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Benutzername: 
Buecherseele79
Wohnort: 
Schwarzwald

Bewertungen

Insgesamt 121 Bewertungen
Bewertung vom 08.02.2019
Morgengrauen
Demirtas, Selahattin

Morgengrauen


ausgezeichnet

,Selahattin Demirtas gehörte bis Frühjahr 2018 der Oppositionspartei HDP in der Türkei an, er war Erdogans wichtigster und wie es scheint auch "gefährlichster" Gegner, denn seit November 2016 wird er im Hochsicherheitsgefängnis festgehalten.

Und genau aus diesem Hochsicherheitsgefängnis erreichen uns die Kurzgeschichten zu dem Buch "Morgengrauen".

Das Buch weist 144 Seiten auf und trotzdem gehen die Geschichten, die Gedanken, das Geschehen unter die Haut, es setzt sich im Kopf fest, man beginnt bei der ein oder anderen Geschichte an sein eigenes Leben ein bisschen zu reflektieren.

Der Schreibstil ist sehr flüssig, aber man sollte beim lesen wirklich dabei sein, Zeit dass die Gedanken abschweifen gibt es erst gar nicht.

Der Autor zeigt ein sehr genaues Bild über die aktuellen Zustände in der Türkei- egal ob es um die Ehre der Familie geht, die Ehe, das Frauenbild in der Türkei, der gesellschaftliche Wandel von Arm und Reich, aber auch über Flucht und die verbundenen Hoffnungen auf ein besseres Leben.

Es gibt die ein oder andere Geschichte die zu Tränen rührt, gerade die erste Geschichte im Buch fand ich unglaublich gut, realistisch und erschreckend dargestellt, aber auch "Seher" und "Die Meerjungfrau" haben mich sehr bewegt.

Die Geschichte "Unendlich einsam" fand ich zum Standpunkt- aktuelle Gesellschaft mehr als gelungen und ich denke man kann gerade diese Geschichte auf viele Länder ummünzen, es betrifft nicht nur die Türkei alleine.

Natürlich ist durch Erdogan vieles aus dem Ruder gelaufen, das ist gar nicht zu bestreiten.
Aber mich hat das Buch auch gerührt da es auch in anderen Ländern Situationen gibt wo ich mir denke- auch hier ist das Frauenbild verzerrt, auch hier erleben wir eine Gesellschaft die sich ändert, nicht unbedingt zum Besseren.

Für mich persönlich ist es auch ein Buch dass zu mehr Achtung und Respekt füreinander aufruft, dass man seine Freiheit und vor allem seine Meinungsäusserung hoch und auch heilig halten soll.

Die Gedanken sind frei und das hat Selahattin Demirtas mit seinem Buch "Morgengrauen" wirkungsvoll erwiesen.
Ich kann für dieses Buch eine ganz klare Leseempfehlung aussprechen!

Bewertung vom 08.02.2019
Als die Soldaten kamen
Gebhardt, Miriam

Als die Soldaten kamen


sehr gut

Die Autorin und Historikerin Miriam Gebhardt fasst in ihrem Buch "Als die Soldaten kamen" ein Thema auf welches noch heute lieber verschwiegen wird, von Aufarbeitung, geschweige denn Entschuldigungen ganz zu schweigen.
In ihrem Buch räumt die Autorin auch mit Propaganda und Vorurteilen auf- denn nicht "nur" die "Russen" haben Frauen vergewaltigt, sondern ebenso Amerikaner, Engländer und die Franzosen.

Zuerst ist glaube ich der Schreibstil ganz wichtig zu erwähnen- wer hier mit einem Buch über reine Geschichten oder Aussagen von Überlebenden rechnet ist hier falsch.
Die Autorin erwähnt natürlich Aussagen, aber diese beziehen sich eher auf Dokumente die noch verfügbar sind, Protokolle über Aussagen von Militär, Ärzten, Ämter aber auch von Opfern selbst, oder aus Tagebüchern und anderen Aufzeichungen.

