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Benutzername: 
Blubie
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Schönau

Bewertungen

Insgesamt 164 Bewertungen
Bewertung vom 08.08.2022
Vom Ende der Einsamkeit
Wells, Benedict

Vom Ende der Einsamkeit


ausgezeichnet

Jules ist der jüngste von drei Geschwistern, die früh ihre Eltern verlieren, er selbst ist gerade einmal zehn Jahre alt. Im Buch erzählt er in der Ich-Form seine Geschichte und wir begleiten ihn bis in seine Mittvierziger.
"Vom Ende der Einsamkeit" ist ein sehr ruhiges Buch, ein tiefgehendes philosophisches Werk, das stilistisch wunderschön geschrieben ist. Es handelt von Verlust, vom Verarbeiten von Verlust, von unerfüllten Träumen, von verpassten Gelegenheiten und vom Wiederfinden. Es ist ein trauriges, teilweise tragisches Buch und dennoch nicht hoffnungslos und es wartet nicht mit aufdringlichen Lebenstipps auf, es erzählt und schildert einfach nur.
Wer ruhige intelligente Bücher mag, wird dieses hier lieben.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.08.2022
Für immer und noch ein bisschen länger
Leciejewski, Barbara

Für immer und noch ein bisschen länger


ausgezeichnet

Das war nun mein drittes Buch von Barbara Leciejewski und ich kann nur bestätigen, was ich vorher schon gewusst habe: diese Frau schreibt so göttlich! Wann bitteschön ist es mir zuletzt passiert, dass ich die letzten zwanzig Seiten eines Buches nur erahnen statt lesen konnte, weil meine Augen permanent tränennass sind.
Hauptprotagonistin Anna verlor vor 6 Jahren ihren Verlobten durch einen Unfall, seither zieht sie sich komplett zurück und verbringt ihre Zeit alleine und zu Hause. Plötzlich ist sie gezwungen umzuziehen und findet sich in einer Senioren-WG wieder, die so liebenswert ist, dass man am liebsten dort sofort einziehen möchte.
Auch in diesem Buch sind die Charaktere extrem dreidimensional und agieren menschlich und authentisch. Es gibt Dialoge, die sind so wunderbar - ich sag nur: Anders und Anna am Balkon.
Es ist ein Buch darüber, dass jeder Mensch sein Päckchen zu tragen hat und dass diese Päckchen leichter werden, wenn man darüber spricht und sich seinen Problemen stellt. Es ist ein Wohlfühlbuch, dass einem beim Lesen dieses leicht bescheuerte Lächeln ins Gesicht tackert.
Und es kommt eine Liebesgeschichte vor, die ich - Liebesgeschichtenhasser - bejubelt und beklatscht habe.
Bitte lest dieses tolle Buch! *Euch mit tränennassen Augen flehentlich ansehe*

Bewertung vom 04.08.2022
Was ich nie gesagt habe / Gretchen Bd.2
Abel, Susanne

Was ich nie gesagt habe / Gretchen Bd.2


ausgezeichnet

Nachdem ich vor nicht allzu langer Zeit "Stay away from Gretchen" von Susanne Abel gelesen hatte, war mir klar, dass ich dieses Buch ebenfalls unbedingt lesen muss. Ich empfehle jedem, auf jeden Fall erst das "Gretchen" zu lesen, da der zweite Teil sich oft auf den ersten bezieht. Haben wir im ersten Band die Kindheit und das Leben Gretchen erfahren, so lesen wir in diesem Band von der Kindheit und dem Leben ihres Mannes Konrad - und das ist ebenso tragisch.

Susanne Abel scheut auch diesmal nicht vor heiklen Themen zurück und präsentiert diese großartig recherchiert, eingeflochten in die Gretchen-Familie, genauso wie aktuelles Zeitgeschehen. Es ist keine leichte Kost aufgrund der Themen, aber leicht zu lesen. Beide Bücher hatten eine starke Sogwirkung auf mich.

