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Top-Rezensenten Übersicht

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Barbara
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Remscheid

Bewertungen

Insgesamt 178 Bewertungen
Bewertung vom 25.10.2022
Connemara
Mathieu, Nicolas

Connemara


gut

Es geht um zwei völlig verschiedene Charaktere, die sich in der Mitte des Lebens Wiedertreffen und eine Affäre beginnen.
Da ist zum einen Hélène, ehrgeizige und erfolgreiche Unternehmensberaterin, verheiratet und Mutter zweier Töchter, großes Haus, schöne Reisen. Nach einem Burnout erfolgt der Umzug in die Provinz und trotz des Ortswechsels bleibt bei Hélène ein Gefühl der Leere, der Unzufriedenheit und der Erschöpfung. Mühsam hat sie sich aus der Mittelschicht heraus gekämpft, hin zu den Schönen und Reichen, mitleidig herabblickend auf die weniger Erfolgreichen. Und doch ist sie nun mit 40 unglücklich, unerfüllt und auf der Suche nach einer Affäre.
Und da kommt Christophe in ihr Leben - wieder muss man sagen, denn sie kennt ihn aus ihrer Jugend. Der ehemalige Eishockeyspieler lebt getrennt von seiner Frau, kümmert sich um seinen zunehmend dementen Vater und verbringt möglichst viel Zeit mit seinem Sohn. Er hat das kleinbürgerliche Leben nie verlassen, arbeitet als Hundefutterverkäufer, ist bodenständig geblieben.
Nicolas Mathieu zeigt hier die Klassenunterschiede und das Streben nach Aufstieg in Frankreich auf. Sein Roman um die gänzlich verschiedenen Charaktere von Hélène und Christoph ist immer wieder sehr politisch.
Für mich hatte die Geschichte jedoch Längen, zudem konnte ich mich mit beiden Charakteren nicht wirklich identifizieren. Der Schreibstil ist sehr schön, aber der Inhalt konnte mich nicht voll überzeugen.

Bewertung vom 15.10.2022
Der Fußgänger
Boning, Wigald

Der Fußgänger


sehr gut

In diesem Buch erfährt man viel über zwei Dinge: Wigald Boning und das Wandern. Der Mann mit dem lustigen Namen ist im Fernsehen sehr präsent, als Comedian, Moderator, Quiz-Teilnehmer und Sänger. In "Der Fußgänger" gibt er tiefe Einblicke in sein Privatleben, seine Familie, seine Vorlieben und Abneigungen. Und eine seiner großen Leidenschaften ist eben das Wandern, über das er sehr humorig schreibt. Untermalt von vielen Fotos erleben wir einen Mann, der gerne unkonventionelle Ideen in seinem Wandervogel-Leben umsetzt. Egal ob er mit Zylinder, mit Holzschuhen, mit Schulranzen oder mit Flipflops unterwegs ist, Spaß muss einfach sein. Auch grenzwertige Aktionen, in denen er sich in Gefahr begibt, beschreibt er lustig und unterhaltsam. Dabei ist sein Schreibstil nicht platt und unter die Gürtellinie sondern offenbart einen intelligenten und lustigen Menschen, der seinen Humor und seine Leidenschaft gekonnt zu Papier bringt.
Das sehr schöne und hochwertig gestaltete Cover macht dieses Buch zum idealen Geschenk für Wanderfreunde und Fans von Wigald Boning.

