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Aus Liebe zum Lesen
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Rannungen

Bewertungen

Insgesamt 203 Bewertungen
Bewertung vom 20.08.2022
Liebe ist gewaltig
Schumacher, Claudia

Liebe ist gewaltig


ausgezeichnet

Was macht es mit einem, in einer von Gewalt geprägten Familie aufzuwachsen? Darum dreht sich Claudia Schumachers Debut „Liebe ist gewaltig“.

Protagonistin Juli wächst zusammen mit 3 Geschwistern und der Mutter bei ihrem gewalttätigen Vater auf. Nach außen scheinen sie eine Vorzeigefamilie zu sein, doch die Fassade beginnt zu bröckeln. Wir begleiten Juli beim Versuch, sich aus dem toxischen Umfeld zu befreien und sich selbst zu finden.

Claudia Schumacher hat das Thema Gewalt in der Familie auf brillante Weise zu einem eindrucksvollen Roman verarbeitet. Die Figuren und die Familienstruktur sind absolut authentisch gezeichnet, die Entwicklungen hingegen zum Teil etwas überzogen und unrealistisch, ebenso wie einige der Nebenfiguren.

Die eigenartige, angespannte Stimmung in der Familie wird beim Lesen immer wieder spürbar. Dabei glänzt der Roman von einer Sprachgewalt, die einen ebenso wie der Inhalt packt. Allerdings konnte ich zur Protagonistin nie eine Nähe aufbauen, sie blieb mir bis zum Ende hin fremd und unsympathisch, wenngleich das natürlich auch ein Stück weit mit ihrer Rolle zusammenhängt.

Ich bin beeindruckt von diesem Roman, der noch lange nachhallen wird.

Bewertung vom 06.08.2022
Sonne, Mond und Sterne / Wieso? Weshalb? Warum? Junior Bd.72
Mennen, Patricia

Sonne, Mond und Sterne / Wieso? Weshalb? Warum? Junior Bd.72


ausgezeichnet

Bei uns ist mal wieder ein neuer Band der „Wieso Weshalb Warum? junior“-Reihe eingezogen: „Sonne, Mond und Sterne“, erschienen am 1. Juli.

Auf gewohnt spielerische und alltagsgetreue Weise wird den Kindern erklärt, warum es Tag und Nacht gibt, wozu wir die Sonne brauchen, welche Planeten es gibt, wie die Raumfahrt funktioniert und was Sternbilder sind. Die Texte sind leicht verständlich und eignen sich ideal als Einführung in das Thema. Die Textlänge ist so gewählt, dass genügend Informationen untergebracht sind, aber die Kleinen dennoch nicht überfordert werden.

Großes Highlight sind natürlich wieder die zahlreichen Klappen, die ein interaktives Leseerlebnis ermöglichen. Besonders gut gefallen uns die sternförmig ausklappbare Sonne und die Rakete, die aus dem Buch herausschießt. Die Illustrationen überzeugen durch realitätsnahe und dennoch farbenfrohe und kindgerechte Darstellungen.

Auch dieser Band der Reihe ist wieder absolut lesenswert und bringt kleinen Entdecker*innen unser Weltall auf interessante Weise näher.

Bewertung vom 04.08.2022
Die Lüge
Franko, Mikita

Die Lüge


ausgezeichnet

Dass es überhaupt noch sowas wie einen Pridemonth braucht, zeigt der russische Autor Mikita Franko in seinem autobiografisch angehauchten Roman „Die Lüge“. Denn so selbstverständlich wie Gleichberechtigung und Toleranz in unserer Insta-Bubble scheinen, sind sie es in der Realität leider (noch) nicht.

Als Mikis alleinerziehende Mutter stirbt, nehmen ihn sein Onkel Slawa und dessen Lebensgefährte Lew auf. Doch von besagtem Partner darf keiner etwas erfahren. Diese Lüge legt sich wie ein Schatten über Mikis Leben, so kann er z. B. keine Freunde einladen, niemandem die Wahrheit sagen und es liegt der ständige Druck auf seinen Schultern, sich zu verplappern.

Doch der Roman bietet so viel mehr als das. Es ist ein Coming-of-Age-Drama par excellence und so bleiben auch Auseinandersetzungen in der Schule und mit den Eltern, die erste Liebe und der verschlungene Weg der Selbstfindung nicht außen vor. All das wird aus Sicht des Ich-Erzählers mit einigem zeitlichen Abstand geschildert. Dennoch konnte ich die Handlungen und Gedankengänge Mikis vor allem im letzten Drittel nicht ganz nachvollziehen.

