Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Stanzick
Wohnort: 
Ober-Ramstadt

Bewertungen

Insgesamt 587 Bewertungen
Bewertung vom 02.08.2019
Königreich der Angst
Nussbaum, Martha

Königreich der Angst


ausgezeichnet

Martha Nussbaum, Königreich der Angst. Gedanken zur aktuellen politischen Krise, wbg theiss 2019, ISBN 978-.3-8062-3875-4

Das vorliegende Buch der amerikanischen Philosophin Martha Nussbaum, die zu den profiliertesten Vertreterinnen ihres Faches weltweit gilt, und für ihr umfangreiches Werk mit zahlreichen Preisen und Ehrungen ausgezeichnet worden ist, ist, wie sie in einem Nachwort schreibt, im Zusammenhang des durch Donald Trump polarisierten Präsidentschaftswahlkampf 2016 in den USA entstanden und hat seitdem nichts an Bedeutung verloren. Ganz im Gegenteil. Auch in dem einst so stabil erscheinenden Europa ist ähnlich wie vorher in den USA eine gesellschaftliche Spaltung spürbar, die man so lange nicht für möglich gehalten hätte.

Die Rhetorik der Ausgrenzung blüht und erklimmt immer neue unmenschliche Höhen und die Unfähigkeit der verschiedenen gesellschaftlichen und politischen Gruppen, miteinander vernünftig und ohne gegenseitige Verdächtigungen und Herabsetzungen zu kommunizieren geht gegen Null.

Zwar beschreibt auch Nussbaum diese schon oft analysierten Phänomene, doch getreu dem Ansatz ihrer letzten Bücher, vor allem „Die neue religiöse Intoleranz“(2014) und „Zorn und Vergebung“ (2017) geht sie in ihrer Analyse sehr viel tiefer. Für sie liegt der Kern des Problems darin, dass all diese politischen Phänomene immer auch einen erheblichen emotionalen Anteil haben.

Die Globalisierung hat mit ihren Folgen bei zahlreichen Bürgern und Bürgerinnen der westlichen Gesellschaften ein Gefühl der Machtlosigkeit hervorgerufen, das zu Ressentiments und Schuldzuweisungen führt: Schuld an der Misere sollen wahlweise die Immigranten sein, die Muslime, andere Rassen, die kulturellen Eliten. Die Flüchtlingskrise nach 2015 und der Umgang mit ihr hat insbesondere in Deutschland die gesellschaftliche Spaltung in einem atemberaubenden und angsterregenden Tempo beschleunigt.

Mit vielen lehrreichen und anregenden Verweisen auf die Philosophiegeschichte von der Antike bis in die jüngere Gegenwart zeigt Martha Nussbaum in ihrem verständlich geschriebenen Buch, dass nicht nur in den USA diese Mechanismen auf allen Seiten des politischen Spektrums am Werk sind. Nicht nur auf der rechten Seite wird gespalten und gehetzt was das Zeug hält, auch die Linke bedient sich überall auf der Welt eifrig dieser Topoi.

Für Martha Nussbaum ist klar, dass diese Spaltungen nicht gut sind für eine demokratische Gesellschaft, ja, dass sie sie sogar in ihren Grundfesten bedrohen und in Frage stellen.

Ähnlich wie der mittlerweile 90- jährige Jürgen Habermas in Deutschland gibt sie aber die Hoffnung nicht auf und zählt auf die Vernunft auch des einzelnen Menschen und Lesers. In einer Rezension aus den USA heißt es: „Nussbaum, mit ihrem eleganten und präzisen Stil schreibt mit gelassener Klarheit über Bauchgefühle wie Neid und Abscheu ... Einer der Vorzüge des Bandes liegt in der gewissenhaften Vorgehensweise, mit der Nussbaum die Leser Schritt für Schritt dazu bringt, innezuhalten, genauer nachzudenken und ihre reflexhaften Haltungen zu hinterfragen. Nussbaum ist eine gewandte Rhetorikerin …Sie will zeigen, wie grundlegend und universal das Gefühl der Angst ist: ursprünglich waren wir alle hilflose Säuglinge, angewiesen auf Güte und Barmherzigkeit der anderen.“

