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JohnnyZombie

Bewertungen

Insgesamt 119 Bewertungen
Bewertung vom 14.07.2023
Die Rückkehr der Nekromanten
Caligo, Lucian

Die Rückkehr der Nekromanten


ausgezeichnet

Narin und Tarus fristen ihre traurige Existenz als unfreiwillige Nekromant:innen in den Sümpfen - bis Tarus eines Tages trotz Verboten versehentlich einen Magier wiederbelebt. Dieser hilft ihnen dank seines magischen Wissens nicht nur, düstere Geheimnisse ihrer Gesellschaft aufzudecken, sondern verfolgt auch ganz eigene Pläne...

Die drei genannten Charaktere wirken anfangs distanziert, wachsen einem jedoch schnell ans Herz. Ihre Schwächen sind sehr offensichtlich und menschlich, und gerade das macht sie sympathisch, auch wenn mensch sie manchmal einfach an den Schultern packen und gut durchschütteln möchte. Doch ich muss zugeben, dass die meisten in ihrer Situation wohl genau so handeln würden.

Auch die Handlung hat mich mit ihren verschiedenen Wendungen in den Bann gezogen. Durch die Wissensunterschiede zwischen den Figuren, die sich gegenseitig Einiges vorenthalten, wird auch der lesenden Person nach und nach erst enthüllt, was im Sumpf wirklich vor sich geht und obwohl die Geschichte ein logisches Ende findet, sind noch einige Punkte offen, die mich umso gespannter auf die Fortsetzung sein lassen.

Der Stil, in dem das Ganze geschrieben ist, hat mich überzeugt. Er ist zwar locker und humorvoll, trotzdem kommen auch die negativen Emotionen der Charaktere und die Spannung aufgrund der verzwickten Lage, in der sie sich befinden, gut herüber. Das hat auch dazu beigetragen, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte.

Zuletzt sei noch das Worldbuilding erwähnt. Natürlich spielt auch der dortige Weltenwurzel-Baum eine Rolle, doch die wird in den Nachfolge-Bänden wahrscheinlich noch größer ausfallen. Die Rolle der Nekromant:innen in der Welt ist super interessant und wie auch schon im ersten Band sticht das Magiesystem, das über tätowierte Sigillen funktioniert, die auch gerne tödlich enden können, sehr positiv heraus - von den magischen Tricks des wiederbelebten Magiers ganz zu schweigen.

Bewertung vom 14.07.2023
Mesrée
Clever, Florian

Mesrée


ausgezeichnet

Wer sich das Cover dieses Buches anschaut, wird direkt eine der Tatsachen entdecken, die es einzigartig machen: Das Setting, denn die Handlung findet in Mesrée statt, einer Stadt in der Wüste, die auf der einen Seite durch eine schreckliche Dürre und auf der anderen von einer Belagerung durch ein Nomadenvolk bedroht wird.

Als wäre das nicht genug, geht es auch noch in der Stadt selbst drunter und drüber, aber ich will hier nicht spoilern. Es soll nur gesagt sein, dass die Konfliktfelder, mit denen die Protagonisten konfrontiert werden, eine interessante Mischung abgeben und der Handlung Spannung verleihen.

Der Hauptcharakter ist einem von Anfang an sympathisch, weil er nicht gerade dem Bild eines typischen Fantasy-Helden entspricht und dadurch umso menschlicher wird, was auch für die anderen Persönlichkeiten gilt, die diese Stadt bevölkern. Er hat schwierige Entscheidungen zu treffen und hadert mit ihnen. Sein Umgang mit der Extremsituation und seinen politischen wie tödlicheren Widersacher:innen ist nachvollziehbar und menschlich.
Auch der Schreibstil kann sich sehen lassen. Er ist locker und humorvoll, ohne dass sich das negativ auf die spannenden und traurigen Szenen auswirkt. Das führt dazu, dass auch dieses Buch wieder extrem schwierig aus der Hand zu legen war.

Die Handlung wird ohne „Durststrecken“, die man hätte kürzen können, vorangetrieben, lässt sich aber auch Zeit für zwischenmenschliche Momente und fantasievolle Beschreibungen von Mesrée, die die Charaktere und Stadt selbst lebendiger erscheinen lassen.

Die Mischung aus der Story um den heraufziehenden Krieg, den politischen Ränkespielen im Rat und den Auswirkungen der Dürre macht dieses Buch zu einem der erfrischendsten Fantasy-Romanen der letzten Zeit.

