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meggie3

Bewertungen

Insgesamt 118 Bewertungen
Bewertung vom 26.07.2020
Der Würfelmörder / Fabian Risk Bd.4
Ahnhem, Stefan

Der Würfelmörder / Fabian Risk Bd.4


sehr gut

Sehr spannender und komplexer Thriller

Als ein kleiner Junge in einer Waschmaschine getötet wird, befindet sich Ermittler Fabian Risk noch nicht wieder im Dienst. Er kümmert sich um seine Familie. Innerhalb relativ kurzer Zeit passieren weitere Morde, die scheinbar unabhängig voneinander sind. Schon bald wird Fabian Risk doch hinzugezogen, während er neben den Mordermittlungen noch heimlich Nachforschungen in anderer Sache anstellt.

Bisher habe ich keinen der Thriller um Fabian Risk gelesen. Obwohl es eine Reihe ist und Ereignisse aus den vorigen Bänden eine Rolle zu spielen scheinen, konnte ich mich schnell in die Konstellationen und Zusammenhänge hineinfinden. Neben dem Plot gibt es zahlreiche andere Baustellen privater Natur bei den Ermittlern und Ermittlerinnen, die meines Empfindens den Krimi aber nicht überfrachten. Durch die unterschiedlichen Perspektiven ergeben sich immer wieder neue Einblicke und es fügen sich langsam die einzelnen Teile zusammen. Stefan Ahnhem hat es mit seiner Art zu schreiben geschafft, mich von den ersten Seiten an zu fesseln. Der Spannungsbogen ist für mich an keiner Stelle abgerissen. Einige Beschreibungen waren für meinen Geschmack etwas zu detailliert, so zum Beispiel die Ausführungen zu den sehr ausufernden Orgien. Über weite Strecken des Krimis waren es andererseits gerade die ausführlichen Beschreibungen, die die Handlung und Charaktere so vorstellbar gemacht haben.

Insgesamt habe ich den ersten Teil der „Würfelmörder-Serie“ sehr gerne gelesen und habe mich sehr gut unterhalten gefühlt. Da das Ende etwas abrupt kam und mich als Leserin etwas ratlos zurückgelassen hat, bin ich auf die Fortsetzung sehr gespannt. Insofern würde ich auf jeden Fall empfehlen, den abschließenden Teil der Dilogie im Anschluss zu lesen.

Bewertung vom 26.07.2020
DUNKEL / HULDA Trilogie Bd.1 (eBook, ePUB)
Jónasson, Ragnar

DUNKEL / HULDA Trilogie Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Ungewöhnlicher Krimi

Hulda hat viele Jahre bei der Kriminalpolizei gearbeitet und geht nun mit 64 Jahren auf ihre Pensionierung zu. Von einem Tag auf den anderen wird ihr mitgeteilt, dass sie nicht Ende des Jahres in Pension gehen soll, sondern am besten sofort, um Platz für einen jüngeren Nachfolger zu machen. Sie ringt ihrem Chef zwei Wochen ab, in denen sie sich einen beliebigen offen gebliebenen Fall aussuchen und bearbeiten darf. Hulda entscheidet sich für die Untersuchung des Todes einer jungen russischen Asylbewerberin. Schnell findet sie Anhaltspunkte, dass die damaligen Ermittlungen nicht so gründlich durchgeführt wurden, wie es wünschenswert gewesen wäre.

Es gibt drei Erzählstränge, die sehr unterschiedlich sind und aus verschiedenen Perspektiven geschildert werden. Erst nach einer Weile ergeben die unterschiedlichen Ebenen inhaltlich Sinn. Dies hat mir wirklich gefallen, da ich mir beim Lesen über die Zusammenhänge Gedanken machen konnte. Mir hat der Schreibstil sehr gut gefallen, der Krimi hat sich flüssig lesen lassen. Hulda als Hauptperson hat Ecken und Kanten und ist ein spannender Charakter. Gefallen haben mir auch die Beschreibungen von der Unsicherheit Huldas bezüglich des bevorstehenden Ruhestands und der Angst vor der Einsamkeit. Interessant sind auch Huldas Gedanken zu einer doch sehr männerdominierten Arbeitsstelle und den für sie begrenzten Karrieremöglichkeiten.

Es gibt Krimis, die ich als spannender im klassischen Sinne empfunden habe und doch hat mich „Dunkel“ irgendwie gefesselt. Die Auflösung kam mich für mich aber leider nicht mehr ganz überraschend, trotzdem hat mich dann das Ende von „Dunkel“ wirklich sehr überrascht. Ich habe es als eher untypisch für einen Krimi empfunden, sodass ich im positiven Sinne etwas ratlos bin und mir meine Gedanken mache… Ich bin sehr gespannt, wie es im zweiten Teil der Trilogie weitergeht.