Mehrfach beim Lesen wird einem klar, wie nah die menschenverachtende Politik des sog. Dritten Reichs immer noch ist - nichts liegt wirklich weit in der Vergangenheit und kann getrost abgehakt werden. Vieles das in jenen unsäglichen Tagen passiert ist reicht bis ins Hier und Jetzt, wir spüren die Auswirkungen immer noch: gesellschaftlich und politisch. Und was innerhalb vieler Familien nie erzählt wurde, beeinflusst unbewusst Generationen danach auch immer noch und die sind es, die an den ungesagten und nicht aufgearbeiteten Dingen zu knabbern haben.

Auch diesmal gibt es eine absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 02.08.2022
Wir sehen uns zu Hause
Wünsche, Christiane

Wir sehen uns zu Hause


ausgezeichnet

Anne und ihr Mann Peter stehen kurz vor einer langen Europareise mit ihrem Campingwagen... als Peter ohne Vorzeichen stirbt. Erschüttert bleiben Anne und die gemeinsame erwachsene Tochter zurück, fassungslos über den plötzlichen Tod des Ehemanns und Vaters.
Anne beschließt die Reise alleine anzutreten, doch statt einer Nordeuropareise, wird es eine Reise durch den Osten Deutschlands, der ehemaligen Heimat Peters, der niemals von seiner Vergangenheit erzählt hat.

Auf der einen Seite haben wir einen Roadtrip durch die "neuen" Bundesländer, der wahnsinnig bildgewaltig beschrieben ist ( ich habe sowas von Lust auf genau so eine Reise bekommen). Anne lernt auf ihrer Reise in die Vergangenheit ihres Mannes, diverse Menschen kennen, die manchmal sehr warmherzig beschrieben sind und aufgrund der authentischen Dialoge sehr lebendig wirken.

Auf der anderen Seite erleben wir eine Frau Anfang Fünfzig, die lernt mit ihrer Trauer umzugehen aber auch Hoffnung schöpft, dass es weiter geht.

Und dann gibt es den Einblick in die Ostdeutsche Vergangenheit, die einen beim Lesen erschüttert und berührt. Die Geschichte zeigt aber auch die unsichtbare Mauer, die noch in vielen Köpfen herrscht, teils aus Unverständnis und Unwissenheit.

Dieses Buch ist bewegend und regt zum Denken an. Von mir gibt es volle Punktezahl und eine absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 01.08.2022
Die Definition von Glück
Cusset, Catherine

Die Definition von Glück


ausgezeichnet

Dieses Buch erzählt von Clarisse und Eve, zwei völlig unterschiedlichen Frauen, die beide in Frankreich in den 60er Jahren geboren wurden. Wir begleiten beide Frauen abwechselnd durch ihre Jugend, beim Älterwerden und Familie gründend. Jede so völlig anders. Und wir erfahren wie beider Leben miteinander verknüpft sind.

Schnörkellos schildert Catherine Cusset die jeweiligen Ereignisse in einfacher klarer Sprache auf und das macht dieses Buch sehr intensiv. Ohne dramatischen Kitsch werden wir Zeugen von unfassbar ergreifenden Szenen, ohne viel Getöse spüren wir beim Lesen Schmerz, Enttäuschung, Entsetzen, Kummer. Aber auch Glück, Liebe, Freude und Hoffnung.
Ich liebte und hasste beide Frauenfiguren, manchmal fand ich sie stark, dann wieder hätte ich gerne das Buch geschüttelt und meinen Unmut geäußert über diverse Fehlentscheidungen. Ich hatte Verständnis und Unverständnis, ich habe mitgelitten, ich habe mich gefreut... und ich habe mich einfach in vielen Szenen wiedererkannt.
Dieses Buch ist einnehmend, wahrhaftig und berührend und am Ende hat man das Gefühl, dass man von realen Personen Abschied nehmen muss, die man ein Leben lang begleitet hat.
Wow! Meine Empfehlung kommt von Herzen... und übersetzt wurde alles von Sabine Schwenk.