Oft sind die Satzstellungen nicht einfach zu lesen, man muss diesem Buch wirklich Zeit geben und sich auch Zeit nehmen für das lesen.
Trotzdem redet die Autorin Klartext, gerade wenn es zu "wissenschaftlich" wird erklärt sie in einfachen Sätzen was gemeint ist dass es auch jedem Leser verständlich wird.

In diesem Buch werden auch andere Studien, Bücher oder Filme genannt, erklärt und warum die Autorin hier Fehler sieht, sich der ein oder anderen Sichtweise anschliesst oder etwas berichtigen möchte.
Ganz kar wird aber hervorgehoben- wie hoch die Opferzahl ist kann eigentlich keiner genau sagen, vieles sind Schätzungen und da wird das Buch auch interessant denn es zeigt ganz klar auf- hier wurde sehr viel vertuscht, verpfuscht und totgeschwiegen.

Warum wurden Frauen von den "Befreiern" als "Freiwild" angesehen?
Waren es wirklich nur die Russen?
Welche Rechte und Schutz hatten die Frauen damals?
Wieviel ist davon Propaganda?
Wie ist die Aufklärungsrate gewesen?
Gab es Unterstützung und Hilfe aus der Gesellschaft, von den Militärbesetzern selbst?
Kann man diese Thematik als "aufgeklärt" und "aufgearbeitet" betrachten?

Diesen und einigen Fragen mehr geht die Autorin in ihrem Buch auf den Grund und zeigt erschreckend auf- weder damals noch heute wurde wirkliche Aufklärungsarbeit geleistet, noch heute leiden die Frauen unter den Folgen von einer oder von einer mehrmals Vergewaltigung.

Auch waren es "nicht nur" Frauen die vergewaltigt wurden, auch Männer und Jungen, sogar kleine Kinder waren unter den Opfern...
Für Zartbesaitete ist dieses Buch nichts, denn auch wenn es mehr unter dem historischen Blick geschrieben wurde kommen die Auswirkungen, das Erlebte der Opfer in keinster Weise zu kurz.
Man merkt dass der Autorin eines wichtig ist- die Stimme der Opfer und dass hier endlich Verantwortung übernommen wird!

Dieses Buch schreibt über eine Zeit, beschreibt ein Zeitdokument welches heute noch weiterhin aktueller ist denn je, denn Krieg gibt es leider überall und Vergewaltigungen gehören grausamerweise dazu, auch hier hat die Weltgemeinschaft noch immer nichts gelernt und reagiert, agiert viel zu langsam.

Trotz des eher historischen Schreibstils kann ich dieses Buch, MUSS ich dieses Buch wirklich empfehlen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.02.2019
Marschmusik
Becker, Martin