Bewertung vom 12.07.2020
Ich bleibe hier
Balzano, Marco

Ich bleibe hier


ausgezeichnet

Berührende südtiroler Lebensgeschichte in Zeiten des Faschismus

Im Roman „Ich bleibe hier“ wird die Lebensgeschichte der Protagonistin Trina aus ihrer Perspektive geschildert. Diese Erzählung richtet sich an ihre Tochter, die immer wieder direkt angesprochen wird. Trina ist in einem Dorf in Südtirol aufgewachsen und Lehrerin geworden. Sie darf aber nicht praktizieren, da die Faschisten die deutsche Sprache ablehnen und auf italienische Arbeiter und auch LehrerInnen setzen. Trina unterrichtet heimlich deutsch in einer sogenannten Katakombenschule und heiratet schließlich Erich, einen Bauern aus dem Dorf. Sie bekommen zwei Kinder, einen Sohn und etwas später eine Tochter. Es wird das beschwerliche Leben in Südtirol während des italienischen Faschismus und auch des zweiten Weltkriegs erzählt. Zusätzlich schwebt über all dem die Bedrohung des Dorfes durch einen Staudamm, den die italienische Regierung und ein Unternehmen bauen wollen. Dieses Projekt taucht fortwährend auf und damit verbunden der Kampf von Erich und auch Trina gegen den Damm und eine mögliche Vertreibung durch eine Überflutung des Dorfes.

Der Roman erzählt fast die ganze Lebensgeschichte von Trina; also von der Zeit als junge Frau bis sie eine ältere Frau ist. Es wird ihre Trauer und Sehnsucht nach ihrer Tochter, dem Wunsch unterrichten zu dürfen und der schwierigen und unübersichtlichen politischen und geopolitischen Situation geschildert. Viele Facetten werden abgebildet, aber nicht so, dass ich als Leserin nicht mehr folgen konnte. Im Gegenteil, ich habe sehr viel gelernt. Mir war vieles nicht so bewusst, unter anderem in welchem Spannungsverhältnis sich Südtirol zwischen den italienischen Faschisten und Nazi-Deutschland befand. Sehr ruhig wurde der Kampf von Erich und Trina gegen den Staudamm beschrieben und die Schwierigkeiten, die sie bei der Suche nach Unterstützung hatten. Wie bestimmte Informationsschreiben in ausschließlich italienischer Sprache ausgehängt wurden, sodass die große Mehrheit der Bevölkerung diese nicht verstehen konnte. Und welche Möglichkeiten aber auch Barrieren sich durch Sprache ergeben können.

Marco Balzano hat einen wirklich schönen Schreibstil, der detailliert und meinem Empfinden nach sehr realistisch und eindringlich beschreibt. Von den ersten Seiten hat mich Trinas Geschichte gefesselt, sowohl inhaltlich als auch sprachlich. Es gibt keinerlei Passagen, die ich als langatmig empfunden habe und das ist für mich ein echtes Qualitätsmerkmal bei einem Roman, der die Geschichte einer Person über einen Zeitraum von vielen Jahren erzählt. Es war mir möglich, mich in Trina und ihr Leben hineinzuversetzen und zu denken, da Marco Balzano gekonnt Personen, Umstände und Gedankenwelten beschreibt.

„Ich bleibe hier“ ist ein zum Nachdenken anregender, toll geschriebener Roman. Auch das Cover ist wunderschön und sehr passend. Für mich war das Lesen von „Ich bleibe hier“ eine Bereicherung!

Bewertung vom 05.07.2020
Margos Töchter
Stephan, Cora

Margos Töchter


sehr gut

Jüngere deutsche Geschichte einfühlsam erzählt

Jana Seliger bekommt 2011 Einsicht in die Stasi-Akte ihrer Adoptivmutter Leonore Seliger und somit die Chance darauf, mehr über Leonore und vielleicht auch deren tödlichen Autounfall zu erfahren.
Im ersten Teil des Romans werden vor allem das Leben und die Ansichten von Leonore beschrieben, die in den Sechzigern Teenager in der BRD war. Im zweiten Teil geht es dann um Clara, die einige Jahre älter als Leonore und in der DDR groß geworden ist. Zwischendurch gibt es Einschübe aus dem Leben von Jana, der Enkelin von Margo und der Adoptivtochter von Leonore. Insgesamt umspannt der Roman einen zeitlichen Rahmen von den Sechzigern bis 2011, mit Schwerpunkt auf den Sechziger- bis Achtzigerjahren. Es wird beschrieben, wie (unterschiedlich) Leonore und Clara leben, was ihre Ziele sind und wie sich die politische und gesellschaftliche Situation auf ihr alltägliches Leben auswirkt.