Martha Nussbaums neues Buch ist ein voller Hoffnung auf Veränderungsmöglichkeiten geschriebenes Werk, ein Buch das die Angst , die Wut und den Zorn beschreibt, der sich gegen andere richtet. Angst ist immer Gift für die Demokratie. Es ist ein flammender Appell an jeden einzelnen Bürger, aber auch an die Menschen, die an unterschiedlichen Stellen in der Gesellschaft auch für deren Humanität Verantwortung tragen, die Hoffnung nie aufzugeben und die Flamme der Menschlichkeit und Solidarität nicht verlöschen zu lassen bzw. immer wieder neu anzuzünden.

Ein wichtiges und beeindruckendes Buch.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.08.2019
Bedingt einsatzbereit
Wißmann, Constantin

Bedingt einsatzbereit


ausgezeichnet

Constantin Wißmann, Bedingt einsatzbereit. Wie die Bundeswehr zur Schrottarmee wurde, Riva 2019, ISBN 978-3-7423-0867-2

Seit nach der Wende die ursprüngliche Aufgabe der Landesverteidigung, die die Bundeswehr laut Verfassung seit ihrer Gründung 1956 hatte, zunehmend von Politik und Öffentlichkeit als vernachlässigbar erachtet wurde, verlagert sich der Einsatz der mittlerweile nach der Abschaffung der Wehrpflicht nur noch 285 000 Soldaten zunehmend ins Ausland, wo Truppenteile unterschiedliche meist friedenssichernde oder ausbildungstechnische Aufgaben wahrnehmen.

Doch selbst für diese Aufgaben ist die Bundeswehr schon lange nicht mehr gerüstet. In diesen Tagen wird heftig diskutiert, ob die deutsche Marine zum internationalen Schutz von Frachtschiffen gegen Attacken des Iran beitragen sollte. Doch typisch: von den im Besitz der Bundeswehr befindlichen Fregatten ist zurzeit nur eine(!) überhaupt einsetzbar.
Und so geht das mit allen denkbaren Ausrüstungsgegenständen. Die Bundeswehr ist kaputtgespart worden. Für ein Land von der globalen Bedeutung Deutschlands ist das ein Skandal. Und dieser Zustand ist zunehmend lebensgefährlich für die im Einsatz dienenden Soldaten.


Das vorliegende Buch des Journalisten Constantin Wißmann zeigt von der Gründung der Bundeswehr bis zur Gegenwart eine Entwicklung auf, die dazu geführt hat, dass eine einstmals funktionierende Armee, deren Ausrüstung und Unterstützung allen damaligen Parteien viel wert war und die durch die Wehrpflicht noch einen Rückhalt in der Bevölkerung hatte, mittlerweile sich international zu einer Lachnummer gemacht hat, eine Luftwaffe, bei der nichts mehr ordentlich fliegt, eine Marine, bei der kaum ein Boot einsatzbereit ist und eine Truppe, die noch nicht mal zum Üben ausreichend Waffen hat.

Der Autor schlägt neben dem Eingeständnis der katastrophalen Lage durch die entsprechenden Politiker (neue Verteidigungsministerin!), eine Entschlackung der Bürokratie vor und eine Selbstverständnisdebatte innerhalb der Armee vor. Die Bundeswehr braucht eine neue eigene Identität: „Erst wenn sie diese gefunden hat, kann sie die Anerkennung der Gesellschaft bekommen, nach der sie giert. Nur wenn sie sich zu sich selbst bekennt, kann sie auch wieder die Treue der Soldaten verlangen. Und nur dann wird sie auch wieder attraktiv für Menschen, die nach Sinn suchen.“

