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julemaus94
Wohnort: 
Jena

Bewertungen

Insgesamt 423 Bewertungen
Bewertung vom 12.10.2022
Totenbeschwörung für Anfänger / Emily Seymour Bd.1
Jager, Jennifer Alice

Totenbeschwörung für Anfänger / Emily Seymour Bd.1


gut

Schwächer als gedacht

Was verspreche ich mir von einem Buch mit quietschpinkem Cover, in dem es um Totenbeschwörer gehen soll? Eine spannende, magische Geschichte, nicht zu anspruchsvoll für Jugendliche ab 12 Jahren. Und grundsätzlich habe ich auch genau das bekommen.

Emily ist der einzige Nachwuchs ihrer Familie, der keinerlei magische Kräfte besitzt und dementsprechend auch keinen Einblick in die vielen, vielen Geheimnisse und Pläne ihrer Familie eingeweiht wird. Aus irgendeinem Grund wird sie aber trotzdem mtigenommen, als gemeinsam mit dem Sohn der total verfeindeten Rivalen-Familie ein Ritual auf dem Friedhof durchgeführt werden soll. Es kommt wie es kommt, sie stellt mal wieder ihre Tollpatschigkeit unter Beweis und bringt damit Ashton um. Mit ihrem Plan, eben diesen wiederzuerwecken beginnt das große Abenteuer, an dessen Ende einige große Enthüllungen warten.

Ja, die Welt rund um magische Raumfalten, in denen die Zeit mal schneller und mal langsamer verläuft, und die in ihnen lebenden Fabelwesen klingt interessant. Leider erfährt man im Verlaufe der Geschichte etwas zu wenig darüber, um sich ein genaueres Bild machen zu können.

Der Fokus liegt klar auf der tollpatschigen, ahnungslosen Emiliy, die gemeisam mit dem collen, eigentlich fast gleichaltrigen, aber doch so viel erwachseneren Ashton eine Verschwörung aufdecken will. Und das doch bis zum Ende des ersten Bandes (denn natürlich ist dies wieder nur ein Reihenauftakt) nicht mal ganz schafft.

Es ist bunt, es ist laut und doch kommt weniger dabei rum als erhofft. Leider ist vor allem Emily auf die Dauer dann doch ein wenig anstrengend. Denn eigentlich ist sie gar nicht so dumm, weiß doch mehr als man ihr auf den ersten Blick zutraut und wirkt doch immer wieder noch so jung.

Also ja, das Buch macht Laune und unterhält einen gut. Aber in der Summe ist es mehr heiße Luft als Substanz.

Bewertung vom 12.10.2022
Der schwarzzüngige Dieb (Schwarzzunge, Bd. 1)
Buehlman, Christopher

Der schwarzzüngige Dieb (Schwarzzunge, Bd. 1)


sehr gut

Humorvoller Reihenauftakt

Was braucht man mehr in einer verwirrenden Welt, bestehend vielen untereinander verfeindeten Ländern voller Gefahren und Fabelwesen, als einen humorvollen (manchmal fast schon albernen), aber begabten, schwarzüngigen Dieb?

Kinsch na Shannack hat seine Ausbildung bei der Gilde mit einem Haufen Schulden beendet und schlägt sich nun mit kleineren Diebereien durchs Land, um diese abzuarbeiten. Bis er den gefährlichen Auftrag erhält, sich an die gefährliche Ritterin Galva ranzuhängen und sie unter keinen Umständen aus den Augen zu lassen. Und damit beginnt das große Abenteuer, auf dessen Reise er uns mitnimmt.

Der Kniff, Kinsch als Erzähler einzusetzen, bringt diesem Buch ziemlich viele Pluspunkte, erlebt man doch so seinen Humor direkt aus erster Hand und wird so durch eine aufregende Welt geführt voller Kobolde, Magiker und Ritter.

Christopher Buehlmann hat einen vielversprechenden Auftakt zu seiner Highfantasy-Reihe hingelegt. Auch wenn auf den ersten Blick nicht sonderlich viel passiert, so bekommt man doch einen spannenden Einblick in diese Welt, lernt sie von so ziemlich allen Seiten kennen und schließt die Figuren ins Herz.

Die Abenteuer schleichen sich langsam an, packen einen ab dem ersten Drittel dann vollends und ziehen einen in diese Welt.

Einziges Manko: Man merkt, dass sich der Autor noch ein wenig Stoff für den Folgeband aufgehoben hat. Aber ich bin angefixt und warte nun gespannt auf die Fortsetzung.

