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Mel.E
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Mein Blog: http://melbuecherwurm.blogspot.de/

Bewertungen

Insgesamt 1270 Bewertungen
Bewertung vom 23.04.2020
Das Dorf der toten Seelen
Sten, Camilla

Das Dorf der toten Seelen


sehr gut

"Das Dorf der toten Seelen" ist ein Thriller, der die psychische Ebene der Suggestion sehr gut beschreibt und dadurch zu einem echten Drama wird. Interessant ist, das sowohl Gegenwart, als auch Vergangenheit ein gelungenes Zusammenspiel ermöglichen. Hier wird mit der Psyche des Menschen gespielt und es zeigt sich, wie viel Macht wir auf andere ausüben könnten, wenn wir denn wollen und viele würden sich komplett einlullen lassen und ihre eigenen Werte vergessen und kopflos nachfolgen. Es ist letztendlich ein grausames Spiel und hat mich entsetzt, wobei die Grundidee nicht neu war, hat die Autorin es doch vielfach geschafft mich zu überzeugen. Am Beispiel eines Kindes oder einer jungen Erwachsenen wird deutlich, wie sehr Worte sich einprägen, um sich gegen Eltern zu stellen und diese urplötzlich abzulehnen, in den Dingen, die sie tun oder auch ihr Verhalten so zu reflektieren, das sie denjenigen, denen man plötzlich Vertrauen schenkt, nicht im Mindesten ähneln. Dieses ist nicht utopisch, denn in einem bestimmten Alter sind junge Menschen besonders gefährdet sich auf andere Menschen einzulassen und ihnen eher Glauben zu schenken, als den eigenen Eltern. Es wird in "Das Dorf der toten Seelen" relativ schnell deutlich, das gutes Aussehen und Rhetorik Menschen einlullen und ihre Überzeugungen und Grundfeste erschüttern lassen.
"Das Böse" in einem Menschen zu finden, der eine geistige Behinderung hat, hat mich sehr erschüttert, zumal sich fast ein ganzes Dorf nun auf die Seite des Predigers stellt und gegen Brigitta, die sich verbal nicht wehren kann. Für mich echtes Grauen und dennoch der Aufhänger dieses Thrillers, all das, was nicht in unser Weltbild passt, auszumerzen und Gott dadurch näher zu kommen. Die Bibel zu seinem eigen Nutzen und Fanatismus zu nutzen, gab es schon vermehrt in Büchern, aber hier hat es mich definitiv sehr erschüttert.
Eigentlich soll es eine Reportage werden über das Dorf Silvertjärn werden, dem Dorf, welches wie tot erscheint, da die Bewohner zuvor vielleicht noch friedlich miteinander gegessen haben und nun verschwunden sind. Es ist Ahnenforschung und gleichzeitig die Hoffnung auf etwas ganz Großes, da das Dorf von einem Geheimnis umweht wird. Die Suche nach der Wahrheit entwickelt sich letztendlich zu einem Spießrutenlauf und einen Lauf um Leben und Tod. Das Ende ist nicht unbedingt überraschend, aber großartig inszeniert. Ein hoher Spannungsbogen ist ab der ersten Seite spürbar, sodass ich "Das Dorf der toten Seelen" als sehr lesenswert empfunden habe. Gerne eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 21.04.2020
Leben
Laub, Uwe