Besonders den ersten Teil des Romans, der sich hauptsächlich mit Leonores Geschichte beschäftigt, habe ich sehr gerne gelesen und beim Lesen gar nicht gemerkt, wie die Zeit vergeht. Mit dem zweiten Teil um Clara habe ich mich im Verhältnis etwas schwerer getan, vielleicht auch weil ich Clara als Charakter für mich zunächst nicht einordnen konnte. Es hat etwas Zeit gebraucht, bis ich Clara als Protagonistin besser verstehen konnte und ich sie als komplexeren Charakter wahrgenommen habe. Die Protagonistinnen Jana und Leonore, aber auch zum Beispiel Leonores Mutter Margo, sind sehr vielschichtige Charaktere.

Durch die Perspektiv- und auch Zeitenwechsel setzt Cora Stephan sukzessive Puzzleteile zusammen, sodass langsam ein größeres Verständnis für das Geschehene, und auch die Gründe dafür, entsteht. Die Auflösung der Familiengeschichte ging mir dann im dritten Teil des Romans jedoch etwas zu schnell, einiges hatte sich für mich schon abgezeichnet, anderes hat mich doch noch überrascht.

„Margos Töchter“ ist ein Roman, in dem es sehr viel um die jüngere deutsche Geschichte und Politik geht. Ein bisschen Vorwissen und vor allem Interesse sollte vorhanden sein, um einigermaßen folgen und begreifen zu können, wie sich ein Ereignis auf die Gesellschaft ausgewirkt und welche Bedeutung es hat. Nachhaltig haben mich die Schilderungen zur Situation in den Siebzigern beeindruckt, als die Angst einen großen Platz im Alltag eingenommen hat. Interessant war für mich auch das Meinungsbild in der BRD bezüglich der DDR. Da ich selbst das geteilte Deutschland nicht mehr erlebt habe, habe ich wirklich viel gelernt, vor allem über das alltägliche Leben in der entsprechenden Zeit. Cora Stephan erzählt einfühlsam Geschichte aus der Perspektive von zwei Frauen und hat mir die Sorgen und Probleme dieser Zeit näher gebracht.

Obwohl ich bei Familiengeschichten tendenziell eher skeptisch bin, hat mich „Margos Töchter“ beeindruckt. Durch den großen Anteil Politik und das Voraugenführens der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen von Politik auf das alltägliche Leben der Menschen, hat der Roman bei mir einen Sog erzeugt. Ich habe „Margos Töchter“ wirklich gern gelesen und bis auf den Beginn des zweiten Teils um Clara ist der zu Beginn entstandene Sog auch nicht abgerissen. Wer sich für Geschichte und Politik UND eine realistische Familiengeschichte über einige Jahrzehnte interessiert, für den oder die ist „Margos Töchter“ auf jeden Fall empfehlenswert. Das ich den ersten Roman um Margo nicht gelesen habe, war kein Problem für das Verständnis und ich hatte auch keine Schwierigkeiten, in die Geschichte hineinzukommen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.07.2020
Pandatage
Gould-Bourn, James

Pandatage


ausgezeichnet

Ein tolles Leseerlebnis!

Danny und sein Sohn Will leben seit dem Tod von Dannys Frau und Wills Mutter Liz alleine in London. Will spricht seit dem Autounfall nicht mehr. Finanziell ist die Situation schwierig und als Danny dann auch noch seine Arbeit auf der Baustelle verliert, kann er die ohnehin überfälligen Mieten, Beiträge etc. erst recht nicht mehr zahlen. Von seinem Vermieter wird er unter Druck gesetzt und so entschließt er sich, nach erfolgloser Jobsuche, sein Glück als Straßenkünstler zu suchen. Er kauft sich eines der günstigsten Kostüme, die es in dem Kostümshop gibt und versucht so als Panda seinen Unterhalt im Park zu verdienen. Durch einen Zufall lernt er die Pole-Dancerin Krystal kennen, die ihm zunächst widerwillig Tanzunterricht gibt. Von all dem weiß Will nichts. Eines Tages beobachtet Danny im Park, wie Will von anderen Jungs geärgert wird. Er geht dazwischen und Will beginnt mit dem Panda zu sprechen.

