Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Luisabella
Wohnort: 
Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 174 Bewertungen
Bewertung vom 08.08.2022
Isidor
Kupferberg, Shelly

Isidor


sehr gut

Isidor - die Erzählung einer jüdischen Familiengeschichte

» »Stil hat man oder hat man nicht«, das habe nichts mit Geld zu tun. Dazu gehöre auch das Speisen mit Gabel und Messer. Und ein ordentliches Trinkgeld, behauptete der junge Israel weltmännisch.« (S.41)

Und Stil, den hat der Kommerzialrat Dr. Isidor Geller (*15.9.1886 | † 17.11. 1938), der in einem kleinen Schtetl in Galizien als Israel mit seinen vier Geschwistern aufgewachsen ist und als junger Mann - umbenannt in Isidor - einen beachtlichen Aufstieg in der k.u.k Metropole Wien macht.

»Isidor lernte rasch, den richtigen Augenblick abzuwarten und sich dann einzubringen. Ohne aufdringlich zu sein - er hatte die Gabe, Menschen für sich zu gewinnen.« (S. 65)

Als Direktor in einer Lederfabrik wird Isidor im 1. Weltkrieg nicht eingezogen und schafft durch geschickten Handel auf dem Schwarzmarkt und Anlage auf dem Aktienmarkt es zu einem beachtlichen Vermögen. In »Isidor« erzählt die Autorin die Lebensgeschichte ihres Urgroßonkels und verbunden damit auch die ihres Großvaters Walters: Von Isidors Werdegang über seine Blütezeit in Wien als Gastgeber großartiger Veranstaltungen in seinem Palais und seine Liebschaft mit der heutigen Hollywood-Star Ilona Hajmássy (später Massey) bis zu seiner Verhaftung nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in Wien 1938 und seinem damit einhergehend Untergangs.

Es ist eine interessante Biografie, die Shelly Kupferberg aufwändig recherchiert und mit Fiktion zu diesem Roman verdichtet hat. Gerne hätte ich am Ende noch mehr von der Lebensgeschichte ihres Großvaters erfahren, da vieles aus seinem Leben ebenfalls miterzählt worden ist. Alles in allem eine klare Leseempfehlung!

»Isidor« ist das Debüt der Journalistin, Moderatorin und Autorin Shelly Kupferberg, das am 24. August 2022 im Diogenes Verlag erscheint.

Bewertung vom 01.08.2022
Das Leben vor uns
Gorcheva-Newberry, Kristina

Das Leben vor uns


ausgezeichnet

«And we'll keep on fighting till the end ...»

«Etwas zu wollen und in der Lage zu sein, es zu tun, ist zweierlei. Vielleicht erleben nur ein paar Glückskinder beides zusammen. Vielleicht ist es das, was man Glücklichsein nennt: die Fähigkeit, seine Wünsche mit den eigenen Fähigkeiten in Einklang zu bringen. Aber oft liegt es ja gar nicht an uns.» S. 106 ❤️‍

Bewertung vom 29.07.2022
Susanna
Capus, Alex

Susanna


weniger gut

Erzählung der Lebensgeschichte von Susanna Faesch im 19. Jhd.

»SUSANNA« ist das 16. Buch des Autors und Übersetzers Alex Capus. Der gebürtige Franzose lebt mit seiner Familie in der Schweiz und ist bekannt für seine Bestseller wie »Léon und Luise«.

Das neue Buch von Capus erzählt die Lebensgeschichte der Malerin Susanna Faesch im 19. Jahrhundert, die in der Schweiz aufwächst und mit ihrer Mutter in die Staaten immigriert. Zu Beginn des Romans wird das Aufwachsen von Susanna in der Schweiz geschildert. Hier wird eine Situation um den ‚wilden‘ Mann sehr ausführlich geschildert und aufgegriffen, ohne dass dies einen tieferen Sinn für die weitere Erzählung hat. In den Staaten lebt sich Susanna schnell ein und kommt durch einen Zufall zur Porträtmalerei - bei der sie ein Leben lang bleiben wird.