Leben


sehr gut

"Leben" ist so schockierend real, das ich mich oft gewundert habe, über das, was ich las, da es auf unsere aktuelle Situation angepasst scheint. Immer mehr Stimmen werden laut, das Corona in einem Labor gezüchtet wurde und auch in "Leben" kann man dieses verfolgen. Es geht um Macht und Korruption, wobei auch sehr viel Wahnsinn aus jeder Seite zu sprechen scheint. Ich gestehe, das ich es zum Teil wirklich gruselig fand, denn die Fiktion wirkt so getreu unserer Situation, das es mir echte Schauer über den Rücken laufen ließ. Uwe Laub hat einen Thriller erschaffen, der sehr ungewöhnlich ist und die zu lesenden Seiten verliefen wie im Flug. Hier wird mit Mensch, Tier und Klima gespielt und diejenigen, die es betrifft sind dem Tode geweiht, denn ein Heilmittel scheint es nicht zu geben. Die Menschheit altert zum Teil binnen einiger Tage und letztendlich scheint es so, als würden sie wie die Fliegen sterben. Es ist absolut grauenhaft, aber dennoch so voller Spannung, das ich mich komplett auf die Story einlassen konnte. Der Spannungsbogen ist gleich schon zu Beginn vorhanden und kann sich vollständig durch die Story ziehen.
Auch ohne Vorkenntnisse in Genetik oder diverser Krankheitsbilder (Ebola, BSE) überfordert das Thema des Thrillers auf keinster Weise. Interessant sind die Zitate, Zeitungsausschnitte oder andere Aussagen, die jedes Kapitel zuvor untermauern. Auch diese regen zum Nachdenken an und wirken auf mich nachhaltig.
"Mit unserer Gier und unsere Dummheit werden wir uns eines Tages selbst ausrotten."
Zitat Stephen Hawkins
Schon dieses Zitat könnte den Thriller komplett zusammenfassen und hat sich mir regelrecht ins Gehirn gebrannt. Diese Aussage steht tatsächlich so im Fokus, das es mich überrollt hat.
Wir lesen hier einen Thriller, der Zukunft und Gegenwart gleichermaßen umschreibt. Sehr faszinierend sind auch die unterschiedlichen Schauplätze, die authentisch beschrieben worden sind. Auch die Protagonisten können glänzen, wobei der Wunsch nach einem Happy End immer mehr Raum in mir nahm. Ein Komplott soll Heilung schenken, wobei dieses alles nur eine große Lüge ist und den Wahnsinn Einzelner relativ schnell in den Vordergrund rücken konnte. Ich vergebe sehr gerne eine Leseempfehlung, da ich einen Thriller zu lesen bekam, der so sehr in unsere aktuelle Coronakrise zu passen schien, das es schon sehr beängstigend war. Eine sehr gelungene Darstellung von Wahn und Wahnsinn und dem, was wirklich möglich werde, Menschen und Tiere gezielt auszurotten. Hoffentlich nur in einem Thriller möglich und nicht komplett auf das aktuelle Geschehen übertragbar.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.04.2020
Wassertöchter / Emma Carow Bd.3
Hansen, Ule

Wassertöchter / Emma Carow Bd.3


sehr gut

Wassertöchter" ist der dritte Band einer Thrillertrilogie, die wirklich gelungen ist. Die Protagonistin Emma Carow ist Fallanalystin und wird persönlich in die aktuellen Fälle involviert. Sie selbst hat echtes Grauen erlebt und muss sich ihrer Vergangenheit stellen, was aber letztendlich auch dazu dient, endlich abzuschließen mit dem alptraumhaften Erleben und vielleicht auch irgendwann innerlich zu heilen. Der Thriller überschreitet meiner Meinung nach oftmals Grenzen und ist mitunter so barbarisch und grausam, das ich hier und da stoppen musste, um all meinen Mut zusammen zu nehmen, um weiterlesen zu können. Es geht hier um Frauen, viele Frauen, die ähnlich wie Emma selbst Opfer eines Vergewaltigers werden. Es gibt viele Parallelen zu Emma, sodass diese sich ganz verbissen auf ihren Peiniger Uwe Marquardt festbeißt. Dieser ist auf freiem Fuß und könnte somit der Täter sein. Es beginnt eine Hetzjagd, die für Emma zum Verhängnis werden könnte. Ihr eigenes Leben ist definitiv in großer Gefahr, da Uwe Marquardt eine große Fangemeinde hat und es daher auch möglich ist, Nachahungstäter erschaffen zu haben. Immer und immer wieder wird Emma getriggert, was sie nicht davon abhält, sich selbst bloßstellen zu lassen und dem Täter dadurch immer näher kommt. Es ist und bleibt fanatisch und absolut psychotisch. "Wassertöchter" ist barbarisch, düster und überschreitet Grenzen.



Die vorherigen Bände des Autorenduos stellen Emma Carow ebenfalls in den Mittelpunkt. Um den Verlauf der Story wirklich zu verstehen, würde ich anraten, "Neuntöter" und "Blutbuche" ebenfalls zu lesen. Emma ist eine sehr interessante Persönlichkeit, die aufgrund ihres Erlebens eine Wahrnehmung von Details entwickelt hat, die absolut hervorstechen. Auch in diesem Thriller ist sie die treibenden Kraft und auch wenn ihr Privatleben darunter leidet, ist sie überzeugend und geht immer einen Schritt innerhalb der Ermittlungen voraus.



