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Juti
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Insgesamt 631 Bewertungen
Bewertung vom 18.07.2023
Tobias Mayer
Knubben, Thomas

Tobias Mayer


ausgezeichnet

Über die Wissenschaft im 18. Jahrhundert

Viel Neues habe ich in dieser Biografie über Tobias Mayer erfahren. Der gebürtige Marbacher musste sich sein Wissen selbst beibringen, da er früh seine Eltern verlor. Aufgewachsen ist er in Esslingen am Neckar, wo das Wunderkind den ersten Stadtplan zeichnete. Wissenschaftskritisch stellte er selbst fest, dass im dabei Ungenauigkeiten unterliefen, die sich an den Rändern auf über 100 Metern (Einheit aus heutiger Zeit) summierten.

Da über das Leben von Tobias Mayer wenig bekannt ist, beschäftigt sich das Buch auch mit den Fragen zu seinen wissenschaftlichen Themen. So ist der Mythos von der flachen Erde erst durch die Biografie von Washington Irving über Christoph Kolumbus 1828 und hat erst Anfang des 20. Jahrhunderts Einzug in die Schulbücher gefunden. Irving wollte damit vor allem die Kirche kritisieren.
Witzig ist auch, dass der französische König Ludwig XIV. 1684 bemerkte, dass die „Kartierung ihn mehr Land gekostet habe als ein Krieg.“ (97)

Doch zurück zu Tobias Mayer, der von Nürnberg an die junge Universität Göttingen berufen wurde. Dort forschte er eher im Stillen, hatte aber ständigen Briefkontakt mit Leonard Euler, der in Berlin wirkte und wurde Privatlehrer vom Arabienreisenden Carsten Niebuhr. Mayer erforschte die Mond­bahn so genau, dass sie sich zur Kartografie und zur Lösung des Längengradproblems eignete.

Weil ich vieles nicht wusste: Bestnote 5 Sterne.

Bewertung vom 15.07.2023
Der Traum des Beobachters
Genazino, Wilhelm

Der Traum des Beobachters


schlecht

Lesenswert hieß das Magazin, Insa Wilke die Kritikerin, die dieses Buch vorstellte. Doch den Warnungen der jüngsten Kritikerin zum Trotz, sie sei schwer reingekommen, wollte ich es lesen. Wilhelm Genazino lebte schließlich auch mal in Heidelberg.


Nach dem ersten Jahr, 1972 glaube ich, hatte ich aber den Eindruck nur die Reste zu lesen, die der Autor nicht in seinen Romanen verwenden konnte und legte es aus der Hand. 1 Stern

Bewertung vom 13.07.2023
Gentleman über Bord
Lewis, Herbert Clyde

Gentleman über Bord


sehr gut

leichte Unglücksnovelle

„Nichts ist komischer als das Unglück“ heißt es auf Seite 158 im Nachwort. Aber so komisch ist das ganze nicht. Ein Mann, eben der Gentleman, rutscht auf einem Ölfleck aus und fliegt mitten im Pazifik über Bord. Niemand bemerkt sein Missgeschick und so treibt er mutterseelenallein dem Sonnenuntergang entgegen.

Was wirklich komisch ist, dass die Gesellschaft auf dem Schiff sein Fehlen einen Tag lang nicht bemerkt. Der Frühstückskellner wird sein Essen einfach in den Müll, das Missionarsehepaar glaubt ihn sogar in der Bibliothek gesehen zu haben, auch sein bester Freund will ihn nicht stören.
So wechselt die Sichtweise zwischen dem im Wasser treibende Mr. Standish und der Gesellschaft auf dem Schiff.


Von mir gibt es 4 Sterne, weil die Komik kein Lachen auslöst, nicht auslösen kann, da das Thema dies nicht erlaubt, aber sonst gefällt mir Sprache und Inhalt des kurzen Buches, das ich eher als Novelle denn als Roman bezeichnen würde, außerordentlich gut.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.07.2023
Die Fehlbaren
Bubrowski, Helene

Die Fehlbaren


ausgezeichnet

Wertvolle Analysen

Seit Robin Alexander „Die Getriebenen“ habe ich kein so spannendes Buch über den Berliner Politikbetrieb gelesen wie dieses. Die Fehlerkultur in der Politik wird ganz unterschiedlich gehandhabt.

