei hervorgehoben, dass die Handelnden sehr detailliert beschrieben werden, weshalb man sie förmlich vor Augen hat.
Wie es sich für einen Lokalkrimi gehört, erhält der Leser eine quasi kostenlose Stadtführung durch die bayerische Landeshauptstadt, werden doch alle für diesen Krimi wichtigen Orte plastisch geschildert. Ferner erfährt man viel Wissenswertes über die Münchener Geschichte sowie, vor allem, über den Schriftsteller Ludwig Thoma. Insbesondere zur Auseinandersetzung mit seiner Satire „Ein Münchener im Himmel“, die in diesem Krimi eine wichtige Rolle spielt, motiviert diese Lektüre.
Vöhringer Sprache ist flüssig zu lesen, aber auch auf ein gewisses Maß an sprachlichem Lokalkolorit verzichtet die Verfasserin nicht, wenn ein Protagonist sich doch einmal im Münchener Dialekt äußert. Perspektivwechsel werden sinnvoll eingesetzt, um die Spannung aufrechtzuerhalten, und vor allem der Kripobeamte Mayrhofer sorgt zudem das ein oder andere Mal für ein Auflachen in diesem Roman.
Das Cover zeigt ein herrschaftliches Gebäude aus der Münchener Altstadt im Abendlicht und fügt sich somit stilvoll in das Gesamtkonzept dieses Romans ein.
Insgesamt liefert Sabine Vöhringer mit dem Ludwig Thoma-Komplott einen spannenden und unterhaltsamen Kriminalroman, mit Hilfe dessen der Leser im Nebenbei zahlreiche Einsichten in die Münchener Geschichte(n) und ein paar kurzweilige Lesestunden erhält. Dieses war der erste ihrer Romane, den ich gelesen habe, aber bestimmt nicht der letzte. Von mir gibt es für dieses Buch eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 09.09.2018
Escape Room - Nur drei Stunden
McGeorge, Chris

Escape Room - Nur drei Stunden


sehr gut

Dem Roman ist ein Prolog in der Ich-Form vorangestellt, in dem ein Junge seinen toten Mathelehrer findet. Nach einem Sprung in die Gegenwart, 25 Jahre später, beginnt die eigentliche Handlung, die jedoch immer wieder durch Rückblenden in die Vergangenheit unterbrochen wird. Insgesamt spielt der Roman auch recht vielen verschiedenen Zeitebenen, die jedoch logisch miteinander verknüpft sind und durch ein „Vorher“ angekündigt werden, sodass es dem Leser keinerlei Schwierigkeiten bereitet, dem Handlungsgeschehen zu folgen. Im Zentrum des Geschehens stehen das Eingeschlossensein in einem Raum sowie das Schicksal der beiden ehemaligen Schulfreunde Morgan Sheppard und Eren alias Kace Carver.
Zu Beginn werden die „Mitspieler“ vorgestellt, wobei jedoch ein Hauptcharakter, eben Carver, fehlt. Diese Personenliste hilft, sich während des Lesens zurechtzufinden, dient aber wohl eher der Dramaturgie, da die Anzahl der Protagonisten doch sehr überschaubar ist.
Morgan Sheppard erscheint anfangs eher als ein Antiheld, der tief im Drogensumpf steckt und vor Selbstüberschätzung nur so strotzt. Doch im Laufe des Geschehens wird er sich seiner Schwächen und Fehler bewusst, was Anlass zur Hoffnung gibt, dass er am Ende wirklich geläutert ist.
Sein Gegenspieler, Eren Carver, macht hingegen die entgegengesetzte Entwicklung durch: Präsentiert er sich anfangs als kluger, vom Schicksal gebeutelter Junge, wird nach und nach sein wahres Ich, das meiner Meinung nach auch nicht mehr mit seiner tragischen Kindheit zu entschuldigen ist, offenbar. Interessant ist, dass er, der seinen Kontrahenten zugrunde richten will, damit genau das Gegenteil bewirkt und ihn am Ende über sich hinauswachsen lässt.
Anhand Morgans Karriere als TV-Star wird in diesem Roman auch immer wieder Kritik am Medien- und Showwesen geübt, das, sieht man hinter die Kulissen, sich als Lug und Trug entpuppt, wie Personen wie Morgan oder sein Manager beweisen. Doch auch das Publikum von sog. „Realityshows“ kommt sehr schlecht weg, wenn es z.B. als „Lynchmob“ bezeichnet wird.
McGeorges Sprache ist einfach und lässt sich flüssig lesen. Gerade zu Beginn des Werkes zeigt der Autor jedoch, dass er sprachliche Mittel gezielt anwenden kann, wenn er den sich aufbauenden Spannungsbogen durch kurze und fragmentarische Sätze intensiviert.
Meiner Meinung trifft die Bezeichnung „Thriller“ auf diesen Roman nur bedingt zu, ich würde ihn eher als Spannungs- oder Entwicklungsroman mit Thrillerelementen bezeichnen, da m.E. eben die Entwicklung der Protagonisten, teils über viele Jahre hinweg, im Zentrum steht und über weite Strecken einfach der „Thrill“ fehlt. Auch ist die Lösung des Falls schnell vorhersehbar, was ebenfalls auf Kosten der Spannung geht. Dennoch habe ich dieses Buch mit großem Interesse gelesen und kann es allen empfehlen, die einmal einen „etwas anderen Thriller“ lesen wollen.