Faszinierend ist der Fanatismus, der zum Ende des Thrillers offenbar wird. Es schockt regelrecht, aber ist für die Handlung der absolute Höhepunkt. Als Leserin habe ich einige Überraschungen erlebt, da "Wassertöchter" nicht vorhersehbar ist. Der Wunsch nach einem guten Ende wächst immer mehr und mehr, zumal es für Emma bedeuten würde, endlich abzuschließen und das Gewaltverbrechen, welches an ihr verübt wurde, nur noch äußerlich als Narbe zu tragen. Es wäre falsch zu behaupten, nicht ein klein wenig hämisch zu sein, wenn am Ende der Mensch seine gerechte Strafe erhält, da das Grauen welches verübt wurde, gesühnt werden muss. Erschreckend ist hierbei, das der Täter Hilfe hatte von vielen Seiten, was sich immer und immer wieder zeigt, denn solch Grauen kann niemand im Alleingang verüben. Solche Taten bedeuten einen Haupttäter und einen oder mehrere Mitläufer, zumindest ist dies die Vermutung.



Genial gelöst, herausragend geschrieben, wenn mitunter auch sehr brutal, möchte ich dennoch eine Leseempfehlung geben. Echter Thrill, der unter die Haut geht.

Bewertung vom 19.04.2020
Ferien für alle Felle / Für alle Felle Bd.2
Rosoff, Meg

Ferien für alle Felle / Für alle Felle Bd.2


sehr gut

"Ferien für alle Felle" ist ein äußerst gelungenes Kinderbuch, welches für die angegebene Zielgruppe junger Leser_innen optimal geeignet ist. Was mich allerdings etwas stört ist der hohe Preis des E-Books, da 9,99€ für 112 Seiten wirklich unangemessen ist, auch wenn Kinder sicherlich um einiges langsamer lesen, als ich es tat. Die Story ist zwar definitiv lohnenswert, aber dennoch könnte man ein günstigeres Angebot von der Verlagsseite aus überdenken und das Buch so um einiges attraktiver präsentieren.
Die Story selbst ist herzerwärmend. Eine Familie verreist und Kind und Kegel sind in ihrem Unternehmensdrang so unterschiedlich, das Chaos vorprogrammiert ist. Es ist sehr amüsant, welche Erwartungshaltung der Einzelne hat und wie wenig kompromissbereit sie sein können. Wäre nicht Mister Travish mit an Bord, beziehungsweise mit im Zelt, hätte keiner innerhalb der Familie dieses Abenteuer, welches die Natur für sie bereit gehalten hat erlebt und letztendlich doch einen wirklich langweiligen Zelturlaub erlebt. Durch Mister Travish verwandelt sich plötzlich die Faulen in Wanderer und Ängstliche in Schwimmer. Es hat mir sehr gefallen, mitzuerleben, das ein Hund hier die Führung übernimmt und den Urlaub zu einem wunderbaren Erlebnis macht. Witzig sind immer die Handlungen von Vater Peachey, was so übertrieben dargestellt ist, das es mich zum Schmunzeln animiert. Auch, das ein Hund sich hier seine Familie quasi ausgesucht hat, empfand ich als sehr gut gewählt. Es ist nicht nötig, den ersten Band der Reihe zu kennen, aber zu wissen, wie Familie Peachey auf den Hund gekommen ist, ist sicherlich sehr spannend zu lesen.
Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung, da mir die Story wirklich sehr zugesagt hat und es letztendlich ein echtes kurzweiliges Leseerlebnis war. Hinzu kommen die sehr gelungenen Illustrationen, die das Buch auch optisch aufgewertet haben.

