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Benutzername: 
gagiju
Wohnort: 
Kaiserslautern

Bewertungen

Insgesamt 137 Bewertungen
Bewertung vom 07.09.2022
Die Rückkehr der Kraniche
Fölck, Romy

Die Rückkehr der Kraniche


ausgezeichnet

Lebensklug, besinnlich, naturfühlend

Ich hatte bisher von Romy Fölck nur die Krimis gelesen – die ich allerdings richtig gut fand – und war deshalb besonders gespannt auf einen „Familienroman“ im weiteren Sinne.

Bereits das Cover hat mich sehr für das Buch eingenommen. Eine im Dunst liegende Landschaft, herbstlich, winterlich, in Pastelltönen, deutlich in Wassernähe, in morgendlichem Licht, Vögel, Bäume, wenige Häuser, ruhig…

Genauso entwickelt sich auch die Geschichte. Zwei Schwestern, eine Tochter, eine Mutter, die nach teils jahrelangem innerem und äußerem Abstand wieder aufeinander treffen, mit Schwierigkeiten, Gepolter, Unverständnis, Zweifeln, Zorn und doch auch Sehnsucht und Zärtlichkeit versuchen, sich erneut anzunähern, etwas Gemeinsames – wieder – zu finden.
Nun ist dies ja eine Geschichte, die in vielen Neuerscheinungen der letzten Jahre so oder ähnlich erzählt wurde. Aber erstens IST das ja nun einmal ein großes Thema des Lebens schlechthin und deshalb wert, immer wieder neu und anders betrachtet zu werden, und zweitens gelingt es Romy Fölck meiner Meinung nach auf eine ganz besondere Art.

Sehr gut gefällt mir die abwechselnde Erzählperspektive aus der Sicht der vier Frauen. Wunderbar ist auch die Landschaft im Norden eingewoben, sehr gut geschildert. Man läuft mit durch den Nebel, bekommt nasse Füße, träumt sich auch einmal – selten! - in einen kühlen Sonnenuntergang...

Die Männer in der Geschichte sind eher Randfiguren. Sie wirbeln zwar teilweise die Emotionen der Frauen etwas durcheinander, aber nicht nachhaltig.

Ein sehr sehr schönes Buch – besinnlich und lebensklug, ohne je in Kitsch oder Pseudo-Romantik abzudriften. Ein wunderbares Geschenk auch für Schwestern, Mütter, Töchter und gute Freundinnen.

Absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 06.04.2022
Kaiserstuhl
Glaser, Brigitte

Kaiserstuhl


sehr gut

Das Cover ist wunderschön und passt gut zum Inhalt des Buches. Eine romantische, beschauliche Szenerie hoch oben über den Weinbergen, eine Frau mit ärmelloser Bluse und Stirnband sitze am Wegesrand / Straßenrand und macht ein kleines Picknick. Sie wirkt jung, schlank, konzentriert, dem Beobachter abgewandt, schält sie gerade einen Apfel. Neben ihr, lässig geparkt ein sehr kleines türkisfarbenes Auto mit einem Koffer hinten auf ein Gestänge geschnallt. Eine Isetta? Das Bild versetzt einen sofort in die 50er / 60er Jahre, in denen der Roman spielt.

Für mich ist es das erste Buch von Brigitte Glaser, das ich gelesen habe, und ich hatte viele sehr positive Kritiken über ihre vorangegangenen Bücher gelesen.

Kaiserstuhl spielt auf verschiedenen Zeitebenen und wird aus der Sicht unterschiedlicher Personen dargestellt – ein Stil, den ich sehr mag und der ein Buch oft sehr lebendig und spannend macht.

Hier allerdings ist es mir etwas schwer gefallen, mich hinein zu finden. Für mich zu viele Personen auf einmal eingeführt, deren Verbindungen erst nach und nach erkennbar werden. Danke für den Stammbaum am Schluss der Buches; den fand ich sehr hilfreich, aber er beinhaltet natürlich nur einen kleinen – den familiären – Teil der Verflechtungen.

Gut gefallen hat mir die gemächlich – beschauliche Schreibweise. Sie passt für mich gut in die Zeit der 50er, 60er Jahre und auch in das verwirrende Innenleben der Personen.