Bewertung vom 06.09.2018
Mörderinnen
Bartel, Veikko

Mörderinnen


ausgezeichnet

Jedes einzelne Strafverfahren ist ein Abbild der Welt, in der wir leben.
Veikko Bartels 233-seitiges Sachbuch „Mörderinnen. Fälle aus der Praxis eines Strafverteidigers“ ist im August 2018 bei Mosaik erschienen.
Frauen morden anders als Männer: grausamer, hinterhältiger. Und noch etwas unterscheidet sie von männlichen Tätern: Sie haben einen längeren Leidensweg hinter sich, bis sie diesen letzten Schritt wagen. Doch was ist es, was sie dazu veranlasst? Anhand von vier realen Strafprozessen gegen Mörderinnen, einer Kindsmörderin, einer Gattenmörderin, einer Sadistin und einer Giftmörderin, spürt Bartel in seinem Werk dieser Frage nach.
In seinem Vorwort diskutiert Bartel die Frage, ob es eigentlich das Böse und Moral an sich gebe, und kommt dabei zu dem Schluss, dass eine Tat nie unabhängig von der Gesellschaft gesehen werden darf. Daraus folgt, dass es, unabhängig von der Schwere der Tat, eines Anwalts bedarf, der die persönliche Schuld des Angeklagten als Grundlage für die Strafzumessung zu bestimmen versucht. Vor Gericht wird nicht die Tat, sondern der Mensch verteidigt, was ein Eintauchen in dessen Biographie unabdingbar macht.
Die vier Fälle, anhand derer Bartel die Wege dieser Mörderinnen nachzeichnet, könnten unterschiedlicher nicht sein, finden sich doch unter ihnen alle Bildungsschichten, verschiedene Nationalitäten und Tötungsarten. Doch eines haben alle diese Berichte gemeinsam: Bartel schafft es auf ansprechende Art und Weise die Frauen, die hinter diesen Taten stehen, als Menschen zum Vorschein kommen zu lassen, die mit Monstern, als die gerade Täter/innen grausamer Verbrechen gerne dargestellt werden, nur bedingt etwas gemeinsam haben. Dieses gelingt ihm dadurch, dass er stets eine sachliche Distanz wahrt und auf voyeuristische Darstellungen verzichtet. In den Berichten kommen unterschiedliche Perspektiven zum Tragen, was das Lesen abwechslungsreich macht und je eine eigene Atmosphäre erzeugt.
Zwar stehen die individuellen Schicksale dieser Frauen im Mittelpunkt, doch erhält der Leser auch Einblicke in gerichtliche Verfahren und die Ermittlungsarbeit. Außerdem scheut der Autor nicht vor der Äußerung eigener Befindlichkeiten zurück, was stellenweise den Leser trotz allem zum Schmunzeln verleitet – wohl nicht die schlechteste Art, sich mit dem Schrecklichen, das man vor Augen hat, zu arrangieren und letztlich nicht daran zu verzweifeln. Zudem wird auch nicht vergessen, die Rolle der Presse kritisch zu hinterfragen.
Bartels Sprache ist schnörkellos und angenehm zu lesen, auf Fachjargon verzichtet er, sodass der Leser sich voll und ganz auf die „Geschichten“ und die Biographien der Frauen konzentrieren kann. Dieses wiederum motiviert, über Selbige nachzudenken und vielleicht auch einmal selbst eine andere Perspektive einzunehmen.
Das Cover ist schlicht gehalten und entspricht dem Thema des Buches: Auf dem weißen Hintergrund sieht der Betrachter lediglich eine verwischte Lippenstiftspur, die zugleich etwas Weibliches und Böses oder „Verruchtes“ übermittelt.
Insgesamt gelingt es Bartel mit „Mörderinnen“, einen wirklich faszinierenden Einblick in diese Menschen zu geben und zum Nachdenken anzuregen, ja beim Leser sogar ein Mitfühlen hervorzurufen. Nachdem ich einmal mit dem Lesen angefangen hatte, mochte ich die Lektüre kaum unterbrechen, enthält sie doch – trotz aller Tragik – auch einen Unterhaltungswert. Ein Buch, das ich allen, die sich einmal mit realen Verbrechen beschäftigen möchten, wärmstens empfehlen kann.

