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kindder80er

Bewertungen

Insgesamt 131 Bewertungen
Bewertung vom 19.09.2017
Ein Gentleman in Moskau
Towles, Amor

Ein Gentleman in Moskau


ausgezeichnet

Wortgewaltig und vom Sprecher meisterhaft umgesetzt - Das Buch beginnt damit, dass Graf Alexander Iljitsch Rostov verhört wird und selbst in so einer Situation seinen schelmischen Charme nicht verliert, wie man aus dem Protokoll entnehmen kann.

Sie würden ihn gerne sofort wegen eines Gedichts an die Mauer stellen, aber da er einigen hohen Funktionären gefällt, ereilt ihn "nur" der lebenslange Hausarrest im Hotel Metropol, in dem er schon ein paar Jahre lebt. Sollte er allerdings nur einen Fuß auf die Straße setzen, würde er sofort erschossen.

Leider wird ihm seine bisherige, großzügige Suite weggenommen und er kommt in einer schäbigen Kammer unter. Viele seiner Besitztümer werden ihm enteignet, aber er scheint sich damit gut arrangieren zu können. Überhaupt bleibt er immer höflich - selbst zu Tauben, die an sein neues Fenster "klopfen". Unter diesen Voraussetzungen lebt Rostov sein Leben im Metropol weiter und hat dabei Begegnungen, die sein Leben verändern...

Mir hat das Buch ausgesprochen gut gefallen, denn der Graf bleibt aller widrigen Umstände zum Trotz immer sympathisch und bisweilen schelmisch humorig. Die Hotelangestellten behandelt er wie gute Freunde, was auf Gegenseitigkeit beruht. Dennoch macht er auch Veränderungen durch...

Dem wunderbar ausgefeilten Schreibstil setzt der Sprecher Hans Jürgen Stockerl noch die Krone auf: Mit einer sonoren, ruhigen Stimme, einer tollen Betonung und mit verschiedenen Tonlagen für verschiedene Rollen hört man ihm einfach sehr, sehr gerne zu!
Die 9 CDs der gekürzten Lesung sind übrigens in einer Box und jeweils noch in einer Papierhülle untergebracht.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.09.2017
Und es schmilzt
Spit, Lize

Und es schmilzt


sehr gut

Grausame Kindheit -
Normalerweise bewerte ich ja keine Cover, aber bei diesem Buch sticht es sofort ins Auge: Durch den geprägten Titel sieht es tatsächlich so aus, als wären die Buchstaben aus Eis. Ein sehr schöner Effekt, der in der Buchhandlung dafür sorgt, dass man automatisch danach greift. Der dunkle Schnitt hebt sich auch noch mal ab, allerdings "kleben" die Seiten vor dem ersten Blättern dadurch etwas aneinander.

Eva ist das mittlere Kind und in einem kleinen niederländischen Dorf aufgewachsen. In Rückblenden erfahren wir, wie die Familie tickte und nach einem Zeitsprung ins Jahr 2002 (mitten in der Pubertät von Eva), dass dem Bruder von Pim, Jan, irgendetwas zugestoßen ist, das ihn sterben ließ.

Dann springt das Buch wieder ins Jahr 1993 in die Zeit der Einschulung von Eva, Pim und Laurens. Mehr als drei sind sie auf dem Dorf in dem Jahrgang nicht und so hängt Eva mit zwei raubeinigen Jungs rum, obwohl sie schon auch gerne zu den Mädchen gehören würde. Trotzdem hat sie den Eindruck, dass sie dieser Umstand nur stärker macht, obwohl sie sich plump fühlt.

In unserer Zeit macht sich Eva mit einem großen Eisblock auf den Weg in eben dieses Dorf. Was genau sie vor hat, bleibt anfangs noch im Dunkeln und auch, welche Rolle der Eisblock hat. Nach und nach enthüllt sich dem Leser aber eine Geschichte einer grausamen Kindheit. Nicht nur im Elternhaus müssen Eva und ihre Geschwister einiges erdulden, nein auch ihre beiden Freunde machen ihr Leben nicht leichter. Man kann im Verlauf des Buches förmlich die Kinderseelen brechen hören. Bei allzu verstörenden Details kann man fast nicht weiterlesen, weil man den gerade gelesenen Absatz mit einem Kopfschütteln immer und immer wieder lesen muss...