Bewertung vom 14.07.2023
Der weiße Kristall
Clever, Florian

Der weiße Kristall


ausgezeichnet

In der Gesamtausgabe der Fantasy-Reihe „Der weiße Kristall“ muss sich der Söldner Molovin eine wichtige Frage stellen: Soll er seinen Befehlen folgen, wie es ihm seit Jahrzehnten antrainiert wurde, oder seinem Gewissen, das er so lange erfolgreich ignoriert hat? Doch bald stellt sich das als sein geringstes Problem heraus: Ein Eidbrecher, einer der fürchterlichen Magier Askeleons, streckt seine Klauen nach dem Weißen Kristall aus, mit dem er in der Lage wäre, den gesamten Norden einzunehmen.

Erneut werden wir nach Iatiara geführt, wo auch schon „Schwert & Meister“ spielte, dieses Mal konzentrieren wir uns allerdings auf den eiskalten Norden, in dem jedoch nicht nur die harsche Witterung zur Gefahr wird. Die lebensfeindlichen Bedingungen machen jede Reise zu einer Herausforderung und die Umgebung wird auch in den Kämpfen kreativ genutzt, was mir gut gefallen hat.

Die Charaktere fallen allesamt auf ein Spektrum von liebens- bis hassenswert. Es gibt keine Figur, die nicht ihre eigene Persönlichkeit mitbringt und es ist leicht, sich in sie hineinzuversetzen und mitzufiebern. Nur die Nebenfiguren aus dem ersten Teil geraten im zweiten ein bisschen ins Hintertreffen und verlieren an Bedeutung. Dafür lernen wir aber auch andere Charaktere kennen, die die eisige Stimmung des Nordens aufzulockern wissen und durch Molovins Überlegungen kann mensch sich auch gut in den Protagonisten hineinversetzen.

Auch gut beschrieben sind die Kämpfe. Die Geschichte wirft einen direkt in die Action und es gibt zwar ruhigere Momente, in denen mensch Land und Leute kennenlernt, spannend bleibt es aber durchgehend. Mit überraschenden Wendungen wird auch nicht gespart, sodass es kein Wunder ist, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte.

Besonders die große Schlacht auf dem See hat mir gefallen. Hier wird noch einmal aus dem Vollen geschöpft und beide Seiten werfen alles in die Waagschale, was ihnen zur Verfügung steht. Wie mensch es schon vom ersten Teil kennt, geht es in den Kämpfen nichts ums bloße Draufhauen, sondern auch um die Strategien dahinter.

Hier gibt es jedenfalls alles, was mensch von einem guten Fantasy-Schmöker erwarten kann: Epische Schlachten, eine magische Sage und eine ans Mittelalter angelehnte Welt, die mit interessanten Ländern, Völkern und Charakteren heraussticht. Begleitet wird das wie gewohnt von einem farbenfrohen und angenehmen Schreibstil, der das Buch wie im Flug vergehen lässt.

Bewertung vom 14.07.2023
Piratengesindel
Clever, Florian

Piratengesindel


ausgezeichnet

Kaufmannssohn Casims angenehmes Leben wird völlig auf den Kopf gestellt, als er aus seiner Heimat und damit aus seinem Leben des Müßiggangs fliehen muss. Schon bald muss er sich auf hoher See und an fremden Ufern mit Intrigen herumschlagen, die er sich vorher nicht hätte ausmalen können…

Piratengesindel erinnert mich im positivsten Sinne an die Abenteuergeschichten meiner Kindheit: Die raue See verspricht Gefahren in Form von Stürmen mit haushohen Wellen und Pirat:innen, denen alle Mittel recht sind, aber auch Freiheit und große Schätze. Dieses Feeling wird hier perfekt eingefangen.

Dazu kommt, dass Casim ein sympathischer Protagonist ist. Obwohl am Anfang klar wird, dass er unreif ist und sich vor allen Anstrengungen drückt, kann mensch sich gut in ihn hineinversetzen und mit ihm mitfiebern. Gut gelungen ist auch das Tempo seiner Charakterentwicklung, weil es langsam genug ist, um glaubwürdig zu sein, aber schnell genug, um Fortschritte bemerkbar zu machen.