Bewertung vom 15.04.2020
Das Licht von tausend Sternen
Lastella, Leonie

Das Licht von tausend Sternen


sehr gut

"Das Licht von tausend Sternen" sprach mich natürlich zunächst durch das wundervoll gezeichnete Cover an, sodass meine Neugier geweckt wurde, mich weiter mit dem Roman zu beschäftigen, welcher mir vielfach im Internet auf diversen Buchplattformen ins Auge sprang. Nachdem ich auch den Klappentext sehr ansprechend empfand, erwarb ich das Buch und konnte es auch nicht lange ungelesen im Regal stehen lassen. Gerade Autismus ist etwas, womit ich beruflich immer wieder zu tun habe und weiß um die Schwere innerhalb von Familien sich darauf einlassen zu müssen. Für Harper, die Protagonistin dieses Romans dreht sich alles um ihren kleinen Bruder Ben, dessen Erkrankung sie daran hindert, ein Leben auch außerhalb der eigenen vier Wände zu führen. Ben ist immer präsent, auch dann, als sich Harper in Ashton verliebt, denn wie soll sie eine Beziehung führen, ohne ihrem Bruder und dessen Erkrankung gerecht zu werden. Harper hat meiner Meinung nach ein viel zu großes Verantwortungsbewusstsein, was daraus geschürt wird, das ihre Mutter hart arbeiten muss, um auch Harpers Studium zu finanzieren. Der Vater verstarb und auch dieses ist ein Grund, der zu Schuldgefühlen führt, sodass Harper ihr eigenes Glück in den Hintergrund rückt.
Ben ist sehr authentisch dargestellt, denn genauso habe ich Menschen mit Autismus erlebt. Veränderte Strukturen oder Tagesabläufe stören diese doch sehr empfindsamen Menschen und fordern ebenso wie bei Ben Wutausbrüche empor, die möglichst verhindert werden, wie auch hier in dieser Story treffend beschrieben. Ich bin sehr begeistert von Harpers Liebe zu ihrem kleinen Bruder, der ihr aber, wie schon erwähnt, sie in allen Freiräumen der persönlichen Entwicklung beschneidet.
Leider verliert sich irgendwann der Zauber des Augenblicks, da sich der Roman immer mehr und immer mehr in unterschiedliche Klischees verstrickt. Zum einen ist da Harper, die sehr fürsorglich und liebevoll um ihren Bruder besorgt ist, während Ashton selbst durch familiäre Umstände sein Päckchen zu tragen hat. Es eskaliert und letztendlich zerbricht die Beziehung daran, das Dinge nicht angesprochen wurden. Warum eigentlich nicht? Ich gestehe, das ich Harper in ihrem Handeln und Denken nicht immer verstanden habe, zumal sie gerade in ihrem Umgang mit ihrem jüngeren Bruder wirklich brilliert. In einer Beziehung versagt sie dann allerdings und muss sich mit großen Herzschmerz herumplagen. Absolut unnötig, aber vielleicht sinnig, um eine stimmige Story erzählen zu können? Den erotischen Anteil innerhalb der Story hat gepasst, war aber meiner Meinung nach nicht unbedingt nötig, wobei es nicht schlüpfrig wirkt, sondern für die Momentaufnahme gelungen.
Insgesamt eine Liebesgeschichte mit ganz vielen Ecken und Kanten, die aber den Protagonisten angemessen erscheint. Es zeigt sich wieder einmal, das Familie sehr wichtig ist und das Elternhaus mehr prägt, als wir es erahnen. Harpers Mutter lernt umzudenken und auch Ashton nähert sich seinen Eltern erneut an, was ich großartig fand, denn alles andere hätte mich sehr unzufrieden gemacht. Ich hatte eine hohe Erwartung an diesen Roman, in dessen Cover ich mich eigentlich schon auf den ersten Blick verliebt habe, während die Story es leider nicht ganz geschafft hat, mich zu überzeugen. Ich vergebe dennoch eine Leseempfehlung, da ich viele Ansätze absolut großartig empfunden habe, anderes dagegen eher als doch recht oberflächlich wahrnahm.