Nicht so sehr die Bühne im Berliner Wedding ist spannend, mehr die große Politik. Angela Merkel hat während der Corona-Zeit zugegeben, dass die geplante „Osterruhe“ ein Fehler war, der einzige, den sie in ihrer Regierungszeit zugegeben hat. Für ihre Russlandpolitik muss sie sich nämlich nicht entschuldigen, auch wenn es ihr Außenminister Steinmeier als Bundespräsident getan hat. Er war aber der einzige.

Der Primus der Fehlerlosen ist Andreas Scheuer, dessen Mautdebakel – wie wir heute wissen – dem Steuerzahler 243.000.000 Euro kostet, aber der Minister hat keinen Fehler gemacht. Auch Christine Lambrecht war als Verteidigungsministerin – zumindest nach ihrer Selbsteinschätzung – perfekt.
Dagegen waren die Grünen ein Musterbeispiel der Fehlerkultur. Nur wer so viele Fehler macht wie Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin, der kann sich die Entschuldigung auch letztlich sparen. Armin Laschet hat sich dagegen für sein korrektes Buch zu früh entschuldigt. Und bei Wolfgang Kubicki ist die Entschuldigung Teil seiner politischen Inszenierung. Wenn sein Mundwerk zu locker war, entschuldigt er sich einen Tag später ohne wirklich Reue zu zeigen. So verfährt auch Friedrich Merz.

Eine andere Strategie ist nur einen Teil zuzugeben. Bodo Ramelow hat in einem Interview erzählt, dass er bei der Ministerpräsidentenkonferenz mit „Merkelchen“ auf seinem Handy gespielt hat. Für „Merkelchen“ hat er sich entschuldigt, der Rest wurde vergessen.

Den Satz, dass wir einander viel verzeihen müssen, hat Spahn vor der Presse verstolpert. Er kam spontan, wurde von ihm aber im Gesundheitsausschuss vorher ausprobiert. Lauterbach war immer im Team Vorsicht. Aber dass er damit auch für die langen Schulschließungen mitverantwortlich war, glaubt er heute nicht. Und Spahn verzeiht heute in der Russlandkrise der Regierung auch keine Fehler.

Der Meister der Fehlerkultur ist Robert Habeck. Er will nicht reden wie alle anderen. Aber wer an Beliebtheit verliert, der hat auch weniger Lust sich etwas vorwerfen zu lassen. Der Hauptvorwurf: Viele schöne Worte, aber wenig Substanz.

Die Linke bestätigt den Satz: Freund, Feind, Parteifreund. Nach der Wahl von Wissler wird sie gleich von den eigenen Leuten beschädigt, nur damit eine offene Rechnung beglichen wird.
Und Anna Spiegel hat versucht, ohne professionellen Pressesprecher die Krise zu meistern und ist gescheitert.

Danach geht es um Beamten, die für die Firma Tesla die Verfahren beschleunigt haben, auch auf die Gefahr, dass dabei Fehler passieren, um Journalisten, die nicht locker lassen, um die Shitstorms bei Twitter und die Sucht, nicht davon wegzukommen. Mastodon wäre eine Alternative, aber vermutlich nur vorerst, weiter über die Fehlerkultur bei Start-ups, bei Gerichtsverfahren und bei der Kirche.

Zum Schluss wird das Comeback von Philipp Anthor behandelt, während Copy und Paste-König Guttenberg mit seiner Auszeit in den USA gescheitert ist.


Auch wenn der nichtpolitische Teil etwas abfällt, 5 Sterne sind vollauf verdient.

Bewertung vom 03.07.2023
Kochen im falschen Jahrhundert
Präauer, Teresa

Kochen im falschen Jahrhundert


weniger gut

Abgefahrenes Zeug

Also wenn nicht Sommer wäre, die Kapitel so kurz und das Buch so dünn, hätte ich dieses Büchlein nicht bis zur letzten Seite gelesen.

Nein, ein Roman ist es nicht, auch kein nettes Familientreffen bei dem gekocht wird. Es ist dieser typische österreichische Humor, der die Gastgeber und Gäste beim Essen über Alles und Nichts reden lässt, ja gegen Ende gerät auch noch das Essen in den Hintergrund, sondern Politik.


