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Benutzername: 
dorli
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Berlin
Buchflüsterer: 

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Insgesamt 878 Bewertungen
Bewertung vom 28.05.2020
Vardo - Nach dem Sturm
Hargrave, Kiran Millwood

Vardo - Nach dem Sturm


sehr gut

In ihrem historischen Roman „Vardø – Nach dem Sturm“ nimmt Kiran Millwood Hargrave den Leser mit in das 17. Jahrhundert nach Norwegen - genauer gesagt, in die ehemalige Provinz Finnmark auf die Insel Vardø - und erzählt zum einen von der tiefen Freundschaft zweier ungleicher Frauen und zum anderen sehr eindringlich von den Hexenprozessen, die hier bis in die 1690er Jahre stattgefunden haben und zum Tod von 91 Menschen führten.

Kiran Millwood Hargrave schildert die auf wahren Begebenheiten beruhenden Ereignisse aus zwei Perspektiven. Zunächst lernt man Maren Magnusdatter kennen, die bei einem verheerenden Sturm am Weihnachtsabend des Jahres 1617 nicht nur ihren Vater und ihren Bruder, sondern auch ihren Verlobten verloren hat. Insgesamt starben in der Nacht 40 Fischer, das waren bis auf zwei alte Männer und einen Geistlichen alle Männer des Dorfes. Durch Marens Augen erfährt der Leser, wie die Frauen die Regie auf der kargen Insel übernommen und selbst für ihr Überleben gesorgt haben.

Nicht nur, dass die Frauen ihren Alltag allein verrichteten, nach eigenen Regeln und Gewohnheiten lebten und sogar aufs Meer zum Fischen gefahren sind, war dem König und seinem Lensmann John Cunningham ein Dorn im Auge, angetrieben von Machtgier und religiösem Fanatismus wollten die beiden auch einen Riegel vor die Riten und Bräuche der Samen schieben.

Aus Sicht der jungen Ursa aus Bergen erlebt man mit, wie das Grauen auf die abgelegene Insel zurollt. Ursas Vater hat bestimmt, dass sie den Commissioner Absalom Cornet heiraten soll. Cornet hat in Schottland Hexen verbrannt und wurde von Cunningham beauftragt, die Führung in Vardø zu übernehmen und dort für Ordnung zu sorgen.

Die Beschreibungen der Schauplätze und die Schilderungen der dramatischen Ereignisse sind Kiran Millwood Hargrave ganz ausgezeichnet gelungen, dennoch hat es mehrere Kapitel gedauert, bis mich das Geschehen richtig gepackt hat. Das lag vor allen Dingen an dem Schreibstil. Die Autorin verwendet über weite Strecken kaum Dialoge, was die Handlung weniger lebhaft macht. Einmal an diesen Stil gewöhnt, entwickelt die Geschichte dann aber einen Sog, dem man sich als Leser nicht mehr entziehen kann.

„Vardø – Nach dem Sturm“ hat mir sehr gut gefallen – der Roman bietet einen genauso interessanten wie aufwühlenden Einblick in ein dunkles Kapitel der norwegischen Historie.

Bewertung vom 26.05.2020
Und dann kamst du

Und dann kamst du


ausgezeichnet

Die 29-jährige Nora Bradford hat sich nach einer herben Enttäuschung von dem Gedanken verabschiedet, irgendwann die große Liebe zu finden und daher beschlossen, ihr Leben mit anderen Dingen auszufüllen, als mit romantischen Abenteuern. Die Genealogin und Historikerin leitet die Bibliothek eines Naturschutzmuseums und beschäftigt sich in ihrer Freizeit überwiegend mit Büchern, Filmen und Fernsehserien. Als Nora bei einem Training für Notfallsituationen dem attraktiven John Lawson begegnet, fährt ihre Gefühlswelt jedoch plötzlich wieder Achterbahn…

John hat sich nach seiner Zeit bei der Navy ein erfolgreiches Unternehmen aufgebaut. Als er erfährt, dass er an einer unheilbaren Erbkrankheit leidet, erwacht in ihm der Wunsch, seine leibliche Mutter zu finden. Gemeinsam mit Nora begibt er sich auf die Suche…

Becky Wade hat einen sehr humorvollen Schreibstil. Die Autorin erzählt die Geschichte im lockeren Wechsel mal aus Noras, mal aus Johns Sicht, so dass man als Leser beide sehr gut kennenlernt und ihre Gedanken und vielfältigen Emotionen intensiv miterlebt.