Von daher "verlangt" das Buch wirklich "alles". Ein Drama, das in menschliche Abgründe blicken lässt...

Der Schreibstil ist dabei zwar bildhaft, aber auch distanziert. Es wird nicht gewertet, sondern nur beschrieben und erzählt. Ich habe es "gern" gelesen, weil es bei aller Brutalität spannend war...

Bewertung vom 22.08.2017
Dann schlaf auch du
Slimani, Leïla

Dann schlaf auch du


sehr gut

Bewegendes Gesellschaftsdrama - Das Besondere an dieser Geschichte ist, dass sie mit dem Ende beginnt. Einem sehr dramatischen Ende, da das Baby von Myriam und Paul tot ist, die größere Tochter so schwer verletzt, dass sie wohl auch erliegen wird und die Nanny liegt mit aufgeschnittenen Pulsadern daneben. Myriam hat einen Nervenzusammenbruch, wollte sie doch ihre Kinder überraschen und ist ausnahmsweise früher von der Arbeit zurück gekommen...

Aus dieser apokalyptischen Szenerie wird der Leser dann bald wieder herausgerissen, denn nun begeben wir uns gemeinsam mit Myriam und Paul an den Anfang der Geschichte und auf die Suche nach einer Nanny. Myriam und Paul arbeiten sehr viel, wollen den Kindern etwas bieten, viel Geld verdienen und suchen eine Nanny, die "schuftet, damit wir schuften können".

Wir erfahren auch mehr über die Hintergründe und wie die beiden ticken. Myriam wirkt recht egoistisch, hat sie doch ihre kleine Tochter seit dem Babyalter überall mit hin geschleppt - selbst in Bars und Restaurants. Das zweite Baby, Adam, hat sie bekommen, weil sie noch ein bisschen zu Hause bleiben wollte und mutwillig die Pille weggelassen hat. Dennoch liebt sie ihre Kinder augenscheinlich wie jede andere Mutter auch. Mit der Zeit wird ihr aber alles zu viel, denn zwei Kinder hat sie eindeutig unterschätzt. Sie will frei sein, wieder leben, raus gehen und arbeiten, die Kinder nerven sie nur noch, sogar ein bisschen Kleptomanie schlägt durch, um sich ein bisschen Euphorie für den Tag zu sichern. Auch da offenbart sich wieder eindeutig der Egoismus und sonderlich sympathisch macht sich die Protagonistin damit nicht, dennoch kann ich sie teilweise verstehen.

Der Charakter des Paul bleibt ein wenig blass und Mila, die große Tochter, hat selbst mich genervt, weil sie immer die Prinzessin spielen muss. Kurzum: Die Familie ist einem merkwürdig unsympathisch, trotzdem will man so ein Ende für sie nicht und leidet mit.

Gerade weil man das Ende kennt, achtet man auf erste Anzeichen, die zu dem Drama führen. Louise, die Nanny, die scheinbar alles im Griff hat und neben den Kindern auch noch den Haushalt auf eine Weise führt, wie es Myriam und Paul nie geschafft haben, hat selbst eine schwere Vergangenheit, die sich dem Leser in Rückblenden Stück für Stück offenbart. Sie nistet sich immer mehr in das Leben der Familie ein, wird unentbehrlich und kommt nicht nur emotional immer näher heran. Auch werden einige Handlungsweisen sichtbar, bei denen man dem Elternpaar zurufen möchte, etwas zu unternehmen.

Den Schreibstil finde ich spannend, weil er nicht wertend ist und die Geschehnisse ruhig beschreibt.

Tolles Buch mit einer besonderen Sprachgewalt!

