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mimitatis_buecherkiste
Wohnort: 
Krefeld

Bewertungen

Insgesamt 533 Bewertungen
Bewertung vom 30.10.2023
Die Einladung
Fitzek, Sebastian

Die Einladung


ausgezeichnet

Marla bekommt eine Einladung zu einem Klassentreffen, das in einem einsam gelegenen Berghotel stattfinden soll. Dort angekommen muss sie feststellen, dass von den anderen Reisenden jede Spur fehlt. Während draußen ein Schneesturm tobt, wird ihr klar, dass hier ein perfides Spiel gespielt wird, dem sie nicht entkommen kann.

Zu Beginn war ich maximal verwirrt durch die Zeitangaben und die Sprünge, die das Buch machte; zuerst hatte ich eine ganz andere Story im Kopf und wurde angenehm überrascht, als ich merkte, wie sich die Geschichte entwickelt. Im Laufe der Erzählung machten die Zeitsprünge immer mehr Sinn, die entsprechende Auflösung war einfach nur genial. Lange Zeit war ich mir nicht sicher, ob Marla Täter, Opfer oder Mitläufer war, das Raten machte mir unglaublich viel Spaß. Ich habe eine Vermutung gehabt und war überzeugt davon, dass diese zutreffend sein würde; umso überraschender fand ich, dass diese richtig war, aber eigentlich auch nicht. Herrlich! Die folgenden Ereignisse hätten spannender nicht sein können, die vielen Wendungen gaben dem Psychothriller die richtige Würze, immer wieder gab es einen Cliffhanger am Ende eines Kapitels, der dazu führte, dass eine Pause nicht möglich war, denn ich musste wissen, wie es weitergeht. Immer wenn ich dachte, aufregender könnte es nicht werden, kam eine Komponente dazu und mein Mund stand offen, so verblüfft war ich.

Je näher das Ende kam, desto neugieriger war ich, was für eine Auflösung der Autor für mich bereithalten würde. Mit diesem Abschluss allerdings hätte ich im Leben nicht gerechnet; wie, zur Hölle, konnte das passieren und wieso ergibt das Ganze rückwirkend so unglaublich viel Sinn?! Dieser Abschluss war großartig, ein besseres Ende könnte ich mir nicht vorstellen, wobei Fitzek nicht Fitzek wäre, käme nicht noch ein Sahnehäubchen oben drauf, das mich endgültig an meinem Verstand zweifeln ließ. Fitzek in Bestform und sogar ein Logikfehler ändert nichts daran, dass dieser Psychothriller das beste Buch aus der Feder des Autors in den letzten Jahren gewesen ist. Volle Punktzahl gibt es dafür von mir und eine Leseempfehlung dazu. Wer dieses Buch nicht liest, ist selbst schuld!

16 von 18 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.10.2023
Da bin ick nicht zuständig, Mausi
Conny from the block

Da bin ick nicht zuständig, Mausi


ausgezeichnet

Conny ist seit Jahrzehnten Beamtin im öffentlichen Dienst. Sie und ihre Kolleginnen kommen in diesem Buch zu Wort und das ist so ehrlich wie echt, was an Tragik nicht zu überbieten ist, wenn es nicht so unglaublich lustig wäre.

„Parallel zum brüllenden Gisela-Gesicht beobachte ich Doris dabei, wie sie sich die dritte Zigarette anmacht, heiter in die Kamera quatscht und sich dabei halbtot lacht. Ohne Ton. Dilara in Schockstarre, Ronja kurz vor dem Nervenzusammenbruch. Herzlich willkommen auf dem Amt, liebe Videokonferenz, hier hat wirklich niemand auf dich gewartet.“ (Seite 14)

Ob Digitalisierung, Home Office, Videokonferenz oder die schier unglaubliche Papierflut; diese und viele andere Themen werden im Buch behandelt und ließen mich nicht nur einmal vor Lachen fast vom Sofa fallen. Dies alles in einem Berliner Dialekt, lustiger gehts nicht, das hatte wirklich Charme. Wer vom Buch nicht genug bekommt, schaut sich die Videos von Conny auf Social Media-Seiten an, einen größeren Angriff auf die Lachmuskeln bekommt ihr woanders nicht. Ich jedenfalls wurde bestens unterhalten und vergebe dafür gerne fünf Sterne und eine Leseempfehlung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.10.2023
Sekunden der Gnade
Lehane, Dennis