Gut gefallen haben mir auch die Kampfszenen. Weil Casim anfangs kein Krieger im traditionellen Sinne ist, geht es eher darum, um jeden Preis zu überleben und die Gegner mithilfe der Umgebung oder improvisierten Waffen zu überlisten, was besonders spannend ist.

Dabei kommt wie üblich bei Florian Clever der Humor nicht zu kurz, was einen aber nicht davon abhält, zu jedem Zeitpunkt mitzufiebern.

Es gibt eine schöne Mischung aus Seeschlachten, Verfolgungsjagden durch die engen Gassen von Mesrée und heimlichen Aktionen bei Nacht und Nebel. Die Story selbst bleibt von Anfang bis Ende spannend und ist von vielen überraschenden Wendungen durchzogen.

Bewertung vom 14.07.2023
Idol in Flammen
Usami, Rin

Idol in Flammen


ausgezeichnet

Akaris Welt dreht sich nur um ihr Idol Masaki, der in einer berühmten Band spielt. Während ihr eigenes Leben immer mehr aus den Fugen gerät, steigert sie sich weiter in die Selbstaufgabe und Anbetung hinein – Selbst, als er einen Fan geschlagen haben soll.

Obwohl die Protagonistin sich in einer Situation befindet, die ich so nie erlebt habe, konnte ich ihre Gefühle und Probleme sehr gut nachvollziehen. Durch ihren detailliert ausgearbeiteten Charakter und den Schreibstil, der alles direkt aus ihrer Perspektive berichtet, fühlt mensch schnell mit ihr mit.

Auch die anderen Figuren haben ihre Probleme, die wir durch Akaris Augen wahrnehmen, weshalb wir immer wieder Einblicke darein bekommen, wie sie ticken. Dadurch wirken sie alle extrem menschlich, sogar der Popstar Masaki, mit dem sie im Verlauf des Romans nie wirklich interagiert.

Das Buch zeigt sehr deutlich, wie sich die Musikindustrie in Japan die Idolkultur zunutze macht und sie weiter ausbaut, zum Beispiel, indem sich Fans mehrere CDs kaufen sollen, um in Beliebtheitswettbewerben zwischen Bandmitgliedern mehrmals für ihr Idol abstimmen zu können. Doch das macht es nie mit erhobenen Zeigefinger, sondern immer durch die Augen von Akari.

Dabei wird auch deutlich gemacht, dass es nicht einfach ihr Fansein ist, das ihr Leben so zerstört, sondern dass sie einen Grund dafür hat, sich bis zur Selbstaufgabe in diese Parallelwelt zu flüchten, um ihrem Alltag und den Menschen, die sie nicht verstehen, zu entfliehen.

Bewertung vom 14.07.2023
Jene Tage, die verschwinden
Le Boucher, Thimoté

Jene Tage, die verschwinden


ausgezeichnet

Der angehende Akrobat Lubin muss plötzlich feststellen, dass er nur noch jeden zweiten Tag erlebt. Dazwischen übernimmt eine andere Persönlichkeit seinen Körper und als immer mehr Tage zwischen den Morgen, an denen er erwacht, vergehen, realisiert er, dass er verschwinden könnte.

Die Story nimmt sehr schnell Fahrt auf. Da mensch jedoch Lubin und seine Freund:innen und Verwandte auch schnell kennen- und lieben lernt, fällt das positiv auf. Mensch wird schnell in die Handlung hineingezogen und möchte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen.

Der Zeichenstil ist klar und deutlich, was jedoch nicht am Mangel von Details liegt. Tatsächlich sind die Figuren und die Umgebungen, in denen sie sich bewegen, liebevoll mit Einzelheiten ausgestattet worden und vor allem die Aufführungen von Lubins Zirkustruppe haben mich mit ihrem Charme bestochen.

Besonders interessant wird die Handlung auch dadurch, dass mensch alles nur durch Lubins Augen sieht. Was seine andere Persönlichkeit in der Zwischenzeit macht, erfahren wir höchstens durch Nachrichten, die sie ihm manchmal hinterlässt. Dadurch wird mensch genauso orientierungslos wie Lubin selbst.

"Jene Tage, die verschwinden" ist eine sehr berührende Geschichte, die mensch nicht so schnell vergisst. Zu lesen, wie Lubin dagegen ankämpft, verdrängt zu werden, und was das mit den Beziehungen zu den von ihm geliebten Menschen und zu seinem anderen Ich macht, ist bedrückend. Gleichzeitig gibt es auch immer wieder schöne Momente, wenn zum Beispiel seine Rückkehr gefeiert wird.

