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Gurke
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Berlin

Bewertungen

Insgesamt 158 Bewertungen
Bewertung vom 31.05.2013
Der Lavendelgarten
Riley, Lucinda

Der Lavendelgarten


ausgezeichnet

Emilie hat viele Jahre dafür gekämpft, sich von der oberflächlichen Gesellschaft der adeligen, elterlichen Freunden zu distanzieren und sich ein gut bürgerliches Leben mit eigener Tierarztpraxis aufgebaut. Nach dem Tod ihrer Mutter, die ihr wegen dieser Entscheidung scheinbar endgültig die Liebe und Zuneigung entzogen hat, muss sie als letzte Erbin der de la Martinières nun die Zukunft für das Château, das herrschaftliche Herzstück der Familie in der Provence, festlegen und war sich ziemlich sicher alles verkaufen zu wollen, doch dann sieht sie den Ort ihrer Kindheit wieder und die Wände schenken ihr die Wärme, die sie so lange gesucht hat. Als dann auch noch der charmante Brite Sebastian ihr seine Hilfe zusagt, wagt sie das Abenteuer und entdeckt dabei sogar ein Familiengeheimnis, das tief mit den dunkelsten Jahren von Deutschland zusammenhängt.

Ich mag diese Art von Geschichten außerordentlich gerne, denn sie vereinen durch die Zeitsprünge historische Aspekte, Emotionen aber auch eine Menge Spannung in sich, wodurch die Romane rund um ein mysteriöses Familiengeheimnis für mich die Crème de la Crème der Genres in sich bündeln, wenngleich ich in letzter Zeit auch feststellen musste, dass dies nicht allen Autoren gleich gut gelingt.
Lucinda Riley ist durch ihre beiden spitzen Vorgänger aber schon so etwas wie ein Garant für tolle Lesestunden geworden und auch bei ihrem neuesten Werk schafft sie es gekonnt, die Passagen aus der Vergangenheit mit einer Lebendigkeit zu füllen, die für diese Art der Familiengeschichten über zwei Generationen in wechselnden Erzählebenen schwierig über längere Zeit zu halten sind.
Dabei erfahren wir viele interessante Informationen, die durch ihren Realismus und Glaubwürdigkeit schon beinahe Zeitzeugenberichten ähnlich sind, über die im Verborgen agierenden Agenten während des NS-Regimes, die mich während des Lesens fesselten und auch jetzt noch nicht loslassen.

Die Personen sind sehr authentisch gezeichnet und zeigen im Laufe der Handlung viele Facetten, die es dem Leser leicht machen mit ihnen mitzufiebern, obwohl mir die Charaktere aus den Kriegszeiten noch mehr ans Herz gewachsen sind, als die gegenwärtigen Protagonisten, was aber auch an deren Schicksalsschlägen liegen mag und Emilies Probleme eher unter „Luxusprobleme“ laufen. Dennoch wachsen alle an ihren jeweiligen Aufgaben und vielleicht war es sogar ein Anliegen der Autorin gewesen, dass wir ein Stück mehr unser eigenes Leben wieder wertschätzen können, nachdem wir viel Leid und Angst in den Zeilen erahnen konnten, denn genau das denkt Emilie kurz nach dem tragischen Schluss der Vergangenheitsepisode, die aber mit einem kleinen Happy End in der Gegenwart endet.
Der angenehme Schreibstil rundet das Ganze gelungen ab und lässt mich schnell auf Nachschub hoffen.
„Der Lavendelgarten“ war mein Highlight im Mai!

11 von 13 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.05.2013
Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen!
Heldt, Dora

Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen!


sehr gut

Gratis ist immer gut

.. denken zumindest die beiden Vollblut-Senioren Walter und Heinz als ihnen eine Gewinnmitteilung für eine exklusive Reise an die Schlei in den Briefkasten flattert, bei der es nebenbei sogar noch eine Anlageberatung geben soll - und das alles nur für Außerwählte. Ihre beiden Ehefrauen sehen das jedoch etwas skeptischer und so müssen sich die beiden Sparfüchse alleine in das Abenteuer stürzen und schon bald die erste Rechnung begleichen.

Tante Finchen und ihre Nichte Johanna gehören ebenfalls zu dieser Reisegruppe, wobei Johanna bei dem Wochenende nach einer sensationellen Radio-Dokumentation über kriminelle Machenschaften auf Kaffeefahrten lechzt und die rüstige Finchen ein bisschen Amor spielen möchte.

"Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen" war mein erstes Buch von Dora Heldt und die beiden Schwäger waren mir durch ihre sympathischen Eigenarten sofort vertraut und wie alte Bekannte. Die Autorin spielt mit den gängigen Vorurteilen über Rentner und verpackt sie auf eine liebenswürdige Art und Weise neu, sodass sogar ein meckernder und ewig reklamierender Walter mit einer ausgeprägten Gedächtnisschwäche wenn es um Namen geht, nicht auf die Nerven geht.

Der Schreibstil überzeugt von der ersten Zeile durch seine Unkompliziertheit und Schnörkellosigkeit und bringt hin und wieder sogar einige Lacher, obwohl hier noch etwas Luft nach oben frei ist.

Für mich vollkommen fehl am Platze war die Geschichte rund um Johannas Ehemann Max und eine leicht durchgeknallte Autorin, die sich für meinen Geschmack nicht richtig in die Handlung eingliedert, sondern sich wie mit der Brechtstange in die so schon verzwickte Situation um Mafia-Vermutungen und Verschwörungstheorien Gehör verschaffen will.

Wir Leser können von außen wahrscheinlich nur mit dem Kopf schütteln, wenn wir sehen mit welch einer Naivität manche gut situierte Witwen auf die leeren Versprechungen der Betreiber hereinfallen, doch es ist leider traurige Realität und vielleicht hilft der Humor hier dem ein oder anderen beschenkten Großelternteil vor einer bösen Überraschung noch einmal an die Truppe zu denken. Von daher ist es ein echter Geschenktyp!

Für einen Nachmittag am Strand ist das genau die richtige Lektüre auch für jüngere Leute, wenngleich es kein Buch ist, was lange im Gedächtnis bleibt. Die Vorgänger mit den beiden älteren Herren werde ich mir aber bestimmt auch nicht entgehen lassen.

7 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.05.2013
Die Schmetterlingsinsel
Bomann, Corina

Die Schmetterlingsinsel


gut

Völlig aufgewühlt, weil sie ihren Ehemann mit einer anderen erwischt hat, flüchtet Diana nach Hause, um dort allerdings schon die nächste Schreckensnachricht zu bekommen, denn ihre Lieblingstante Emmely liegt nach einem schweren Schlaganfall im Krankenhaus - in Enland. Ohne Nachzudenken bricht sie sofort dahin auf und erfährt von einem uralten Familiengeheimnis, dass erst die letzte Erbin der Tremayne aufdecken soll - nämlich sie. In England brechen die Spuren allerdings schnell ab und so verschlägt es die junge Anwältin nach Sri Lanka, der Schmetterlingsinsel, welche sie mit unzähligen neuen Eindrücken verzaubert.

Verzaubert wurde ich jedoch leider nicht, denn das Buch hat leider seine Längen und bis zum Mittelteil musste ich mich selbst antreiben weiterzulesen. Einerseits hat mich die Auflösung des Geheimnisses interessiert, doch andererseits wollte ich nicht mehr unnötige Beschreibungen lesen, die weder stille Mitreisende noch die aktiven Charaktere voranbringen. Zwischenzeitlich hat die Autorin auch immer wieder Szenen eingebaut, die wohl für einiges Unverständnis bei den Lesern sorgen werden, denn kein noch so geduldiger Mensch könnte bei einem uralten Brief der Ahnen in einem Geheimfach die "Vernunft" walten lassen und erst einmal in Ruhe die Natur genießen, statt der Suche den entscheidenen Tipp zu geben. Zumal Diana zu Beginn vor Wut und Unbeherrschung eine Vase gegen die Wand schleudert, während sie jetzt nur einige Wochen später auf der Reise zu einer besonnene Person herangereift ist, erscheint mir unglaubwürdig und eher ein Mittel um das Ende hinauszuzögern.

Als ausschließlich historischer Roman, der mehr auf die Tee-Produktion den Fokus legt, hätte die Geschichte für meinen Geschmack mehr Potenzial gehabt, da die Autorin wirklich gute Recherchearbeit geleistet hat und mir Lust auf eine feine Tasse Ceylon (und Zimtmilch :-)) machte.