Sekunden der Gnade


ausgezeichnet

Es ist das Jahr 1974, es gibt Unruhen in Boston, nachdem Richter W. Arthur Garrity Jr. aufgrund einer Sammelklage entschieden hat, dass künftig schwarze Kinder mit Bussen in weiße Schulen gebracht werden sollen und weiße Kinder in schwarze Schulen. Als die 17jährige Jules Fennessy nach einem Treffen mit ihren Freunden nicht nach Hause kommt, setzt ihre Mutter Mary Pat alle Hebel in Bewegung, um sie zu finden. In ihrem irischen Viertel stößt Mary Pat auf eine Mauer des Schweigens und ist außer sich vor Schmerz, als ihr klar wird, dass Jules nicht mehr heimkommt. Sie macht sich auf, die Schuldigen zu finden, um sie zu bestrafen. Zu verlieren hat sie nichts mehr.

„Sie erinnert sich nicht an dieses Mädchen, aber sie spürt es noch in sich. Sie spürt seine Verblüffung und sein Entsetzen. Über den Lärm und die Wut. Den Zornessturm, der sie umtobte und im Kreis herumwirbelte, bis ihr so verdammt schwindlig davon war, dass sie für den Rest ihres Lebens lernen musste, darin zu laufen, ohne hinzufallen.“ (Seite 203)

Dennis Lehane war im Sommer des Jahres 1974 neun Jahre alt, als er mit seinem Vater mitten in die Unruhen geraten ist. Dieses Erlebnis war so erschreckend und angsteinflössend, dass er sich entschlossen hat, die geschichtlichen Fakten mit einer fiktiven Geschichte zu verbinden. Mir waren die historischen Fakten unvollständig bekannt, dieses Buch hat dazu beigetragen, dass ich mich mit dem Thema näher beschäftigt und einiges dazugelernt habe. Wer ebenfalls interessiert ist, mehr darüber zu erfahren, dem empfehle ich, sich das Urteil Morgan gegen Hennigan anzusehen und durchzulesen. Ergänzend verweise ich darauf, dass die damalige Sprache nicht zeitgemäß ist und das N-Wort durchgehend im Gebrauch, was der Story eine Authentizität verleiht, die ansonsten fehlen würde.

Die vorliegende Geschichte fing ganz harmlos an, es gab einen Vorfall, der zunächst von mir als nebensächlich eingestuft wurde, bis eine Wendung kam, die dazu führte, dass die geschilderten Ereignisse plötzlich mit im Vordergrund standen. Die raffinierte Verknüpfung erstaunte mich, gab der Erzählung ab da einen ganz anderen Sinn, als ich vermutet habe. So kam es, dass ich mich unerwarteterweise in einem irischen Krimi wiederfand, der vor Spannung platzte, bis es wieder einen Twist gab, der mich sprachlos machte.

„Einmal blickt er zur Seite, als sie ihn gerade mit einem verstohlenen Lächeln ansieht, und erwägt die Möglichkeit, dass das Gegenteil von Hass nicht Liebe ist. Sondern Hoffnung. Denn Hass braucht Jahre, um sich zu entwickeln, aber Hoffnung kann um die Ecke gefegt kommen, wenn man nicht mal hinsieht.“ (Seite 170)

Ich schwankte zwischen Mitleid, Verständnis und Zorn, fühlte mich machtlos, gefangen in der Spirale von Hass. Ich litt zusammen mit Mary Pat, hielt den ermittelnden Beamten die Daumen, weinte mit trauernden Eltern, schrie mit der Menge, erlebte die Gewalt und platzte vor Wut. Manchmal musste ich innehalten und das Buch zur Seite legen, zu groß waren meine Emotionen; sie überfluteten meinen Körper und Tränen verschleierten meinen Blick. Was für ein Drama, welch eine Tragödie, grandios in Worte gefasst, erzählerisch eine große Wucht. Dieses Buch wird mir lange im Gedächtnis bleiben! Ein Highlight für mich, das fünf Sterne mit Sternchen bekommt und eine Leseempfehlung dazu.