Sehr schön finde ich die politischen Geschehnisse eingewoben, auch diese aus der Sicht der diversen agierenden Charaktere betrachtet.

Toll zu lesen die Landschaftsbeschreibungen; man ist stets dabei, sei es in sommerlicher Idylle oder im eiskalten Schneetreiben.

Die Charaktere der Personen werden langsam, aber gut entwickelt und konturiert; das Buch nimmt nach den ersten 100 Seiten deutlich an Spannung auf, alles „rundet“ sich.

Insgesamt: Leseempfehlung!

Bewertung vom 02.04.2022
Fuchsmädchen / Berling und Pedersen Bd.1
Grund, Maria

Fuchsmädchen / Berling und Pedersen Bd.1


gut

Das Cover ist gut gestaltet, skandinavisch - kalt - winterlich, weiß - schwarz - rot, die Fuchsmaske weist auf den roten Faden des Buches hin. Schön sind die Strukturbuchstaben mit den Schneesprenkeln.

Ich bin mir bis zum Schluss nicht einig geworden, ob es an der Übersetzung liegt, aber für mich war das Buch sprachlich "holprig", nicht gut, nicht flüssig oder spannend zu lesen.
Schon die Einführung der Charaktere hat mir nicht gefallen; alles kam zu plötzlich. Teils waren sie konturlos, teils waren die Konturen ZU scharf und wurden erst langsam - m.E. ZU langsam - erklärt und deutlicher.
Dass die BEIDEN Haupt-Ermittlerinnen in solch wirklich chaotischen Verhältnissen leben und BEIDE einen mehr als ungewöhnlichen Lebensstil und eine absolut düster-düstere Vergangenheit haben, macht es für mich nicht interessanter, sondern war mir einfach zu viel.
Auch die Art, wie der Fall aufgedröselt wird, empfand ich als wirre und einfach nicht gut erzählt. Ich habe erhebliche Mankos in der Stimmigkeit der Personen und in der Geschichte gefunden.

Ich bin ein großer Fan skandinavischer Krimis und hatte mich sehr auf diesen und den Anfang einer Reihe mit einem neuen - weiblichen - Ermittlerduo gefreut, aber dieser Text hat meine Erwartungen enttäuscht. Ich habe mich durch die mehr als 400 Seiten regelrecht "durchgekämpft", obwohl ich sie während einer sehr entspannten Schiffsreise durch Norwegen lesen konnte. Ich habe das Buch gerne in der Schiffsbibliothek zurück gelassen - mag sein, dass es dort noch einen erfreuteren Leser findet.

Ich glaube nicht, dass ich einen zweiten Band der Reihe lesen möchte.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.01.2022
Unser kostbares Leben
Fuchs, Katharina

Unser kostbares Leben


ausgezeichnet

Das Buch hat ein wunderschönes Cover: drei – vermutlich sehr hübsche (man sieht sie nur von hinten) – junge Frauen mit langen Haaren, kess auf der Kühlerhaube eines Autos sitzend. Ein Baum daneben und ein Vogelschwarm geben dem Ganzen ein romantisches Flair. Im Hintergrund sieht man Industrieschlote. Die Szenerie – in pastelligen, leicht verwaschenen Farben gehalten – passt perfekt zum Inhalt des Buches, spiegelt den geschilderten Ort wider.

Sehr schön und berührend werden die Kinder eingeführt, die Kleinstadt“idylle“ geschildert mit ihren Vor- und Nachteilen, Heimeligkeit kontra Spießertum, klare Regeln gegen Freiheitsdrang, Klischees gegen Aufbruchsstimmung…

Das Flair der 70er und danach der 80er Jahre in Mode, Möbeln, Gedanken, Themen, Politik ist sehr gut geschildert. Hat mich besonders angesprochen, weil ich selbst in dieser Zeit Teenager und junge Frau war.