Hingegen gelingt es dem Autor gut, die Realität queerer Menschen abzubilden, denn so wie Miki, Slawa und Lew geht es wohl vielen, angefangen beim toxischen Bild von Männlichkeit, das nach wie vor vorherrscht und unser Denken oft mehr bestimmt als es uns bewusst ist, bis hin zur Angst vor dem Coming Out und der Reaktion der Gesellschaft.

Mikita Franko hat ein wichtiges Thema in seinem Roman verarbeitet, der aufrüttelt und uns unsere eigenen Einstellungen hinterfragen lässt, wenn mich auch das letzte Drittel nicht ganz überzeugen konnte.

Bewertung vom 01.08.2022
Eine freie Frau. Das außergewöhnliche Leben der Suzanne Noël. Ärztin. Feministin. Hoffnungsträgerin
Slimani, Leïla

Eine freie Frau. Das außergewöhnliche Leben der Suzanne Noël. Ärztin. Feministin. Hoffnungsträgerin


ausgezeichnet

Heute habe ich wieder mal eine Graphic Novel für euch: „Eine freie Frau – Das außergewöhnliche Leben der Suzanne Noël – Ärztin. Feministin-. Hoffnungsträgerin“ von Leïla Slimani.

Die französische Erfolgsautorin hat sich auf die Spuren einer absoluten Vorreiterin begeben: Anfang des 20. Jahrhunderts, in einer Zeit also, als Frauen noch für ihr Wahlrecht kämpfen mussten, entschließt sich Suzanne, Medizin zu studieren. Als plastische Chirurgin behandelt sie u. a. Kriegsversehrte und kämpft Zeitlebens für die Anerkennung ihrer Fachrichtung sowie zunehmend für die Frauenbewegung.

Die Autorin führt chronologisch durch Suzannes Leben und zeichnet dabei auch ein Bild der damaligen Gesellschaft und vor allem vom Status der Frauen. Ich konnte mich gleich sehr gut in die Protagonistin einfühlen und habe mit ihr gehofft und gebangt, auch wenn ich nicht all ihre Handlungen nachvollziehen kann, insbesondere in Bezug auf die Erziehung ihrer Tochter, wobei das natürlich auch im historischen Kontext zu sehen ist.

Die Illustrationen von Clément Oubrerie gefallen mir größtenteils gut. Sie sind realistisch und aussagekräftig und erzählen zusammen mit den Texten von Slimani eine interessante Geschichte. Was in meinen Augen nicht zum übrigen Stil passt, sind die kindlichen Darstellungen der Seelen der Toten, hingegen gut gelöst finde ich die Veranschaulichung der Beinahe-Erblindung Suzanne Noëls.

In einem gekonnten Zusammenspiel von Text und Bild wird uns das Leben einer wichtigen Frau Anfang des 20. Jahrhunderts erzählt, das Mut macht und inspiriert.

Bewertung vom 31.07.2022
Was DIE KINDERÄRZTE raten
Hofner, Gerald;Schwarz, Stefan;Fernández Martínez, Silvia

Was DIE KINDERÄRZTE raten


ausgezeichnet

Die Ärzt*innen des Bayreuther med4kiz-Zentrums haben mit „Was die Kinderärzte raten – Gesunde Entwicklung, typische Krankheiten, richtiges Verhalten in Notfällen“ einen umfassenden Ratgeber für Eltern von Kindern im Alter von 0 bis 6 Jahren geschrieben.

Das Buch gliedert sich in die Bereiche: Das gesunde Kind“, in dem die normale Entwicklung beschrieben wird, „Das kranke Kind“, das auf die gängigsten Kinderkrankheiten eingeht und „Medikamente und Notfälle“, das kurze Handlungsleitfäden im Fall der Fälle bietet.

Zunächst einmal machen es die Gliederung und Struktur des Buchs sehr einfach, Gesuchtes zu finden, was für Eltern kranker Kinder natürlich wichtig ist. Im Bereich Krankheiten sind die Kapitel in Körperregionen gegliedert und entsprechend einfach ist die Suche.