Bewertung vom 03.09.2018
Jules Verne
Junkerjürgen, Ralf

Jules Verne


sehr gut

„20.000 Meilen unter dem Meer“ oder „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ – Wer kennt diese Werke nicht? Wer ist nicht schon einmal mit Jules Verne in fremde Welten gereist? Mit seiner neuen Biographie über den Erschaffer all dieser Werke legt Ralf Junkerjürgen ein Werk vor, dass Vernes Leben vor dem Hintergrund der Zeit-, Literatur- und Lebensgeschichte beschreibt.
Die Aufteilung dieser Verne-Biographie in drei Teile (Kindheit und Anfänge, Hauptschaffensperiode, weitere Jahre und Alltag eines Schriftstellers) ist logisch und praktikabel. Im Anhang befinden sich zudem eine Zeittafel, die auch geschichtliche Ereignisse beinhaltet und somit die historische Einordnung der Ereignisse erleichtert, ein Werkverzeichnis und Literaturangaben gefolgt von einem Personenregister.
Im Zentrum dieser Lebensbeschreibung steht weniger Vernes privates Leben, sondern sein Werk, allem voran seine „Außergewöhnlichen Reisen“, die wohl zu den berühmtesten, bei Leibe aber nicht einzigen seiner allein 65 Romane zählen. Da diese in ein pädagogisches Konzept eingebettet waren, unternimmt der Verfasser Exkurse in Bereiche wie „Erziehung und Schulsystem im Frankreich des 19. Jahrhunderts“ und legt großen Wert darauf, Vernes Werke als „Wissenschaftsromane“ von der „Science-Fiction“, als Vorläufer Letzterer werden seine Bücher ja gern gesehen, abzugrenzen.
Überhaupt greift Junkerjürgen immer wieder auf große Verne’sche Romane zurück, um an ihnen Vernes Menschen- und Weltbild, das tief in seiner gutbürgerlichen und christlichen Biographie verwurzelt war, zu manifestieren. Für Leser, die in den Romanen dieses Franzosen nicht allzu bewandert sind, sind die zahlreichen Zusammenfassungen eine gute Hilfe beim Lesen und wecken das Interesse, sich näher mit den Erzählungen zu beschäftigen.
Wendet man sich Vernes persönlichem Schicksal zu, fällt auf, dass der Beziehung zu seinem Sohn Michel, der auch die posthumen Werke herausgegeben hat, ein relativ großer Raum beigemessen wird. Mag dieses anfangs verwundern, so begründet der Herausgeber es damit, dass Vernes Leben doch zum großen Teil von Vater-Sohn-Beziehungen geprägt war. Schließlich hat Verne sich auch als „bürgerlicher Schriftsteller“ verstanden, dem nicht allein daran lag, seine künstlerischen Ambitionen auszuleben, sondern auch seinen Pflichten der Familie, seinem Verlag und der Gesellschaft gegenüber nachzukommen. In diesem Zusammenhang erhält der Leser auch Einblick in Vernes Arbeitsweise, die ebenfalls eng an sein Pflichtgefühl gebunden war.
Nicht zuletzt unternimmt Junkerjürgen eine Einordnung des Verne’schen Werkes in die Literatur(geschichte) des 19. Jahrhunderts, indem er auf Autoren eingeht, die Verne inspiriert haben, aber auch auf Zeitgenossen, mit denen Verne in mehr oder weniger enger Verbindung stand. Welchen Einfluss die nationale und Weltgeschichte mitsamt ihren technischen Neuerungen und Herausforderungen auf die schriftstellerische Tätigkeit hatte, verliert der Biograph ebenfalls nicht aus den Augen und wartet mit einem großen Schatz an Informationen auf.
Warum Verne bis in 20. Jahrhundert nichts an seiner Faszination verloren hat, stellt der Verfasser anhand der Rezeptionsgeschichte im Film dar: Seine Bücher boten Filmemachern immer wieder Anreize, neue Technologien und Effekte auszuprobieren, was Verne zu einem auch heute noch präsenten Vertreter der französischen Literatur macht.
Zahlreiche Illustrationen - vor allem die Originalzeichnungen aus den französischen (Erst-)Ausgaben - begleiten diese Biographie und vermögen, das Geschriebene sowohl zu veranschaulichen als auch zu konkretisieren.
Junkerjürgens Schreibstil ist zwar etwas anspruchsvoller, aber dennoch sehr verständlich.
Insgesamt liefert die hier vorliegende Biographie ein umfassendes Bild dieses großen französischen Schriftstellers und seiner Zeit. Denjenigen, die gewillt sind, sich mit Vernes Schaffen und Werken näher zu beschäftigen, wird die Lektüre dieser Biographie zahlreiche Einsichten und Denkanstöße bieten.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.08.2018
Hildegards Schatzkiste
Hildegard von Bingen