Bewertung vom 10.10.2022
Lektionen
McEwan, Ian

Lektionen


sehr gut

Als der 11jährige Roland Baines von seinen Eltern alleine nach England ins Internat geschickt wird ändert sich sein Leben von Grund auf. Die sexuellen Übergriffe seiner Klavierlehrerin verändern sein gesamtes Leben, begleiten ihn durch das Erwachsenwerden und seine Ehe. Erst als seine Frau Alissa ihn und den kleinen Sohn verlässt beginnt er, dieses prägende Erlebnis zu hinterfragen und aufzuarbeiten.
Deutlich seltener als der Missbrauch von Männern an Mädchen ist es hier fast unfassbar zu lesen, wie die Musiklehrerin den jungen Schüler verführt, dominiert und missbraucht. Tatsächlich fragt man sich, wie Rolands Leben verlaufen wäre ohne dieses prägende Erlebnis, das ihn nicht nur einen guten Schulabschluss gekostet hat. Auch dass es hier mal um einen alleinerziehenden Vater mit allen Sorgen und Nöten geht, der seinem Sohn erklären muss, warum die Mutter von einem Tag auf und davon ist um sich selbst zu verwirklichen, macht diesen Roman eher ungewöhnlich.
Schreiben kann der Mann einfach - Ian McEwan versteht es, das Leben von Roland als 11jährigen bis in die heutige Zeit mit großartigen Worten zu beschreiben, seine Zerrissenheit, seine Unsicherheit, seine Lebensumstände. Dabei ist dieses Buch für die Leser*innen gleichzeitig eine Zeitreise durch die Geschichte der letzten 70 Jahre. Egal ob die Kubakrise, die deutsche Wiedervereinigung, Tschernobyl oder Corona - zusammen mit Roland Baines erleben wir die Weltpolitik auf 700 Seiten. So interessant dieser Roman ist, ich hätte mir doch manchmal eine etwas kürzere Fassung gewünscht, deshalb auch der eine Stern Abzug. Thematisch und stilistisch eine absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 26.09.2022
Bullauge
Ani, Friedrich

Bullauge


sehr gut

Kay Oleanders Leben nimmt nach einem Anschlag bei einer Demonstration eine traurige Wende. Der Polizist wurde durch den Wurf einer Flasche so schwer verletzt, dass er ein Auge verliert. Auf der Suche nach den Schuldigen lernt er Silvia Glaser kennen, die selber versehrt ist und mit seiner Hilfe den geplanten Anschlag einer rechtspopulistischen Partei verhindern möchte.
In Friedrich Anis Roman steht die Person des Polizisten Kay Oleander im Mittelpunkt: Seine Verlorenheit, seine Selbstvernichtung, Selbsttäuschung und Selbstverachtung. Dazu leidet er unter dem Umgang seiner Mitmenschen mit ihm, geprägt von Mitleid und hohlen Phrasen. Einzig sein Nachbar Gustav sagt ihm schonungslos die Wahrheit, hält ihm einen Spiegel vor und versucht, Kay aus seiner Lethargie zu reißen. Es gelingt Ani hervorragend, die Gefühlswelt eines Menschen darzustellen, dessen Leben sich plötzlich durch äußerliche Gewalt komplett verändert hat. Auch als er Silvia Glaser kennen lernt, die er im Verdacht hat, an seiner Verletzung Schuld zu sein, ist die Beziehung geprägt von Überforderung, Unsicherheit und Misstrauen. Sie erkennt seine Qualen, auch durch ihre eigene Versehrtheit: "Ich schau durch dich hindurch wie durch ein Bullauge, und alles, was ich seh, ist ein schwarzes Meer."
Der kriminale Anteil dieses Buches, die Vereitelung eines Attentates der rechten Szene, tritt hinter den menschlichen Aspekten deutlich zurück. Obwohl die Spannung im letzten Drittel deutlich Fahrt aufnimmt und in einem überraschenden Ende gipfelt.
Ani gibt in diesem Roman außerdem viele Einblicke in das Leben von Polizisten, ihren Berufsalltag, die psychische und physische Belastung in diesem Beruf.
Der Schreibstil ist typisch für Friedrich Ani, anspruchsvoll, oft leicht ironisch, trotzdem sehr gut und unterhaltsam zu lesen.
Ein brandaktuelles Thema verbunden mit der Verarbeitung eines Schicksalsschlages - eine anspruchsvolle Lektüre und auf jeden Fall empfehlenswert.