Marschmusik


ausgezeichnet

In dem Buch "Marschmusik" schreibt Martin Becker über eine durchschnittliche Ruhrpott Familie.
Eine Familie die mehr für sich lebt, 3 Söhne hat, versucht über die Runden zu kommen, der Erzähler des Buches ist der jüngste Sohn und Nachzügler, er erhielt gerade von den Eltern immer viel Liebe und Aufmerksamkeit.
Aber der jüngste Sohn lebt auch am weitesten von der alten Heimat entfernt, als er seine Mutter mal wieder besucht erinnert er sich an sein bisheriges Leben und interessiert sich gerade für den schon verstorbenen Vater der im Bergbau tätig war.
Für mich ist das Buch von Martin Becker eine ganz grosse Liebe und Hommage an den Ruhrpott, gerade an die Menschen die im Bergbau tätig waren, die die Nation mit Kohle und Energie versorgten, die immer am malochen waren und nie gejammert haben.
Der Schreibstil des Buches ist einfach, realistisch, so wie die Menschen im "Pott" reden, denken und leben und genau hier liegt, für mich als Leser, das Besondere, das Liebevolle, das Wahre des Buches.
Man muss sich auf den Schreib- und Erzählstil einlassen, sonst denke ich dass viele Leute ein Problem mit diesem Buch haben werden.
Das Buch weist einige Erzählstränge auf, einmal geht es um den jüngsten Sohn der immer das Nesthäkchen war, der aber als Einziger das Weite gesucht hat und verschiedene Bahnen von Gefühlen durchlebt wenn er die Mutter daheim besucht.
Er möchte nicht zu Besuch kommen, auf der anderen Seite möchte er aber auch nicht gehen.
Man erfährt von seiner Jugend, dass er immer eher ängstlich war, viel krank, ja manchmal fast paranoid, wieviel ihm das Posaune spielen in der Marschkapelle bedeutet hat, er suchte den Weg zu der ganz grossen Bühne und wollte berühmt und angesehen werden.
Und dann gibt es das Leben der Eltern, was ich persönlich am interessantesten fand, denn diese Abschnitte beschreiben das Leben und Arbeiten im Ruhrpott sehr deutlich.
Wie die Eltern sich kennenlernten, wie sie nach Jobs suchten und immer versuchten über die Runden zu kommen, dass das Leben damals kein Zuckerschlecken war, aber es gab nie ein böses Wort oder Grund zu Jammern, denn- "man kann ja nichts machen", es wird schon irgendwie weitergehen.
Wer dieses Buch liest sollte sich für den Bergbau, den Ruhrpott und die Mentalität des Ruhrpotts interessieren bzw. vielleicht schon mal dort gewesen sein.
Mein Freund stammt aus dem Pott, seine Oma und andere Verwandte leben noch dort, viele haben damals noch in den ganz grossen Industrieanlagen gearbeitet.
Durch regelmässige Urlaube kann ich mittlerweile sagen dass das Buch den Ruhrpott genau so wiedergibt, es war eine Freude es lesen zu dürfen.
Und gerade heute ist der Pott mehr als nur Bergbau, grau und dreckig, sondern grün, interessant und von einem ganz eigenen Schlag.
Mich konnte das Buch bestens unterhalten, es gibt tiefe Einblicke in das einfache Leben einer Familie die mit dem Bergbau aufgewachsen ist und ist eine wahre Hommage an den Ruhrpott.
Ich bedanke mich bei dem btb-Verlag, dem Randomhouse Verlag sowie dem Bloggerportal die mir das Buch als Rezensionexemplar überlassen haben.
(Dies hat keine Auswirkungen auf meine Rezension!)

Glück auf!

Bewertung vom 01.02.2019
Das Vogelhaus
Meijer, Eva

Das Vogelhaus


ausgezeichnet

Die Autorin Eva Meijer beleuchtet in ihrem Buch "Das Vogelhaus" das Leben der Len Howard.
Alleine das Cover ist wunderschön und sehr liebevoll gestaltet und macht neugierig auf die Geschichte.

Der Schreibstil ist flüssig, angenehm und konnte mich von Beginn an mitziehen und begeistern.

Man lernt Len von Jung auf kennen, das heisst, dass in ihren jungen Jahren die Vogelpflege mit ihrem Vater zwar eine Rolle einnimmt, aber sie ebenso das Musizieren liebt und den Traum hegt nach London zu gehen.
Zwischendurch erhält der Leser immer wieder interessante und sehr liebevolle Einblicke zwischen Len und ihren Forschung, speziell mit der Vogelart der Kohlmeisen, hier mit der Vogeldame Sternchen.

Ich kann mir vorstellen dass es einigen Lesern zu wenig um die Vogelforschung von Len Howard geht, da wie gesagt, der erste Teil sich eher mit ihrem Werdegang und ihren Wünschen der beruflichen Anerkennung auseinandersetzt.
Ich persönlich fand den Werdegang aber sehr interessant, dennso konnte man Len Howard besser kennenlernen und ihre Eigenart auch verstehen.

