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R. S.

Bewertungen

Insgesamt 165 Bewertungen
Bewertung vom 26.09.2022
Unsre verschwundenen Herzen
Ng, Celeste

Unsre verschwundenen Herzen


ausgezeichnet

Leise aber kraftvolle Dystopie

4.5/5

"Unsre verschwundenen Herzen" von Celeste Ng ist eine bewegende Hommage an die Liebe um jeden Preis und die Suche eines Jungen nach der Wahrheit. Die Geschichte selbst ist eindringlich erzählt, erschütternd, erschreckend, aber letztlich auch hoffnungsvoll.

Der dystopische Roman spielt in einer nahen Zukunft, die durch die Augen des zwölfjährigen Bird Gardner betrachtet wird.
Im ersten Abschnitt lernt man Bird kennen, der von seinem Vater Noah genannt wird. Birds Mutter Margaret Miu, die chinesischer Abstammung ist, verschwand, als er neun Jahre alt war. In den letzten drei Jahren haben Bird und sein weißer Vater versucht, ein ruhiges, konformes Leben zu führen, das nicht die Aufmerksamkeit der Nachbarn, Lehrer, Kollegen oder anderer Menschen um sie herum erregt, die auf den kleinsten Hinweis auf etwas Unamerikanisches achten. Bird geht zur Schule, er lernt über PACT - das Gesetz zum Schutz der amerikanischen Kultur, ein Gesetz, das eingeführt wurde, nachdem das Land sich in einem schlechten sozialen und wirtschaftlichen Zustand befand, es herrschte Hunger und es kam zu Aufständen auf den Straßen, niemand war sicher. Die Regierung hat dieses Gesetz erlassen, um die Lage zu beruhigen. Um die Menschen zu schützen. Doch es hat eher zu Misstrauen und Rassismus geführt.
In der zweiten Hälfte erfährt man aus der Sicht eines Erwachsenen, wie es zu dieser Situation kam und was es mit dem Verschwinden von Birds Mutter auf sich hat.

Obwohl man weiß, dass es sich hier um eine fiktive Geschichte handelt, fühlt es sich sehr real an, was den Roman so eindringlich und bedrückend macht.
Es ist ein Buch über Familie, Liebe, die Suche nach der Wahrheit und über einen kleinen Jungen, der Antworten sucht und mutig ist.
Es ist auch ein zutiefst politisches Buch, das sich mit Themen wie Anti-Asiaten-Hass, Mutterschaft, Familientrennung, Polizeibrutalität, sozioökonomischer Ungleichheit und mehr auseinandersetzt. Es ist erschreckend zu lesen, denn obwohl es sich um ein fiktives Werk handelt, fühlt sich der Zustand der Welt in diesem Buch nur allzu real an.


Ng schafft es, die Charaktere lebendig werden zu lassen, besonders Bird wächst einem ans Herz.
Mit ihrem emotionalen und leicht poetischen Schreibstil fängt sie die Hilflosigkeit derjenigen Familien ein, bei denen die Eltern von ihren Kindern getrennt werden sowie Hass und Ausgrenzung ausgesetzt sind. Anfangs noch etwas verwirrend, offenbart sich mit jeder zusätzlichen Seite, wie es dazu kam, dass Familien getrennt wurden und warum Bird und sein Vater versuchen nicht aufzufallen. Einmal angefangen fällt es schwer, mit dem Lesen aufzuhören, auch wenn das Thema kein leichtes ist.

Eine Geschichte, die nachdenklich macht.

Bewertung vom 21.09.2022
Teen Couple Have Fun Outdoors
Jayan, Aravind

Teen Couple Have Fun Outdoors


gut

Teen couples have fun outdoors but not me while reading it

Der Roman "Teen couples have fun outdoors" handelt über die Moral der Mittelklasse in einer indischen Kleinstadt und wird aus der Sicht einen etwas naiven, namenlosen Erzählers erzählt.

Die Hölle bricht für ihn und seine Familie aus, als ein Sexvideo von seinem Bruder Sree und dessen Freundin veröffentlicht wird und sich unter Gleichaltrigen und seiner Familie verbreitet. Was folgt, ist ein rein chaotisches Familiendrama, bei dem sein jüngerer Bruder die zerbrochenen Teile seiner Familie zusammenfügen muss.