Wunderbar erzählt Katharina Fuchs, abwechselnd aus der Sicht bzw. aus dem Leben der drei Freundinnen, teils auch von deren Eltern oder anderen eher „am Rand“ stehenden Figuren. Die sich abwechselnden Erzählstränge machen den Roman sehr lebendig und kurzweilig.
Die Charaktere finde ich sehr gut geschildert; ich konnte den Kindern, dann jungen Mädchen und Frauen gut bei ihrer Entwicklung und in ihren unterschiedlichen Lebensumständen, Begegnungen und Zielen folgen.
Eindringlich und teils grausam sind besonders die Szenen rund um die Medikamententests und -experimente, den Giftunfall und das alternative Dorf beschrieben.
Und ganz „nebenher“ läuft im Hintergrund die deutsche Geschichte mit, mit Mißtrauensvotum, Parteiengerangel etc. Wunderbar ist auch die Geschichte der Schokoladenfabrik eingebunden. Hat bei mir viele Kindheits- und Jugenderinnerungen geweckt.

Alles in allem SEHR schöne, absolut lesenswerte, keine Sekunde langweilige 600 Seiten. Die Geschichten sind ja noch nicht zu Ende erzählt – ich hoffe sehr auf eine Fortsetzung!

Bewertung vom 11.01.2022
Meeressarg / Fabian Risk Bd.6
Ahnhem, Stefan

Meeressarg / Fabian Risk Bd.6


sehr gut

Bereits das Cover ist toll - das Meer zeigt sich von einer sehr bedrohlichen Seite, die Felsen sind gezackt, scharfkantig, kalt, grau, der Himmel hängt tief. Das Wasser sieht kalt aus und trägt gefährliche Wellen. Scheinbar heimelig duckt sich ein Häuschen im typischen schwedischen Rot auf der Klippe, ein Licht brennt, wirkt einladend – aber ich würde mich nicht hinein trauen…

Das Buch startet mit einem superspannenden Anfang, einem Paar in der Krise in gefährlicher Situation auf dem Wasser. Die Situation scheint fast auf einen Mord zuzulaufen – und ich habe noch sehr lange darauf gewartet, dass der Handlungsstrang noch weiter geführt wird...

Es ist das erste Buch der Fabian-Risk-Reihe, das ich gelesen habe. Ich hatte am Anfang, ehrlich gesagt, schon Probleme, mich in die Personen hinein zu finden. Mir fehlen die Vorgeschichten, sprich die Bände vorher. Die Informationen, auch die zu Sleizner, kommen nur in kleinen Portionen, das machte es mir als Nicht-Insiderin nicht leichter.

Dennoch hat mich die Handlung gepackt. Die Protagonisten sind gut geschildert, besonders Fabian und Dunja in ihrer starken emotionalen Betroffenheit konnte ich sehr gut begleiten. Die Sprache ist kraftvoll, die Dialoge sind kurzweilig und prägnant. Die Beziehungsgeflechte und -probleme der beteiligten Charaktere sind gut fließend eingewoben und gehen über einen reinen Krimi hinaus.

Ich empfehle das Buch weiter, allerdings nicht, wenn man das erste Mal Fabian Risk begegnet. Man sollte m.E. zumindest einen Teil der vorherigen Bände gelesen haben.

Besonderer Tipp: ich habe auch einmal kurz in das Hörbuch reingeschnuppert. David Nathan hat eine tolle Stimme (auch!) für skandinavische Krimis, scheinbar distanziert, dunkel, eindringlich. Passt perfekt zur Geschichte.