Nora und John fühlen sich schnell zueinander hingezogen, wehren sich aber gegen die von Tag zu Tag größer werdende Anziehungskraft - obwohl ihre Herzen sich bereits füreinander entschieden haben, plädiert der Verstand bei beiden auf eine Nur-Freundschaft, da John in einer glücklichen Beziehung mit der sympathischen Allie lebt.

Becky Wade hat nicht nur ein ausgesprochen gutes Händchen dafür, die inneren Konflikte darzustellen, die Nora und John im Verlauf der Handlung ausfechten, es gelingt der Autorin auch ganz hervorragend, das Gefühlschaos ihrer Protagonisten mit allerlei Turbulenzen und überraschenden Wendungen immer wieder aufs Neue zu befeuern.

Gut gefallen haben mir auch die sich am Ende eines jeden Kapitels befindenden Facebookeinträge, kurzen Chatverläufe, Tweets, Briefe oder E-Mails, die kleine Zusatzinfos zur eigentlichen Handlung enthalten und das Geschehen prima abrunden.

Bei diesem Roman handelt es sich um den ersten Band der Bradford-Sisters-Serie. Sowohl die Folgebände wie auch eine Vorgeschichte zu diesem ersten Teil gibt es bisher nur im amerikanischen Original. Ich hoffe sehr, dass eine Übersetzung der weiteren Bände nicht allzu lange auf sich warten lässt, da ich schon sehr gespannt auf den Werdegang von Noras Schwestern Britt und Willow bin.

„Und dann kamst du“ hat mir sehr gut gefallen. Es war bewegend und amüsant zugleich, die Wege der Akteure zu verfolgen und ihr Miteinander und Gegeneinander zu beobachten.

Bewertung vom 16.05.2020
Das Haus am Moor
Denzau, Heike

Das Haus am Moor


ausgezeichnet

Hauptkommissarin Lyn Harms kehrt nach einem Jahr Elternzeit an ihren Arbeitsplatz bei der Kripo Itzehoe zurück und bekommt es gleich an ihrem ersten Arbeitstag mit einem dramatischen Fall zu tun – das spanische Au-pair-Mädchen der Familie Fahrenkrug wurde bei dem Versuch, die Entführung des 11-jährigen Theo zu verhindern, erstochen…

Jana Roffler und ihre Freundin Neele Haack sind aus einem Kieler Kinderheim ausgebüxt. Die 14-jährigen Mädchen sind auf dem Weg ins Herrenmoor, wo ihnen das ehemalige Häuschen von Janas Uropa als Unterschlupf dienen soll. Was die beiden nicht ahnen - die abgelegene Kate wurde auch von Theos Kidnappern als Versteck auserkoren…

„Das Haus am Moor“ ist bereits der siebente Fall für Lyn Harms und ihre Kollegen, dieser Krimi ist aber auch ohne Kenntnis der vorherigen Bände bestens verständlich.

Heike Denzau wartet in „Das Haus am Moor“ mit einem Kriminalfall auf, der von Anfang an fesselnd ist und Seite um Seite immer dramatischer wird. Fast atemlos verfolgt man das Geschehen rund um den querschnittsgelähmten Theo, der im Dachzimmer der Kate festgehalten wird, und der Ausreißerin Jana, die sich aus Angst vor den gewalttätigen Kidnappern in der Abseite versteckt hat. Die Autorin treibt die Spannung hier durch laufend neue Ereignisse und überraschende Wendungen immer wieder in die Höhe, so dass man unaufhörlich um die Kinder bangt und mit ihnen mitfiebert.