9 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.10.2023
Wenn ich nicht mehr ich bin
de Vries, Franziska

Wenn ich nicht mehr ich bin


ausgezeichnet

Der Untertitel zum vorliegenden Buch lautet: „Ein Nachschlagewerk für alle, die wissen wollen, wer ich war“; womit wir mitten im Thema wären. Was passiert, wenn es uns aus Krankheits-, Alters- oder sonstigen Gründen nicht mehr möglich ist, uns mitzuteilen, unsere Gedanken und Wünsche zu äußern? Wenn andere Menschen für uns entscheiden oder sich um uns kümmern müssen. Woher wissen diese Personen, woher wir kommen, wer wir sind, was wir möchten und was nicht? Wohl dem, der von der Familie umsorgt wird, die im Regelfall zu seinen oder ihren Gunsten entscheidet und Rücksicht nimmt. Dieses Ausfüllbuch soll eine Hilfe sein, es bietet die Möglichkeit, mehr von sich zu erzählen, Fakten zu schaffen und dafür zu sorgen, dass unsere Wünsche respektiert und durchgesetzt werden sollen. Es gibt Platz für Fakten, Fotos, Anregungen, Gedanken und vieles mehr. Ein Buch zum selbst ausfüllen, ausfüllen lassen, behalten oder verschenken. Ein großartiges Werk! Volle Punktzahl gibt es dafür von mir.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.10.2023
Auf dem Nullmeridian
Lewis, Shady

Auf dem Nullmeridian


sehr gut

Der Ich-Erzähler ist ein ägyptischer Immigrant, allerdings kein Muslim, sondern ein koptischer Christ. Zehn Jahre ist seine eigene Flucht her, auf seiner Suche nach einem sicheren und besseren Leben landete er schließlich in London, wo er, mittlerweile eingebürgert, in der Wohnraumbehörde tätig ist, in einem für seinen hohen Anteil an Migranten bekannten Bezirk. Eine Tätigkeit, die an der Bürokratie verzweifelt, denn Sozialwohnungen, die man vermitteln könnte, existieren schlicht und ergreifend nicht. Eines Tages bittet ihn sein Onkel, das Begräbnis eines jungen Syrers zu organisieren, der nach seiner Flucht plötzlich und unerwartet in London verstarb.

Shady Lewis kam selbst 2006 als Einwanderer nach London und war mehr als zehn Jahre im sozialen Dienst der Stadtverwaltung tätig, hat also genug eigene Erfahrungen gemacht, um dieses Thema in seinem Buch aufgreifen zu können. Der namenlose Erzähler plaudert quasi aus dem Nähkästchen und dies tut er manchmal so beiläufig, dass man fast vergessen könnte, wie tragisch das Erzählte eigentlich ist. Das Leben der Geflüchteten ist schon schwer genug, diese Umstände gepaart mit der diesen Menschen gegenüber erfolgenden Willkür, dem stetigen Rassismus und der erfolglosen Suche nach einer Wohnung, sind stellenweise an Absurdität und Tragik kaum zu überbieten.

„Die erstaunliche Lektion, die ich in meinem damals sehr jungen Alter lernte, war die, dass uns Unrecht häufig dann weniger schlimm vorkommt, wenn wir erfahren, was das Motiv dafür war. Schlimm ist nur Unrecht, das man sich nicht erklären kann.“ (Seite 19)

Manchmal wurde mir die Erzählung zu phantastisch, Träume wechselten sich ab mit Situationen, die ich nur als surreal beschreiben kann. Darauf muss man sich als Leser einlassen können, ich jedenfalls habe dafür ein paar Seiten gebraucht. Hierbei gefiel mir besonders gut, dass die Gesellschaftskritik zwar offen, aber nicht aggressiv erfolgte; die Ironie vieler Ereignisse entging mir dabei nämlich nie. Ein interessanter Blick, der mir einiges aufzeigte, über das ich mir keine Gedanken gemacht habe, der mich gut unterhalten und manchmal sogar zum schmunzeln gebracht hat. Gerne vergebe ich vier Sterne und empfehle diesen Roman weiter.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.10.2023
Kattekerwalden
Husmann, Sy

Kattekerwalden


sehr gut

Telja wohnt in Kattekerwalden, sie hat sich ein kleines Häuschen gekauft und lebt dort mit ihrem Hund und zwei Islandponys, von denen eines ihrer besten Freundin gehört. Im Paddock der Pferde finden die Freundinnen die Reste eines alten Skeletts und versuchen, auf eigene Faust herauszufinden, wie dieses dahingekommen sein könnte. Mit Hilfe von Nachbarn und Freunden kommt Telja einer Geschichte auf die Spur, die ihr mehr über Kattekerwalden der 1950er Jahre verrät, als sie zu hoffen gewagt hätte.