Der Schreibstil und das Buchlayout (am Buchschnitt sind lila Schmetterlinge und Orchideenblüten aufgedruckt) sind in jedem Falle eine Empfehlung wert und in einer lauen Sommernacht entfaltet sich vielleicht auch besser die Wirkung der romantischen Szenen. Corina Bomann habe ich als Autorin schon durch ihre Jugendbücher kennengelernt, die mich eindeutig mehr gefesselt haben und so tut es mir schon beinahe Leid, dass ich nur drei Sterne vergeben kann, aber viellicht bin ich langsam auch übersättigt von geheimnisvollen Familiengeschichten, die hier auch zu früh durchschaut werden konnte.

13 von 15 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.05.2013
Agent an Bord / Null-Null-Siebzig Bd.2
Ferber, Marlies

Agent an Bord / Null-Null-Siebzig Bd.2


ausgezeichnet

Leinen los und rein ins Vergnügen

.. denn es wird der 90. Geburtstag von Sheilas Mutter gefeiert. Klingt langweilig? Ist es aber nicht, denn Phyllis Barnes ist geistig noch topfit und möchte zu ihrem (wahrscheinlich) letzten runden Ehrentag noch einmal die Korken knallen lassen und wo könnte das standesgemäßer stattfinden, als auf dem Luxusdampfer von Ex-Ehemann Nr. 6 Jeremy Watts, der mit Freuden für alle Kost und Logis übernimmt. Unter den Gästen ist natülich auch unser liebenswürdiger Geheimagent im Ruhestand, James, der auf den ganzen Trubel so gar keine Lust hat und nur Sheila zu Liebe an Bord geht. Als dann plötzlich einer der Feiernden spurlos verschwindet, ahnt Null-Null-Siebzig, dass seine Intuition ihm nicht im Stich gelassen hat und er besser Zuhause geblieben wäre.

Ich als Leserin habe zu keinem Zeitpunkt bereut, die illustre Runde zu begleiten und mich herrlich amüsiert. Besonders im ersten Drittel des Krimis, der den Schwerpunkt auf das Anschnuppern der Reisenden legt, gibt es durch die teilweise skurrilen Charaktere, gespickt mit britischem Humor, viel zum Schmunzeln. Dagegen wirkt James, der zu jeder Gelegenheit lieber mit seiner alten Kollegin allein unterwegs ist und dem Schiffsalltag nicht so richtig etwas abgewinnen kann, wie ein Spielverderber - doch Phyllis wäre nicht als lebensfroher Wirbelwind bekannt, wenn sie sich nicht etwas ausdenken würde, um den charmanten Eigenbrödler aus der Reserve zu locken.

Was ich beim ersten Teil der Reihe "Operation Eaglehurst" schon so beeindruckend fand, ist die Leichtigkeit mit der uns dieser Krimi daherkommt und dennoch eine enorme Spannung aufbaut. Das Tempo und die Dramatik wird durch den Ort des Geschehens und die Unflexibilität, die eine Flucht aus der Gefahrenzone beinahe unmöglich macht, verstärkt und über allem schwebt natürlich auch noch die Angst, dass möglicherweise der Stress für die 70+ Gesellschaft zu viel wird und das Herz schlapp macht - da ist Fingerspitzengefühl gefragt, denn schließlich kann man einer 90-Jährigen nicht erzählen, dass ihre geliebten Freunde und Verwandten vielleicht im Visier eines Mörders stehen.

Zwischenzeitlich denkt man eventuell, dass das ganze Wirrwarr, um Schiffsdurchsagen und tauben Ohren seitens der Schiffscrew zu viel wird und man wünscht sich, dass unser Protagonist auf den Tisch haut, damit alle vernünftig gemeinsam nach den fehlenden Puzzle-Stücken suchen können, doch mit dem Finale und gleichzeitig natürlich der Auflösung war dieses Durcheinander ein guter Schachzug der Autorin, um uns Leser auch zu verwirren - bei so vielen unterschiedlichen Persönlichkeiten auf einem Haufen ist es nämlich selbst als Krimi-Fan nicht leicht die Guten und die Bösen auseinanderzuhalten und so wird so mancher am Ende ganz schön Staunen! Versprochen! :-)

Beinahe in den Hintergrund rückt da die Annäherung unseres Spion-Pärchens, denn beide sind stur und durch die Hektik auf hoher See sehr gestresst, wodurch Streit vorprogrammiert ist. Beide wollen wie ein Schießhund aufeinander aufpassen und keine Schwächen eingestehen, dennoch können sie nicht lange böse auf den anderen sein, doch ob die Harmonie am Schluss siegt, wird selbstverständlich von mir noch nicht verraten.