Der zweite Teil des Buches widmet sich dann Len Howard in ihrer Forschung und Beobachtung und ist unheimlich interessant, liebevoll und mit ihrer Leidenschaft gespickt.
Persönliche Namen der Vögel sowie ihre Verhaltensmuster bringen dem Leser diese sehr schlauen und liebevollen Tiere noch näher und konnten mich begeistern, berühren und auch den Blickwinkel auf Vogelarten nochmals verändern bzw. verstärken.

Das Buch würde ich jedem empfehlen da es sich um Lebewesen dreht die man täglich hört, sieht oder "näher" kennenlernen kann und durch seine Liebe zu den Vogelarten besticht.
Eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 29.01.2019
Feinde
Saygin, Susanne

Feinde


ausgezeichnet

Zu Beginn ist es etwas holprig, man weiss nicht so genau wohin die Geschichte führen wird, auch muss man sich an Can und Simone etwas gewöhnen da sie als Team sehr eigen miteinander umgehen- aber genau hier liegt auch der Charme der Ermittler- sie reden wie ihnen der Mund gewachsen ist, haben Ecken und Kanten und ihre privaten Probleme die sie eben auch belasten.

Der Schreibstil an sich ist flüssig, sehr gut verständlich, und von Seite zu Seite packt er einen auch immer mehr bis man das Buch nur sehr ungern aus der Hand legt.

Ein besonderes Augenmerkt legt die Autorin gekonnt auf die offenen Grenzen, auf den Rechtsdruck der nicht nur in Deutschland wieder zunimmt, auf die Möglichkeiten die EU zu "bescheissen" und welche dunklen Geschäfte möglich sind.
Und gerade hier, wie auch in der Realität- man kommt sehr schwer an die "ganz dort oben" heran.

Die jahrelangen Recherchen der Autorin haben sich auf jeden Fall ausgezahlt was man diesem Thriller auch deutlich anmerkt.
Man sollte sich vielleicht auch für den "Blick über den Tellerrand" interessieren, sich mit Politik und Gesellschaft etwas auskennen damit man diesen Thriller auch gerne liest.

Ein Thriller der einem den eigenen Spiegel vorhält, der zeigt dass Rechts ebenso Mist ist wie zuviel Links, dass man einen gehobenen Lebensstandard meist auf Kosten von anderen Menschen lebt die für Dumpinglöhne und kaum überleben jede Arbeit annehmen und dabei ausgebeutet werden.

Mich konnte dieser Thriller auf ganzer Linie überzeugen, packen und auch schockieren und ich kann ihn daher nur empfehlen!

Bewertung vom 21.01.2019
Drachensplitter
Mühlau, Ruth

Drachensplitter


ausgezeichnet

Vorweg- um die Geschichte von Eisenland und der Zauberschmiedin Rayka zu verstehen sollte man die vorigen Bände der Autorin gelesen haben und kennen, sonst hat man erhebliche Probleme diesem Buch zu folgen.

Der Schreibstil ist weiterhin packend, spannend und voller Fantasie, die Seiten werden nur so gelesen und man möchte aus dieser Welt der Zauberschmiedin gar nicht mehr auftauchen.
Gerade für Fantasiefans sind diese Bücher auf jeden Fall zu empfehlen.

Durch alle Bücher haben sich die Charaktere entwickelt, verändert, man freut und leidet mit ihnen und trotzdem ist es der Autorin gelungen in diesem Band wieder die ein oder andere Überraschung einzubauen, den Leser immer herauszufordern was er meint was passieren wird und ob sich ein Charakter wie verändert hat, zum Guten oder Schlechten.

Ein besonderer Punkt ist natürlich dass in diesem Band auch ein Drache auftaucht der mich vollkommen überzeugen konnte, auch bei ihm, typisch Drache, wusste man nie so genau woran man ist.