Bewertung vom 22.08.2017
Aufstieg und Fall des außerordentlichen Simon Snow Roman
Rowell, Rainbow

Aufstieg und Fall des außerordentlichen Simon Snow Roman


sehr gut

Liebe auf den zweiten Blick - Dieses Buch ist quasi die Grundlage zum parallel erschienenen Buch "Fangirl". Dort schreibt die Protagonistin Fanfictions zu der (fiktiven) Reihe um den Zauberer Simon. Die Autorin Rainbow Rowell konnte aber nach Fertigstellung von "Fangirl" nicht von Simon und den anderen Charakteren lassen und spendierte ihnen eine eigene Geschichte.

Simon ist ein Junge, der in Heimen aufwächst, da er keine Eltern hat. Allerdings verbringt er seit Jahren nur die Sommer unter den "Normalos" und geht sonst auf eine Zaubererschule. Was ihm anfangs noch wie Einbildung vorgekommen ist, ist seit Jahren Realität und immer wieder ein Spagat zwischen zwei Welten.

Er ist ein kleiner Tollpatsch, was das Zaubern angeht, da er seine Magie nicht wie die anderen kontrollieren kann. Er kann sie nicht richtig steuern und sie explodiert im wahrsten Sinne aus ihm heraus. Trotzdem oder gerade deswegen kann er sich aber blind auf seine Freunde verlassen, mit denen er schon manche Abenteuer überstanden hat. Sein Erzfeind, der "Schatten" schwebt allerdings wie eine latente Bedrohung über ihnen.

Simon tritt nun sein letztes Jahr an der Schule an und spürt schon Abschiedsschmerz von seinem "zu Hause". "Der Magier", der Direktor der Schule ist so etwas wie sein Vaterersatz geworden, auch wenn der Kontakt zwischen beiden eher gering gesät ist. Simon soll laut einer Prophezeiung einer der mächtigsten Zauberer sein und die Zaubererwelt vor etwas Bösem retten...

Ja, auch ich sehe einige Parallelen zu Harry Potter, aber die verflüchtigen sich recht bald, denn dieses Universum ist doch um einiges anders. Am Anfang des Buches fühlt man sich wie ins kalte Wasser geworfen, denn anders als bei Harry Potter wird hier nur so getan, als gäbe es schon vorangegangene Bände. Immer wieder wird auf die Abenteuer hingewiesen, die man ja schon erlebt hätte - so, als wäre man mitgewachsen. Dass das etwas verwirrt und man erst mal "warm" werden muss, sollte jedem klar sein. Spätestens aber nach dem Auftauchen vom Vampir wider Willen, Baz, und ab Seite 150, fliegen die Seiten nur so an einem vorbei!

Die Liebesgeschichte ist einfach grandios und mal etwas anderes, als der gewohnte Einheitsbrei! Ich hab sooo mitgelitten und konnte beide Seiten verstehen...

Auch in punkto Zaubersprüche, woher sie herkommen, was sie bewirken und was die Magie in die "normale" Welt trägt oder auch nicht, ist neu interpretiert. Mir hat das Buch, wie gesagt, nach 150 Seiten richtig Spaß gemacht! Liebe auf den zweiten Blick sozusagen... ;-)

Bewertung vom 26.07.2017
Bea macht blau
Hennig, Tessa

Bea macht blau


sehr gut

Leicht wie der Sommer - Bea hat eigentlich alles, von was man so träumen kann: Ein gut bürgerliches Leben, eine kluge Tochter, die ihr Abi mit Bravour besteht und einen netten Mann.

Leider zerfällt einiges in ihrem Leben, als ihre Tochter ihr eröffnet, dass sie wegzieht. Das allein hätte man natürlich auch als Helikopter-Mom verkraften können - schließlich könnte man mit dem Ehemann wieder die Zweisamkeit intensiver erleben, wenn, ja wenn er nicht eine Affäre hätte...

Das alles wächst Bea über den Kopf und sie reist an den Ort, in dem sie als Kind mit ihrer Schwester am glücklichsten war. Sie will auftanken, auf andere Gedanken kommen und vor allem nach all den Jahren wieder sich selbst entdecken.