Bewertung vom 14.07.2023
Unterwegs zwischen Grenzen (eBook, ePUB)
Grabuschnig, Ralf

Unterwegs zwischen Grenzen (eBook, ePUB)


sehr gut

Ralf Grabuschnig macht sich auf in die Grenzgebiete Europas, wo Kulturen und Sprachen von Minderheiten mehr oder minder gut überlebt haben. „Unterwegs zwischen Grenzen“ ist ein Reisebericht, der die historischen Entwicklungen, die zu diesen interessanten Konstellationen geführt haben, den heutigen Begebenheiten gegenüberstellt.

Der Stil ist dabei locker und humorvoll, wobei viel von der Persönlichkeit des Autors rüberkommt. Das bedeutet jedoch nicht, dass er sich vor den schwierigen Themen - seien es die zahlreichen Bevölkerungswanderungen im Mittelalter oder Verfolgungen im Nationalsozialismus - scheut.

Der Autor trifft dabei auf viele Angehörige dieser Minderheiten und Forscher:innen, die sich mit ihnen beschäftigen. Dadurch bekommen wir als Leser:innen nicht einfach nur den Blick von außenstehenden Personen mit, sondern erfahren auch viele Dinge, die den Menschen selbst wichtig sind, zum Beispiel ihr rechtlicher Kampf um Anerkennung als Minderheit oder die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die ihre Kultur bedrohen.

Mein einziger Kritikpunkt ist die Balance zwischen dem humorvollen Reisetagebuch und den historischen Fakten. Jedes Gebiet, das besucht wird, ist faszinierend genug für eine viel längere Abhandlung und ich hätte gerne mehr der Geschichte oder Interviews mit Expert:innen und Angehörigen dieser Minderheiten gelesen.

Andererseits schafft es das Buch dadurch auch, in wenigen Seiten sehr viele faszinierende Gruppen und Menschen vorzustellen, von denen ich vorher noch nie gehört habe. Für einen Überblick über die fünf vorgestellten Minderheiten lohnt es sich allemal.

Bewertung vom 26.01.2023
Salomés Zorn
Bekono, Simone Atangana

Salomés Zorn


ausgezeichnet

Salomé hat das Gefühl, ihr Leben endgültig in den Sand gesetzt zu haben. Nicht nur im Gefängnis ist sie gefangen, sondern auch im Strudel ihrer Erinnerungen an mit ihrer Familie verbrachte Tage in ihrem Haus in den Niederlanden oder bei der Verwandtschaft in Kamerun und Rassismuserfahrungen in der Schule.

Das Buch liest sich sehr persönlich. Wir lernen Salomés innerste Gedanken kennen, ihre Ängste, Selbstzweifel und natürlich auch ihre Wut. Der Schreibstil, der in der Ich-Perspektive gehalten ist, und die prägnanten Sätze unterstreichen das. Vor allem die Szenen, in denen sie träumt oder Halluzinationen im Fieberwahn hat, haben mich sprachlich beeindruckt, weil die Sprache auch der Logik dieser Situationen gefolgt ist.

Stück für Stück dringen Salomé und wir zum Kern der Sache vor, dem Grund, warum sie eingesperrt worden ist. Und auch diese Szenen sind von ihrer persönlichen Einschätzung geprägt, nicht von der einer neutral beobachtenden Person. Wir bekommen mit, wie sie es sich fast anders überlegt hätte, wie sie es dann doch nicht auf sich sitzen lassen konnte, und dass sie es nicht bereut.

Aber auch die anderen Mitglieder ihrer Familie lernen wir kennen, samt ihrer Reaktionen zu Salomés Verhaftung. Sie sind allesamt realistische Figuren mit ihren Schwächen, die die Geschichte umso realer erscheinen lassen, ebenso wie die anderen Insassinnen im "Donut", wie das Gefängnis genannt wird.

"Salomés Zorn" nähert sich schwierigen und allumfassenden Themen, wie Rassismus, Ausgrenzung und dem Gefängnis-System, auf sehr persönlicher Ebene und macht ihre Auswirkungen dadurch umso deutlicher. Ein eindrücklicher und berührender Roman, der einen auch durch sein offenes Ende noch lange begleiten wird.