Marlies Ferber hat auch bei James' und Sheilas zweitem Fall alles richtig gemacht und von der ersten bis zu letzten Seite für beste Unterhaltung gesorgt - "Agent an Bord" ist zu recht der "Krimi des Monats" aus dem dtv-Verlag und wir Leser können nur bald auf Nachschub hoffen.

Bewertung vom 11.05.2013
Finstere Orte, 6 Audio-CDs
Flynn, Gillian

Finstere Orte, 6 Audio-CDs


sehr gut

Wenn ein Kind seine Eltern verliert ist das schlimm, wenn man als 7-Jährige allerdings mit anhören muss, wie die Mutter sowie die zwei Schwestern brutal abgeschlachtet werden und man nur selbst ganz knapp entkommen kann, ist das bestimmt mit keinem Wort zu beschreiben. In Libby Days Fall ist es zudem noch furchtbarer, denn ihr eigener Bruder soll für das Blutbad verantwortlich sein - so hat sie es jedenfalls der Polizei vor nun mehr 24 Jahren erzählt und seitdem sitzt er im Gefängnis, um zu büßen. Nie konnte sie die Geschehnisse vom 3.Januar.1985 richtig verarbeiten und lebt zurückgezogen von dem Spendengeld ihres Fonds - bis sie eine Einladung zum "Kill Club" bekommt, der sich für den Fall interessiert und gerne mit der einzigen Zeugin sprechen würde und die Dinge kritisch hinterfragt.

Die rauchige, so gar nicht liebliche und weibliche Stimme von Anna Thalbach passt perfekt zu der Protagonistin, die in ihrem Selbstmitleid nun schon so viele Jahre vor sich hin vegetiert. Man kann sich als Lauscher regelrecht vorstellen, wie sie in einer ausgeleierten Jogginghose und mit der Zigarette in der Hand über ihr Schicksal vor dem "Kill Club" redet, um Geld für den nächsten Einkauf zu verdienen.

Adam Nümm interpretiert seinen Teil (den Blick in die Vergangenheit) viel weicher und gibt dem vermeintlichen Täter Ben seine kindliche Ader zurück, die er in seiner Rolle als einziger Mann im Hause Day mit dem Auszug des Vaters angenommen hat. Durch diesen klaren Kontrast habe ich mich dabei ertappt, wie ich mich als Zuhörer sofort auf die Seite von Libbys Bruder geschlagen habe und mich über die fehlende Bereitschaft von Libby geärgert habe, in ihrem Leben endlich einen positiven Weg einzuschlagen.

Doch darf man sich so einfach beeinflussen lassen? War Ben vielleicht doch der Mörder seiner eigenen Familie? Wer sollte es sonst gewesen sein?

Es besteht kein Zweifel daran, dass Gillian Flynn es gelungen ist einen spannenden Thriller zu schreiben, der zutiefst bedrückt und an einigen Stellen sogar etwas verstört zurücklässt, weil sich über die Grausamkeiten in der Welt dort draußen die Nackenhaare sträuben. Dabei machen wir als Zuhörer die Bekanntschaft mit allerlei Menschen, die nicht mit dem Glück gesegnet wurden und in ihrer Verzweiflung bzw. Wut allerlei Unsinn anstellen - mit weitreichenden Folgen. Der Wechsel in den Kapiteln von damals und heute hilft dabei den gesamten Hintergrund zu überblicken und die einzelnen Sichtweisen zu verstehen (wenn auch nicht zu befürworten!).

Leider gibt es auch etwas unrealistische Szenen, zum Beispiel wie schnell Libby während ihrer Recherche an Informationen herankommt und sich scheinbar Fremde ihr gegenüber öffnen. Schwach war aus meiner Sicht ebenfalls die Auflösung, da dieser zwar ein großes Herzklopf-Finale vorausging und in sich auch logisch endet, aber trotzdem irgendwie nicht befriedigt.

Ich wollte unbedingt wissen, ob Ben schuldig ist bzw. wie schuldig er ist und obwohl mir kein Charakter im Buch richtig sympathisch war, habe ich mich gut unterhalten gefühlt und das ist die Hauptsache.