Dieses Werk ist für Germanisten, die sich hinterher fragen dürfen: „Was will uns die Autorin damit sagen?“ Mich lässt sie ratlos, ich dafür lasse 2 Sterne zurück.

Bewertung vom 01.07.2023
Das Ende des Kapitalismus
Herrmann, Ulrike

Das Ende des Kapitalismus


gut

Das Problem der Prognose

Eigentlich hatte ich nach der Lektüre des vorletzten Buches „BlackRock“ erwartet, dass ich nun wieder etwas höre von der Wall Street, von modernen Finanzspekulationen und einen Computerhandel in Millisekunden. Doch weit gefehlt. Frau Herrmann will die Klimakatastrophe stoppen.

Eigentlich beschäftigt sich nur das erste von drei Kapiteln mit dem Kapitalismus. Herrmann entwickelt plausibel, dass die Wirtschaft nur wächst, wenn immer Kredite und immer mehr Geld zur Verfügung steht. Dieses Wachstum ist aber schlecht für das Klima.

Und im zweiten Kapitel zeigt sie dann, dass das grüne Wachstum die Erwärmung der Welt nicht stoppen kann. So könnten wir in Deutschland zwar Wind- und Solarenergie ausbauen, für die dunklen Flauten bräuchten wir aber noch weitere Energie. Da gibt es zwei Möglichkeiten:
1. der Energieimport von Solarenergie aus der Sahara. Aber beim Transport nach Europa geht so viel verloren, dass es sich nicht lohnt.
2. die Energiespeicherung, aber außer den Wasserspeicherbecken, die aber nur für eine kurzfristige Lücke reichen, geht immer viel Energie flöten, auch beim viel diskutierten Grünen Wasserstoff.

Als Lösungsvorschlag plädiert sie im letzten Kapitel für ein Schrumpfen der Wirtschaft wie bei der Kriegswirtschaft der Briten. Fliegen oder Autofahrten wird es kaum noch geben, Fleisch wird rationiert. Corona zeigt doch, dass Klima eben nicht als sofortige Krise angesehen wird, bei der unmittelbares Handeln angesagt ist.

Das Problem ist, dass sie mit keinem Wort schreibt, wie das politisch durchgesetzt werden soll. Und auch die sinngemäße Einwende Lauterbach, dass der globale Klimawandel nicht dadurch gestoppt wird, dass die Deutschen weniger Fleisch essen, wird zwar genannt, aber nicht reflektiert.

Zudem weiß heute keiner, wie die Klimakatastrophe wirklich aussehen wird – also das Problem der Prognosen. Deutschland wird sich wohl auf trockenere und heißere Sommer einstellen müssen, d.h. auch der Landwirtschaft muss ausreichend Wasser zur Verfügung stehen, Deutschland wird mit diesen Problemen leben müssen. Ich glaube, dass eine Erwärmung von drei oder vier Grad unvermeidlich ist, weil die Wege des Verzichts wie in diesem Buch nicht mehrheitsfähig sein werden, die den Klimawandel auf unter 2 Grad begrenzen.


Da dieses Buch zum Umgang mit dem Klimawandel – und wie schon gesagt auch zum Umbau des Finanzsystems – keine Antworten gibt, erteile ich 3 Sterne. Immerhin bietet es eine nette intellektuelle Auseinandersetzung.

1 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.06.2023
Tausendundeine Nacht
Ott, Claudia

Tausendundeine Nacht


ausgezeichnet

Arabischer Klassiker in neuer Übersetzung

Ja, es ist sogar mehr als eine neue Übersetzung: In einer entlegenen Bibliothek in der heutigen Türkei ist eine alte Handschrift, die es möglich macht, das ursprüngliche glückliche Ende erstmals in deutscher Sprache zu lesen.

Nun sind die vielen Kurzgeschichten – oder soll ich sagen Märchen – bekannt – oder soll ich besser sagen, dass die Form der Märchen pro Nacht bekannt ist. Einige Geschichten sind aber länger als eine Nacht und immer wieder finden sich Erzählungen, die Aufnahme in die Weltliteratur verdient haben. Angefangen von den Tierfabeln über Witze Kuppler bis hin zu Geschichten über Frauen, die ihre Liebhaber erst verführt und dann ausgeraubt haben.