Ich bin zwiegespalten, was meine Meinung zu dem Buch betrifft.
Einerseits ist es ein interessanter und tiefer Einblick in die indische Gesellschaft und Kultur sowie in das Internet und die sozialen Medien, aber andererseits konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass ich mehr wollte. Es liest sich schnell, die Handlung zieht sich nicht unnötig in die Länge trotz mancher Wiederholung und ist unterhaltsam und teils such zynische geschrieben, aber trotzdem hinterlässt es bei mir keinen bleibenden Eindruck. Was ein bisschen Schade ist, da die Idee und die Thematik viel Potenzial hatten für eine gute Story. Beim Lesen habe immer auf eine Wendung gewartet oder dass da noch mehr kommt, aber ich hatte insgesamt das Gefühl, dass das ganze Buch am Ende ziemlich eintönig war. Zu keinen der Charaktere konnte ich eine wirklich emotionale Verbindung aufbauen, keiner war besonders sympathisch, und obwohl aus Sicht eines namenslosem Erzählers geschrieben wirkte die Handlung stellenweise oberflächlich und belanglos. Ich habe das Gefühl, dass ich die ganze Zeit darauf gewartet habe, dass mir die Pointe klar wird, und das ist nie wirklich geschehen.

Kulturell interessant, aber auch nicht mehr.

Bewertung vom 21.09.2022
Monsieur le Comte und die Kunst des Tötens / Monsieur le Comte Bd.1
Martin, Pierre

Monsieur le Comte und die Kunst des Tötens / Monsieur le Comte Bd.1


sehr gut

Charmanter Auftragsmörder wider Willen- Kurzweilig und unterhaltsam

3.5/5

Mit Witz, Charme, kulinarischen Genüssen und französischem und auch italienischem Flair kann "Monsieur le Comte und die Kunst des Tötens" von Pierre Martin aufwarten.

Lucien Comte de Chacarasse, Nachfahre eines alten französischen Adelsgeschlecht, genießt sein Leben als Frauenheld und Besitzer eines gut laufenden französischen Restaurants. Doch sein sorgenfreies Leben endet jäh als sein Vater im Sterben liegt und an seinem Sterbebett Lucien schwören lässt, die besondere Tradition der Familie weiterzuführen. Und die hat es in sich, denn die Chacarasse sind Auftragsmörder. Auch wenn Lucien für dieses besondere Erbe von Kindesbeinen an trainiert hat, konnte er sich der Pflicht, die ihm widerstrebt, bis jetzt entziehen. Schon bald hat jedoch sein Onkel Edmond den ersten Auftrag für ihn und für Lucien beginnt der Versuch ein Auftragsmörder zu sein ohne dabei selbst zum Mörder zu werden.

Locker und unterhaltsam geschrieben folgt man gern Lucien dabei, wie er versucht der Familientradition gerecht zu werden und sein bisheriges unbeschwertes Leben weiterzuführen. Nebenbei wird der Leser in die Kunst des (Nicht)Tötens eingeführt und macht Bekanntschaft mit mehr oder weniger liebenswerten Charakteren. Zu Ersteren zählen die gutmütige aber schwerhörige Rosalie und die mit allen Wassern gewaschene Francine, zu Letzteren Luciens Onkel Edmond.
Die französische Mittelmeerküste, die kulinarischen Genüsse, die kurzen Kapitel und eine wendungsreiche Handlung sorgen hierbei insgesamt für ein kurzweiliges Lesevergnügen.

Auch wenn nicht jeder Witz zündet und manches zu klischeehaft dargestellt wird, ist dem Autor eine originelle Geschichte mit spannenden Kriminalementen gelungen, die Lust auf mehr macht.

Wer auf der Suche nach einem kurzweiligen, unterhaltsam geschrieben und teilweise absurden Kriminalroman über einen liebenswerten Auftragskiller wider Willen ist macht mit "Monsieur le Comte und die Kunst des Tötens" nichts falsch. Zu viel Tiefe und Realismus sollte man jedoch nicht erwarten.
Perfekt für Zwischendurch und Liebhabern von Wohlfühlkrimis zu empfehlen.

Bewertung vom 21.09.2022
Der Sturm
Harper, Jane

Der Sturm


sehr gut

Spannungsarmer aber atmosphärischer und psychologischer Krimi

In "Der Sturm" von Jane Harper geht es vor allem um Überlebende. Es geht um Katastrophen und die Menschen, die nach einer Tragödie zurückbleiben. Es handelt von Trauer, Schuld und Reue und darum, wie sich Familien und Freunde mit stillen Vorwürfen oder gar offener Feindseligkeit voneinander entfernen. Der Schwerpunkt liegt auf der Familie und darauf, wie sie einen näher an sich heranziehen und für Stabilität sorgen oder aber auch wegstoßen können.