Bewertung vom 12.10.2022
Schlangen im Garten
vor Schulte, Stefanie

Schlangen im Garten


gut

Zu poetisch

Jeder verarbeitet den Verlust eines gliebten Menschen auf seine Weise. Wie legt man fest, welche die richtige ist? Wer sagt, wie schnell man seine Trauer bewältigen muss?

Familie Mohn hat die geliebte Mutter verloren und geht damit auf ihre ganz eigene Weise um. Dem Traueramt in Person von Herrn Ginster ist dies allerdings nicht der richtige Weg und er versucht, die Trauerarbeit zu korrigieren.

Man merkt schon an der Beschreibung, dass man es hier mit einer eher ungewöhnlichen Geschichte zu tun bekommt. Wer das Debut von Stefanie vor Schulte kennt, "Junge mit schwarzem Hahn", erwartet aber auch nichts anderes und bekommt genau das.

Der Schreibstil ist gewohnt poetisch, gespickt mit einer Unmenge an Metaphern, von denen ich vermutlich nur knapp die Hälfte verstanden habe.

Das Buch ist definitiv etwas besonderes, mit seinen 240 Seiten auch nicht besonders dick, und doch so unheimlich anspruchsvoll und teilweise fast anstrengend zu lesen.

Man muss sich darauf einlassen, sich hineinfallen lassen und die Zeit dafür mitbringen. Hindurchjagen kann man auf keien Fall. Vielmehr muss man die Sätze auf sich wirken lassen und nachspüren, was sie mit einem anstellen.

Bewertung vom 14.09.2022
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Bervoets, Hanna

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ausgezeichnet

Schöne Scheinwelt

Wie sehr uns die Welt von Social Media beeinflusst, können wir uns als Konsumenten oft nur schwer vorstellen. Dass es denjenigen, die als Filter zwischen uns und den Produzenten unzähliger kleiner Filmchen und Beiträge stehen, umso schwerer fällt, sich von diesem Einfluss frei zu halten, zeigt Hanna Bervoets in ihrem kleinen, unscheinbaren Buch sehr eindrücklich.

Kayleigh arbeitet als Moderatorin einer Onlineplattform, die unangemessene Beiträge anhand fest vorgegebener Regeln bewerten und gegebenenfalls aussortieren soll. Wie sehr sich diese strengen Vorgaben nach und nach in ihren Alltag einschleichen bemerkt sie anfangs gar nicht, bis es zu spät ist.

Ich liebe kurze Texte und Bücher, weil sie die Essenz stark komprimiert einfangen. Genau das ist auch hier hervorragend gelungen. Die Geschichte liest sich unheimlich intensiv, jeder Satz sitzt und trifft ins Schwarze.

Natürlich bleibt für eine gründliche Figurenentwicklung nicht viel Zeit, trotzdem ist der Autorin mit Kayleigh eine sehr plastische, die Story tragende Protagonistin gelungen, die viele Grauschattierungen in sich vereint. Sie ist definitiv keine Heldin, als Antiheldin würde ich sie aber auch nicht bezeichnen.

Insgesamt bietet die Geschichte einen wundervollen Einblick hinter die Kulissen der schönen Scheinwelt von Online-Videoplattformen und blickt sehr tief in die menschlichen Abgründe, die das Netz mit seinen sehr fluiden Regeln und Grenzen täglich ausweitet und bestärkt.

Bewertung vom 14.09.2022
Matrix
Groff, Lauren

Matrix


ausgezeichnet

Starke Frauen als Vorbild

Frauen haben schon immer den Lauf der Welt beeinflusst. Was sie bewirken können, wenn sie sich gegenseitig stärken und unterstützen, zeigt Lauren Groff ansprechend am Beispiel von Marie de France und strickt die Geschichte einer historischen Figur, über die nur wenig bekannt ist, weiter.

Die 17-jährige Marie lebt als uneheliches Kind und Resultat einer Vergewaltigung am Hofe ihrer Halbschwester Eleonore von Aquitanien, bis diese sie als Priorin in ein englisches Kloster abschiebt. Auch wenn sie anfangs mit ihrem Schicksal hadert, beginnt sie schnell, die ärmlichen Nonnen zu unterstützen und ihnen ein Leben in Wohlstand aufzubauen.

Dieses Buch wird gerne als feministisches Meisterwerk bezeichnet, dem kann ich in gewisser Weise zustimmen. Hier stehen die Frauen im Fokus, Marie baut sich eine Welt aus Frauen auf, in der Männer keinen Platz und nennenswerten Mehrwert haben. Und so sehen wir zu, wie mit ihrem Kloster eine Macht entsteht, die von rein weiblichen Händen getragen werden.

Man liest aber auch davon, wie viel es sie kostet, wie bedroht diese Welt ständig ist, von weltlichen Forderungen und Neidern.