Der Rezensent zweifelt, ob es an den nötigen Stellen zu diesem Prozess den nötigen politischen Mut gibt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.08.2019
All die unbewohnten Zimmer
Ani, Friedrich

All die unbewohnten Zimmer


ausgezeichnet

Friedrich Ani, All die unbewohnten Zimmer, Suhrkamp 2019, ISBN 978-3-518-42850-4

Als ich das neue Buch von Friedrich Ani vor einigen Wochen in Händen hielt und auf der Umschlagseite las, dass Ani in diesem fast 500 Seiten umfassenden Werk alle seine bisherigen Ermittlerfiguren zusammenkommen lässt um mit ihren jeweiligen Methoden und ihrer jeweiligen unverwechselbaren Persönlichkeit zwei voneinander unabhängige Fälle zu lösen, da habe ich mich insbesondere auf den ehemaligen Mönch Polonius Fischer gefreut. Die beiden vor weit über zehn Jahren erschienenen Romane Anis über diesen stillen und ungewöhnlichen Kommissar sind nach meiner Meinung nach wie vor mit die besten, die Ani je geschrieben hat.
Zunächst nimmt Polonius Fischer die vor acht Jahren in die Provinz strafversetzte Fariza Nasri wieder in sein Dezernat K 111 auf. Sofort wird sie in einen Fall verwickelt, der ihr alles abverlangt und ihre Integrität auf eine harte Probe stellt. Ob es ihr gelingen wird, sie zu bewahren, lässt Ani bis kurz vor dem Ende offen.

Neben Polonius Fischer, der kurz vor seiner Pensionierung steht, tauchen auch der alte Jakob Franck und der schon in der Versenkung verschwunden geglaubte Tabor Süden wieder auf und beteiligen sich mit ihren je eigenen Ermittlungsmethoden an der Aufklärung zweier Mordfälle, die allen zusammen zunächst große Rätsel aufgeben.

Doch Ani lässt seinen Figuren Zeit. Scheinbar zufällig und am Ende dann doch ganz nachvollziehbar lässt er Personen und Handlungsstränge ineinandergreifen. Nicht nur die Ermittler, sondern auch etliche andere Personen aus vielen älteren Romanen Anis tauchen wieder auf. Immer wieder fügt Ani Erinnerungen und Rückblenden in die laufende Handlung ein, lässt sich Zeit mit der ausführlichen Beschreibung ihrer Lebensumstände und alle der unbewohnten Zimmer, die ihr Leben charakterisieren.

Alle vier Ermittler schickt Ani auf eine sorgfältige Spurensuche, lässt sie Umwege gehen und Seitenwege beschreiten. Vielleicht noch mehr als in früheren Büchern widmet er sich der ausführlichen Beschreibung der Kleinigkeiten im Leben dieser meist unsichtbaren Menschen, die sich schon lange dem normalen Alltag entzogen haben. Ani hat einen Blick und eine sensible ehrliche Sprache und schenkt ihnen allen jene Beachtung, die sie selbst nicht zu verdienen glauben.

Ani lebt und arbeitet in München, wo alle seine Romane spielen. Er schaut politisch und gesellschaftlich auf die dunklen Seiten der Stadt, er nähert sich den Menschen, die keiner mehr wahrnimmt und die sich schon lange selbst aufgegeben haben.

Auch seine Ermittler bewegen sich schon lange immer am Abgrund ihrer persönlichen Existenz. Doch gerade deshalb, weil sie immer selbst kurz vor dem eigenen Verschwinden stehen, haben sie einen unverwechselbaren Blick entwickelt, der Menschen ganz tief in die Seele blickt.

Ani selbst hat einen wachen Blick für die gegenwärtigen politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse, die er auch in seinen neuen Roman eingewoben hat.