In dem eher als Spannungsroman mit Krimielementen statt als spannenden Thriller anzusehenden Buch wird die Handlung aus Sicht der Hauptperson Kiernan erzählt.
Kiernan, seine Freundin Mia und ihre kleine Tochter kehren nach über einem Jahrzehnt in die Kleinstadt Evelyn Bay zurück, um seinen Eltern beim Packen des Familienhauses zu helfen. Als die Leiche einer jungen Frau unweit ihres Hauses am Strand gefunden wird, kommen alte Geheimnisse und Lügen an die Oberfläche. Und Fragen über ein anderes junges Mädchen, das während des großen Sturms vor 14 Jahren verschwunden ist, kommen auf.

Langsam wird nach und nach das Rätsel gelöst was vor 14 Jahren wirklich passiert ist. Die Handlung besticht hierbei besonders durch die tiefgehende Charakterzeichnung und dem atmosphärischen Schreibstil. Die Autorin schafft es genau die Stimmung in einer abgelegenen Kleinstadt in Tasmanien einzufangen und wie es sich in einer Kleinstadt lebt. Denn wenn man in einer Kleinstadt lebt, wird nichts jemals vergessen. Kleine Fehler verfolgen einen für immer, klammern sich fest und lassen einen nie mehr los. Es ist definitiv ein Slow-Burn-Krimi, der sich Zeit lässt und erst zum Ende hin richtig an Fahrt aufnimmt und dann etwas zu abrupt endet und manche Aspekte unbefriedigend auflöst.

Nichtsdestotrotz habe ich Gefallen an dem Buch gefunden, da der psychologische Aspekt der Handlung sowie die Themen Schuld, Trauer, Scham und wie sie - unverarbeitet - die Beziehungen beeinflussen können gut herausgearbeitet wurde.

Ein stimmungsvoller Krimi der ruhigen Art.

Bewertung vom 21.09.2022
Erste Hilfe für die Erde
Maslin, Mark

Erste Hilfe für die Erde


gut

Kurzes und informatives Klimawissen aber auch nicht mehr

"Erste Hilfe für die Erde - Die Fakten" von Prof. Mark Maslin ist ein kleines und kompaktes Buch über den Klimawandel, das mich leider nicht komplett überzeugen konnte.

Positiv hervorzuheben ist, dass es Maslin gelungen ist, äußerst komplexe Sachverhalte auf leicht verständliche Informationen zu reduzieren. Das Sachbuch ist gut geeignet als Einführung in das Thema Klimawandel und richtet sich vor allem an all diejenigen, die bis jetzt noch wenig über das Thema wissen, noch skeptisch sind oder einfach eine kompakte Zusammenfassung dazu suchen.
Neben historischen Fakten und aktuellen Entwicklungen zeigt er auch Maßnahmen auf, die Einzelpersonen über Unternehmen bis hin zu Regierungen ergreifen können bzw. umsetzen sollten, um so gegen die Klimaerwärmung und deren Auswirkungen vorzugehen.

Aber darüber hinaus hat es nicht viel mehr zu bieten. Es ist als eine bloße Darstellung von Informationen und/oder Fakten in gut zitierfähigen Sätzen geschrieben, die sich mehr wie eine PowerPoint-Präsentation lesen als ein gut verfasstes
sachliches Buch. Ein tieferes Verständnis und ein differenzierter Blick auf den Klimawandel, dessen Auswirkungen und Maßnahmen dagegen wird so nicht wirklich geschaffen, was jedoch in Bezug auf die Maßnahmen besonders wichtig wäre. So setzt er z. B. meiner Meinung nach zu viel Vertrauen in die Initiative des Einzelnen, der Unternehmen und der Regierungen im Kampf gegen den Klimawandel und dessen Folgen.

Alles in allem stellt "Erste Hilfe für die Erde - Die Fakten" eine informative und grundlegende Zusammenfassung zum Thema Klimawandel und die Auswirkungen der Menschheit auf die Umwelt dar, aber für alle die schon ziemlich vertraut mit der Materie sind, für die ist das Buch ein wenig zu vereinfacht und zu wenig kritisch dargestellt. Außer ein paar wenig interessanten Punkten, ist nicht viel Neues dabei.