5 von 10 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.05.2013
Nur zu deinem Schutz / Mickey Bolitar Bd.1
Coben, Harlan

Nur zu deinem Schutz / Mickey Bolitar Bd.1


gut

Nichts hat sich Mickey sehnlicher gewünscht, nach unzähligen Reisen mit seinen Eltern für eine gemeinnützige Organisation, als sesshaft zu werden. Dieser Wunsch hat sich nun erfüllt, dafür muss er nun allerdings den Tod seines geliebten Vaters verkraften und gleichzeitig seine von Trauer zerfressene Mutter in der Entzugsklinik besuchen. Onkel Myron ist für ihn nicht gerade eine Bezugsperson, aber bietet ihm immerhin Halt in dieser schweren Situation. Ohne Freunde kann da der erste Tag an der neuen Highschool zum Spießrutenlauf werden, da ist die Begegnung mit Ashley wie ein Wink des Schicksals und doch scheint ihm dieses Glück nicht gegönnt zu werden, denn kurz darauf ist sie spurlos verschwunden und Mickey muss tief abtauchen in dunkle Welten, um nach ihr zu suchen. Als dann auch noch eine scheinbar uralte Frau, die von allen als die "Hexe" verschrien ist, ihm offenbart, dass sein Vater noch lebt, ist er völlig verwirrt.

Ich hatte nach dem Auftritt der "Hexe" auf einen mystisch angehauchten Thriller gehofft, was sich dann allerdings nach diversen bulligen Männern in dunklen Anzügen à la "Men in Black" doch schnell als falsch herausgestellt hat. Viel mehr geht der Roman eher in eine gesellschaftskritische Richtung, der Themen wie Menschenhandel und die Verfolgung der Juden durch die Nazis anschneidet - und genau da liegt meine Kritik. Beim Lesen hatte ich das Gefühl, dass der Autor, um junge Leser nicht zu langweilen, möglichst viele Facetten in die Handlung einbauen wollte, was bei mir (ich bin älter als die empfohlenen Altersgruppe) eher das Gegenteil bewirkte. Ein Strang, der spannend aufgebaut ist, zählt für mich mehr als viele unterschiedliche Puzzleteile, die am Ende nur noch irgendwie in Verbindung gebracht werden, damit es einen "Wow"-Effekt gibt, aber für Jugendliche ist es wahrscheinlich so unterhaltsamer und hat damit seine Berechtigung.

Gleichzeitig haben mich aber auch die Charaktere nicht immer in ihrer Art so richtig mitreißen können, weil sie dafür doch zu viele Klischees bedient haben. Denn, dass der hübsche Basketballspieler Mickey, der neu an die Schule gekommen ist und gleich Anschluss bei dem größten Nerd der Schule (genannt "Löffel") und einer dicken Emo-Einzelgängerin "Ema" findet, denen sich natürlich auch noch die Anführerin der Cheerleader anschließt und sie zusammen ein Spitzenquartett abgeben, ist doch zu sehr an Hollywood-Märchen angelehnt, obwohl sie im Verlauf der Geschichte wenigstens teilweise ein zweites Gesicht zeigen. Mickey versucht sich dennoch einfach zu sehr von allem abzugrenzen, an erster Stelle steht eindeutig sein Onkel Myron, sodass dieser Versuch beinahe schon wieder ins Gegenteil gerät, worüber man als Leser bei seinem familiären Hintergrun aber hinwegsehen kann. Trotzdem hat man als 14-Jähriger keine Superkräfte - in so mancher Situation stellt man sich da eher einen stämmigen Bodyguard vor als den Protagonisten.. Nichtsdestotrotz haben mich zwei (Neben-)Charaktere sehr fasziniert und durch ihre Einstellung sehr beeindruckt - sie geben dem Thriller durch ihre innere Ruhe und Kraft die Glaubwürdigkeit zurück, welche aber von den Lesern alleine kennengelernt werden wollen, deshalb schweige ich mal dazu. ;-)

Der Schreibstil war dagegen angenehm unspektakulär und so kann man das Buch wunderbar in einem Rutsch lesen ohne von künstlerischen Versuchen des Autors daraus ein literarisches Meisterwerk zu machen, abgelenkt zu werden.