Das vorliegende Buch mit dem ungewöhnlichen Titel Kattekerwalden ist das Debüt von Sy Husmann, die unter einem Pseudonym schreibt. Ich habe eine interessante Geschichte erwartet, aber nicht, dass diese so spannend erzählt würde, dass man fast von einem Kriminalroman sprechen kann. Die gegenwärtige Erzählung wird unterbrochen durch Tagebucheinträge einer in den 1950ern lebenden jungen Frau, was dazu führt, dass die heutigen Ereignisse unter einem ganz anderen Licht erscheinen. Erst nach und nach ergibt sich ein Gesamtbild, kommen ungeheuerliche Umstände zutage, und ich bin gespannt, ob ich erfahre, was vor so langer Zeit geschehen ist. Hierbei finde ich die Tagebucheinträge aufregender, als die Geschehnisse in der Gegenwart; das Schicksal der jungen Frau berührt mich sehr.

Ich habe mitgefiebert und mitgeraten, habe Theorien entworfen und festgestellt, dass meine Vermutungen in die falsche Richtung gehen. Kurz war ich sicher, der Lösung nahegekommen zu sein, nur um feststellen zu müssen, dass alles anders war, als gedacht. Dies hat mir sehr viel Spaß gemacht und spannend war es auch. Es gab ein paar eigenartige Satzstellungen und der Fehlerteufel schlug ebenfalls ein paar Mal zu, aber alles in allem gab es keinen Grund zum meckern. Gerne vergebe ich vier Sterne und spreche eine Leseempfehlung aus.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.10.2023
So weit der Fluss uns trägt
Read, Shelley

So weit der Fluss uns trägt


gut

Victoria ist siebzehn Jahre alt, als sie Wilson Moon begegnet, einem indigenen jungen Mann, welcher auf der Suche nach Arbeit in die Kleinstadt Iola in Colorado gekommen ist. Von Anfang an fühlen sich beide voneinander angezogen, was aufgrund der Herkunft von Wil problematisch ist. Besonders Victorias gewalttätiger Bruder Seth hat mit Wil ein großes Problem und tut alles dafür, ihn loszuwerden. Als Wil unter dramatischen Umständen ums Leben kommt, sieht die schwangere Victoria keine andere Möglichkeit, als in die Wälder zu fliehen, um dort ihr Kind zu bekommen.

Ich hatte leider große Probleme damit, ins Buch zu kommen, die ausschweifende Erzählweise hat mich nicht so begeistert, wie gewünscht. Wo die Landschaften überschwänglich und ausführlich beschrieben wurden, blieben die meisten Menschen für mich farblos und blass. Erst nach gut einem Drittel konnte ich mich ein wenig auf Victoria einlassen, verfolgte ihren Werdegang und ihr Erwachsenwerden, wollte mich so gerne mitreißen lassen von ihrer Stärke und ihrem Mut. Dennoch blieben für mich die großen Emotionen aus, bis zuletzt war Victoria mir fremd.

Dieser Roman blieb weit hinter meinen Erwartungen zurück und auch die Ich-Erzählerin hinterlässt kaum Eindruck bei mir. Manchmal passt es zwischen Buch und Leser nicht und dies scheint hier bedauerlicherweise der Fall zu sein. Ich bin aber sicher, dass das Buch seine LeserInnen findet. Ich entscheide mich es die goldene Mitte und vergebe solide drei Sterne.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.10.2023
Der Trip - Du hast dich frei gefühlt. Bis er dich fand.
Strobel, Arno

Der Trip - Du hast dich frei gefühlt. Bis er dich fand.


gut

Die Medien haben ihn den Camper genannt, ihn, den Unbekannten, der im norddeutschen Raum wahllos tötet, und zwar unschuldige Menschen auf verschiedenen Campingplätzen. Als es ein Phantombild gibt, kann die forensische Psychologin Evelyn Jancke es kaum glauben, denn der Täter sieht ihrem jüngeren Bruder Fabian zum verwechseln ähnlich. Ihrem Bruder, der vor zwei Jahren mit seiner Frau nach Spanien aufgebrochen ist, unterwegs mit einem Wohnmobil, und von dem seitdem jede Spur fehlt.