Dabei wird die Geschichte von Lauren Groffs Schreibstil getragen, der teilweise sehr ruhig und schlicht, an anderer Stelle dagegen fast schon poetisch und sphärisch klingt. Durch ihre subtil eingestreuten Andeutungen wird die Spannung der doch eher ruhigen Geschichte hochgehalten.

Insgesamt ist es eine Wohltat, dieses Buch zu lesen, in dem der Fokus so weit weg vom Mann im Zentrum verschoben ist.

Bewertung vom 14.09.2022
Auf See
Enzensberger, Theresia

Auf See


gut

Unerfüllte Erwartungen

Dieses Buch ist das beste Beispiel für nicht zur Handlung passende Klappentexte. Hier werden Erwartungen über eine dystopische Zukunft Deutschlands geschürt, die der Roman in keiner Weise erfüllen kann.

Es geht um Yada, die auf einer Inselstadt aufwächst, die sich vom Festland losgesagt hat, um den dort herrschenden Katastrophen zu entgehen. Im Gegensatz dazu lebt Helena in Berlin und versucht ihrer Karriere als Prophetin einer von ihr als Kunstprojekt gegründeten Sekte zu entgehen.

Mit diesem starken Einstieg, der Hoffnung auf Gesellschaftskritik und alternative Lebenskonstrukte macht, starten wir in einen Roman, der ganz schnell zu einer seichten 0815-Geschichte verkommt.

Man erwartet große Eindrücke und Geschehnisse, bekommt aber stattdessen die Geschichte einer unglücklichen Familienentwicklung erzählt. Dabei sind die Figuren nicht mal sonderlich interessant geschrieben. Sowohl Yada als auch Helena bleiben blass und nichtsagend. Die restlichen Figuren sind mehr schmückendes Beiwerk als alles andere.

Dieses Buch wirkt auf mich weder packend noch visionär. Nur die immer wieder eingeschobenen Archiv-Beiträge über gescheiterte Utopien haben mich bei Laune gehalten.

Bewertung vom 11.09.2022
Holly im Himmel
Lewinsky, Micha;Grimm, Lawrence

Holly im Himmel


sehr gut

Ernst und Spaß Hand in Hand

Manchmal läuft es anders als geplant, was aber nicht unbedingt schlecht sein muss.

Hollys Eltern haben sich getrennt und was noch viel schlimmer ist: ihre Mum hat sogar schon einen neuen Freund! Damit ihre Eltern wieder zusammenkommen, entwirft Holly einen Plan, der ziemlich in die Hose geht. Als sie daraufhin im Streit vor ihrer Mutter davonläuft, geschieht ein Unfall und Holly stirbt. Im Himmel angekommen, schmiedet sie sofort neue Pläne, um zu ihrer Familie zurück zu kommen.

Als Erwachsene habe ich mich von diesem Buch herrlich unterhalten lassen. Das Thema Tod und Trauer auf diese Weise umgesetzt zu sehen, wirkte sehr locker und amüsant, hatte aber auch seine ersteren Momente und vor allem auch ein paar düstere Szenen, die für 10-Jährige Leser eventuell noch etwas schwer zu verarbeiten sein könnten.

Micha Lewinsky verknüpft das Leben nach dem Tod mit einer interessanten Geschichte und hat dazu mit Holly eine wirklich schillernde Hauptfigur geschaffen. Sie ist mutig, angriffslustig und weiß sich eigentlich in so ziemlich jeder Situation zu helfen. Vor allem aber gibt sie nie auf. Im Laufe der Handlung macht sie eine tolle Wandlung durch und stellt damit für die jungen Leser ein prima Vorbild dar.

Zudem ist das Kinderbuch natürlich wundervoll lustig illustriert mit Zeichnungen, die teilweise sehr an Comics erinnern.

Mir hat es sehr gefallen, nur die stellenweise große Ernsthaftigkeit könnte für ein Kinderbuch eventuell doch etwas zu viel sein.

Bewertung vom 24.08.2022
Wenn ich das kann, kannst du das auch!
Zervakis, Linda;Patrikiou, Elissavet

Wenn ich das kann, kannst du das auch!


gut

Verblüffend und überraschend

Bei einer Rezeptsammlung weiß man ja nie, was einen erwartet. Wenn diese Sammlung dann auch noch von jemandem zusammengestellt wurde, der gerade erst in die Welt des Kochens eingestiegen ist, noch weniger. Den Weg der Selbstfindung bzw den Lernprozess, den Linda Zervakis in den letzten Monaten gegangen ist, um zum Schluss mit einem Buch herauszukommen, sieht man in der Gliederung dieses Kochbuches perfekt abgebildet.