Im Nachhinein muss ich sagen, dass das Cover für den Inhalt sehr passend gewählt wurde und den Kern perfekt trifft, allerdings habe ich nach der Leseprobe und dem Klappentext etwas anderes (vielleicht sogar übernatürliches ?) erwartet, wodurch ich "nur" drei Sterne vergeben möchte, aber den Thriller an Jugendliche mit dem Wunsch nach spannender Lektüre durchaus empfehlen kann!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.10.2012
Der Feenturm
Roberts, Aileen P.

Der Feenturm


sehr gut

Now we walk in empty glens, rushes blowing in the wind
A voice that's calling you again
To come back home
Where have they gone, where have they gone,
gone to illusion everyone
(Text: Runrig "Isle of Skye")

Was ist Illusion und was ist Realität? Die Grenzen von beidem verschmelzen in keinem anderen Genre mehr als in dem der Phantastik. Aileen P. Roberts hat es in ihrem Roman "Der Feenturm" sogar noch weitergesponnen und ihrer Protagonistin die Möglichkeit gegeben durch die Zeit zu reisen - zurück in das Zeitalter der Kelten. Damit beginnt für uns Leser eine spannende Reise in eine Welt, deren Riten und Denkweisen uns leider nicht schriftlich übermittelt wurden.

Es beginnt alles mit den Freundinnen Dana und Marita aus Deutschland, die ausgerüstet nur mit ihrem Rucksack durch die schottischen Highlands wandern. Die beiden Mädchen bleiben natürlich nicht lange alleine und bekommen schon bald Gesellschaft von den charmanten Schotten Alec und Marc, die sich ihnen kurzerhand anschließen. Eine alte Turmruine auf der Isle of Skye ermuntert Dana dann zu der Wette, dass sie eine Nacht in dem sogenannten Broch verbringen muss - alleine. Was soll auch schon passieren? Als plötzlich mitten in der Dunkelheit eine irrwitzig bemalte Kriegerin, die sich als Geist offenbart mit ihr spricht und sie anfleht ihren Clan vor 2000 Jahren zu retten, bekommt Dana es doch mit der Angst zu tun. Es gibt schließlich keine Geister und Zeitreisen sind unmöglich. Warum zieht es Dana nach der Begegnung dann aber wie magisch zu dem Ort des Geschehens zurück?

Wie oben schon erwähnt, geht die Reise natürlich in die Vergangenheit und damit begann auch für mich der spannende Teil, obwohl die ersten 100 Seiten keineswegs langweilig waren. Man sollte diesen ersten Teil als eine Art Reiseführer durch die etwas entlegenen Orte Schottlands sehen, die bei den Touristen wahrscheinlich nicht die höchste Priorität haben, aber in jedem Falle durch ihre landschaftliche Schönheit und menschliche Herzlichkeit überzeugen. Wer einmal in Schottland war, wird ohnehin auf diesen Seiten ins Schwärmen geraten und die restlichen Leser packt mit Sicherheit das Fernweh, denn die Autorin teilt selbst eine besondere Verbundenheit zu diesem Fleckchen Erde, deren Begeisterung man sich nicht entziehen kann.

Bei den Kelten erleben wir Menschen, die (aus heutiger Sicht) in ärmlichen Verhältnissen leben und sich dennoch sehr gut organisiert haben. Mein Vorurteil über etwas verrohte Menschen gerät dabei schnell ins Wanken und ich kam nicht umhin Danas neue Clan-Bewohner in mein Herz zu schließen. Besonders Mael (die kleine Tochter der in der Gegenwart spukenden Kriegerin Rionach) ist liebenswürdig und ihr Schicksal ist es auch, was im Mittelpunkt der Rettungsaktion steht, die Dana mit ihrer Zeitreise verfolgt.

Auf glaubwürdige Weise zeigt uns Aileen P. Robters, wie die Kelten damals gelebt haben könnten und unterstreicht damit ihre aufwendige Recherchearbeit, die sich in zahlreichen Details wiederfindet.

Ein wenig negativ sind mir Danas häufig im Fokus stehenden Liebelein mit den Männern aufgefallen, die zwar nicht obszön sind, aber für meinen Geschmack zu oft wechseln, vor allem weil sie zu Beginn des Buches auf keinen Fall eine neue Beziehung eingehen wollte.