Hildegards Schatzkiste


ausgezeichnet

Lass nun ab von der Unruhe deines Herzens und gönne dir Ruhe.

„Hildegards Schatzkiste. Kräuterwissen, Rezepte und Heilsames für die Seele“ ist eine kleine, 144-seitige Anthologie mit Texten und Gedanken der Heiligen Hildegard von Bingen, herausgegeben von Maria Regina Kaiser und 2018 im Herder Verlag erschienen.
Nach einem kurzen Vorwort und einer Einführung in Hildegards Leben und Wirken begegnet der Leser Hildegards originalen Abhandlungen zu verschiedenen Lebensbereichen, z.B. „Mensch, Gott und Welt“ oder „Männer und Frauen“, darüber hinaus werden auch Ratschläge für „Pädagogen, Politiker, Manager und Eheleute“ gegeben. Natürlich fehlt auch nicht die Unterweisung in eine gesundheitsfördernde Lebensführung und Ernährung, abgerundet durch Rezepte, die so gewählt sind, dass man sie selbst leicht nachkochen kann. Ergänzt wird das Büchlein durch religiöse Lieder, Gebete und Gedanken sowie eine Literaturangabe. Die Herausgeberin führt, zum besseren Verständnis für den Leser, in knappen, verständlichen Worten in die einzelnen Kapitel ein.
Es ist faszinierend, Hildegards Ausführungen zu folgen: Erscheinen uns einige zunächst ein wenig altbacken und kindlich, zaubern uns sogar hier und da ein Lächeln auf die Lippen, obgleich sie im zwölften Jahrhundert den neusten Erkenntnissen entsprachen, zeugen andere von einer zeitlosen Aktualität und regen uns auch heute noch zum Nachdenken an. Dieses wiederum bezeugt, dass Maria Regina Kaiser die Texte mit Bedacht aufgewählt hat.
Ein Schmuckstück ist dieses kleine Werk zudem aufgrund seiner liebevollen Gestaltung und Farbgebung, die – genau wie Kaisers kürzlich erschienene Romanbiografie über Hildegard von Bingen – ganz von der „Grünkraft“ durchzogen ist und schon rein vom Äußeren her positiv stimmt.
Insgesamt ist dieses Buch eine lesenswerte und kurzweilige Einführung in Hildegards Denken und Wirken für diejenigen, die einmal in das Werk dieser großen Nonne „hineinschnuppern“ wollen, oder die auf der Suche nach einem originellen Büchergeschenk sind.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.08.2018
Wölfe im Münsterland
Gronover, Sabine