Der Autorin Ruth Mühlau ist gelungen eine interessante und fantastische Geschichte rund um die Zauberschmiedin Rayka zu entwickeln, gerade das Schmiedehandwerk wird hier sehr gekonnt und interessant dargestellt und auch das Steine ebenso eine Seele und ein Wesen in sich haben.

Da mich dieser Band ebenso begeistern konnte spreche ich für die ganze Reihe eine ganz klare Leseempfehlung aus.

Bewertung vom 23.10.2018
Winterkalt: Thriller
Shepherd, Catherine

Winterkalt: Thriller


ausgezeichnet

Thrillerfans sollten sich die Autoin Catherine Shepherd auf jeden Fall merken!
Für mich war dies das erste Buch mit der Rechtsmedizinerin Julia Schwarz und ihrem Freund/Kollegen Florian Kessler.
Man kann die Bücher jedoch leicht ohne Vorkenntnisse der anderen Bücher lesen da sie alle in sich abgeschlossen sind.
Der Schreibstil ist bei der Autorin leicht, jedoch schnell packend und sobald ich das Buch begonnen hatte konnte ich es nicht mehr aus der Hand legen!
Julia Schwarz und Florian Kessler waren mir sehr schnell sympathisch, auch das Umfeld der beiden konnte mich begeistern und zum lesen mitreissen.
Interessant ist die Thematik die von der Autorin diesmal gewählt wurde- Eisskulpturen, aber auch was ein Erfrierungstod für ein Opfer bedeutet.
Gerade bei dem Punkt Eisskulptur merkt man dass die Autorin sehr gewissenhaft recherchiert hat und verpackt dieses Wissen spannend und interessant in ihren neuen Thriller.
Gekonnt streut die Autorin wieder verschiedene Spuren und Hinweise und als Leser kann man selbst wählen ob man sich auf dieses Spuren einlässt oder sich selbst Gedanken zum Täter macht.
Das Ende war für mich stimmig, spannend, nicht vorhersehbar und sehr gelungen.
Unter dem Strich wieder ein sehr überzeugender und spannender Thriller aus einer Reihe mit sympathischen Ermittlern.
Ich kann die Autorin und die Reihe der Rechtsmedizinerin Julia Schwarz nur empfehlen!

Bewertung vom 16.10.2018
Überleben
Zeillinger, Gerhard

Überleben


ausgezeichnet

Walter Fantl lebt mit seinen Eltern sowie seiner Schwester in Österreich und führen ein unbeschwertes Leben.
Sie sind in Bischofstetten die einzige jüdische Familie was aber keinen stört.
Dies ändert sich jedoch schlagartig als die Nationalsozialisten die Macht erlangen und auch Österreich von Hitler eingeommen wird.

Warum sollte man dieses Buch lesen?
Gibt es nicht schon genügend Bücher über diese Thematik?

Wenn man die heutigen Zeiten sieht und erlebt dann zweifel ich persönlich sehr stark an dem gesunden Menschenverstand und ja, diese Bücher von den sterbenden Zeitzeugen sind wichtiger denn je!
Und ich möchte meinen Respekt und Dank an Walter Fantl sowie seinen überlebenden Freunden aussprechen dass auch sie ihre Geschichte erzählt haben.

Sehr einfühlsam und schön beschreibt Walter Fantl sein Leben in Bischofstetten, eine ruhige und schöne Dorfgemeinschaft wo jeder jeden kennt und respektiert.
Und als die Nationalsozialisten die Macht übernehmen, als Hitler sich Österreich "einverleibt" ändert sich für Walter und seine Familie alles.

Wie viele Juden denken sie auch zu Beginn dass es nicht so schlimm werden wird, dass die Nazis nicht lange die Macht halten können und doch versucht die Familie Fantl nach Amerika auszuwandern.
Was dies aber alles für Schwierigkeiten mit sich brachte, alleine weil der Postweg ewig dauerte, man viele Dokumente und Zeugen brauchte- dies alles erzählt Walter Fantl in seinem Buch.
Man bangt von Beginn an mit der Familie mit und merkt doch recht schnell- so einfach war es damals eben doch nicht, man konnte nicht von heute auf morgen das Land verlassen.