"Der Feenturm" war mein erster Roman der Autorin, den ich mit gutem Gewissen weiterempfehlen kann, allerdings sollte man den Titel nicht zu genau nehmen, weil die Feen eher eine untergeordnete Rolle spielen, damit man keine falschen Hoffnungen an diesen 631 Seiten gewaltigen Schmöker hat. :-) Mein persönlicher Tipp beim Lesen ist eindeutig ein Gläschen Met (Honigwein), um noch mehr in die Geschichte abzutauchen. ;-)

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.05.2012
Zwitschernde Fische
Séché, Andreas

Zwitschernde Fische


sehr gut

Was kann man von einem Buch erwarten, dass den heiteren Titel „Zwitschernde Fische“ trägt?

Angelockt von den begeisterten Lesermeinungen zu Andreas Séchés Debütroman „Namiko und das Flüstern“ war schon fast klar, dass wir es hier nicht mit einer Satire o.Ä. zu tun haben, sondern sich dahinter ein philosophisches Buch verbirgt, dass aber auch durchaus das Prädikat „Märchen für Erwachsene“ verdient hat.

Wir lernen den schüchternen Yannis kennen, der auf Grund eines willkommenen Zufalls eine sehr alte und gemütliche Buchhandlung entdeckt und dort mit der eleganten Inhaberin Lio ins Gespräch kommt. Das abgelegene Geschäft mutet wie eine andere Welt an und Yannis ist sofort entflammt für die antike Atmosphäre und natürlich sein anmutiges Gegenüber. Gemeinsam teilen sie die Liebe zu Büchern und könnten scheinbar ewig über die Schriften vergangener Jahr(zehnt)e diskutieren.
Bei einem spontanen Besuch findet er den Laden allerdings leer vor und trifft stattdessen den furchtlosen Eyn dort. Lio muss dringend gefunden werden, doch dafür muss Yannis auf seine Fantasie vertrauen! Kann er seine Muse rechtzeitig finden?

Was nach der Inhaltsangabe wie eine schnöde Liebesgeschichte unter Bücherratten klingt, ist doch viel tiefgründiger und spielt sogar eigentliche eine eher untergeordnete Rolle.
Dafür muss man allerdings wissen, dass der Autor eigentlich ein Buch über Bücher geschrieben und demnach einige spannende Nebenschauplätze aus diesen verschiedenen Werken mit eingebunden hat. So müssen wir zum Beispiel erfahren, dass bekannte schriftstellerische Größen Lügner und Betrüger (sogar hinterhältige Mörder) waren und sich den Ruhm mit fiesen Tricks erschlichen haben. Die Leser dürfen sich auch auf ein eigenes Kapitel zu dem Aufbau eines Buches mitsamt Schmutztitel u.Ä. freuen, sowie dem Mysterium des ersten wichtigen Satzes eines fertigen Werkes. Diese literarischen Ausflüge sind auf wirklich poetische Weise in Yannis' Reise eingefügt und machen einfach Freude.

Ein Kritikpunkt ist bei mir aber, dass wir den Zauber der Stadt Athen leider nicht zu spüren bekommen. Andreas Séché hat für seinen zweiten Roman mit Bedacht diesen ehrwürdigen Boden, den Ursprung von Göttern und Mystik, gewählt, der damit eine optimale Grundlage für Lios und Yannis' Begegnung bietet, allerdings aber nicht genutzt wird. Die Fische hätten so auch in jeder anderen Stadt zwitschern können.
Damit wären wir wieder beim Titel, der im Zusammenspiel mit dem Cover-Kaninchen viel Raum für Interpretationsmöglichkeiten gibt und spätestens im letzten Abschnitt für ein Aha-Erlebnis sorgt.

Das was den Leser aber vermutlich am meisten bewegt, ist die Frage nach Realität und Fiktion. Wie viel sich davon vielleicht tatsächlich so zugetragen haben könnte, muss wohl jeder persönlich für sich selbst entscheiden. Ich für meinen Teil habe mich für die Variante der Traumwelt entschieden, doch ich werde Yannis' Abenteuer bestimmt noch ein zweites Mal lesen, um alle Details noch einmal besser auf mich wirken zu lassen und dann kann die Wirkung der Zeilen schon wieder ganz anders sein – so ist der Zauber der Literatur.