Während die Entführer dem Leser von Anfang an bekannt sind, bleibt der Auftraggeber der Bande bis zum Schluss im Verborgenen. Klar ist nur recht schnell, dass es sich bei diesem Auftraggeber um jemanden aus Theos näherem Umfeld handeln muss, denn die Entführer wissen Dinge über ihn, die nur ein Insider kennen kann. In diesem Part des Krimis kann man prima miträtseln und mitgrübeln, wer aus Theos Familie für die abscheuliche Tat verantwortlich sein könnte – ein tolles Verwirrspiel, denn es könnte irgendwie jeder von ihnen gewesen sein.

Ab und an gönnt Heike Denzau dem Leser eine kleine Verschnaufpause von dem aufwühlenden Geschehen und man kann einen Blick auf die familiären Angelegenheiten der Kommissarin werfen. Hier geht es zwar manchmal auch ein wenig stürmisch zu, bleibt aber im Rahmen von Alltagsturbulenzen, wie sie eigentlich jeder kennt.

Die Autorin glänzt nicht nur mit der beeindruckenden Fähigkeit, Situationen und Emotionen überaus mitreißend zu schildern, sie hat auch ein ausgesprochen gutes Händchen für Figuren. Jeder einzelne der Akteure spielt die ihm zugedachte Rolle ausgezeichnet und handelt glaubwürdig. Selbst Nebenfiguren wie zum Beispiel Lyns Tochter Sophie wirken echt und tragen ihren Teil zur Unterhaltung bei.

„Das Haus am Moor“ hat mich durchweg begeistert – ein Krimi, der mit einer fesselnden Handlung, nervenkitzliger Spannung und ausdrucksstarken Figuren überzeugt. Ein Highlight!

Bewertung vom 16.05.2020
Schatten des Zorns / Baltimore-Team Bd.3
Pettrey, Dani

Schatten des Zorns / Baltimore-Team Bd.3


sehr gut

FBI-Agent Declan Grey versucht seit zwei Monaten, den Mördern seines Kollegen Steven Burke auf die Spur zu kommen. Im Zuge seiner Ermittlungen ist er auf Hinweise gestoßen, die einen terroristischen Anschlag in absehbarer Zeit vermuten lassen. Obwohl Declans Vorgesetzter Alan King die Befürchtung hat, dass sie Gespenstern hinterherjagen, gewährt er Declan eine Frist, um Beweise für seine Vermutung zu finden und stellt ihm dafür die attraktive Krisenberaterin Tanner Shaw zur Seite…

Zur gleichen Zeit wird Griffin McCray von dem Investmentberater Haywood Grant gebeten, Beweise dafür zu finden, dass sein Geschäftspartner Kundengelder veruntreut. Als Haywood während einer Tagung tot in der Badewanne seines Hotelzimmers gefunden wird und sich selbst in einem Abschiedsbrief der Veruntreuung sowie eines Doppelmordes bezichtigt, glaubt Griffin nicht an einen Selbstmord und will den Dingen gemeinsam mit der Privatdetektivin Kate Maxwell auf den Grund gehen…

„Schatten des Zorns“ ist bereits der dritte Teil der „Das Baltimore-Team“-Reihe. Auch ohne Kenntnis der vorhergehenden Bände war ich schnell mittendrin im Geschehen und hatte schon nach kurzer Zeit das Gefühl, mit allen Figuren gut vertraut zu sein.

„Schatten des Zorns“ bringt alles mit, was man von einem amerikanischen Agententhriller erwartet. Die Spannung ist durchgehend auf einem hohen Niveau, es gibt rasante Action mit dramatischen Verfolgungsjagden und dem einen oder anderen Schusswechsel. Die Schurken sind immer zur Stelle, und attackieren die Guten, wenn diese sicheres Terrain verlassen, werden aber von den Helden durch Umsichtigkeit, Geschick und Durchhaltevermögen ein ums andere Mal zurückgedrängt.

Obwohl mich der Part, in dem es um die Zerschlagung des Terrornetzwerks geht, durchaus gefesselt hat, empfand ich den Teil, in dem Griffin und Kate die Umstände rund um den vermeintlichen Selbstmord Haywoods aufklären, wesentlich spannender.