Wer kennt aber schon die Rahmengeschichte? Ein König hatte sich angewöhnt jede Nacht mit einem anderen Mädchen seines Reiches die Nacht zu verbringen und sie dann am Morgen umzubringen, bis die Tochter Schahsarad zu ihm kam und ihm eine so spannendes Märchen erzählte, dass der König entschied, sie bis zum Ende der Geschichte leben zu lassen. In der tausendsten Nacht erzählt schließlich ein anwesender Offizier die Geschichte vom Köing selbst, der nun erkennt, wie schrecklich seine Taten waren und Schahsarad lieber heiratet anstatt sie zu töten. Nebenbei heiratet der Bruder des Königs noch die Schwester der Braut.


Weltliteratur kann nur 5 Sterne bekommen. Abschließend möchte ich noch die letzte Weisheit zitieren:
„Gegen Dummheit ist kein Kraut gewachsen.
Genauso wenig wie gegen das Wechselfieber im Herbst.“ (370)

Letzte Anmerkung: Die Inhaltsangabe auf dieser Seite passt nicht zum Buch, aber die Seitenzahl stimmt exakt.

Bewertung vom 25.06.2023
BlackRock
Buchter, Heike

BlackRock


sehr gut

Die obere Parallelwelt

In der Soziologie wird oft die Welt der Armen und Ausgegrenzten betrachtet. Doch auf dem Finanzmarkt hat sich eine neue nicht mehr an der Gesellschaft teilnehmende Schicht entwickelt:
die Finanzwelt.

Und diese Welt der Superreichen bestimmt den ganzen Planeten. BlackRock hat als Vermögensverwalter Beteiligung an Firmen in aller Welt, oft ist es der größte Einzelaktionär. Aufgestiegen ist es nach der Finanzkrise 2008, weil selbst Staaten wie Griechenland und Zypern sie beauftragt haben zu analysieren, wieviel Wert ihre Derivate auf dem Finanzmarkt haben. Die Amerikaner haben dafür ihren Supercomputer Aladin entwickelt.

Das Buch gewährt Einblick in die Finanzwelt mit ihren immer neuen Produkten und dem relativ neuen Computerhandel, der nach wie vor die Gefahr in sich birgt, dass plötzlich alle in eine Richtung gehen, gleichzeitig verkaufen wollen und so ein neuer Crash entsteht.

Dieser sehr technische Teil wird aufgelockert durch viele Namen von Finanzexperten mit ihrem Lebenslauf. Wer will, kann dieses Buch auch als Biografie von Larry Fink lesen, dem Gründer von BlackRock. Er hielt sich lange in der Öffentlichkeit zurück und setzt seine Ziele lieber intern durch.


Nicht alles in der Finanzwelt war mir verständlich. Dennoch ist dies ein wichtiges Buch, das auch nach 7 Jahren noch aktuell ist, weil es zeigt, wer wirklich auf unserem Planeten die Macht hat. 4 Sterne.

Bewertung vom 23.06.2023
Die Netanjahus
Cohen, Joshua

Die Netanjahus


weniger gut

Wenig Überraschendes

Lustig, als sehr lustig wurde dieses Werk angepriesen, aber es hat mich doch überwiegend enttäuscht. Ich gebe ja zu, dass ich es wegen des Genres als Freibadbuch gelesen habe aber dennoch hätte ich mehr erwartet.

Der jüdische Professor Blum hat sich auf amerikanische Wirtschaftsgeschichte spezialisiert. Ja, dieses übertriebene Spezialwissen hat mich als Bewohner einer Unistadt sofort in den Bann gezogen. Dann wird er in eine Berufungskommission nicht gewählt, sondern gezwungen, die einen Professor für jüdische Geschichte wählen muss und mit der Zeit erfährt er, dass er eigentlich nur Netanjahu ernennen darf. Ob er fachlich geeignet ist, ist zweitrangig.
Zu allem Überfluss bringt der neue Professor seine ganze, ungezogene Familie mit, die aus Israel kommend, die ganzen amerikanischen Sitten durcheinander bringt. Das ganze endet im Chaos.