Bewertung vom 31.07.2022
Schicksalszeiten / Schneiderei Graf Bd.1
Kriesmer, Susanne

Schicksalszeiten / Schneiderei Graf Bd.1


sehr gut

Bei diesem Buch handelt es sich um den Auftakt einer Familiensaga die im Jahr 1958 beginnt.
Geschickt läßt Susanne Kriesmer historische Begebenheiten in den Roman einfliessen und baut auch reale Persönlichkeiten in die Handlung ein.
Die Mischung aus mitreissender Familientragödie und geschichtlichen Ereignissen mitten in Deutschland ist gelungen und Susanne Kriesmer hat auch genau recherchiert.
Insgesamt lässt sich das Buch schnell lesen (schon allein weil man wissen möchte wie es weiter geht) und beschert kurzweilige Lesezeit.
Mich persönlich hat der Schreibstil ein wenig ratlos zurückgelassen. "Sie spürte wie ihr Herz einen Sprung machte", "Ihr Herz setzte für einen kurzen Moment aus", "Das Herz schlug hart in seiner Brust".... "seine Wangen waren vor Zorn gerötet", "ihre Wangen glühten rot", "die Kälte und die Liebe ließen ihre Wangen rot werden" ... so geht das im Wechsel gefühlt auf jeder Seite. Hätte ich bei jedem Wangenrot und Herzhüpfer einen Kurzen trinken müssen, wäre ich jetzt definitiv Alkoholikerin.
Aber das ist Jammern auf hohem Niveau - das Buch mag ich gerne an geschichtsinteressierte LeserInnen weiterempfehlen.

Bewertung vom 28.07.2022
Die kleine Ambulanz in Wales
Rapp, Kate

Die kleine Ambulanz in Wales


ausgezeichnet

Dieses Buch hat mich sehr überrascht, denn es hebt sich doch ziemlich von anderen leichten Wohlfühlromanen ab.
Da sind zum einen die Charaktere, die sehr griffig und authentisch wirken und zum anderen die Themen, die hier Eingang gefunden haben.
Ohne Aufdringlichkeit werden Themen wie z.B. Sexismus und Alltagsrassismus aufgegriffen, sie fließen in die Handlung ein, wie Dinge, die eben genauso passieren. Das wirkte weder aufgesetzt noch erzwungen und das fand ich sehr bemerkenswert.
Kate Rapp hat einen tollen Schreibstil und sowohl Setting als auch die Protagonisten zueinander sind stimmig und nachvollziehbar.
Holly ist ein sehr liebenswerter Charakter, mit Ecken und Kanten, mit so jemandem wäre man gerne befreundet. Und ein Schaf "Spot" möchte ich jetzt bitteschön auch.
Dieser kleine Ort in Wales wird so zauberhaft dargestellt, dass ich gerne meine Koffer gepackt und schnell mal das kleine Cottage besucht hätte.
Rundherum hat alles gepasst. Ein wunderbares Buch, das ich gerne empfehle und ganz ehrlich.... das Ende schreit doch förmlich nach Fortsetzung!

Bewertung vom 25.07.2022
Snowflake
Nealon, Louise

Snowflake


ausgezeichnet

Dieses Buch ist etwas ganz Besonderes, nicht weil der Plot so extra originell ist, oder die Protagonisten wundersame großartige Abenteuer erleben... es ist so besonders, weil es so normal ist. Und diese Normalität liegt vor allem am grandiosen Schreibstil von Louise Nealon. Unaufgeregt, alltäglich, so wie Du und ich, keine monströsen poetischen Schilderungen, aber doch so, dass man sich angesprochen fühlt. Sie bemüht Metaphern, die man kennt, die man nachvollziehen kann und die wunderbar passen.
Debbie ist 18, sie beginnt an der Uni in Dublin zu studieren, kommt allerdings von einem Milchbauernhof in Kildare, wo sie zusammen mit ihrem Onkel Billy, ihrer seltsam entrückten Mutter Maeve und deren viel jüngeren Lebensgefährten lebt.
Etwas hinterwäldlerisch kommt alles daher, die Ortschaft so klein, dass es nur einen Pub gibt, in dem allerdings alljährlich 12-Pubs gespielt wird: die Gäste trinken ein Pint laufen danach einmal um den Pub und betreten ihn wieder als wären sie zum ersten Mal hier - wer es zwölf Mal schafft ist Sieger.
Debbie fühlt sich nicht zugehörig in Dublin, allein und als Sonderling. Nach und nach erfahren wir warum das so ist und dass eigentlich gar nichts so ist wie es scheint.
Mit viel Humor und Liebe zum Detail und zu Irland schildert die Autorin die Entwicklung Debbies, es menschelt in diesem Buch ganz ungemein und genau das bringt enorm viel Spaß beim Lesen.
Ein Debütroman, der sich absolut sehen lassen kann und ganz toll übersetzt von Anna-Nina Kroll.