Wölfe im Münsterland


sehr gut

Ein Wolf gibt sich nicht mit einer toten Ziege zufrieden, und er kommt nicht allein.
Sabine Gronovers Kriminalroman „Wölfe im Münsterland“ ist 2018 im KBV-Verlag erschienen und umfasst 359 Seiten.
Die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland - von Tierschützern und Naturliebhabern euphorisch gefeiert, von anderen kritisch und ängstlich beäugt. Ein Thema, das hierzulande immer wieder, wenn dieses Raubtier neue Reviere für sich erobern will, für heftige Kontroversen sorgt. Sabine Gronover ist es gelungen, die Argumente der Befürworter und Gegner in diesen Krimi informativ, spannend und unterhaltsam zugleich einzuflechten.
Als Mirela Schulze Brinkhoff dann auch noch die Prophezeiung „Ein Wolf gibt sich nicht mit einer toten Ziege zufrieden, und er kommt nicht allein. Die wirklich gefährlichen Wölfe folgen erst noch.“ (S. 27) ausstößt, baut sich ein Spannungsbogen auf, der den Leser bis zum Ende nicht mehr loslässt. Aufrechterhalten wird die Spannung nicht zuletzt dadurch, dass immer wieder neue Motive und Verdachtsmomente auftauchen, die Ermittler und Leser nicht zur Ruhe kommen lassen und jedes Mal neue Fragen aufwerfen. Dieses lässt diesen Roman zu einem rasanten Leseerlebnis werden.
Im Zentrum der Geschichte steht jedoch die Frage, welches Geheimnis Mirela Schulze Brinkhoff wohl hütet. Erscheint Mirela anfangs einfach nur als gut situierte Witwe eines Großbauern, die auf dem Hof ihren Lebensabend verbringt und – wie im Münsterland noch heute üblich - hilft, wo sie nur kann, rückt sie durch die allmähliche Preisgabe neuer Informationen aus ihrer persönlichen Geschichte mehr und mehr in den Fokus des Geschehens. Dadurch, dass dieses zum großen Teil durch die Wiedergabe ihrer Gedanken geschieht, ist der Leser auf weiten Strecken des Romans den Protagonisten an Wissen voraus. Dieses tut der Spannung trotzdem keinen Abbruch, lässt die Lösung des Rätsels doch nach einem dramatischen Finale bis zum Schluss auf sich warten.
Die im Titel erwähnten Wölfe begleiten den Roman in mehrerlei Hinsicht: Natürlich als das leibhaftige Raubtier, doch auch als Symbol für das Böse, was schon in Mirelas Vorhersage angedeutet wird. Darüberhinaus lässt Mirelas Herkunft aus den Karpaten, in denen Aberglaube noch heute weit verbreitet ist, natürlich auch den Wolf als mythisches Wesen nicht aus dem Blickfeld.
Dem Roman fehlt es zudem nicht an humoristischen Elementen, die zum großen Teil der Tierphobie des Kommissars Schmitt entspringen. Doch auch ansonsten konstruiert die Verfasserin immer wieder Szenen, die beim Leser ein Lächeln auf die Lippen zaubern.
Gronovers Sprache ist schnörkellos und leicht zu lesen. Von Zeit zu Zeit tauchen Nebenschauplätze auf, z.B. im Privatleben des Bürgermeisters Tillmann, die mit der eigentlichen Handlung nichts zu tun haben. Sollte es von diesem Buch Nachfolgeromane geben, ist dieses ein meiner Meinung nach durchaus sinnvolles Vorgehen, sorgt es doch für eine durchgehende Handlungsebene. Bei einem Einzelband hätte die Autorin darauf meines Erachtens aber besser verzichten sollen, um so den Handlungsverlauf geradliniger verlaufen zu lassen, fehlt es ja ansonsten nicht an Überraschungsmomenten und Sackgassen in diesem Buch.
Das Cover des Buches ist im Vintage-Stil gehalten und zeigt einen großen Wolfskopf vor münsterländischer Land