Auch die zwischenmenschlichen Beziehungen spielen in diesem Thriller eine große Rolle, sowohl die Liebe wie auch die enge Freundschaft der „Chesapeake Pirates“ nehmen einen wichtigen Part ein.

Ein bisschen schade finde ich, dass Dani Pettrey ihren Protagonisten nicht mit mehr Ecken und Kanten ausgestattet hat. Die Frauen sind alle atemberaubend schön, intelligent, selbstbewusst und agieren zielgerichtet. Und auch die Männer strotzen nur so vor positiven Eigenschaften und sind unglaublich attraktiv, superintelligent und kampferprobt, gleichzeitig aber auch einfühlsam und fürsorglich.

Sehr gut gefallen hat mir, dass die Akteure sich nicht allein auf ihr Können verlassen, sondern in schwierigen Situationen immer wieder Kraft und Unterstützung in einem Gebet suchen.

„Schatten des Zorns“ hat mir insgesamt gut gefallen – Freunde von Geschichten mit spannungsgeladener, actionreicher Handlung kommen hier voll auf ihre Kosten.

3 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.05.2020
Blutige Düne / Liv Lammers Bd.4
Weiß, Sabine

Blutige Düne / Liv Lammers Bd.4


ausgezeichnet

Sylt. René „Rocco“ Höpen wird in der sog. Mörderkuhle zwischen Tinnum und Keitum brutal ermordet. Eine besondere Tätowierung lässt die Polizei vermuten, dass der Geschäftsführer einer Tabledance-Bar über Kontakte zum Rockermilieu verfügte. Die Ermittler gehen deshalb davon aus, dass das Motiv für den Mord im Umfeld der Organisierten Kriminalität zu suchen ist. Als kurze Zeit später bei einem zweiten Mordanschlag, der augenscheinlich von dem selben Täter verübt wurde, der Umweltschützer Tobias Schulke schwer verletzt wird, gerät diese Vermutung allerdings ins Wanken, denn es gibt keinerlei Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Opfern...

„Blutige Düne“ ist bereits der vierte Fall für Liv Lammers von der Mordkommission Flensburg - für mich war dieser Einsatz auf Sylt der erste, den ich mit der sympathischen Kommissarin und ihren Kollegen erleben durfte. Auch ohne Kenntnis der vorhergehenden Bände war ich schnell mittendrin im Geschehen und hatte schon nach kurzer Zeit das Gefühl, mit allen Figuren gut vertraut zu sein.

Den Leser erwartet ein vielschichtig angelegter Krimi - mehrere Handlungsstränge, unterschiedliche Schauplätze, viele Personen und häufige Perspektivewechsel sorgen für eine lebhafte und abwechslungsreiche Handlung.

Die Ermittlungsarbeit ist spannend und wird durch immer neue Hinweise und Ereignisse lebendig gehalten. Geschickt lenkt Sabine Weiß den Blick des Lesers in unterschiedliche Richtungen, so dass man prima über Motiv, Hintergründe und Täter miträtseln und mitgrübeln kann.

Nicht nur der undurchsichtige Mordfall hält Liv in Atem, auch die Beziehung zu ihrem despotischen Vater ist und bleibt schwierig. Ocke Lammers sorgt mit seinem furchtbaren Verhalten für Aufregung und Fassungslosigkeit und lässt damit die Kluft zwischen Vater und Tochter noch tiefer werden.

Punkten kann Sabine Weiß auch mit einer großen Portion Lokalkolorit – die Insel Sylt wird mit ihrer Vielfalt und ihren Besonderheiten interessant dargestellt, so dass man sich die Schauplätze alle sehr gut vorstellen kann und schnell von der Nordseeküsten-Atmosphäre eingefangen wird.

„Blutige Düne“ hat mir sehr gut gefallen - ein kurzweiliger Krimi, der mich mit spannenden Ermittlungen und einer vielschichtigen Handlung durchweg gefesselt hat.