Bewertung vom 14.09.2022
Die Mauersegler
Aramburu, Fernando

Die Mauersegler


ausgezeichnet

Ein Jahr, ein Leben - fesselnd und bewegend erzählt

In „Die Mauersegler“ von Fernando Aramburo führt der Ich-Erzähler Toni die Leser*innen Monat für Monat durch das letzte Jahr seines Lebens. Der Grund hierfür ist das Toni, 54-jähriger Philosophielehrer, beschlossen hat, am 31. Juli 2019 sein Leben zu beenden. Auf über 800 fesselnd geschriebenen Seiten wird jeden der 365 Tage bis zu seinem geplanten Suizid ein Kapitel gewidmet, die entweder von seinem gegenwärtigen oder vergangenen Lebensereignissen berichten. Die Erzählform des Romans erinnert dabei an ein Tagebuch, in dem Toni über seine Kindheit, seinen Beruf als Lehrer, die Beziehung zu seinen Eltern und seinen Bruder Raulito, sein Liebesleben, seinen Freund Humpel, seinen Hund Pepa, seine gescheiterte Ehe mit Amalia, seinen Sohn Nikita und seine jetzt demente Mutter reflektiert.

Mit einem klaren und direkten Schreibstil zeichnet der Autor ein berührendes, realistisches und teils wenig sympathisches Bild von Toni und seinen Ansichten, seinen Handlungen und den Beziehungen, die er zu den ihm Nahestehenden Personen unterhält, die einen tieferen Einblick in seine Persönlichkeit geben und seine Gründe für seine Entscheidung liefern, ohne dabei darüber zu urteilen. Letztendlich sind Tonis philosophische und teils auch sehr körperlich betonte Reflexionen über sein Leben Spiegelbild eines Menschen, der das Leben aufgegeben hat, der sich nicht mehr um die öffentliche Meinung schert und der es sich leisten kann, zu sagen, was er denkt und tut.
Auch wenn es eine lange Reise ist, die man Toni auf seinen vermeintlichen letzten Tagen begleitet, bei der nicht jeder Abschnitt gleich interessant ist, so kann man trotzdem nicht aufhören zu lesen und taucht gerne in das Leben von Toni ein.

Das Buch wird nicht jeden ansprechen, die Länge des Romans, der realistische Schreibstil, das Thema und der teils zynische und leicht obszöne Inhalt werden auf manchen schon auf den ersten Seiten abschreckend wirken aber diejenigen, die sich auf die Geschichte einlassen, werden mit einem ausdrucksstarken, tiefgehenden und bewegenden Roman belohnt, der einem auch nach dem Lesen der mehr als 800 Seiten nicht so schnell loslässt.

Bewertung vom 10.09.2022
Die Buchhändlerin von Paris
Maher, Kerri

Die Buchhändlerin von Paris


weniger gut

Spannungsarmer und detailverliebter Roman über Sylvia Beach

„Die Buchhändlerin von Paris“ von Kerri Maher liest sich eher wie eine ausführliche Biografie anstatt als ein historischen Romanes über Sylvia Beach und ihrer englischsprachigen Pariser Buchhandlung "Shakespeare and Company", in der viele bekannte Schriftsteller und Denker der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wie z. B. Joyce oder Hemingway.
Berühmt wurde Sylvia durch die Veröffentlichung von James Joyces Ulysses, als niemand sonst es veröffentlichen wollte. In Amerika wurde das Buch als pornografisch eingestuft, wodurch es dort weder veröffentlicht noch verkauft werden konnte. Weiteres Thema ist ihre Beziehung zu Adrienne Monnier, ebenfalls Inhaberin einer Buchhandlung in Paris und wie Sylvia, eine Förderin amerikanischer, französischer und britischer Schriftsteller.

Der Roman ist gut recherchiert und lässt sich auch leicht lesen, aber inhaltlich fokussiert er sich meiner Meinung nach zu sehr auf die Veröffentlichung von Ulysses und Sylvias Kampf diesen zu veröffentlichen. Als Folge dessen blieb die Charakterzeichnung abgesehen von Sylvia ziemlich schwach, so hatte ich mir z. B. einen tieferen Einblick in ihre Beziehung mit Adrienne Monnier gewünscht. Auch der eher nüchterne Schreibstil führt dazu, dass man wenig emotionale Nähe zur Handlung und den Charakteren aufbaut, worunter die Spannung des Romans deutlich leidet. Zudem nahm mit fortschreitender Seitenzahl Sylvias Besessenheit mit Joyce und Ulysses mir regelrecht die Lust am Weiterlesen.