Bewertung vom 17.09.2022
Schlangen im Garten
vor Schulte, Stefanie

Schlangen im Garten


sehr gut

Die Familie Mohn trauert um Mutter Johanne. Der kleine Micha fühlt sich vor allem verloren, seine Schwester Linne wütend, Bruder Steve versucht sich zu kümmern und Vater Adam ist einfach von allem überfordert. Doch wie lange darf man trauern, bekommt man Verständnis von Lehrern, Nachbarn, Vermietern? Und wie darf diese Trauer aussehen, wie geht man damit um, dass nichts mehr so ist wie es war?
Stefanie vor Schulte befasst sich mit diesen Themen auf eine etwas surreale Art und Weise. Die Personen, die sich in ihrem Roman zusammen finden, sind alle Außenseiter der Gesellschaft, alle verbindet dabei eine Geschichte mit der verstorbenen Johanne. Und diese Geschichten sind teilweise etwas fantastisch, beschreiben aber viele Facetten der Toten. Und sie helfen den Familienangehörigen, in ihrer Trauer wieder zueinander zu finden und nicht einzeln unter zu gehen. Denn jede Erinnerung kann zu einer Geschichte werden und jede Geschichte zu einer Erinnerung.
Mit Argusaugen überwacht wird die Familie Mohn von einem Mitarbeiter des Traueramtes, der grundsätzlich Menschen nicht mag. Denn irgendwann ist es in der Umgebung vorbei mit Mitleid und Verständnis für die Trauernden. So überspitzt diese Figur auch dargestellt ist zeigt sie doch auch den Umgang in unserer Gesellschaft mit Tod und Trauer. Neben Mitgefühl dominieren nicht selten Hilflosigkeit, Sensationsgier und Unverständnis auf scheinbar irrationales Verhalten von Trauernden.
Der Schreibstil ist ausgefallen, die kurzen Sätze sehr aussagekräftig und intensiv. Für meinen Geschmack sind manche Geschichten ein wenig zu fantastisch, deshalb einen Stern Abzug.
Fazit: Ein besonderer Roman zu einem Thema, das alle Menschen betrifft. Egal, ob sie selber einen Verlust zu betrauern haben, oder ob sie ihren Umgang mit Trauernden hinterfragen können.

Bewertung vom 24.08.2022
Das neunte Gemälde / Lennard Lomberg Bd.1
Storm, Andreas

Das neunte Gemälde / Lennard Lomberg Bd.1


ausgezeichnet

Der Kunstexperte Lennard Lomberg wird unfreiwillig in einen Mord verwickelt, der Tote hatte ihn kurz vorher kontaktiert mit der Geschichte um ein verschwundenes Gemälde. Um aus dem Visier des eingeschalteten BKA zu gelangen muss Lomberg sich auf die Suche nach dem Gemälde machen und taucht tief in die Deutsche Geschichte der Beutekunst und die Vergangenheit seiner eigenen Familie ein.
"Das neunte Gemälde" von Andreas Storm geht deutlich über einen normalen Krimi hinaus. Hier steht nicht der Mord an 1. Stelle, sondern eine gut recherchierte Geschichte im Kunstmilieu. Man erfährt als Leser nicht nur etwas über berühmte Maler wie Picasso, Braque und Derain, sondern auch über unterschiedliche Stilrichtungen in der Malerei und vor allem über den Handel mit Kunst. Das Buch ist auf drei Zeitebenen angelegt: 1943 im 2. Weltkrieg wird die Geschichte der Beutekunst erzählt, 1966 die Verstrickung von Lombergs Vater und 2016 die Geschichte von Lennard Lomberg selber. Doch der Autor schickt den Leser nicht nur auf eine Zeitreise, sondern dabei auch auf eine Kunstreise durch verschiedene Länder, wie zum Beispiel nach Deutschland, Schweiz, Frankreich, und Großbritannien. Dabei tauchen viele verschiedene Charaktere auf, aber alle drei Handlungsebenen greifen gut ineinander und lesen sich sehr interessant und auch spannend.
Dieses Buch bildet den Auftakt zu einer mehrteiligen Krimi-Serie um den Kunstexperten Lennard Lomberg.
Ein sehr empfehlenswerter Krimi für Leser*innen, die nicht nur an Mord und Ermittlungen dazu interessiert sind, sondern auch Wert auf mehr Hintergrundgeschichte und Anspruch legen.