»Nach der Highschool stand sie vor der Frage, welchen Lebensweg sie einschlagen sollte. Das Problem war, dass sie überhaupt keinen Lebensweg einschlagen wollte; keinen von den Trampelpfaden, die es ja nur deshalb gab, weil sie von so vielen Menschen schon begangen worden waren.«(S.127)

Mich persönlich hat das Buch überhaupt nicht überzeugen können. Vielleicht hatte ich zu hohe Erwartungen an das neue Buch des Autors von »Léon und Luise« - das mag sein. Die Geschichte von Susanna Faesch ist aber weder besonders inspirierend, noch emotional ergreifend oder spannend. Ich habe die ganze Zeit auf eine Wende gehofft, aber schlussendlich kann ich dem Buch nicht viel abgewinnen. Den Klappentext finde ich ebenfalls nicht gelungen und sehr irreführend. (Achtung Spoiler!) Die Begegnung von Susanna. Faesch und dem amerikanischen Ureinwohner Sitting Bull findet zwar statt - aber komplett am Ende des Buches und Ihr Porträt hat sie von einem Abbild auf einer Show für ihren Sohn abgemalt.

Wer sich für das einfache Leben und eine mögliche Entwicklung dessen im 19. Jahrhundert interessiert, wird hieran vielleicht sein Vergnügen haben. Für mich war es das nicht.

Bewertung vom 21.07.2022
Violeta
Allende, Isabel

Violeta


sehr gut

Hundert Jahre Lieben, Leiden, Leben der Violeta spannend erzählt von Erzählmeisterin Isabel Allende

» »Du bist kein kleines Kind. Verteidige deine Unabhängigkeit, lass nicht zu, dass jemand anders für dich entscheidet. Du musst lernen, alleine klarzukommen. Hast du verstanden?«, sagte sie. Diese Mahnung habe ich nie vergessen.« (S.127)

Als Ich-Erzählerin schreibt Violeta del Valle einen Brief an ihren Enkel Camilo im Jahr 2020 und erzählt ihm darin ihre Lebensgeschichte von ihrerr Geburt 1920 in Chile bis zu ihrem Ableben 2020.

Violeta erzählt von ihrem Aufwachsen in einem Familienclan mit fünf älteren Brüdern, vom tiefen Fall ihres zwielichtigen Vaters, der Flucht aufs Land durch die Frauen der Familie mit ihr als jüngster Tochter und der dortigen glücklichen Kindheit. Sie erzählt von ihrer ruhigen Ehe Anfang ihrer 20er und dem Ausbruch daraus in eine sehr toxische Beziehung mit Piloten Julián, mit dem sie ihre beiden Kinder Juan Martín und Nieves bekommt. Sie erzählt von ihrer finanziellen Unabhängigkeit, die sie sich mit Hilfe ihres Bruders José Antonio erarbeitet hat und ihr Leben lang fortführt. Sie erzählt von all den Familienmitgliedern und Freunden, die zur Familie geworden sind, und wie das Leben sie zeichnet.

In »VIOLETA« werden Familiendramen mit weltpolitischen Geschehen in Chile und Lateinamerika verknüpft und das Epos der Familiengeschichte der del Valles von Violeta erzählt.

In 4 Teilen erzählt Violeta ihre Lebensgeschichte und greift dabei an der ein oder anderen Stelle etwas vor, streut Informationen, die im späteren Verlauf wieder aufgegriffen und fortgeführt werden. Durch diese Erzählform gelingt es der Autorin, Ereignisse aus Sicht der Protagonistin zu erzählen und diese dies gleichzeitig nüchtern und selbstkritisch reflektieren zu lassen. Zudem werden durch diese ‚Mini-Spoiler‘ der Lesesog verstärkt.

Isabel Allende zeigt mit »VIOLETA« erneut ihrer großartige Erzählkunst. Ich persönlich hätte mir eine noch faktenbasierter und tiefgehendere Einbettung der wechselhaften politischen Gegebenheiten (Korruption, Militärdiktatur, Unterdrückung der Indigenen) gewünscht, sowie eine stärkere Einordnung - zumal die Autorin mit ihren Figuren eine perfekte Grundlage dafür geschaffen hat.

Insgesamt ein toller Roman über eine starke Frau von Isabel Allende.

»VIOLETA« von Isabel Allende wurde aus dem Spanischen von Svenja Becker übersetzt.