Ich habe es geliebt, die Geschichte um Danny und Will zu lesen. Die Charaktere sind liebevoll und mehrdimensional beschrieben. Auch die Dialoge sind toll geschrieben und teilweise wirklich komisch. Es wechseln sich lustige Passagen mit nachdenklicheren, traurigeren ab. Meiner Meinung nach ist dieser Mix sehr gelungen. Es wird nie kitschig und das Finale hatte dann auch noch eine mich überraschende Wendung parat. Obwohl ich auf den ersten Seiten aufgrund des Satzbaus und der Kommasetzung stutzen musste, habe ich den Schreibstil im Folgenden als sehr flüssig empfunden und war durchgehend gefesselt. Schreibstil, Inhalt und die wunderbar sympathischen Protagonisten haben „Pandatage“ zu einem mal lustigen, mal nachdenklicheren und auch traurigen Roman gemacht, dem es meiner Meinung nach an nichts fehlt.

Und so war ich nach Beenden des Romans einerseits sehr glücklich ob des tollen Leseerlebnisses und andererseits traurig, dass dieses jetzt vorbei war. Den Roman „Pandatage“ kann ich nur empfehlen.

Bewertung vom 05.07.2020
Kostbare Tage
Haruf, Kent

Kostbare Tage


ausgezeichnet

Berührende Erzählung

Dad Lewis hat Lungenkrebs im Endstadium. Seine Frau Mary und Tochter Lorraine begleiten ihn die letzten Wochen seines Lebens. Kent Haruf schildert die Erinnerungen von Dad und beschreibt die Zeit, die ihm bleibt. Er beschäftigt sich mit getroffenen Entscheidungen in seinem Leben, die ihn nicht loslassen.

In erster Linie geht es um Dad und dessen Familie, aber es wird auch das Leben anderer Personen in Holt und deren Beziehungen zu einander beschrieben. Kent Haruf beschreibt die bedingungslose Liebe und Hingabe zwischen Dad und Mary, wie ich es selten erlebt habe. Der Prozess des Sterbens ist einfühlsam und auch eindrücklich beschrieben, aber nicht so, dass es nicht auszuhalten wäre. Kent Haruf ist es gelungen, dass ich beim Lesen den nahen Tod von Dad nie vergessen oder verdrängt habe, ich es aber für mich nicht als unangenehm dramatisch empfunden habe. Kent Haruf hat meiner Meinung nach einen guten Weg gefunden, über Trauer und Abschied zu schreiben.

„Kostbare Tage“ ist der erste Roman von Kent Haruf, den ich gelesen habe. Es sind leise Töne, die aber nachhallen. Holt und dessen BewohnerInnen werden ruhig beschrieben. Obwohl ich keine direkte Identifikationsperson hatte und mir die Lebensumstände relativ fremd sind, habe ich den Roman sehr gerne gelesen. Die Charaktere und der Ort Holt sind detailliert und liebevoll beschrieben. Dass es keine wörtliche Rede gibt, hat mich überhaupt nicht gestört – im Gegenteil, mir hat es sogar gefallen.

Alles in allem ist „Kostbare Tage“ ein schöner und berührender Roman, der sich gut und flüssig lesen lässt. Kent Haruf schafft es, hochemotionale Inhalte und unterschiedliche Menschen sehr ruhig und stimmig zu beschreiben.

Bewertung vom 30.06.2020
Unter den Linden 6
Kaiser, Ann-Sophie

Unter den Linden 6


sehr gut

Kampf um Bildung und Frauenrechte Anfang des 20. Jahrhunderts

„Unter den Linden 6“ ist ein Roman, dessen Handlung in Berlin im Jahr 1907 spielt. Lise Meitner ist Physikerin und kommt mit dem Ziel in die Stadt, ihre wissenschaftliche Forschung bei Max Planck fortzusetzen. Schnell muss sie feststellen, dass es Frauen in Preußen nicht möglich ist, sich zu immatrikulieren. Auch Anni ist neu in Berlin, allerdings unfreiwillig, um eine Stelle als Dienstmädchen anzutreten. Hedwig hingegen möchte studieren und ist Teil einer Gruppe von Frauen, die für mehr Rechte und Mitbestimmung von Frauen kämpft. Die drei sehr unterschiedlichen Frauen treffen sich zufällig und werden Freundinnen. Sie verfolgen ihre Ziele und müssen immer wieder feststellen, welche Hürden es für Frauen in Berlin Anfang des 20. Jahrhunderts gibt.