Trotz täglich neuer Verbote, den Verlust von Geschäft und Haus, Zwangsarbeit für einen Hungerlohn versucht Walter Fantl mit seinen Freunden das Beste aus der Situation zu machen, sehr oft spricht er dass er Glück hatte, dass ein ein paar schöne Stunden mit Freunden geniessen konnte.

Mit seiner Familie wird Walter ins Ghetto nach Theresienstadt gebracht, auch hier versucht Walter sein Bestes aus der Situation zu machen, versucht seine Eltern zu unterstützen.
Wie grausam und perfide die Nationalsozialisten waren, gerade in Blickpunkt auf Theresienstadt wird durch die Erzählungen von Walter Fantl sehr genau wiedergegeben.

Zusammen mit seinem Vater wird Walter nach Ausschwitz gebracht..er ist in einem Übergangslager und kommt dann nach Gleiwitz ins "Krepierlager" wo er als Schlosser und Schweisser tätig sein muss und den Lagerinsassen jeder Tag zur puren Hölle gemacht wird...

Sehr bewegend und vor allem sehr aussagekräftig fand ich das "Nach dem Krieg und wir sind frei".
Man hat alles verloren, sucht nach Angehörigen die ebenfalls in Ghettos und KZ´s waren, hat keine wirkliche Heimat mehr, kein Haus, kein Job und ist körperlich und psychisch am Ende, wie soll man jetzt an ein neues Leben anknüpfen?
Wo ist man noch willkommen?
Wo erfährt man Hilfe und Zuwendung?

Unter dem Strich hat Walter Fantl hier ein sehr bewegendes und eindrucksvolles Zeitdokument verfasst welches ich jedem, wirklich jedem ans Herz legen muss!


--> "Dann bin ich zu einem Kapo hin und habe gefragt:
Was ist mit den anderen?
Wo ist mein Vater?
Und der schaute mich an und zeigt auf einen der Schorn-
steine und sagt: Siehst du den Rauch? Das sind die anderen,
das ist dein Vater".

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.10.2018
Die Party
Winner, Jonas

Die Party


ausgezeichnet

Zu Beginn stellt sich dem Leser die grosse Frage- was war damals, Halloween 1986 passiert?!
Der Schreibstil ist, wie vom Autor gewohnt, flüssig, spannend und konnte mich mitreissen.
Gerade zu Beginn wird man mit 10 bzw. 11 Protagonisten "überschwemmt" und hat erstmal Probleme alle kennenzulernen bzw. sie auseinanderzuhalten.
Der Autor hat aber hinten im Buch nochmals eine Liste mit allen Protagonisten aufgstellt die gerade beim Beginn des Buches eine grosse Hilfe ist.
Der Augenmerk liegt irgendwie auf allen und doch sticht Nick hier heraus und ich kann für mich sagen dass mir Nick sehr sympathisch war und oft den kühleren Kopf von allen bewahrte.
Gleichzeitig treffen hier 11 Leute von damals aufeinander, jeder hat sein eigenes Leben aufgebaut, vieles was von damals verdrängt wurde dringt nun wieder an die Oberfläche und somit wird die Party sehr spannend, explosiv und blutig.
Für schwache Nerven die Warnung- eher Finger weglassen!
Ewig ist dem Leser nicht klar warum Brandon diese Party nochmals veranstaltet und noch dramatischer wird die Situation als der Gastgeber Brandon von seinem Kronleuchter erschlagen wird.
Unfall?
Mord?
Aber wer hätte ein Motiv?
Warum sollten sie alle den Tod von Brandon miterleben?
Wer hatte wirklich noch Kontakt zu ihm?
Anschuldigungen, Angst, Verzweiflung und Überlebenstrieb machen sich unter den 10 übrigen Partygästen breit.
Denn nach einer Botschaft ist klar- nur einer wird die Party lebend überlassen!
Jeder versucht sein Leben zu retten, jeder fragt sich wer hier ein falsche Spiel spielt und als Leser ist man ständig am mitbangen, mitgrübeln und hat doch so gar keine Ahnung was hier das Motiv sein könnte.
Die Auflösung zum Ende hin...auf der einen Seite hat sie mir nicht gefallen, es war für dieses Szenario doch zu banal, zu ja, fast langweilig.
Aber wer das Buch lesen wird, gelesen hat wird merken dass der Autor hier 2 Überraschungen an den Tag legt und mit der zweiten Auflösung konnte er mich komplett schocken und überzeugen.
Trotz der kleinen Schwäche am Ende, die doch irgendwie wieder ausgeglichen wird, kann ich das Buch nur empfehlen!