Das Buch fing dramatisch an, der Prolog war herzzerreißend und das erste Kapitel mit der Vorgeschichte fesselte mich ungemein. Leider ging es aber so nicht weiter, denn mit der Einführung der forensischen Psychologin Evelyn ging es mit der Geschichte immer weiter bergab. Die Story drehte sich im Kreis, richtige Spannung kam einfach nicht auf, da halfen auch die Zwischentöne seitens des Täters nicht, die im Gegenteil dazu führten, dass ich bereits im ersten Drittel ahnte, nein, tatsächlich wusste, wer der Täter war und warum. Hinzukam, dass Evelyn ihrem Berufsstand keine Ehre gemacht hat, denn mehr Inkompetenz und Unfähigkeit geht fast kaum. Gleiches gilt für Kollegen und Vorgesetzte, die diesem Treiben kein Ende bereitet haben, sondern sich daran beteiligten. Dies fand ich mehr als unrealistisch und auch wenn die Story fiktiv war, hätte ich mir ein wenig mehr Realitätsnähe gewünscht.

Als Fazit kann ich sagen, dass es für mich ein Roman mit leichten Spannungselementen war, dem Tempo, Abwechslung und ein wenig Action gutgetan hätten. Die Ereignisse überschlugen sich zum Schluss zwar, etwas wirklich überraschend Neues kam dabei allerdings nicht heraus. Für Fans des Autors ist das vorliegende Buch natürlich nichtsdestotrotz ein Muss.

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.10.2023
Hell
Burr, Shelley

Hell


sehr gut

Vor neunzehn Jahren verschwand die neunjährige Mina McCreery aus ihrem Zuhause, bis heute gibt es keine Spur von ihr. Ihre Zwillingsschwester Mina kämpft immer noch mit den Auswirkungen der mutmaßlichen Entführung, ihre traurige Berühmtheit hat stellenweise sogar dazu geführt, dass sie verdächtigt wurde, etwas mit dem Verschwinden ihrer Schwester zu tun zu haben. Als der Privatdetektiv Lane Holland Mina seine Hilfe anbietet, winkt diese ab, was sich ändert, als Lane eine neue Spur findet.

Das Buch fing gemächlich an und anfangs war unklar, was genau vor neunzehn Jahren passiert ist, denn außer Andeutungen und kleinen Hinweisen gab es keine ausführliche Erklärung dazu. Den ungefähren Hergang konnte ich im Laufe der Ereignisse selbst rekonstruieren, was mich allerdings nicht störte, denn zumindest gab es so etwas Nervenkitzel, wenn schon zu Beginn über lange Strecken hinweg die Spannung fehlte, was an vielen unnötigen Ereignissen lag, die für mich fehl am Platz waren. Dazu empfand ich die Erzählweise manchmal etwas anstrengend, denn statt sich auf einen Augenblick zu konzentrieren, wurden oft mehrere Aktionen zusammengeführt, was höchste Konzentration gefordert hat. Zum Beispiel kann ich eine Situation nennen, als eine Figur eine bestimmte Handlung durchgeführt, gleichzeitig mit einem Familienmitglied telefoniert, dabei Vermutungen angestellt und zusätzlich in der Vergangenheit geschwelgt hat. Es war zu diesem Zeitpunkt mühevoll, alle Informationen zu behalten, zumal ich nicht wusste, welche davon für die restliche Story wichtig sein würden. Ich fürchte, dass mir dadurch einige relevante Einzelheiten entgangen sein könnten.

Als mir in der Mitte des Buches genug Informationen vorlagen, um mir ein besseres Bild machen zu können, und langsam etwas Bewegung in den Cold Case kam, fand ich mich besser in die Geschichte ein. Eine zusätzliche Komponente sorgte zudem für die von mir vermisste Spannung, lediglich die ungekennzeichneten Zeitsprünge empfand ich immer noch als gewöhnungsbedürftig, denn nicht immer war sofort klar, dass es solche waren. Die kommenden Ereignisse hatte ich nicht erwartet, war mehr als erstaunt darüber, welche Wendung die Geschichte nahm. Umso überraschter war ich über das, was folgte, denn damit hat die Autorin einen weiteren Treffer erzielt. Der folgende Verlauf verblüffte mich erneut, ich konnte kaum glauben, was passierte. Anmerken möchte ich in diesem Zusammenhang, dass das letzte Drittel es in sich hatte; plötzlich überschlugen sich die Ereignisse und es passierte noch so viel, dass ich vollkommen gefesselt war von der Handlung und hibbelig darauf wartete, Antworten auf meine Fragen zu bekommen, die mich danach das Buch zufrieden zuklappen ließen.