Bea ist mir absolut sympathisch und bodenständig. Sie lebt ihr Leben irgendwann nicht mehr verträumt und weiß genau, wo sie steht. Sie macht sich eben auf zu ihrem kleinen, persönlichen Abenteuer. Sie schaut über ihren Tellerrand hinaus und erlebt angenehme, wie auch eher schwierige Situationen, die sie dennoch mit spitzzüngigem Humor nimmt.

Mit all dem spanischen Flair des Baskenlandes ist dieses Buch natürlich federleichte Sommerlektüre, die einen auch auf Balkonien in fremde Gefilden entführt. Mir hat es gut gefallen, auch wenn das Ende ein bisschen "gewollt" ist, um mit einem Tusch abzugehen. ;-)

Bewertung vom 26.07.2017
Liebe wird überschätzt
Parrella, Valeria

Liebe wird überschätzt


sehr gut

Ehrlich, ungeschönt, aber trotzdem interessant - Nach der ersten Kurzgeschichte, weiß man schon so ungefähr, wohin die Reise geht: Relativ unsentimental wird das Thema Liebe oder was die Menschen dafür halten verarbeitet.

In acht Geschichten zeigt die Autorin verschiedene Lebenswege auf, die mit diesem Thema zu tun haben. Einmal ist es ein Ehepaar, was sich gegenseitig betrügt und die pubertierende Tochter doch mehr weiß, als alle denken, dann die besondere Liebe zum Essen, dann wieder eine Nonne, die aus Liebe zu einem fremden Kind ihre "alte Liebe" verlässt.

Solche Kurzgeschichten liebe ich! Man taucht ein, man lernt die Charaktere kennen, man meint zu wissen worum es geht und dennoch kommt ein Ende, das man sich so nicht gedacht hat. Zumal es hierum die hochgelobte Liebe geht, die gnadenlos auf den Boden der Tatsachen geholt wird. Hier endet es also nicht unbedingt mit dem Happy End, bei dem sich alle kriegen, sondern es geht so einige Schritte weiter! Der Alltag, der die Liebe aufzufressen droht, die Heimlichkeiten, die sich entwickeln oder sogar Affären daraus entstehen und die Langeweile, die sich einschleichen kann. Das alles ist ehrlich und weit weg von Heile-Welt-Geschichten, aber so ist das Leben und bisweilen auch die Liebe!

Trotzdem macht das Buch Hoffnung! Hoffnung darauf, dass man es selbst nicht so weit kommen lassen muss und dass man vielleicht doch den Seelenverwandten neben sich auf der Couch sitzen hat - man muss ihn nur wieder neu entdecken!

Bewertung vom 12.07.2017
Targa - Der Moment, bevor du stirbst / Targa Hendricks Bd.1
Schiller, B. C.

Targa - Der Moment, bevor du stirbst / Targa Hendricks Bd.1


sehr gut

Kleine, fiese Twists - Targa ist eine BKA Mitarbeiterin, die eine schwierige Vergangenheit und augenscheinlich keine Gefühle hat. Die Vermutung liegt nahe, dass sie unter einer Art Autismus leidet. Sie ist der perfekte Lockvogel für Sandman, der einige Opfer auf dem Gewissen hat, dem aber nichts handfestes nachzuweisen ist.

Was extrem spannend anfängt, hat im zweiten Drittel zwar ein paar Längen, aber auch einige kleine, fiese Wendungen zu bieten. Es ist nicht der riesengroße Twist, der dieses Buch ausmacht, sondern eben die kleinen Twists, die einen bei der Stange halten. Da der Täter ja bekannt ist, lebt die Story von der Annäherung von Targa und Sandman. Dabei werden nicht nur Schwächen von Sandman enthüllt, sondern auch von Targa, die gar nicht so richtig weiß, wie sie damit umgehen soll.