Folglich konnte „Die Buchhändlerin von Paris“ mich nicht wirklich begeistern, nach Lesen des Klappentextes hatte ich mir einen spannenderen Roman über Sylvia Beach vorgestellt. Die Liebesbeziehung zu einer Frau, ihre Leidenschaft für Literatur und ihr Kampf Ulysses veröffentlichen zu können, hatten als Themen an sich auf jeden Fall das Potenzial dazu. Doch die Umsetzung konnte dem nicht gerecht werden. Ein zu sachlicher und wenig emotionaler Schreibstil gepaart mit zu vielen Details in Bezug auf Joyce als Person und sein Werk machen es zu einer interessanten Biografie über Sylvia Beach aber auch nicht mehr.

Bewertung vom 10.09.2022
Das siebte Mädchen
Willingham, Stacy

Das siebte Mädchen


gut

Wenn die Vergangenheit dich einholt - stimmungsvoll aber mit inhaltlichen Schwächen

Was mein Interesse an „Das siebte Mädchen“ von Stacy Willingham gleich als Erstes geweckt hat, war, das die Geschichte aus der Sicht der Tochter eines Mörders erzählt wird, was ich so bis jetzt noch nicht gelesen habe.

Als Chloe zwölf Jahre alt war, verschwanden in ihrer Heimatstadt sechs Mädchen im Teenageralter, eines nach dem anderen. Der Albtraum endete schließlich, als ihr eigener Vater die Morde gestand und damit ihre Kindheit zerstörte und ihre Familie in Trümmern zurückließ. Jetzt, 20 Jahre später, werden wieder Mädchen vermisst. Und Chloe wird das Gefühl nicht los, dass es eine Verbindung zwischen den aktuellen Ereignissen und den Geschehnissen vor 20 Jahren gibt. Chloe leidet immer noch unter den Nachwirkungen ihrer Kindheit, so ist ihr Leben sehr von Angst geprägt, was sich auch in der düsteren und teils beklemmenden Stimmung im Thriller widerspiegelt.

Die Idee war gut, doch leider konnte die Umsetzung mich nicht vollständig überzeugen. Zum einen nahm der Thriller erst zum Ende hin richtig an Fahrt auf. So verbringt man anfangs viel Zeit in Chloes Kopf, wird Zeuge ihrer Ängste und paranoiden Gedanken und wie sie versucht, diese mithilfe von Alkohol und verschreibungspflichtigen Medikamenten Herr zu werden und wie sie beim Versuch mehr darüber zu erfahren, was vor 20 Jahren passiert, ihre Nase in Dinge steckt, die sie nichts oder nur wenig angehen. Zum anderen war mir ziemlich schnell klar, wer für das Verschwinden der Mädchen verantwortlich war.

Wenn man seine Erwartungen nicht zu hoch setzt, kann man mit dem Thriller dennoch gute Lesestunden verbringen. Die Handlung wartet mit ein paar Überraschungen und Spannung besonders zum Ende hin auf, sodass sich zusammen mit dem atmosphärischen Schreibstil das Buch angenehm und schnell liest.

Bewertung vom 10.09.2022
Die Vergessene
Slaughter, Karin

Die Vergessene


gut

Langatmiger Blick in die Vergangenheit

Karin Slaughters neuer Thriller „Die Vergessene“ ist der zweite Teil der Andrea-Oliver-Serie, in dem es hauptsächlich darum geht, herauszufinden, wer die schwanger Emily Vaughn getötet hat. Erzählt in zwei Handlungssträngen folgt man Emily in den 1980er-Jahren und Andrea Oliver in der Gegenwart.

Emily war die Tochter der Bundesrichterin in Longbill Beach, die jetzt Morddrohungen erhält und die gemeinsam mit ihrem Mann nun von Andrea und ihrem neuen Partner Leonard Bible beschützt wird. Doch zusätzlich zu ihrem eigentlichen Auftrag als US-Marshalin, ermittelt Andrea heimlich im Mordfall Emily, der nie aufgeklärt wurde, auch aus persönlichen Gründen. Denn ihr Vater Clayton Marrow, der wegen mehrerer Verbrechen im Gefängnis sitzt, könnte mit dem Mord an Emily etwas zu tun haben.