Bewertung vom 01.10.2018
Die Zelle
Winner, Jonas

Die Zelle


sehr gut

Der elfjährige Sammy zieht mit seinem Bruder sowie Kindermädchen Hanna und den Eltern von London nach Berlin, in eine grosse Villa.
Sammy muss sich selbst beschäftigen und findet an dem grossen Garten seine Freude...bis er bemerkt dass sein Vater einen geheimen Eingang zu einem Kellerbunker hat....und in einem dieser Räume wird ein Mädchen festgehalten....
Sammy möchte dem Mädchen unbedingt helfen, aber wem kann er sich anvertrauen?!
Und welche Gefahr geht von seinem Vater aus?
Als Sammy beschliesst zu handeln ist das Mädchen plötzlich verschwunden...und Sammy findet keine Ruhe mehr...

Was für ein gelungener Thriller der für mich schon eher Richtung Psychothriller geht!
Herr Winner muss sich keinesfalls hinter Fitzek und Co verstecken, er kann mit diesem Buch auf jeden Fall locker mithalten!
Der Schreibstil war für mich sehr leicht, angenehm und ich fand auch gleich in die Geschichte hinein.
Was einen in diesem Buch erwartet erscheint so klar und doch merkt man ganz schnell- der Weg des Buches ist keinesfalls gerade eingezeichnet.
Sammy war mir von Beginn an sehr sympathisch und oft tat er mir auch leid da er für sich alleine war, die Eltern beide Berufstätig, der ältere Bruder mit seinen Freunden beschäftigt und Sammy soll doch nicht soviel Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Düstere Wolken ziehen auf als Sammy das Mädchen im Keller entdeckt und ab da beginnt sich alles zu verändern und so ganz wusste ich als Leserin nie- wem kann Sammy eigentlich vertrauen, wer ist hier Feind und wer ist hier Freund?
Auch ein sehr deutliches Bild über die Familie und die Hintergründe ihrer Handlungen wird hier abgezeichnet, jedoch bleibt Sammy, unter dem Strich, die Hauptperson in diesem Buch der mit seinem Vater fast um die Aufmerksamkeit des Lesers buhlt.
Man denkt als Leser oft- das ist klar, die Sache ist geklärt und dann endet ein Abschnitt mit einer neuen Erkenntnis, Begebenheit und alles stürzt wieder zusammen und man beginnt von vorne zu überlegen, sich einen möglichen Überblick zu verschaffen.
Was mich persönlich ein bisschen gestört hatte war dass Sammy für seine 11 Jahre sehr sehr erwachsen und fast strukturiert gehandelt hat, natürlich muss er sich alleine mit sich beschäftigen, aber wie er in gewissen Situationen gehandelt hat war mir dann doch zu gross, zu unrealistisch.
Trotzdem konnte mich das Buch, unter dem Strich komplett packen, fesseln und zum Ende hin absolut überraschen und erstmal sprachlos zurücklassen!
Wer gut Thriller liebt ist mit den Büchern des Autors, in meinen Augen, sehr gut beraten.