Bewertung vom 17.08.2018
Hildegard von Bingen
Kaiser, Maria Regina

Hildegard von Bingen


ausgezeichnet

Die von Maria Regina Kaiser verfasste Romanbiografie „Hildegard von Bingen. Die mächtigste Frau des Mittelalters“ ist 2018 im Herder Verlag erschienen und umfasst 255 Seiten.
Die Autorin greift in ihrem Werk prägnante reale und fiktive Szenen aus Hildegard von Bingens Leben auf, verwebt sie zu einem einheitlichen Ganzen und kommt so Faszination und Geltung, die diese Nonne bis heute innehat, auf die Spur.
Gegliedert ist das Buch in ein „Vorspiel“, das ein Gespräch zwischen der Äbtissin Hildegard und ihrer Stellvertreterin Ida wiedergibt, in dem es um ein Interdikt geht, das über Hildegards Kloster verhängt wurde. Daran schließen sich drei „Bücher“ an, in denen Hildegards Leben mit ihrer Lehrerin Jutta von Sponheim, ihre eigene Tätigkeit als Magistra auf Disibodenberg und schließlich ihr Wirken als Äbtissin auf dem Rupertsberg beschrieben werden. Den Abschluss des Buches bilden historische Materialien und Grundlagen zur Biographie.
Als erstes fällt beim Lesen auf, dass ein anderes Bild von Hildegard von Bingen als das gängige gezeichnet wird. Ist Hildegard von Bingen heute in erster Linie als Kräuterfrau und Diätratgeberin bekannt, spielt dieser Aspekt hier nur eine nebengeordnete Rolle: Zwar tritt er als „Grünkraft“, was hier das Leben und Gottes Wirken auf Erden an sich umfasst, und in der Funktion Hildegards als Heilerin immer wieder auf, in der Mitte des Buches findet sich auch eine Bildtafel mit Heilkräutern, jedoch nimmt die Verfasserin andere Aspekte des Hildegardschen Lebens in den Fokus:
Schon im einleitenden „Vorspiel“ wird Hildegard als selbstbewusste, willenstarke Frau dargestellt, die ihrem eigenen Weg folgt, sich sogar dem Willen der Obrigkeit widersetzt und entsprechend auch von ihren Mitstreiter/innen durchaus kritisch betrachtet wird. Dieses Motiv zieht sich durch den ganzen Roman, was allerdings ein sich Erinnern an die eigenen Grenzen und Unzulänglichkeiten durch Hildegard nicht ausschließt, wenn sie sich selbst immer wieder als „Asche und Moder“ oder „vergänglichen Staub“ beschreibt.
Dass Hildegards Visionen der Autorin sehr wichtig sind, kann man dem Einstieg in ihre Lebensgeschichte entnehmen, da hier gleich mit einer Vision, der Vorhersage des Todes des Onkels, begonnen wird. Diesen Visionen wird im ganzen Buch auch großer Raum eingeräumt, sogar das letzte Kapitel ihrer Lebensgeschichte endet mit einer: der ihres Todes.
Ein dritter Aspekt, der das ganze Buch begleitet, ist Hildegards Krankheit. Auch diese wird schon gleich zu Beginn beschrieben und taucht im Laufe der Lektüre immer wieder auf, besonders an prägnanten Stellen, in denen es um Hildegards Weiterentwicklung geht. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Krankheit, wie im Mittelalter durchaus verbreitet, als „Gottes Sprache“ verstanden wird: Immer dann, wenn Hildegard ein Problem gelöst hat, verbessert sich auch ihr gesundheitlicher Zustand. Im Anhang des Buches findet man hierzu auch nähere Ausführungen.
Eingeflochten in den Roman sind wiederholt historische Hintergründe, die es dem Leser erleichtern, das Gelesene zu verstehen und einzuordnen: So erfährt der Leser ganz im Nebenbei Wissenswertes über das Leben im mittelalterlichen Kloster, die Einstellung des Adels zum Klosterleben vs. Familienleben oder auch die Kreuzzüge. Hintergrundwissen, dass man nicht allgemein voraussetzen kann, wird im Anhang erläutert.
Kaisers Sprache ist flüssig und gut zu verstehen, hat jedoch auch den Anspruch, dem Thema und der Zeit zu genügen, indem ausgewählte und der damaligen Zeit angemessene Ausdrücke (z.B. Magistra, Matutin) verwendet werden.
Originalquellen entnommene Sequenzen sind kursiv gedruckt, was dem Lesenden einen noch authentischeren Eindruck von der historischen Hildegard und ihren Lebensumständen vermittelt. Selbiges vermögen zudem die recht zahlreichen Abbildungen, die das Werk illustrieren.
Insgesamt handelt es sich bei Maria Regina Kaisers Romanbi

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.