Zwischendurch hatte ich etwas Sorge, dass der Roman sehr in Richtung Liebesroman „kippen“ könnte und war kurzzeitig ein bisschen skeptisch. Dies ist, meiner Meinung nach glücklicherweise, nicht passiert. Natürlich geht es auch um Gefühle, Liebe und Männer, aber eben nicht ausschließlich und es kommt zu keiner Romantisierung. Stattdessen werden Sinnfragen gestellt und es wird die Ungeduld der Frauen, die täglichen Ungerechtigkeiten und mangelnde Anerkennung für von Frauen Geleistetem beschrieben. Besonders gut konnte ich die Verzweiflung und auch Wut von Lise nachvollziehen, die große Leistungen für den wissenschaftlichen Fortschritt erbringt und trotzdem nicht annähernd ausreichend gewürdigt wird.

Die drei Protagonistinnen sind mehrdimensional und sympathisch beschrieben. Der Kampf gegen Widerstände und der damit verbundene Mut wechseln sich mit Passagen ab, in denen die Hauptcharaktere keine Kraft mehr haben und fast aufgeben wollen. Die Entwicklung der Charaktere ist detailliert beschrieben und wirkt realistisch und nicht romantisch oder gar fantastisch. Auch die Freundschaft zwischen den Dreien wirkt nicht unrealistisch, obwohl sie aus so unterschiedlichen Verhältnissen kommen. Der Schreibstil lässt sich gut lesen und ich bin gerne dabeigeblieben.

Ich habe auf den etwa 450 Seiten sehr viel gelernt, in erster Linie über Berlin bzw. Preußen und die gesellschaftlichen Verhältnisse in den Jahren vor dem 1. Weltkrieg. Aber auch im Bereich Physik und der Entwicklung der wissenschaftlichen Gebiete habe ich dazugelernt. Wirklich lesenswert und lehrreich sind die Anmerkungen der Autorin am Ende des Romans.

Insgesamt hat mich „Unter den Linden 6“ positiv überrascht und bis auf wenige kurze Passagen sehr überzeugt.

Bewertung vom 24.06.2020
Die Herren der Zeit / Inspector Ayala ermittelt Bd.3
Garcia Saenz, Eva;García Sáenz, Eva

Die Herren der Zeit / Inspector Ayala ermittelt Bd.3


ausgezeichnet

Toller Abschluss der Trilogie

In Vitoria sind Unai Lopez de Ayala alias Kraken und seine KollegInnen auf der Suche nach zwei verschwundenen Schwestern. Dann wird ein Toter während einer Literaturveranstaltung, zu dem sich in aller Munde befindenden historischen Buch „Die Herren der Zeit“, gefunden. Schnell wird klar, dass sich die Mordmethode an dem im Mittelalter spielenden Roman orientiert. Neben den aktuellen Ereignissen gibt es in einem zweiten Erzählstrang eben diese Auszüge aus dem historischen Buch, in denen die Begebenheiten aus dem 12. Jahrhundert beschrieben werden.

Mir hat der dritte Teil um Unai und Estibaliz sehr gut gefallen. Von Beginn an war ich gefesselt und der Spannungsbogen ist nicht abgerissen. Die ProtagonistInnen sind mir über die drei Romane ans Herz gewachsen. Auch in „Die Herren der Zeit“ bekommen die Hauptcharaktere viel Raum für private und nicht ermittlungsbezogene Fragen und werden liebevoll beschrieben. Für mich ist das Buch nicht nur ein Krimi, sondern auch bildhafte Beschreibung der Stadt Vitoria und detaillierte Charakterzeichnung und -entwicklung.

Zwischendurch habe ich die vielen Personen und Stammbäume bzw. die Familienkonstellationen als sehr komplex wahrgenommen, sodass ich nach Lesepausen kurz gebraucht habe, um mich wieder einzufinden. Wenn ich etwas Zeit hatte und mich komplett auf die Geschichte konzentrieren konnte, habe ich den historischen Kontext aber - wie in den beiden Teilen zuvor - sehr schätzen können. Als Leserin habe ich einen weitreichenden Eindruck von Vitoria im 12. Jahrhundert und den zu dieser Zeit herrschenden Machtkämpfen sowie des alltäglichen Leben damals gewonnen.

Es ist schade, dass die so spannende Trilogie um die liebenswürdigen ProtagonistInnen nun beendet ist. Ein kleiner Trost ist das für mein Empfinden stimmige Finale. „Die Herren der Zeit“ hat mich voll überzeugt.