Bewertung vom 15.04.2020
Das wirkliche Leben
Dieudonné, Adeline

Das wirkliche Leben


sehr gut

"Das wirkliche Leben" ist ein unglaublich erschreckendes Familiendrama, da es von Gewalt erzählt, die sich komplett über die Story erstreckt und mich mitunter regelrecht erschüttert hat. Das Mädchen selbst, welches sich hier offenbart in all ihren Emotionen, bleibt namenlos. Dieses ist für mich regelrecht schockierend, denn ihre Geschichte ist ab Beginn grausam und entwürdigend, obwohl es auch den einen oder anderen schönen Moment bieten kann, bleibt die Grundstimmung traurig und düster. Nach einem Unfall, der für das Mädchen und ihren Bruder sehr traumatisch ist, beginnt der Bruder sich zu verändern, verliert sein Lachen und das ist, womit das Mädchen schwer zu kämpfen hat. Sie flieht in ihren Wissensdurst rund um die Wissenschaft und muss dennoch hilflos mit ansehen, zu welch Taten ihr Bruder fähig ist.
Der Schreibstil ist sehr nüchtern gehalten und aufgrund der Leseprobe wusste ich, was mich erwartet, dennoch hegte ich die Hoffnung, dass hier Traumata verarbeitet werden. Leider musste ich feststellen, das die Handlung sich immer mehr zuspitzt und die Finsternis in denen sich die Heranwachsenden befinden einen Namen hat. Es ist nicht die Tiersammlung, die der Vater erlegt hat als begeisterter Jäger, sondern der Vater selbst, der Angst und Schrecken verbreitet. Hier werden einige Tabuthemen verarbeitet, die definitiv zu Überforderung führen können. Es ist schrecklich, wenn Kinder in solch einem Umfeld des Grauens groß werden und regelrecht wehrlos sind. Die inszenierte Jagd vom eigenen Vater organisiert ist das I-Tüpfelchen der Grausamkeit und zeigt dessen Lieblosigkeit sehr deutlich. Es ist als würde das Mädchen nur auf Zehenspitzen laufen, um nicht den Zorn des Vaters herauf zu beschwören.
Insgesamt eine sehr gelungene runde Geschichte, die aber eben auch in manchen Punkten überfordernd wird, insbesondere an Menschen deren Kindheit selbst von Gewalt beherrscht worden ist. In diesem Fall lasst die Finger von dem Buch, denn es wird sicherlich die eine oder andere Wunde erneut öffnen!

Bewertung vom 12.04.2020
Wir sind die Wahrheit
Götz, Andreas

Wir sind die Wahrheit


sehr gut

Nach dem Lesen des Romans, dessen Altersempfehlung ab 14 Jahren absolut passend erscheint, musste ich erst einmal tief durchatmen, denn auch wenn diese Story fiktiv ist, zeigt sie sehr deutlich, wie schnell Suggestion Menschen in ihrem Denken und Handeln verändert. Wie schnell lasse ich mich beeinflussen, ohne, das ich es merke? Es ist ein Roman der nachdenklich stimmt und leider absolut "wahr" ist. "Wir sind die Wahrheit" ist als Titel mehr als passend gewählt und erschüttert mich in meinen Grundfesten.
Der Autor hat es verstanden unsere moderne Welt neu zu interpretieren und dabei auch das aktuelle Geschehen so einzubauen, das die Story absolut authentisch wirkt. Die Protagonistin Leah beginnt nach und nach an ihrem Bruder zu zweifeln, da ihr durch moderne Medien Videos ihres Bruders zuteil werden, die diesen komplett anders darstellen, als Leah ihren Bruder gekannt hat. Er, der sich eher gute Taten auf die Fahne schrieb und Rechtsradikalismus eher mit den Füßen getreten hätte, als sich mittendrin zu befinden. Leah beginnt in dessen Milieu zu ermitteln und gerät selbst in die Fängen der "Advocatus Diaboli", die durch ihre Reden überzeugen können, auch wenn Leah zuvor ganz andere Gedankengänge hatte. Um sich ihrem Bruder nahe zu fühlen, der nun im Koma liegend, für Leah ein Buch mit sieben Siegeln ist und dessen Handeln und Denken durch die Videoaufzeichnungen Leah verstören. Sie will verstehen, daher lässt sie sich auf Alexander Bornheim und dessen Radikalität ein, nichtsahnend, das sie in eine Falle tappt, die sie bis aufs Mark erschüttern wird. Manche Menschen sind gute Schauspieler und wickeln uns um den Finger, ohne das wir es bemerken, erst dann, wenn sich die Schlinge um den Hals immer mehr zugezogen hat. Es zeigt sich wieder einmal, das man Menschen nur vor den Kopf gucken kann und manchmal definitiv zu spät erkennt, wessen Gesinnung sie sind.
"Wir sind die Wahrheit" ist ein absolut gelungener Roman, der wie im Klappentext beschrieben von Demokratie, Rechtsruck und Populismus erzählt, dem hinzugefügt die aktuelle Flüchtlingskrise, was authentisch wirkt und somit zu einer äußerst dramatischen, aber eben auch wichtigen Story zusammengefasst worden ist. Ich vergebe sehr gerne eine Leseempfehlung, da ich sehr dafür bin, sich mit dieser Story auseinanderzusetzen, denn auch wenn sie fiktiv ist, steckt eine Menge Wahrheit dahinter, mit der wir uns auseinandersetzen müssen, um nicht in die Fänge des Rechtsextremismus zu gelangen, der meiner Meinung nach, aktueller denn je ist.