Der Schreibstil ist gut lesbar und verständlich, Fachbergriffe werden nur genannt, wo es nötig ist und dann entsprechend erklärt. Neben allgemeinen Informationen fließt auch viel Wissen und Erfahrung aus dem Berufsalltag der Mediziner*innen mit ins Buch ein. Besonders gut gefällt mir, dass an vielen Stellen zunächst beruhigt wird und immer wieder betont wird, dass vieles normal und harmlos ist. Denn wir Eltern neigen ja (besonders beim ersten Kind) doch schon mal zu Panik angesichts von Blut, komischen Flecken oder vermeintlich komischen Verhaltens seitens unserer Sprösslinge – ich spreche da aus Erfahrung ;)

Der Ratgeber kann natürlich grundsätzlich die Beratung in einer Kinderarztpraxis nicht ersetzen. Aber es kann bei kleineren Wehwechen und Fragen zur Entwicklung helfen. Oft sieht es am Anfang schlimmer aus als es ist und vieles heilt von alleine aus. Wann ärztliche Hilfe unumgänglich ist, wird jeweils genau beschrieben. Auch die Notfallleitfäden am Ende des Buchs sind sicher eine große Hilfe, wenn man sie schnell griffbereit hat und wenn man schon mal gelesen und vielleicht sogar im Hinterkopf behalten hat, was zu tun ist. Lediglich an einigen Stellen ist mir das Buch ein bisschen zu schulmedizinisch, z. B. werden bei den Empfehlungen zur Hausapotheke keine Hausmittel genannt, die aber bei leichten Infekten oft schon ausreichen.

Bewertung vom 24.07.2022
Schwierige Frauen
Gay, Roxane

Schwierige Frauen


weniger gut

Kennt ihr das, wenn ihr ein Buch mögen wollt, aber es wird irgendwie nichts draus? So erging es mir mit Roxane Gays „Schwierige Frauen“. Ich habe mehrere Anläufe und über ein halbes Jahr gebraucht, um das Buch zu lesen, was nicht heißt, dass es per se schlecht ist, sondern vielmehr, dass wir nicht zueinander passen.

Was mir auf jeden Fall fehlt, ist eine Triggerwarnung für Gewalt und sexuellen Missbrauch. Denn das ist gleich in der ersten Erzählung Thema und wird so explizit beschrieben, dass ich sie auch, ohne jemals eine Gewalterfahrung erlebt zu haben, kaum lesen konnte. Aber auch in den anderen Geschichten spielt Gewalt eine Rolle.

In ihren Kurzgeschichten schreibt Roxane Gay über Frauen in verschiedensten Lebenssituationen. Was aber eigentlich allen gemein ist, ist die düstere, negative Stimmung ohne jeden Hoffnungsschimmer. Mir war das zu viel des Ganzen. Denn auch wenn ich meine, zu verstehen, was die Autorin ausdrücken will, fehlt mir der Zugang zu ihren Erzählungen. Das heißt nicht, dass man nicht über Negatives schreiben sollte, aber ich wünsche mir dann doch auch eine Entwicklung der Geschichte und Empowerment für die Frauen oder Opfer von Gewalt.

Bewertung vom 18.07.2022
Violeta
Allende, Isabel

Violeta


gut

„Violeta“ ist mein erster Roman der mittlerweile 80-jährigen Isabel Allende, in dem sie die Familiengeschichte der gleichnamigen Protagonistin erzählt. Wir begleiten sie auf ihrem Lebensweg in Südamerika von Pandemie zu Pandemie, nämlich von der Spanischen Grippe, die ihre Familie verschont - ganz im Gegenteil zum Black Friday – bis hin zur Corona-Pandemie. Dabei begegnen wir Liebhabern, Ehemännern, Söhnen, Töchtern und vielen anderen Weggefährten, die ihre Spuren in ihrem Leben hinterlassen haben.

Violeta ist keine ganz gewöhnliche Frau, sie geht von Anfang an ihren eigenen Weg. Leider kam ich der Figur auf ganzen 400 Seiten nicht wirklich nahe und das, obwohl das Buch aus ihrer Sicht als Brief verfasst ist. Auch die übrigen Hauptfiguren konnten bei mir keine wirklichen Sympathiepunkte sammeln. Was man der Autorin allerdings zugutehalten muss, ist, dass sie keine Nullachtfünfzehnfiguren ersonnen hat.