Nach einem schwierigen Einstieg wurde die Geschichte immer raffinierter und besonders die vielen unerwarteten Wendungen trugen dazu bei, dass meine Wertung erheblich besser ausfällt, als anfangs gedacht, nämlich vier Sterne und natürlich eine Leseempfehlung.

7 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.10.2023
1989 - Wahrheit oder Tod
Mcdermid, Val

1989 - Wahrheit oder Tod


sehr gut

Mehr als zehn Jahre sind vergangenen seit dem letzten Buch, Allie ist zwischenzeitlich von Glasgow nach Manchester gezogen und lebt mit ihrer Lebensgefährtin Rona sowie dem gemeinsamen Hund in einem schönen Haus. Es ist 1989, die Welt verändert sich und im Osten brodelt es überall. Eine Seuche hat sich ausgebreitet, die Gesunden verteufeln und verurteilen die Kranken. Allie beginnt investigative Recherchen zur ungerechten Behandlung von homosexuellen und HIV-kranken Menschen sowie zu dubiosen Medikamentenstudien, dabei führt eine Spur nach Ost-Berlin, das kurz vor einem Umbruch steht.

Dies ist der zweite Teil der fünfteiligen Reihe mit der Journalistin Allie Burns. Wie bereits im ersten Buch hat die Autorin so lückenlos und akribisch recherchiert, dass ich begeistert bin. Vorab weise ich explizit darauf hin, dass es sich zwar um einem Kriminalroman handelt, allerdings mit Schwerpunkt Historie, der somit überwiegend nur mäßig ausgebaut ist, was den kriminalistischen Teil angeht. Die größte Spannung erzeugen tatsächlich die faszinierenden historischen Fakten, besonders für mich, die ich in diesen Zeiten aufgewachsen bin. Dies waren auffrischende Geschichtsstunden hinsichtlich der politischen Situation auf der Welt im Jahr 1989 sowie ein Blick hinter die Kulissen der Medienlandschaft, was ich äußerst interessant fand.

Der Prolog schürte meine Neugier, die geschilderten Abläufe blieben eine lange Zeit in meinem Hinterkopf, ohne dass etwas geschah, sodass sie irgendwann durch die folgenden Ereignisse ein wenig verdrängt wurden. Ich erfuhr danach sehr ausführlich, was in den letzten Jahren bei Allie alles passiert war, und kam damit fast nahtlos in der Geschichte an. Diese hatte es in sich und ehe ich mich versah, wurde aus dem Kriminalroman fast schon ein Spionagethriller, der in der Mitte etwa die unterschwellige Spannung fast explodieren ließ. Eine Wendung gab der Geschichte neuen Antrieb, plötzlich fand ich mich in einer spannenden Jagd nach der Wahrheit wieder. Als ich verstand, wie der Prolog in das Geschehen passt, ging es noch einmal turbomäßig los und ich flog nur noch über die Seiten auf der Suche nach Antworten, die mich entsetzten, als ich diese fand. Ich konnte kaum glauben, welche Ungeheuerlichkeiten ans Licht kamen, war bestürzt und angewidert. Diese Auflösung hatte ich nicht erwartet! Ich war mir nicht sicher, wie die Autorin es schaffen würde, diesen Ausgang zum Ende zu führen, allerdings hat sie dieses Problem mit Bravour gemeistert.

Die Vielfalt der Themen kombiniert mit einer fiktiven Geschichte hat auch in diesem Teil vorzüglich geklappt. Eine geschichtliche Reise in die Vergangenheit, die anscheinend doch nicht so viel besser war, als es heute manchmal rückblickend scheint. Ich freue mich auf weitere Abenteuer mit Allie Burns, die mir nun endgültig ans Herz gewachsen ist. Dafür vergebe ich sehr gerne vier Sterne und eine Leseempfehlung.

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.