Bewertung vom 12.05.2020
Die Muskatprinzessin
Driessen, Christoph

Die Muskatprinzessin


sehr gut

In seinem historischen Roman „Die Muskatprinzessin“ nimmt Christoph Driessen den Leser mit in das 17. Jahrhundert und erzählt aus dem Leben von Eva Ment. Die Tochter eines Amsterdamer Bierbrauers war von 1625 bis 1629 die Ehefrau des ehemaligen Generalgouverneurs der Niederländischen Ostindien-Kompanie Jan Pieterszoon Coen.

Christoph Driessen hat die wenigen historischen Fakten, die über das gemeinsame Leben des Ehepaars Ment/Coen bekannt sind, in eine spannende fiktive Handlung eingeflochten und diesen Roman damit zu einer interessanten, kurzweiligen Zeitreise werden lassen.

Eva ist 19 Jahre alt, als ihr Vater in große finanzielle Schwierigkeiten gerät und sie den doppelt so alten, sehr wohlhabenden Coen heiraten muss. Als Coen kurz nach der Hochzeit seinen Posten als Generalgouverneur in Ostindien antritt, muss Eva ihre Heimat verlassen und mit ihrem Mann nach Batavia reisen. Begleitet wird die junge Frau von ihrem Bruder Gerrit und ihrem Kater Jasper.

Die Schiffspassage von Amsterdam nach Niederländisch-Ostindien wird spannend geschildert, man kann sich sehr gut vorstellen, wie es damals an Bord eines Segelschiffes zugegangen sein muss. Sehr anschaulich beschreibt Christoph Driessen auch die Gegebenheiten, die Eva nach acht Monaten Überfahrt in Batavia erwarten - die Stadt selbst, die Menschen mit ihren ganz anderen Sitten und Bräuchen, die Vielfalt von Fauna und Flora und auch die Gefahren, die dort lauern. Alles ist neu für Eva. Was wie ein großartiges Abenteuer klingt, wird für sie jedoch schnell zu einer riesigen Last - sie soll das Leben einer Königin führen, doch sie hat große Schwierigkeiten, sich an die mit ihrer hohen gesellschaftlichen Stellung einhergehenden Rechte und vor allen Dingen an ihre neuen Pflichten zu gewöhnen. Sie sehnt sich nach Vertrautem und wird oft von Heimweh geplagt. Dass Coen, dessen größtes Ziel es ist, Batavia zu einer blühenden niederländischen Kolonie auszubauen, nicht nur in der Hafenstadt mit harter Hand herrscht, sondern Eva seine Brutalität auch am eigenen Leib zu spüren bekommt, macht ihr das Leben in den tropischen Gefilden nicht gerade leichter.

Auch die Darstellung der weiteren Akteure ist dem Autor sehr gut gelungen. Sowohl fiktive Figuren wie auch die zahlreichen historischen Persönlichkeiten bekommen schnell ein Gesicht und wirken in ihrem Tun überzeugend. Es war äußerst spannend, ihre Wege zu verfolgen und ihr Miteinander und Gegeneinander zu beobachten.

„Die Muskatprinzessin“ hat mir sehr gut gefallen - die gut ausbalancierte Mischung aus historischen Fakten, Spannung und Abenteuer wird anschaulich und lebendig erzählt und hat mir ein paar kurzweilige Lesestunden beschert.

Bewertung vom 03.05.2020
Grado im Mondschein / Kommissarin Degrassi Bd.5
Nagele, Andrea

Grado im Mondschein / Kommissarin Degrassi Bd.5


ausgezeichnet

Grado. Es ist soweit - auch wenn Commissaria Maddalena Degrassi nach wie vor nicht begeistert ist - ihre Mutter Sibilla und ihr Vorgesetzter Commandante Scaramuzza heiraten. Doch die im malerischen Wasserschloss von Strassoldo stattfindende Feier findet durch einen brutalen Überfall ein jähes Ende…

„Grado im Mondschein“ ist bereits der fünfte Fall für Maddalena Degrassi, dieser Krimi ist aber auch ohne Kenntnis der vorherigen Bände bestens verständlich.