Leider muss ich sagen, dass der Thriller mich nicht so sehr fesseln konnte, wie ich mir erhofft habe. Er ist zwar gut geschrieben, wie man es von der Autorin gewohnt ist, aber ich habe eine Weile gebraucht, um in dieses Buch hineinzukommen.
Emilys Geschichte beginnt zwar mit einem Paukenschlag, aber danach plätschert sie vor sich hin. Ebenso ist das Tempo für einen Thriller vergleichsweise langsam, der Wechsel zwischen den zwei Zeitebenen trug anfangs auch nicht dazu bei, den Spannungsbogen kontant hochzuhalten. Als die Handlungsstränge ab etwa der Hälfte des Buches begannen, sich miteinander zu verbinden, nahm dann endlich die Geschichte an Fahrt auf, was für einen Thriller mit fast 600 Seiten Länge meiner Meinung nach aber etwas spät ist. Auch wenn die Handlung zum Ende hin spannender wurde und zusätzlich noch ein paar Wendungen eingebaut wurden und Emilys Fall gelöst wurde, blieben jedoch für mich noch ein paar Fragen unbeantwortet.

Insgesamt ein eher unbefriedigendes Leseerlebnis für mich, da ist man besseres von Slaughter gewohnt.

Bewertung vom 07.09.2022
People Person
Carty-Williams, Candice

People Person


gut

Chaotisches Buch über eine chaotische Familie

Cyril Pennington hat fünf Kinder (von, denen er weiß) von vier verschiedenen Frauen, aber er hat nie eine aktive Rolle in ihrem Leben gespielt. Eines Tages beschließt er, dass es seine Pflicht ist, sie einander vorzustellen. Er besucht sie bei ihnen Zuhause und holt die fünf Kinder ab, geht mit ihnen Eis essen, setzt sie wieder ab und sie hören nie wieder etwas von ihm. Bevor die Geschwister abreisen, sagt die älteste Nikisha ihnen, dass sie sich, auch wenn sie sich nicht nahe stehen, in allen Angelegenheiten an sie wenden können, weil sie blutsverwandt sind. 10 Jahre später klingelt Nikishas Telefon, und es ist ihre Halbschwester, Dimple, die auf ihr Hilfsangebot eingeht ... Nikisha ruft daraufhin die anderen drei Geschwister an, um Dimple zu helfen und die Hilfe, die sie benötigt, hat es in sich und wird ihr ganzes Leben verändern.

Die Geschichte der fünf Halbgeschwister, die sich durch ungewöhnliche Umstände kennenlernen, wird auf ziemlich unterhaltsame Weise erzählt, verfolgt dabei aber keiner geradlinigen Erzählung. Es fühlt sich beim Lesen ziemlich anekdotisch an. Hat man am Anfang noch das Gefühl, eine konkrete Handlung zu verfolgen, geht dieses Gefühl ab der Hälfte des Buches verloren. Stattdessen steht Dimple im Mittelpunkt sowie ihre gemeinsame Zeit mit ihren Halbgeschwistern anstatt des außergewöhnlichen Ereignisses, das sie alle nach 10 Jahren erneut zusammengebracht hat. Mir persönlich hätte es besser gefallen, wenn der Fokus daraufgelegt worden wäre und nicht so sehr auf Dimple, da sie als Charakter für mich nicht wirklich interessant war. Auch hätte ich gern mehr über die anderen Geschwister und Cyril erfahren.

Gut gefallen hat mir, wie die Autorin das Thema Familie behandelt hat, was es bedeutet, eine Familie zu sein und dazuzugehören. Wie sich das Fehlen eines Vaters im Leben eines Kindes darauf auswirkt, wie es die Welt sieht und wie es schwierige Situationen meistert. Ebenso konnte man gut sehen, wie alle fünf unterschiedlich mit dem abwesenden Vater in ihrer Kindheit umgegangen sind.

Leider konnte mich jedoch „People Person“ von Candice Carty-Williams nicht wirklich begeistern. Trotz der tollen Idee des Buches fiel die Umsetzung ziemlich oberflächlich und insgesamt schwach aus. Die Charaktere, ihr Handeln und vor allem die Handlung an sich waren mir teilweise zu unglaubwürdig und unrealistisch, angefangen mit dem Grund, wieso die Halbgeschwister erneut zusammenkommen und wie sie das Problem dann versuchen zu lösen.