Und wieder habe mich am Ende einer spannenden, unterhaltsamen und dennoch nachdenklichen Lektüre gefragt, ob nun endgültig Schluss ist mit Polonius Fischer, der nach über vierzehnjähriger Pause wieder aufgetaucht ist, mit Tabor Süden, der sein eigenes endgültiges Verschwinden aus dieser Welt zu genießen scheint, mit Jakob Franck, der in seiner „Gedankenfühligkeit“ die Toten liebt und sie achtet und mit Fariza Nasri, Jakob Francks „Lieblingssyrerin“, deren Versetzung er vor acht Jahren nicht verhindern konnte.

Mit seiner Tiefe und seinem immerwährenden Versuch, die Abgründe menschlichen Lebens und gesellschaftlicher Realität zu beschreiben, ohne in platte Formeln abzugleiten, hat sich Ani immer wieder als einer der besten zeitgenössischen Krimischriftsteller gezeigt und ist dafür auch mehrfach ausgezeichnet worden.
Wer Ani liest, muss viel aushalten können an Aporie, Sinnlosigkeit und Hoffnung, er muss sich konfrontieren mit Glauben und Zweifel, Philosophie und Theologie

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.07.2019
Bretonisches Vermächtnis / Kommissar Dupin Bd.8
Bannalec, Jean-Luc

Bretonisches Vermächtnis / Kommissar Dupin Bd.8


ausgezeichnet

Jean-Luc Bannalec, Bretonisches Vermächtnis, Kommissar Dupins achter Fall, Kiepenheuer & Witsch 2019, ISBN 978-3-462-05265-7

In seinem neuen, dem mittlerweile achten Fall seines Kommissar Dupin aus Concarneau, lässt der unter dem Pseudonym Jean-Luc Bannalec schreibenden deutsche Schriftsteller und Verleger Jörg Bong seinen sympathischen Kommissar in seinem als „blaue Stadt“ am Meer bezeichneten Wohnort selbst ermitteln.
Georges Dupin ist nun schon seit vielen Jahren im Finstere tätig und sein Privatöleben hat sich im Gegensatz zu dem anderen Serienkommissare gesettelt, seit er mit der Ärztin Claire zusammengezogen ist. Über die bevorstehenden Pfingsttage planen sie ein Wochenende mit Claires Eltern, doch wie es oft so ist, ein mysteriöser Todesfall kommt dazwischen. Claire nimmt es locker und Georges ist es recht, denn seine Schwiegereltern in spe nerven ein wenig.

In der Altstadt Ville Close feiern die Einheimischen und die noch wenigen Touristen mit viel Musik und Tanz den Beginn des Sommers, als ein stadtbekannter Arzt direkt vor Dupins Lieblingsrestaurant Amiral zu Tode kommt. Dessen tatsächliche Eigentümer haben an Bannalecs Bretonischen Kochbuch mitgearbeitet.
Docteur Chaboseau ist offensichtlich aus dem großen nicht mit Sicherheitsglas versehenen Fenster seiner Wohnung in die Tiefe gestürzt worden. Dupin muss die sich als sehr kompliziert und undurchsichtig herausstellenden Ermittlungen zunächst ohne seine bewährten Mitarbeiter Nolwenn und seine beiden Inspektoren Rival und Kadeg aufnehmen. Zwei neue Mitarbeiterinnen unterstützen ihn. So kompetent und sympathisch Bannalec sie beschreibt, ist anzunehmen, dass sie im nächsten Band Dupins Team erhalten bleiben.

Weder Chaboseaus Frau noch seine beiden Freunde, der stadtbekannte Apotheker Priziac und der Weinhändler Luzel können sich auf den Tod des Arztes einen Reim machen. Mit Hilfe seiner beiden neuen Mitarbeiterinnen geht Dupin den Verbindungen der drei angesehenen Geschäftsleute nach und beschreibt so ganz nebenbei die Straßen und Plätze, die Parks und Kneipen einer Stadt, die im Leser sofort Sehnsucht weckt.