Bewertung vom 14.08.2022
Die Köchinnen von Fenley
Ryan, Jennifer

Die Köchinnen von Fenley


sehr gut

Großbritannien 1942, in dem kleinen Dorf Fenley versuchen vier Frauen, ihr Schicksal zu meistern. In einem Kochwettbewerb treten sie gegeneinander an um Co-Moderatorin in einer Radiosendung der BBC zu werden. Sie beginnen als Einzelkämpferinnen und erfahren, wie wichtig Freundschaft gerade in schweren Zeiten ist.
Es sind vier völlig verschiedene Charaktere, die hier an der gleichen Front kämpfen. Die Kriegswitwe Audrey mit ihren drei Söhnen ist geprägt von Trauer um ihren Mann und Geldsorgen, sie repräsentiert die typische starke Frau, die alles tut, um ihre Kinder zu beschützen. Ihre Schwester Gwendolyn steht für die Oberschicht, arrogant und überheblich landet ihre Ladyschaft sehr abrupt im wirklichen Leben. Die Küchenmagd Nell verkörpert perfekt das schüchterne und herumgeschubste Waisenkind, in dem viel mehr steckt. Und die selbstbewußte und egoistische Zelda lebt einen ersten Funken von Emanzipation in ihrem Streben nach einem Beruf, der für Frauen völlig untypisch war.
Freundschaft und Zusammenhalten in schweren Zeiten ist das zentrale Thema in diesem Roman. Hier wird auch dem "schwachen" Geschlecht mit ihrer Stärke und ihrem beherzten Handeln im Krieg ein Denkmal gesetzt. Mir gefällt, dass die Geschichte einen wahren Hintergrund hat. Die abgedruckten Kochrezepte zwischen den Kapiteln lesen sich interessant und manchmal ein bisschen verrückt, auf jeden Fall zeugen sie von Kreativität. Gerade in der aktuellen Zeit kommt vielleicht Rezepten in Krisenzeiten noch eine größere Bedeutung zu.
Für meinen Geschmack sind die Charaktere ein bisschen zu klischeehaft dargestellt und die ganze Geschichte ist recht vorhersehbar. Aber dieses Buch von Jennifer Ryan ist sehr unterhaltsam und hält, was Titel und Cover versprechen.
Vielleicht kein Buch mit extremem Tiefgang aber sehr gute Unterhaltung, eher ein Frauenbuch.

Bewertung vom 08.08.2022
Denk ich an Kiew
Litteken, Erin

Denk ich an Kiew


sehr gut

Illinois 2004: Cassie versucht nach einem Jahr noch immer, über den Unfalltod ihres Mannes hinweg zu kommen und sich dabei um ihre kleine Tochter zu kümmern. Sie zieht zu ihrer hilfsbedürftigen Großmutter, die zunehmend verwirrter wird, schlafwandelt, Lebensmittel versteckt und Selbstgespräche führt. Durch ein Tagebuch erfährt Cassie die Geschichte ihrer Großmutter Katja, die unter Stalins Terror-Regime in der Ukraine aufwuchs und in ihrem Kampf ums Überleben viele Schicksalsschläge hinnehmen musste.

Die Geschichte Katjas ist die eigentlich wichtige Handlung in diesem Buch, das die Leser*innen sehr berührt. Es ist zutiefst grausam über den Tod durch Aushungern zu lesen, über das Leiden der Menschen, die vielen Tote. Und doch ist da auch immer wieder ein Funke Hoffnung im täglichen Überlebenskampf.

"Denk ich an Kiew" wird von Erin Litteken in zwei Ebenen erzählt: die Geschichte von Cassie, 2004 - 2007 und von Katja, 1929 - 2004. Dabei hat die Geschichte von Cassie relativ wenig Tiefgang, ist durch einige Klischees geprägt und recht vorhersehbar. Die Kapitel wechseln sich ab und das ist auch gut so, denn ansonsten könnte man die beschriebenen Gräueltaten in Katjas Leben kaum ertragen. Aber so hat man als Leser*in immer wieder eine Verschnaufspause und das Ergebnis ist erstaunlich überzeugend. Beide Lebensgeschichten weisen gewisse Parallelen auf, aber verglichen mit ihrer Großmutter relativieren sich Cassies Probleme schnell.

Die Autorin hat die Geschichte ihrer eigen Großmutter in diesem Roman verarbeitet, wenn sie auch nach eigenen Angaben sich ein paar dichterische Freiheiten genommen hat. Aber man merkt beim Lesen, dass dieses Thema ihr eine Herzensangelegenheit ist und somit ist die Figur der Katja auch sehr authentisch dargestellt.