Das Buch sollte man am besten mit einem leckeren Lesetropfen (z.B. Tee) genießen und sich in Ruhe auf die vielen versteckten Hinweise einlassen, denn dann kann das verhältnismäßig kurze Buch zu einem langen Leseerlebnis reifen. :-)

Bewertung vom 27.05.2012
Das Geheimnis der goldenen Brücke
Kunz, Michael

Das Geheimnis der goldenen Brücke


ausgezeichnet

„Uhr bleibt steh'n, dann ist es schön, schön ist's nicht, wenn Glas zerbricht.“ (S.132)

Was es mit diesem vielsagenden Satz auf sich hat, kann ich leider nicht verraten, ohne inhaltlich etwas vorwegzunehmen, aber er soll auch nur beispielhaft dazu dienen, um die Kraft der Worte von Michael Kunz' Schreibstil hervorzuheben. Empfohlen ist das philosophische Werk nämlich für Kinder ab 10 Jahren und trotzdem hat der Autor auch bei diesem jungen Publikum nicht an seinem schriftstellerischen Können gespart und mich mit seiner Leichtigkeit, in die er die verschiedenen Thesen verpackt, überrascht. Dabei wirkt „Das Geheimnis der goldenen Brücke“ aber zu keinem Zeitpunkt kindisch oder simpel, sondern überzeugt vielmehr durch einen Protagonisten, der selbst im Alter von sieben Jahren schon über eine ausgesprochen tiefe Weisheit verfügt und statt mit Raufbolden lieber seine Zeit in der Natur mit seinem Freund „Baum“ verbringt.
Er grübelt über Dinge nach, die manche Menschen ihr ganzes Leben lang nicht hinterfragen und verkörpert mit seinem unbändigen Wissensdurst und seiner zugleich sensiblen Seite, die sich vor der Einsamkeit fürchtet, die beiden Extreme seiner Eltern in sich.
Mit Peters Mutter bin ich im ersten Teil zwar nicht besonders warm geworden, weil sie mir in einigen Szenen zu überheblich war, doch der Grundgedanke hinter ihren Aktionen ist doch ungemein wichtig in unserer heutigen Gesellschaft, da sie mit ihrem Herz für das Wohl ihres Kindes kämpft und bei Problemen nicht einfach weg schaut.

Kunz' Roman ist ein Paradebeispiel für ein Buch, welches man liest und danach so schnell nicht mehr vergisst. Es greift natürlich die Frage nach dem Sinn des Lebens auf und ruft die Leser dazu auf, die wertvollen Momente zu genießen und für den Augenblick zu leben. Es klingt so einfach und ist doch wahnsinnig schwer, weil uns heutzutage der Drang nach Macht und Anerkennung täglich mehr erdrückt und wir aus diesem Kreislauf nicht ausbrechen können – es sei denn, wir werden auf eindrucksvolle Weise darauf aufmerksam gemacht.

Viele kleine Geschichten, wie zum Beispiel die des Schmetterlings Vanessa, welche trotz der Warnung ihrer Mutter den Todesstreifen überfliegen möchte, um die duftenden Blüten auf der anderen Seite zu kosten, wechseln sich mit Peters Kapiteln ab und sprechen einige moralische Themen an, deren Verständnis für uns alle notwendig ist und auf diese personifizierte Weise unser Mitgefühl ansprechen.

Der kleine Peter, dem die eher unscheinbare Schatulle seiner Mutter (ein Geschenk zu seinem Geburtstag) mehr bedeutet, als sonstiger technischer Schnickschnack und der bodenständig seinen Weg geht, ist ein prima Vorbild für die kleinen Leser und Eltern sollten unbedingt mit ihren Sprösslingen gemeinsam seine wunderbare Reise verfolgen. Es ist eine Reise, bei der selbstverständlich auch Stolpersteine die kindliche Unbeschwertheit stören, doch am Ende bleibt der Blick auf ein erfülltes Leben auf das man stolz sein kann und glücklich auf das vollbrachte sein kann.
Das Geheimnis eben jener goldenen Brücke geriet durch einen interessanten Mittelteil bei mir fast schon in Vergessenheit und wurden nur durch die kursiv gedruckten Passagen, die von einem ominösen „ES“ gesprochen werden und teilweise bedrohlich und dann wiederum aufmunternd klingen, wieder in Erinnerung gerufen. Bis zum Schluss bleibt der Urheber dieser Zeilen ungewiss und überrascht dann mit seiner wahrlich göttlichen Identität. :-)