Andrea Nagele versteht es ganz ausgezeichnet, die Spannung schon nach wenigen Seiten auf ein hohes Level zu katapultieren. Der Krimi wird fesselnd erzählt und entwickelt rasch einen Sog, dem man sich als Leser nicht entziehen kann. Schon im Prolog wird deutlich, dass hier ein Täter agiert, der vor nichts zurückschreckt, wenn er seinen Willen nicht bekommt.

In mehreren Handlungssträngen werden die Akteure dem Leser vorgestellt. Man lernt nicht nur den Alltag jedes Einzelnen gut kennen, sondern erfährt von seinen Ängsten, Sorgen und Problemen. Unterschiedliche Schauplätze und häufige Perspektivwechsel sorgen für ein lebhaftes und abwechslungsreiches Geschehen - während die Vorbereitungen für die Hochzeit auf Hochtouren laufen, erlebt man als Leser hautnah mit, wie die Bedrohung immer näher kommt und die Geschichte nicht nur für die Hochzeitsgesellschaft, sondern auch für Maddalena persönlich einen schrecklichen Verlauf nimmt.

Punkten kann Andrea Nagele darüber hinaus mit einer großen Portion Lokalkolorit – der Landstrich an der Adria-Küste wird mit seinen Besonderheiten interessant dargestellt, so dass ich mir die Schauplätze in Grado, Strassoldo oder auch Punta Sdobba sehr gut vorstellen konnte und von der dort vorherrschenden besonderen Atmosphäre schnell eingefangen wurde.

„Grado im Mondschein“ hat mir sehr gut gefallen - ein abwechslungsreicher, gut durchdachter Krimi, der von der ersten bis zur letzten Seite spannende Unterhaltung bietet.

Bewertung vom 01.05.2020
Tage der Hoffnung / Die Schwestern vom Ku'damm Bd.3
Riebe, Brigitte

Tage der Hoffnung / Die Schwestern vom Ku'damm Bd.3


ausgezeichnet

In ihrer Romanreihe „Die Schwestern vom Ku'damm“ nimmt Brigitte Riebe den Leser mit auf eine spannende Zeitreise in die Mitte des 20. Jahrhunderts nach Berlin.

„Tage der Hoffnung“ ist der dritte Band der Trilogie und spielt in den Jahren 1958 bis 1963. Da die Ereignisse in diesem Band auf die Geschehnisse der vorherigen Teile aufbauen, halte ich es für ratsam, die Bücher in der richtigen Reihenfolge zu lesen. Nach Rike und Silvie steht diesmal mit der 24-jährigen Florentine die jüngste der Thalheim-Schwestern im Mittelpunkt des Geschehens.

Flori kehrt nach einer herben Enttäuschung aus Paris zurück in ihre Heimatstadt Berlin. Statt sich allerdings - wie ihre Familie es gerne sehen würde - voll und ganz dem Modekaufhaus der Thalheims zu verschreiben, steckt die schon immer ein wenig rebellische Flori ihr ganzes Herzblut weiterhin in die Kunst. Sie will ihren großen Traum verwirklichen und bewirbt sich um einen Studienplatz an der Hochschule für bildende Künste…

Schon nach wenigen Seiten war ich wieder mit den Thalheims und ihrem Umfeld vertraut und habe gespannt das Geschehen verfolgt. Nicht nur für Flori gilt es, nachdem sie nach hartem Kampf ihr erstes Etappenziel erreicht hat und als Studentin an der Hochschule angenommen wurde, zahlreiche Hürden zu überwinden, auch die anderen Familienmitglieder durchleben in diesem Band wieder einige Höhen und Tiefen - die Thalheims dürfen sich an den schönen Dingen der Zeit erfreuen, müssen aber auch einige Veränderungen hinnehmen und mehrere Schicksalsschläge erdulden.