Bewertung vom 12.07.2022
Fräulein Steiff
Gottschalk, Maren

Fräulein Steiff


ausgezeichnet

Tolle Romanbiografie über Margarete Steiff - die Gründerin der berühmten Spielwarenfabrik Margarete Steiff GmbH

»[…] Das Elefäntle gehört in die Welt der Kinder und schenkt ihnen etwas, das sie brauchen: einen Freund und Zuhörer, ein weiches Schmusetier, ein Wesen, mit dem sie auch. ihre Angst und ihre Wut teilen können...« (S. 301)

Bewertung vom 11.07.2022
Von einem Sohn dieses Landes
Baldwin, James

Von einem Sohn dieses Landes


ausgezeichnet

James Baldwin (1924 NY

Bewertung vom 05.07.2022
Freundin bleibst du immer
Obaro, Tomi

Freundin bleibst du immer


sehr gut

Eine wundervolle Frauenfreundschaft in Nigeria

»Freundin bleibst Du immer« (aus dem Englischen »Dele weds Destiny« übersetzt von Stefanie Ochel) ist das Debüt der US-amerikanischen und in NY lebenden Kulturredakteurin und Autorin Tomi Obaro.

Der Roman erzählt in drei Teilen und auf zwei Zeitebenen die Freundschaft der drei nigerianischen Frauen Enitan, Zainab und Funmi (Diminutiv von Olufunmilola). Destiny - die Tochter von Funmi - heiratet in Lagos (Nigeria). Zu diesem Anlass kommen die Studienfreundinnen zusammen und die Geschichte ihrer Freundschaft gespickt mit den jeweiligen Lebenswege wird erzählt. Warum lebt Enitan mit ihrer Tochter Rumni in NY? Wieso reagiert Funmi auf die Nicht-Beachtung ihres Mannes so kalt? Und warum ist Zainab die Patentante von Destiny?

Verwoben in dieser fiktiven Geschichte werden zahlreiche Informationen über Nigeria, die Hochzeitstraditionen, eigene Redensarten, Kultur & Essen sowie der Protestbewegung der Studierenden zur damaligen Zeit. Inbesondere das Glossar ist bei den Worten bzw. Ausrufen oder auch den nigerianischen Spezialitäten als Erläuterung sehr hilfreich.

Einziger Kritikpunkt von meiner Seite: Das Buch greift viele Themen der Protagonistinnen auf und diese werden mir teilweise zu oberflächlich behandelt. Insgesamt finde ich es ein großartiges Debüt, bei dem ich ganz neben bei neues Wissen über Nigeria erworben habe. Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 25.06.2022
Was ich nie gesagt habe / Gretchen Bd.2
Abel, Susanne

Was ich nie gesagt habe / Gretchen Bd.2


sehr gut

Fortsetzung der Familien-Saga um Konrad, Greta & Tom Monderath

»Was ich nie gesagt habe: Gretchens Schicksals Familie« ist die Fortsetzung des Buches »Stay Away from Gretchen: Eine unmögliche Liebe« von der Regisseurin und Autorin Susanne Abel. Bereits in ihrem ersten Roman griff die Autorin ein wahres Thema auf und hat es literarisch verarbeitet: Die Liebe zwischen amerikanischen, schwarzen GIs und jungen Frauen inkl. des Umganges mit aus dieser Liebe entstandenen Kindern

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.06.2022
Ambivalenz
Nothomb, Amélie

Ambivalenz


ausgezeichnet

Feiner Roman über menschliche Ambivalenzen
Am·bi·va·lenz [Substantiv, feminin [die] | Zwiespältigkeit; Spannungszustand; Zerrissenheit [der Gefühle und Bestrebungen]]

Wie kann tiefe Liebe in noch tiefere Rachegefühle umschlagen?

Bewertung vom 05.06.2022
Fischers Frau
Kalisa, Karin

Fischers Frau


gut

Perser-Teppiche der Ostsee oder die Geschichte über Pommerschen Fischerteppiche
Für ihren neusten Roman »Fischers Frau« (ET 01.06.22) hat die Autorin Karin Kalisa die Geschichte der Pommerschen Fischerteppiche aus den1920er Jahren recherchiert und fein mit einer fiktiven Geschichte um zwei Frauen verwoben.

Die Faserärcheologin und Museumskuratorin Mia Sund erforscht altes Gewebe. Als sie an einem alten Fischerteppich in intensiven Blau- & Grüntönen arbeitet, begibt sie sich damit auf die Suche nach der Herkunft und Geschichte des schönen Kunstwerk. Karin Kalisa nimmt Leser:innen tief in die Geschichte der 1920er Jahre mit, in denen es ein Fangverbot für Fische in der Ostsee gab. Mia erforscht mit dem Teppich nicht nur die Geschichte der Pommerschen Fischerteppiche, sondern auch die einer anderen Frau und während dieser Nachforschungen ändert sich das Leben der Protagonistin. Mehr will ich an dieser Stelle nicht verraten