Bewertung vom 21.07.2022
Die versteckte Apotheke
Penner, Sarah

Die versteckte Apotheke


ausgezeichnet

Was für ein wundervolles Buch! Ich bin völlig ohne Erwartungen an dieses Werk gegangen und wurde überraschend reich beschenkt.
Fangen wir einfach mal mit der Optik dieses Buches an, das Cover ist wunderschön gestaltet und wenn man den Schutzeinband entfernt, steckt darunter ein genauso schönes "nacktes" Buch. Aber: Never judge a book by its cover... hier aber passt es nicht, denn vom Äusseren kann man auch auf das Innere schließen. Zwei-Zeitzonen-Stories, wir kennen das von unzähligen anderen halbhistorischen Büchern, die leider nur allzu oft nach Schema F gestrickt sind. "Die versteckte Apotheke" allerdings geht diese Thematik völlig anders an, sehr glaubwürdig und ohne Schmalz.
Wir haben auf der einen Seite Nella, eine Apothekerin für "besondere" Fälle aus dem 18. Jahrhundert und auf der anderen Seite Caroline, eine Frau der Gegenwart mit Identitäts- und Ehekrise. Wie die beiden Fälle verknüpft sind, müsst Ihr schon selbst lesen.
Der Schreibstil ist wunderbar und liest sich locker flockig schnell weg. Die Charaktere sind griffig und nachvollziehbar, beide Erzählungen spannend wie ein guter Krimi... auch wenn es keiner ist.
Wann immer ich ängstlich gedacht habe: Bitte bitte lass es nicht einfältig oder schnulzig enden... keine Angst, alle Auflösungen sind schlüssig und unkitschig, sehr lobenswert.
Gut recherchiert ist es obendrein (zumindest hat alles, was ich neugierig nachgegoogelt habe, gepasst).
Ein Buch das mir spannende, extrem unterhaltsame und kurzweilige Stunden beschert hat.
Sehr empfehlenswert!

Bewertung vom 18.07.2022
Mama Melba
Conner, Christine

Mama Melba


ausgezeichnet

Was für ein tolles Buch!
Ich muss zugeben, dass ich ganz schön skeptisch war: eine deutsche Autorin schreibt über die Südstaaten, die Sklaverei und den Bürgerkrieg? Die Skepsis war völlig unbegründet!
Wir begleiten die blutjunge Melba Koch, ein naives Mädel aus dem Schwarzwald, auf ihrem Weg in die Staaten. In Louisana angekommen ist sie erst einmal auf sich gestellt. Durch ihre Neugierde und ihrem Talent zu kochen findet sie schnell Anschluss und auch eine Stellung als Küchenhilfe auf einer Plantage. Wo sie zum ersten Mal in ihrem Leben mit der Thematik Rassismus und Sklaverei konfrontiert wird.
Die Geschichte wird aus ihrer Sicht erzählt, in einfacher aber sehr einnehmender Sprache - so habe ich amerikanische Geschichte aus dieser Zeit noch nicht gelesen.
Melba ist ein liebenswerter pragmatischer Charakter, den man einfach mögen muss. Aber auch alle anderen wichtigen Charaktere sind so wunderbar ausgearbeitet, dass man sie lebendig vor sich sieht.

Das Buch selbst ist sehr eindringlich: Thematik, Schreibstil, Dramatik.... alles perfekt kombiniert mit viel Liebe zum Detail. Viele Fakten kannte ich aus anderen Büchern bzw. Dokumentationen, Vieles war mir völlig neu. Die Romanfiguren werden noch lange in meinem Herzen wohnen.

Dieser Roman belegt jetzt schon die Top 10 der tollsten Bücher, die ich in diesem Jahr gelesen habe