Dupin hat kaum mit seinen Ermittlungen begonnen, da erschüttert ein Anschlag auf einer Werft, an der die drei Freunde und Geschäftspartner beteiligt waren, den Ort.

Hat der Anschlag etwas mit dem offensichtlichen Mord zu tun?

Von Anfang an spielt ein Roman von Georges Simenon mit dem Titel „Der gelbe Hund“, der Maigret bei Ermittlungen in Concarneau zeigt, eine zunächst unklare Rolle. Bald jedoch wird Dupin immer klarer, was die Personen in dem Roman mit den aktuellen Todesfällen (Luzel wird auch ermordet) zu tun haben.

Mit einem genialen Trick schafft es Dupin seine unerreichbaren Mitarbeiter über die Notlage zu informieren und als sie bald darauf eintreffen nehmen die Ermittlungen durch Nolwenns Können und Erfahrung und Rivals Lokalkenntnisse sofort Fahrt auf.

Viele Menschen sind verdächtig, auch der Bürgermeister Kirag ist darunter, doch schließlich bietet der „Gelbe Hund“ den Schlüssel zu einem überraschenden Ende eines unterhaltsamen und spannenden Falles, der seine Leser mit den traumhaften Beschreibungen von Concarneau und Umgebung in eine Art permanente Urlaubsstimmung versetzt.

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.07.2019
Die Stunde der Optimisten
Straubhaar, Thomas

Die Stunde der Optimisten


ausgezeichnet

Thomas Straubhaar, Die Stunde der Optimisten. So funktioniert die Wirtschaft der Zukunft, edition Körber 2019, ISBN 978-3-89684-271-8

Besonders in den letzten Jahren ist es in Deutschland zu einer regelrechten Mode geworden, alles niederzumachen und eher das Negative zu betonen. Auch wenn in sicher auch zunehmenden Maße ein größer werdender Handlungs- und Veränderungsbedarf besteht, ist die wirtschaftliche Lage unseres Landes bei weitem nicht so schlecht, wie die Pessimisten es posaunen.

Thomas Straubhaar ruft in dem vorliegenden Buch die „Stunde der Optimisten“ aus und plädiert für mehr Zuversicht in die Zukunft unseres Landes. Während viel Autoren und Zeitschriften in der Vergangenheit düstere Zukunftsaussichten an die Wand malten, vom „Abstieg eines Superstars“ (Gabor Steingart) sprachen oder die „fetten Jahre vorbei“ wähnten (Spiegeltitel).

Thomas Straubhaar zeigt in seinem Buch, dass das Gegenteil der Fall ist. Besonders dramatisch zeigt sich die Fehleinschätzung nach ihm bei einem Vergleich, wie sich die realen Pro-Kopf-Einkommen in der letzten Dekade verändert haben. Mitte der 2000er-Jahre erreichte Deutschland ziemlich genau den Durchschnitt aller hoch entwickelten Volkswirtschaften. Ein Jahrzehnt später liegt die Bundesrepublik zehn Prozent voran.

In einem das Buch begleitenden Artikel schreibt Straubhaar:
„Abstieg und Untergang sehen anders aus. Es gibt kaum einen sozioökonomischen Indikator, bei dem Deutschland heute schlechter dasteht als vor einer Dekade. Die Bevölkerung lebt besser, länger und gesünder. Die Lebenserwartung bei Geburt ist weiter gestiegen, um zwei Jahre für Mädchen auf über 83 Jahre und für Jungen gar um drei auf mehr als 78 Jahre. Alleine schon, dass Deutschland wie ein Magnet auf Erwerbssuchende aus Europa wirkt, zeigt, wie attraktiv das ‚Modell Deutschland‘ all seiner Schwächen zum Trotz gerade heutzutage unverändert ist.“

Sicher gibt es vor allen Dingen in der Infrastruktur des Landes einen schon lange bekannten Investitionsmangel, der dringend in den nächsten Jahren angegangen werden muss, sicher gibt es durch die Überalterung der Gesellschaft große Probleme und eine sich andeutende Ablösung der großen Koalitionen der letzten 15 Jahre löst Unsicherheiten über die politische Zukunft aus, doch zu Pessimismus besteht kein Anlass. Laut Straubhaar hat die „Stunde der Optimisten“ geschlagen.