Vor dem Hintergrund von Stalins Terror-Regime gegenüber der Ukraine wird der aktuelle Konflikt noch dramatischer. Was muss es gerade für die alten Menschen bedeuten, diesen Krieg zu durchleiden.
Eine unbedingte Leseempfehlung, einziger Punktabzug für die in meinen Augen etwas zu seichte Geschichte von Cassie.

Bewertung vom 05.08.2022
Aufbruch
Blum, Susann

Aufbruch


gut

Elly wird zusammen mit 2 Jugendlichen und einem Kind bei der Familie Bling wie Sklaven gehalten. Als allen Kindern gemeinsam die Flucht gelingt beginnt ihr Leben in Freiheit, ist jedoch geprägt durch Ängste, finanziellen Sorgen und ihren nicht immer unkomplizierten Beziehungen zueinander.
Die Cover aller drei Bände über Elly Ka sind wunderschön gestaltet und auch die Titel lassen auf eine schlüssige Abfolge schließen.
Elly ist eine ganz besondere junge Frau, die sich auch in der Gefangenschaft stets eine gewisse Aufmüpfigkeit erhalten hat. Sie ist die zentrale Person in der Gemeinschaft, von ihr gehen die meisten Ideen aus und trotz ihrer Jugend fragen die anderen sie um Rat. Gut gelingt es der Autorin Susann Blum, Ellys ambivalenten Gefühle darzustellen, ihren Drang nach Freiheit und Eigenständigkeit, die ersteLiebe, die Aufarbeitung der Vergangenheit. Ihre Fähigkeit, nicht lebende Personen zu sehen, hätte es für meinen Geschmack nicht unbedingt gebraucht - hier driftet die Geschichte ein bisschen zu sehr in Fantasy ab. Auch kommen mir die anderen Charaktere nicht wirklich realistisch vor: Lenny als grübelnder Einzelgänger mit Hochbegabung, Pietro der sich als Freund Hals-über-Kopf den Jugendlichen anschließt, Freya mit ihrem Organisationszwang.
Ich vermute, dieses Buch ist eher für Jugendliche gedacht, obwohl es nicht unter der Rubrik Jugendliteratur läuft. Die Sprache ist eher schlicht gehalten, hauptsächlich kurze Sätze. Etwas irritierend für mich die Überschriften der Kapitel, die alle aus einem Auszug des jeweiligen Kapitels bestehen.
Kein schlechtes Buch aber mich persönlich hat es nicht ganz erreicht.

Bewertung vom 01.08.2022
Der Geruch von Wut
Clima, Gabriele

Der Geruch von Wut


sehr gut

Ein Unfall hat Alex Leben von Grund auf verändert: sein Vater ist dabei gestorben, seine Mutter durch Narben entstellt und körperlich beeinträchtigt. Er selber fühlt vor allem Wut auf den Unfallgegener, ihn möchte er unbedingt finden und ihn büßen lassen für Alex Verluste. Doch die Suche nach Vergeltung lässt ihn falsche Entscheidungen treffen mit schlimmen Konsequenzen.

Gabriele Clima versteht es geschickt, dieses heiße Eisen in eine spannende und einfühlsame Geschichte für Jungendliche zu verarbeiten. Er beschreibt die Wut des Jungen sehr eindringlich und als Leser*in kann man nachvollziehen, wie schnell aus blossem Gerede und Macho-Allüren bitterer Ernst werden kann. Die Zerrissenheit von Alex wird sehr gut dargestellt, ebenso wie die Liebe seiner Mutter. Eine interessante Wendung gibt zudem noch einen Gefühls-Kick im Verlauf der Handlung.

Der Schreibstil ist geprägt von kurzen Sätzen und ebensolchen Kapiteln, hier hätte ich mir etwas mehr sprachliche Ausgefeiltheit gewünscht. Nichts wird emotional überfrachtet oder haarklein beschrieben, die Sätze sind knapp und konsequent auf den Punkt. Das gilt für die beschriebenen Gewaltszenen genauso wie für die Träume von Alex oder die liebevolle Beziehung zu Mutter und Tante.

Ein eindringliches Buch mit alktueller Thematik, erschreckend realistisch.