Was alles so schön klingt – und mich zum Leser werden ließ – ist aber nicht wirklich überzeugend. Man ahnt schon 20 Seiten vorher, was später passiert. Deswegen nur 2 Sterne.

Bewertung vom 21.06.2023
Zwischen Welten
Zeh, Juli;Urban, Simon

Zwischen Welten


sehr gut

Die gespaltene Gesellschaft

Zwei Bedenken hatte ich zu Anfang des Buches:
1. Wird die Form mit Email und WhatsApp als moderner Briefroman mich durch das Buch tragen? Und 2.: Wird klar, warum die beiden Hauptdarsteller miteinander schreiben?

Die erste Frage ist mit einem klaren „Ja“ zu beantworten. Ich gebe zu, dass gerade die kurzen Messangernachrichten mitunter nervig und überflüssig sind, aber nach einigen Seiten weiß ich das und lese sie von jetzt an schneller.
Auch die zweite Frage, dass beide zusammen Germanistik studiert haben, sogar in einer WG zusammen gewohnt haben und sich vor Kurzem zufällig in Hamburg wiedergesehen haben, erscheint plausibel. Mag ja sein, dass hier nicht alles stimmig ist aber darauf kommt es nicht an.

„Zwischen Welten“ will darstellen, wie unterschiedlich die Lebenswelten von fast gleichalten Mitte 40ern geworden sind. Da ist Stefan, der in Hamburg als Single lebt, Redakteur der Wochenzeitung „Der Bote“ und übertrieben gendert. Selbst Worte wie „Ritter*innenschlag“ (113) kommen nicht ohne Sternchen aus und „Künstler*innenfreund*innen“ (121) erhält sogar zwei.

Theresa hingegen ist verheiratet, hat zwei Kinder, lebt auf dem Land, irgendwo in Brandenburg und leitet eine ehemalige LPG. Anfangs ist sie witzig, wie die Erfindung einer Duschdüse mit Shampoo-Einspritzung (13). Auch der Dialog über das Glühbirnenwechseln von Germanisten (44f) ist sehr lustig. Doch die Probleme in der Landwirtschaft, ständig neue Auflagen der Politik, die Dürre wegen des Klimawandels und dann noch Arbeiter wie Ronny, die alkoholabhängig sind, aber dennoch nicht entlassen werden können belasten sie und ihre Familie zunehmend. Schließlich zieht ihr Mann Basti mit den Kindern nach Unterleuten (184f), das der Juli Zeh-Fan schon kennt.

Dagegen wirken Stefans Probleme wie Fliegenschiss. Er setzt sich für einen Sonderausgabe zum Klimaschutz ein und wird von junge Redakteurinnen dunkelgrün überholt. Doch irgendwie reißt man sich wieder zusammen, bis der Chefredakteur eine Mitarbeiterin als „Quotenfrau“ bezeichnet und nicht sofort zu Rede gestellt wird, sondern durch einen Shitstorm und den Angriff auf seinem Familie aus dem Amt gedrängt wird.
Nachfolger wird Stefan, der aber gleich zu Beginn einen Auszug aus einer gelöschten Email mit Teresa auf seinem Schreibtisch findet, in der geschrieben hatte, dass er sie geschlagen hatte. Teresa hat Stefan zwischendurch in Hamburg besucht, bei dem der GV wohl aus dem Ruder lief, und sie schließlich ihr Knie voll in seine Eier durchziehen musste.
Unverständlich, dass Stefan wegen der gehakten Email nicht gleich die Öffentlichkeit sucht, sondern auf den Shitstorm wartet. Doch entlassen wird er nicht. „Der Bote“ erhält eine Doppelspitze mit Frau und Mann und wird zur „Bot*in“.

Als ich befürchtete, dass nun die Geschichte ganz ins Satirische abdriften würde, fängt sich das Ganze in einem plausiblen, von mir nicht verratenem Schluss.


Vor allem die Figur der Teresa und Verordnungen, wie das Ernteverbot in Schweinpestgebieten, die ein heimliches Vergraben von toten Wildschweinen erfordern, machen das Buch lesenswert. Wegen einiger überflüssigen WhatsApp-Nachrichten und vor allem auf Stefans Seite nicht nachvollziehbarem Verhalten, gibt es von mir aber nicht 5, sondern 4 Sterne.