Ihre griechischen Wurzeln finden sich in den ersten beiden Kapiteln wieder, wo Griechenland auf Hamburg und Orient trifft.
Diese beiden Kapitel enthalten Rezepte, die teilweise einen etwas größeren zeitlichen Aufwand bedeuten oder mit Zutaten zubereitet werden, die man nur in gut sortierten Fachgeschäften findet. Dabei findet man so ziemlich alles, von herzhaftem Gebäck über Aufstriche und Dips bis zu vollwertigen Hauptgängen.

Besonders empfehlenswert sind das griechische Hähnchen aus dem Ofen und die gebackenen Bohnen.

Auf diese beiden Kapitel folgen "Die Rezepte für jeden Tag" und "Alles mit Teig". Gerade das letzte Kapitel ist für mich vernachlässigbar, da es relativ wenig Rezepte enthält und diese wenigen nicht sonderlich außergewöhnlich sind.

Die alltäglichen Rezepte sind oftmals von ihren vielen Freunden inspiriert und decken eine sehr große Bandbreite ab. Auch hier sind Alltagsgerichte dabei, für die ich nicht unbedingt noch ein Rezept bräuchte.

Insgesamt finden sich unter allen Rezepten ein paar Perlen, die ich gerne öfter nachkochen werde, man muss allerdings ein wenig suchen. Die Rezepte sind in viele Fotos und Geschichten über ihre Familie und Freunde eingebettet, was den Charakter eines Kochbuches ein wenig verfälscht.

Dafür fehlen mir bei den eigentlichen Rezepten ein wenig die Tipps und Infos zu den ungewöhnlicheren Zutaten. Hier hätte ich mir ein paar Hinweise dazu gewünscht, wodurch ich diese ersetzen könnte, wenn ich sie nicht bekomme.

Bewertung vom 24.08.2022
Samson und Nadjeschda
Kurkow, Andrej

Samson und Nadjeschda


sehr gut

Historische Verwicklungen

Die Bewohner Kiews leben 1919 in ständiger Angst, die Kosaken und Rotarmisten streifen durch die Straßen und plündern an allen Ecken und Enden. Einem dieser Raubzüge fällt Samsons Vater zum Opfer, er selbst büßt ein Ohr ein. Damit zur Vollwaise geworden, schließt er sich der MIliz an und arbeitet fortan als Ermittler. Gleich sein erster Fall wird persönlich.

Das klingt im ersten Moment ziemlich spannend und nach unheimlich viel Aufregung. Stattdessen bekommt man einen ziemlich tiefen Einlick in das Leben der damaligen Zeit, inklusive Ausgangssperre, Angst vor Überfällen und dem ständigen Feilschen um Hab und Gut.

Allein diese Einblicke finde ich unheimlich wertvoll und sehr feinfühlig beschrieben. Die Szenen gestalteten sich teilweise sehr beklemmend. Das führt allerdings auch dazu, dass der Krimi zu einer eher ruhigen Erzählung reduziert wird.

Die Figuren finde ich klug gezeichnet, auch wenn sie nicht sonderlich emotional wirken. Damit passen sie sich aber auch sehr gut in die ruhige Geschichte ein.

Insgesamt hat Andrej Kurkow eine stimmige Story geschrieben, auf deren ruhigen Rhythmus man sich einlassen muss. Es lohnt sich auf jeden Fall!

Bewertung vom 19.08.2022
An den Ufern von Stellata
Raimondi, Daniela

An den Ufern von Stellata


ausgezeichnet

Das Schicksal einer Familie

"Epochaler" Familienroman ist grundsätzlich eher eine Beschreibung, die auf mich wie ein rotes Tuch wirkt. Nichts ist trockener, überromantisiert und aufgebauschter als ein Familienroman. Zum Glück findet man ab und zu auch kleine Perlen wie Daniela Raimondis "An den Ufern von Stellata", die einen eines Besseren belehren.

Gemeinsam mit der Familie Casadio, die durch die Vermählung von Giacomo Casadio mit der zingara Viollca begründet wird, reist man durch die Höhen und Tiefen von zweihundert Jahren italienischer Geschichte, erlebt teils berührende und tragische Einzelschicksale der Familienmitglieder und erlebt die Historie Italiens dabei aus einem vollkommen neuen Blickwinkel.

Allein durch den fesselnden, teilweise aber auch sehr poetischen Erzählstil gewinnt die Geschichte unheimlich an Tiefe. Man merkt, dass die Autorin sich bisher eher mit Gedichtbänden einen Namen gemacht hat.

Sie schafft wirklich eine tolle Mischung aus Romantik, Historie und einer Prise Mystik.