Bewertung vom 03.01.2022
Mit dem Rücken zur Wand
Lind, Hera

Mit dem Rücken zur Wand


sehr gut

Ich kannte Hera Lind bisher hauptsächlich aus ihren heiteren Frauenromanen mit viel Witz und Ironie aus den Neunzigern, die damals auch voll meinem Lebensgefühl entsprachen. „Mit dem Rücken zur Wand“ ist der erste ihrer Romane nach wahren Geschichten, den ich gelesen habe.
Das Cover finde ich sehr ansprechend, eine jüngere Frau, hübsch und blond, im roten Kleid, die bei zugezogenen Vorhängen an einem Fenster lehnt und zu Boden schaut. Traurig, eingeschüchtert, Kontrast zum blauen Himmel draußen und zwei spielenden Kindern mit Hund im Garten. Das Nachbarhaus ist nur etwas verschwommen zu sehen, scheint im Nebel zu liegen. - Passt sehr gut zu dem Inhalt des Buches.
Ich habe mir am Anfang etwas schwer getan, mich in den Stil hinein zu lesen. Sehr anders als der Stil von Hera Lind von vor 25 / 30 Jahren. Ernster, ausführlicher, ohne jede Ironie. Anfangs hat es mich ein wenig gestört, WIE ausführlich alles berichtet wird, viele Dialoge, Gespräche um Kleinigkeiten, Detailbeschreibungen. Das nimmt dem Geschehen etwas die Spannung. Aber es ist ja auch kein fiktiver Roman, bei dem es um Spritzigkeit geht, sondern eine wahre und sehr tragische Geschichte.
Später im Buch wird auch erwähnt, dass die Protagonistin von ihrem Anwalt aufgefordert wird, alles im Detail aufzuschreiben, was passiert ist, weil die Dokumentation für das Gericht wichtig ist.
Und Hera Lind selbst äußert sich dazu, dass ihre Real-Erzählerin auf vielen Details um der Genauigkeit willen bestanden hat. Was ich verstehen kann, was aber dem Buch und der Spannung m.E. etwas schadet. Aber das ist auch eine Frage der Zielsetzung.
Die Geschichte selbst ist ungeheuerlich und doch so realistisch und weit verbreitet.
Sehr gut beschrieben finde ich die permanent vorhandene Angst vor neuer Gewalt, neuen Schlägen und Brutalität ohne wirklichen Grund. Auch dass die Tochter sich verzweifelt einen „guten“ Vater und Opa für ihre Kinder wünscht. Weniger verständlich, aber wohl genauso häufig ist das Verhalten der Lebensgefährtin, die sich trotz allem nicht von dem Mann wirklich lossagen kann.
Ich finde, es ist ein sehr wichtiges Buch, weil dieses Thema – Gewalt in der Familie und in Partnerschaften – immer noch zuviel unter den Tisch gekehrt wird, der Justiz aber auch oft wirklich die Hände gebunden sind, weil die Opfer aus Angst vor noch schlimmeren Übergriffen schweigen und Nachbarn, Freunde, Familie, die vielleicht etwas mit bekommen, ebenfalls aus Angst oder einfach Feigheit oder Gleichgültigkeit weg schauen.
Macht betroffen, macht aber auch Mut. Leseempfehlung!

Bewertung vom 06.12.2021
Oh, William!
Strout, Elizabeth

Oh, William!


ausgezeichnet

Ich habe bisher schon einige der Bücher von Elizabeth Strout gelesen; insofern ist Lucy Barton für mich keine neue Figur.

Ich war sehr gespannt, was in "Oh William!" noch Neues kommt, und wurde nicht enttäuscht.

Lucy Barton ist älter und sehr viel reifer, aber keineswegs langweiliger, geworden. Es werden immer wieder Rückblicke aus ihrem Leben - teils mit, teils ohne William - erzählt, in anekdotenhafter Form. Das macht die erzählte Gegenwart verständlicher, frischt die Erinnerung des Lesers nochmal auf und macht das Buch m.E. auch zu einer interessanten Lektüre für diejenigen, die die "Vorgänger"-Bücher nicht kennen.

Nicht nur Lucy, sondern auch William und die Töchter werden teils unter anderen Aspekten betrachtet als in den Büchern vorher.

Sehr gut nachvollziehbar, feinfühlig, intelligent und mit einem ganz leisen Humor erzählt Elizabeth Strout von der Reise zur Halbschwester, flicht Gedanken, Philosophisches und Emotionales, auf ihre wunderbare Art mit ein. Sie kann sich sehr gut in eine Frau des Alters von Lucy und ihres bisher gelebten Lebens hinein versetzen und dies widerspiegeln, ohne Klischees und laute Töne. Es geht auch um Schuld und Verzeihung und Vergessen.

Für mich ein sehr angenehmes Buch, auch passend zur ruhigen Jahreszeit.

Ausgesprochen schön finde ich auch das Cover, zarte gezeichnete Blumen im provencalischen Stil, passen gut zum INhalt.