Wenngleich die Geschichte der Familie del Valle durchaus ihre interessanten Züge hat, insbesondere im Hinblick auf weltpolitisches Geschehen, so finden sich dennoch viele Längen und ebenso viele belanglose Begebenheiten. Außerdem sind etliche Wiederholungen enthalten, was sich manchmal mehr wie Eintrichtern als Betonung angefühlt hat.

Leider konnte mich Violeta nicht überzeugen. Der Geschichte fehlt es an Tiefe und die Figuren waren mir zu sehr konstruiert, um glaubwürdig zu sein.

Bewertung vom 17.07.2022
Dschinns
Aydemir, Fatma

Dschinns


sehr gut

Ja, auch ich konnte angesichts der Lobeshymnen nicht widerstehen und habe mir Fatma Aydemirs Roman „Dschinns“ aus der Buchhandlung meines Vertrauens geholt.

Zum Inhalt muss ich wohl nicht mehr viel sagen: Es ist ein Familienroman über eine türkische Familie, die in den 70er Jahren nach Deutschlang immigriert. Aus Sicht der 6 Familienmitglieder wird jeweils deren Geschichte erzählt, sodass sich ein Gesamtbild ergibt. Das Spannende dabei ist, dass sich die Sichtweisen sehr unterscheiden und dennoch stimmig sind. Denn auf den Vater Hüseyin kommen natürlich andere Probleme zu als z. B. auf Tochter Sevda, die erst später nachgeholt wird.

Toll gelöst ist auch, dass der Wechsel der Erzählperspektiven auch sprachlich stattfindet, so hat Fatma Aydemir die Texte der Kinder als Ich-Erzähler und dennoch sehr unterschiedlich geschrieben und die der Eltern in der 2. Person (Du-Erzähler) – eine ungewöhnliche und dennoch sehr passende Form des Erzählens. Außerdem ist die Reihenfolge der erzählenden Familienmitglieder gut gewählt, da sich mit jedem der Blick auf die Familiengeschichte aufgrund der Erfahrung und des Alters erweitert und neue Wahrheiten und Sichtweisen eingebracht werden.

Sprachlich und erzähltechnisch konnte mich Dschinns voll überzeugen und inhaltlich ist es unheimlich interessant. Allerdings konnte mich keine der Figuren richtig erreichen. Ich habe immer eine gewisse Distanz zu den Figuren gespürt, sodass es für mich ein gutes, lesenswertes Buch ist, aber leider kein Jahreshighlight.

Bewertung vom 13.07.2022
Fußball / Wieso? Weshalb? Warum? - Erstleser Bd.7
Noa, Sandra

Fußball / Wieso? Weshalb? Warum? - Erstleser Bd.7


ausgezeichnet

Kennt ihr schon die Erstleserreihe von Wieso, Weshalb, Warum? Nachdem wir schon von Band 5 Unsere Erde toll fanden, haben wir uns als Fußballerfamilie nun Band 7 „Fußball“ geholt.

Der Inhalt umfasst sowohl grundlegendes zur Sportart inklusive der wichtigsten Regeln, Infos zum Profisport und Vereinswesen sowie Tipps, wie man selbst (erfolgreicher) Fußballer werden kann.

Was schon beim Cover auffällt, ist, dass das Buch tatsächlich sehr divers ist, so gibt es sowohl Kids of Color als auch Mädchen und Frauen. Auch der Blick über den Tellerrand gelingt, indem z. B. besondere Formen des Spiels, wie Motoball gezeigt werden und auch Zeugwart und Physiotherapeuten Erwähnung finden. Was mir hingegen fehlt, ist die Erklärung des Abseits. Das darf auch bei einem Kinderbuch über Fußball nicht finden.

Die Schrift ist wie bei allen Büchern der Reihe recht groß und der Textumfang passend für Erstleser. Alle Seiten sind farbig illustriert und bieten abwechslungsreichen Lesespaß. Im Anschluss an jedes Kapitel gibt es wieder kleine Rätsel zur Vertiefung des Gelesenen und am Ende des Buchs ein Leselotto zum Basteln und Aufkleber für das Spielfeld im Buchinnern.

Auch dieser Band der Erstleserreihe gefällt uns sehr gut. Mit altersentsprechenden Texten und tollen Bildern und Illustrationen wird der Lesespaß geweckt und die jungen Leser*innen können ganz nebenbei etwas lernen und ihr Leseniveau vertiefen.