Wünschen wir ihn überall, wo sie Verantwortung tragen (werden) viel Erfolg!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.07.2019
Ein Narzisst packt aus
Anders, Leonard

Ein Narzisst packt aus


ausgezeichnet

Leonard Anders, Ein Narzisst packt aus. Ehrlichkeit gegenüber dem inneren Kind und gesellschaftliche Anerkennung, Tectum Verlag 2019, ISBN 978-8288-4043-0

Das vorliegende Buch ist eine wie ich finde gelungene Mischung aus biografischen Notizen, eigenen Therapieerfahrungen, wissenschaftlichen Erläuterungen und zahlreichen Interviews mit Experten (unter anderen Hans-Joachim Maaz). Dem seit seiner Jugend unter einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung leidende Leonard Anders gelingt es in einer wahren Fleißarbeit dem Leser und wohl auch vielen anderen von der Störung betroffenen Menschen nicht nur einen überzeugenden und grundlegenden Einblick in das Phänomen zu geben, sondern durch die Beschreibung seiner ganz persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse vermittelt er dem nicht betroffenen, sondern nur am Thema interessierten Leser einen bewegenden und betroffen machenden Einblick in die Innenwelt eines unter narzisstischer Persönlichkeitsstörung leiden Menschen.

Einer der von Leonard Anders in dem Buch interviewten Fachleute, Dr. med. Bodo Karsten Unkelbach schreibt zu diesem Buch:
„Die in diesem Buch vorliegende Auseinandersetzung mit dem Krankheitsbild der narzisstischen Persönlichkeitsstörung ist ein Aufruf an die Gesellschaft, sich kritisch zu hinterfragen. Es verdeutlicht, wie unendlich wertvoll ungeteilte Aufmerksamkeit, Respekt, Einfühlungsvermögen, Wahr- und Ernstgenommenwerden, Ermutigung, Anerkennung und eine wertschätzenden Auseinandersetzung für Kinder sind.“

Deshalb ist das Buch nicht nur für betroffene Menschen und ihre Angehörigen zu empfehlen, sondern auch für alle, die in irgendeiner Weise an der Erziehung von Kindern beteiligt sind.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.07.2019
tiptoi® CREATE Die galaktische Weltraum-Mission; . / tiptoi®
Recke, Karla

tiptoi® CREATE Die galaktische Weltraum-Mission; . / tiptoi®


ausgezeichnet

Karla Recke, Antje Hagemann, Die galaktische Weltraum-Mission, Ravensburger Verlag 2019, ISBN 978-3-47355489-8

Vor vielen Jahren hatte der Ravensburger Verlag 2010 mit seinem TipToi Stift und den entsprechenden Büchern eine vollkommen neue Weise ermöglicht, wie Kinder interaktiv mit Büchern und neuem Wissen umgehen können. Tip Toi ist ein audiovisuelles Lernsystem für Bücher und Spiele, mit dem die Kinder die Welt spielerisch entdecken. Tippt das Kind mit dem Stift auf ein Bild oder einen Text oder ein entsprechendes Symbol, erklingen passende Geräusche, Sprache oder auch Musik. Eine intelligente Elektronik ermöglicht Kindern, Bücher und Spiele völlig eigenständig immer wieder neu zu erleben.