Mir hat das Buch gut gefallen und ich konnte es kaum weglegen, weil ich unbedingt wissen wollte wie es weitergeht. Ich hatte ständig Bilder im Kopf und finde, dass die Geschichte als Verfilmung einen grandiosen Psychothriller abgeben würde. Am Ende werden nicht alle Fragen geklärt, da es der Auftakt einer neuen Reihe sein soll. Das hätte man durchaus auch anders lösen können, aber wahrscheinlich will man den Leser auf diese Weise den zweiten Teil kaufen müssen lassen. Der Fall an sich wird aber abgeschlossen.

Bewertung vom 12.07.2017
Der Brief
Hagebölling, Carolin

Der Brief


sehr gut

Mysteriös und spannend - Das Buch hält sich nicht lange mit einer Vorgeschichte auf, sondern als Leser wird man zusammen mit Marie sofort mit dem mysteriösen Brief einer alten Schulfreundin konfrontiert, der von einem komplett anderen Leben spricht, als es Marie tatsächlich führt.

Um der Sache auf den Grund zu gehen, besucht Marie kurzerhand die besagte Schulfreundin, aber auch die fällt aus allen Wolken. Es ist zwar ihre Schrift, doch auch sie lebt ein anderes Leben, als es im Brief beschrieben steht und hat einen schweren Schicksalsschlag zu verkraften, der die mysteriöse Briefeschreiberin nicht ereilt zu haben scheint.

Als Leser muss man sich nur in Marie hineinversetzen, um einen gruseligen Schauer zu spüren... All die großen und kleinen Zufälle, die das Leben gestalten - was wäre, wenn es andere Zufälle gewesen wären? Marie erinnert sich daran, dass es sie vor Jahren wirklich fast nach Paris verschlagen hätte, aber sie wischt das alles beiseite - bis sie von ihrer Schulfreundin einen Brief zugeschickt bekommt, den sie selbst geschrieben haben soll...

Der Schreibstil liest sich flüssig und spannend und man kann irgendwie nicht aufhören, weiterzulesen. Im Mittelteil plätschert es ein bisschen vor sich hin, aber das hält nicht lange an. Zum Ende hin habe ich dann wieder ein wenig mehr Tiefgang vermisst und das Ende kam tatsächlich sehr abrupt. Fragen blieben offen, aber die Geschichte an sich wird abgeschlossen.

Die Idee an sich finde ich schon sehr genial und spätestens nach Abschluss des Buches sucht man automatisch sein Leben nach den tiefgreifenden Wendepunkten ab und sinniert, wie es anders gelaufen wäre. Trotzdem war mir das Buch zu schnell zu Ende. Es gäbe noch zig Ideen, die es weiter geführt hätten! Mir hat es aber gut gefallen und ich habe es kaum aus der Hand gelegt.

Bewertung vom 01.06.2017
Schluss mit Muss
Mairhofer, Tanja

Schluss mit Muss


ausgezeichnet

Pragmatischer Humor - Obwohl ich der Autorin nicht wirklich abnehme, dass sie seit 16 Jahren weder Fenster noch die Fliesen im Bad geputzt hat (vielleicht übernimmt das ihr Mann? ;-)), finde ich dieses Buch großartig!

Sätze wie "Kalkflecken und dreckige Fenster sind ein Beleg dafür, dass es wichtigere Dinge im Leben zu tun gibt, als zu putzen." oder "Aus einem Mops kann man keinen Windhund machen." könnte man sich sofort auf ein Kissen sticken! Dabei ist der Schreibstil sehr humorvoll, locker und ich musste öfter lachen, obwohl wir später erfahren werden, dass auch eine lange unentdeckte Schilddrüsenerkrankung mit dafür verantwortlich ist, dass das innere Faultier der Autorin überhand genommen hat. Es geht ihr jetzt wieder besser, aber durch die Erkrankung hat sie auch gelernt, wirklich Wichtiges von eher Unwichtigem zu unterscheiden.