Bewertung vom 13.11.2021
Die Ullsteinfrauen und das Haus der Bücher
Rygiert, Beate

Die Ullsteinfrauen und das Haus der Bücher


ausgezeichnet

Das Buch „beginnt“ schon mit einem wunderschönen Cover. Jugendstilmäßig inspiriert, passend zu den 20er Jahren, in denen es spielt, mit hübschen ornamental-floralen Verzierungen.
2 Frauen, die sich gegenüber stehen, beide auf ihre eigenwillige Art schön, gut gekleidet und aufwändig frisiert und „geschmückt“ im Stil der damaligen Mode. Sie schauen sich nicht direkt an, eher etwas aneinander vorbei, erstaunt, kritisch, aber durchaus nicht unfreundlich.
Im Hintergrund in Sepia und Pastell Szenen aus dem alten Berlin.mit Gebäuden, Droschken, Pferdefuhrwerken und noblen Automobil-Karossen.

Das Buch hat mich von der ersten Seite an gepackt. Der Stil der Autorin ist flüssig und äußerst lebendig. Die Figuren entstanden direkt vor meinem inneren Auge, sind sehr gut charakterisiert. Vicki Baum, Rosalie Gräfenberg und Lilli sind aktive Frauen, beruflich und amourös gesehen, eigenwillig und interessant, jede auf eine ganz andere, eigen Art..
Selbst die 5 Ullstein-Brüder stürzen einen als Leser nicht gleich ins große Verwirrspiel („Wer ist nochmal wer und arbeitet warum gegen wen?“), sondern sind klar und gut gegeneinander abgegrenzt.
Auch die Liebesgeschichten von Rosalie und Lilli sind glaubwürdig und spannend, ohne Kitschverbrämung.
Die ganze Geschichte ist sehr gut und glaubwürdig erzählt. Menschliche Abgründe werden beleuchtet. Die Menschen verändern sich in ihren Verhaltensweisen und Charakterzügen, immer logisch und spannend aufgebaut, was ich sehr zu schätzen weiß.
Die politischen und gesellschaftlichen Hintergründe der 20er Jahre in Berlin fließen sehr gut mit ein.
Die Konstellationen der einzelnen Personen untereinander verändern sich, und in den familiären, amourösen und geschäftlichen Gruppierungen ändern und verschieben sich immer wieder die Machtverhältnisse. Die Autorin schildert das sehr lebendig und für mich als Leserin sehr gut nachvollziehbar.
Nur für einen Teil der Hauptpersonen gibt es ein „Happy End“, auch das gefällt mir gut.
Die Personen fand ich so interessant, dass ich mich nach dem Beenden des Buches tatsächlich im Internet über die „wirklichen“ Mitglieder der Familie Ullstein informiert habe.
Insgesamt war das Buch für mich eine sehr angenehme Überraschung; ich hätte relativ „leichte Kost“ erwartet; und nun war es für mich richtig gute Unterhaltung mit einigen „Tiefgängen“.

Bewertung vom 03.11.2021
Die Frau aus der Nordsee
Johannsen, Anna

Die Frau aus der Nordsee


sehr gut

Das Buch hat ein sehr schönes Cover. Etwas rauchige Farben, Grau und Blau hauptsächlich in verschiedenen Schattierungen. Ein Steg, ein paar Möwen, ein kleineres Schiff - ein Fischkutter? -, der sich gerade zum Anlegen bereit macht.

Das Cover strahlt auch ein bisschen Novemberstimmung aus, obwohl es eher im Sommer spielt. Aber für die momentane Lesestimmung passt es gut. Man wünscht sich dort ans Meer, mit Gummistiefeln und wasserdichter Jacke.

Ich habe die vorherigen Bände der „Inselkommissarin“ nicht gelesen und fand es anfänglich gut gelungen, wie Lena Lorenzen und ihr Umfeld eingeführt werden. Die Vorgeschichte kommt - immer wieder in kleinen Teilen - nur in Kürze, aber ausreichend verständlich. Die Personen – Kollegen, Verdächtige, Zeugen – werden ganz gut charakterisiert, und man „sieht“ sie vor sich. Von Anfang an war das Buch relativ spannend und gut zu lesen. Man ahnte, dass hinter den Fassaden der netten und weniger netten Menschen noch einiges an Geheimnissen schlummert.