Nun hat der Verlag einen neuen Stuft produziert, „TiptoiCreate“, und wird wohl alle neuen Bücher nach diesem System ausrichten. Zusätzlich zum alten Stift ist im neuen ein Mikrofon integriert, das es Kindern ermöglicht, Geräusche und Sprache selbst aufzunehmen. Nach wie vor ist der Stift leicht zu bedienen und passt in jede Kinderhand.

In dem vorliegenden neuen Buch von Karla Recke mit Illustrationen von Antje Hagemann erreicht Captain Fleck mit seiner Crew (sie sind alle witzige Tierfiguren, die lustig gezeichnet sind) eine geheime Nachricht aus dem Weltall. Und schon nimmt ein galaktisches Abenteuer seinne spannenden Anfang.

Auf der Suche nach dem Absender der geheimen Nachricht, reisen der Captain und seine Crew zu fremden Planeten. Dabei erfahren sie (und natürlich die das Buch lesenden und hörenden Kinder) Faszinierendes über den Weltraum und sie finden viele Freunde fürs Leben.




Auch auf dieser verrückten Reise durch das Welt all ist die Mithilfe der das Buch betrachtenden Kinder zwischen sechs und 9 Jahren nötig. Es gilt Geschichten zu erfinden, Logbuch zu führen oder Witze zu erzählen. Ganz spielerisch trainiert tiptoi® CREATE so die Kreativität und Sprachkompetenz kleiner Entdecker.

Hat man den Stift einmal angeschafft, kann er sicher für viel Jahre und viele weitere Bücher nach diesem System genutzt werden.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.06.2019
Toleranz: einfach schwer
Gauck, Joachim

Toleranz: einfach schwer


ausgezeichnet

Joachim Gauck, Toleranz- einfach schwer, Herder Verlag 2019, ISBN 978-3-451-38324-3

Dass ein Buch des Altbundespräsidenten Joachim Gauck über das Thema Toleranz zu heftigen Debatten führen würde, war in diesen aufgeheizten Zeiten zu erwarten. Zeiten, in denen Gauck und andere von rechts schon lange als Volksverräter denunziert werden und in denen jegliche Differenzierung zu bestimmten Themen sofort in die rechtsradikale Ecke gestellt wird.

Und tatsächlich ist Gauck nach seinen zahlreichen Interviews und Fernsehauftritten zur Promotion seines Buches (das ist eben so üblich) insbesondere in den „sozialen“ Netzwerken viel Hass und Häme entgegengebracht worden.

Dabei hätten sie besser einmal das Buch gelesen um genau zu verstehen, was Gauck eigentlich meint, wenn er von kämpferischer Toleranz spricht, die auch Gespräche und Kommunikationsversuche mit AfD-Anhängern nicht ausschließt, sofern sie nicht kriminelle Haltungen vertreten.

Gauck will der zunehmenden Spaltung unserer Gesellschaft etwas entgegensetzen, was helfen könnte, so etwas wie einen Heilungsansatz zu entwickeln. Dafür, so sagt er, brauchen wir einen erweiterten Begriff und eine erweitere Praxis von Toleranz einerseits und eine reflektierte Pflicht zu einer von aufklärerischen Werten geleiteten Intoleranz, die den Feinden der Freiheit sich in den Weg stellt.

Toleranz ist eben nicht ein Zeichen für „anything goes“ und politische Indifferenz, sondern eine aktive und politisch bewusste Haltung, die uns und andere bereichert und unsere Gesellschaft in Zeiten schwerwiegender Umbrüche wieder zusammenführen kann:
„Wir sollten Toleranz nicht nur als Zumutung begreifen, sondern als beglückende Tugend und zugleich als ein Gebot der politischen Vernunft.“
Ein wichtiger Denkansatz von einem Politiker und Theologen, dem das, was die Menschen zusammenhält immer wichtiger war, als das was sie trennt und der die vorschnelle Unterteilung der Menschen in Böse und Gute mit der anschließenden Ausgrenzung der jeweils als Böse definierten aus dem Diskurs schon immer verurteilt hat.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.