Es geht hier aber nicht nur um das eigene Faultier, das einen immer wieder von mehr oder weniger sinnvoller Arbeit abhalten will, sondern vor allem um die Beurteilung der eigenen Person von anderen. Warum um Himmels Willen soll ich denn nicht nach unten schauen? Nur wegen eines kleinen Doppelkinns? Muss ich jetzt Zeit meines Lebens das Bäuchlein einziehen? Warum denn bitteschön und vor allen Dingen für wen? Darf ich nicht in Würde altern und meine Fältchen zeigen, die ich mir mühsam erlacht und erweint habe? Muss ich sie mit tausend Cremes und Mittelchen zukleistern? Menschen sind nicht perfekt und auch noch nie gewesen, obwohl uns Zeitschriften, Werbung und das Fernsehen an sich immer wieder weis machen wollen, dass wir uns im Handumdrehen selbst optimieren müssen und können.

Ich sage: Nö! ;-) Das Leben ist genau das, was wir daraus machen: Wenn wir uns selbst anschauen und zufrieden sind, strahlen wir das auch aus und da kann meine Aura auch löchrig und ausgefranst sein, wie sie will! So! ;-)

Bewertung vom 01.06.2017
Glaube Liebe Tod / Martin Bauer Bd.1 (2 MP3-CDs)
Gallert, Peter;Reiter, Jörg

Glaube Liebe Tod / Martin Bauer Bd.1 (2 MP3-CDs)


sehr gut

Verschiedene, spannende Handlungsstränge - Polizeimeister Walter Keunert ist im Begriff, sich von einer Brücke zu stürzen. Seine Ehe ist mehr oder weniger zerbrochen und wie wir später erfahren werden, wurde gegen ihn wegen Schmiergeld ermittelt.

Seelsorger Martin Bauer geht für einen "Pfaffen" eher unkonventionelle Wege. Nicht nur, dass er mit Gott einen Pakt geschlossen hat: Weniger Tote, weniger Zigaretten (ein Tag ohne Todesnachrichten und er raucht keine einzige Zigarette an diesem Tag), er springt auch beim Versuch Keunert vom Selbstmord abzuhalten, kurzerhand einfach selbst zuerst ins Wasser. Der Trick funktioniert und Keunert rettet Bauer.

Bauers Kollegen sind fassungslos und sauer auf den "Irren", aber er hat ein Leben gerettet während sein Privatleben inklusive Familie immer wieder auf der Strecke bleibt. Seine Frau ist sogar eifersüchtig auf ihn, da ihre gemeinsame, pubertierende Tochter ihren Vater mehr zu lieben scheint, obwohl er kaum da ist.

Wir lernen auch Tilo kennen, Sohn von Keunert und ebenfalls pubertierend mit einem Hass auf alles und jeden, vor allem sein Leben und seine Familiensituation machen ihn fertig. Seinen Vater hält er für einen Feigling. Tilo wird dann auch noch von einem Fremden bedroht und zusammengeschlagen.

Ein weiterer Handlungsstrang handelt von Mariana, einem jungen Mädchen aus einem Kaff in Rumänien. Sie wird von einer ehemaligen Schulfreundin nach Deutschland gelockt, denn hier verdient sie eine Menge Geld, hat die neuesten und kürzesten Kleider an - und das anscheinend nur mit Kellnern...

Diese verschiedenen Handlungsstränge bewegen sich aufeinander zu, denn Keunert stirbt nur 4 Stunden nach der Intervention von Bauer, weil er von einem Parkhausdach gestürzt ist. Natürlich denken alle an Suizid, Bauer ist allerdings davon nicht überzeugt und stochert weiter. Dabei kommt einiges ans Licht, was verborgen bleiben wollte...

Die Geschichte ist spannend, nicht allzu blutig und insgesamt ein guter Krimi. Ich habe der schönen, sonoren Stimme von Oliver Siebeck gerne zugehört, denn er liest ruhig und versteht es, dem Hörer die Spannung aufs Ohr zu drücken. Siebeck ist durch verschiedene Synchronrollen bekannt, wie z.B. "Herb" aus "Two and a half Men" oder "Paul Kellerman" aus "Prison Break". Das Hörbuch ist eine ungekürzte Version auf zwei MP3 CDs.