Dass die Kriminalkommissarin des Genitivs nicht mächtig ist (u.a. S. 84 oben), hat mich allerdings gestört.

Für mich hat das Buch nach dem ersten Viertel deutlich an Fahrt verloren, auch wenn es realistisch sein mag, dass es langsam und eher zäh und nicht wirklich voran geht mit den Ermittlungen.

Ich finde auch die Namensähnlichkeiten - Lena, Lisa, Luna - irritierend und erschwerend. Wenn man schnell liest und nicht hoch konzentriert ist, passiert es schon mal, dass man den falschen Namen "liest" und dann ins Stolpern kommt.

Im letzten Teil des Buches wird es noch einmal spannender, und die Ereignisse spitzen sich etwas zu.

Trotzdem geht mir alles zu leicht. Diese lockere Entschärfung der Geiselnahme, auch dann der Tod des Geiselnehmers im Krankenhaus, so völlig undramatisch passiert und zur Kenntnis genommen.

Es gibt dann noch eine - etwas - überraschende Wendung, indem ein neuer "Böser" ins Spiel kommt.

Tja - wirklich glücklich hat mich das Buch nicht gemacht.

Vor allem Lena, die ja eigentlich die Hauptfigur ist, ebenso ihr Verlobter Erck, bleiben für mich blass und nicht richtig "greifbar". Es fehlen so die richtigen Ecken und Kanten, kleine Marotten o.ä., die einen Menschen charakterisieren. Genauso die Kollegen der Kommissarin, die sind alle einfach nett, hilfsbereit, eifrig.

Die Geschichte an sich hat ja durchaus Potential, das Thema ist akut, real und schwer, aber erzählt ist sie alles in allem nicht super spannend. Vielleicht liegt es ja auch daran, dass ich die 7 Bände vorher nicht gelesen habe, vielleicht werden daraus einige der auftretenden Personen klarer und schärfer und damit auch interessanter, aber wenn es nun mal 8 Bände gibt, sollte auch im 8.Teil m.E. die Spannung und die Farbigkeit des Erzählten gehalten werden.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.10.2021
SCHWEIG!
Merchant, Judith

SCHWEIG!


sehr gut

Sehr schön finde ich das Cover, im Stil ähnlich wie bei "Atme!", knapp, schwarz, weiß, ein Tupfer Rot, ein "Trauerrand" - lässt auf einen tiefgründigen Krimi hoffen....Geheimnisvoll die Baumwurzel und der einzelne rote Baum, etwas skurrile, unheimliche Weihnachtsbäume, was gut zum Thema passt.

Wie immer bei Judith Merchant nimmt das Buch sofort rasant Fahrt auf...

Ich habe den Text in eineinhalb Tagen gelesen und konnte das Buch kaum weg legen.

Das Versteckspiel und Verwirrspiel zwischen den beiden Schwestern ist gut und geschickt angelegt, Mehrmals wechseln bis zum Schluss die Machtverhältnisse und die Rollen der "Normalen" und der "Gestörten". Auch bezüglich des braven Ehemannes wird man zunächst und dann noch mehrmals auf eine falsche Fährte gelockt.

Gut gemacht ist die Erzählperspektive aus den 3 verschiedenen Sichten, immer abwechselnd, das ist kurzweilig, flüssig und superspannend zu lesen.

Im mittleren Drittel des Buches waren allerdings einige Passagen, die mich, ehrlich gesagt, gelangweilt haben. Es wird manches einfach mehrfach erzählt bzw. in den Dialogen untergebracht. Das bremst die Spnannung. So kenne ich Judith Merchant eigentlich nicht.

Hatte zwischendurch auch mal vermutet, dass Sue und Esther ein und dieselbe Person sind - Schizophrenie - , vielleicht die jüngere Schwester tatsächlich als Kind gestorben ist - oder irgend eine ganz andere unerwartete Auflösung...

Das letzte Drittel beschert dann noch so mache Überraschung und einen unerwarteten Schluss.

Ein etwas anderes "Weihnachtsbuch", spannend, aber für mich dennoch nicht so packend wie "Atme!"