Brigitte Riebe wartet mit einer großen Portion Zeit- und Lokalkolorit auf und erweckt das Berlin der ausgehenden 1950er und beginnenden 1960er Jahre vor den Augen des Lesers zum Leben. Zahlreiche historische Fakten und Ereignisse aus Politik, Gesellschaft und Kultur verleihen dem Roman eine wunderbare Authentizität - die zunehmenden Spannungen zwischen Ost und West und der Mauerbau spielen genauso eine Rolle wie die Stadtentwicklung mit dem Neubau der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, dem Aufbau des Hansaviertels oder auch der Planung der Gropiusstadt. Auftritte realer Persönlichkeiten wie zum Beispiel Marlene Dietrich, Rut und Willy Brandt oder auch John F. Kennedy runden das abwechslungsreiche Romangeschehen ab.

„Die Schwestern vom Ku'damm-Tage der Hoffnung“ hat mir sehr gut gefallen – die Mischung aus unterhaltsamer Familiengeschichte und spannender Historie hat mir ein paar kurzweilige Lesestunden beschert.

Bewertung vom 28.04.2020
Die stumme Magd
Spratte, Annette

Die stumme Magd


ausgezeichnet

Yorkshire, 1710. Der 23-jährige Daniel Huntington wird von Baronet Brigham als Stallmeister auf seinem Gestüt angestellt. Daniel lebt sich schnell ein, die neuen Aufgaben gehen ihm leicht von der Hand. Nur eine Sache macht ihm Sorgen: das gehässige Verhalten des Baronets und der Dienerschaft gegenüber einer stummen Magd. Die junge Frau hat keinen Namen und wird von allen grob behandelt und gedemütigt. Einzige Ausnahme bildet der ehemalige Stallmeister Ole Pete. Daniels Neugierde und vor allem sein mitfühlendes Herz veranlassen ihn, den Dingen auf den Grund zu gehen…

Annette Spratte erzählt diese Geschichte sehr anschaulich. Dank der detailreichen Beschreibungen und der lebendigen Schilderungen habe ich mich direkt auf das englische Landgut katapultiert gefühlt und war schon nach wenigen Seiten von Daniels Erlebnissen und den seltsamen Vorgängen auf dem Gestüt gefesselt.

Anders als ich erwartet hatte, hat die Geschichte einen recht düsteren Touch. Von einem Fluch ist die Rede, in der nahegelegenen Ruine einer Kapelle soll es spuken, dazu eine Schimmelstute, die außer der stummen Magd niemanden an sich heranlässt sowie die rätselhafte Verhaltensweise des Baronet und der anderen Mitglieder des Haushalts. Über dem gesamten Anwesen schwebt eine unheimliche Atmosphäre – das sorgt für diese besondere Spannung, wie man sie auch in Schauerromanen findet.

Nach ungefähr einem Drittel des Romans erfolgt dann ein Twist, mit dem ich ganz und gar nicht gerechnet habe – die Autorin präsentiert viel früher als ich gedacht hätte, die Auflösung der rätselhaften Ereignisse. Nach dieser Wendung ändert sich dann auch die ganze Atmosphäre auf dem Gutshof. Die schaurige Stimmung weicht und die Handlung nimmt einen Verlauf an, wie man ihn in einer romantischen Geschichte erwartet.

Sehr gut gefallen haben mir die am Ende eines jeden Kapitels eingefügten Briefe von Daniel an seine Mutter. Hierin werden nicht nur die vorangegangenen Ereignisse noch einmal zusammengefasst, man bekommt auch Daniels Gedanken zu den Vorfällen sowie seine Ängste und Sorgen mitgeteilt. Die Briefe werden damit zu einer wunderbaren Ergänzung der eigentlichen Handlung. Sie geben der Figur und damit der ganzen Geschichte noch mehr Tiefe.

„Die stumme Magd“ hat mir sehr gut gefallen. Eine gelungene Mischung aus Spannung, Romantik und Historie, die mit interessanten Charakteren und einer fesselnden Handlung zu überzeugen weiß.

Bewertung vom 27.04.2020
Wir hofften auf bessere Zeiten
Bartels, Erin

Wir hofften auf bessere Zeiten


ausgezeichnet

In ihrem Roman „Wir hofften auf bessere Zeiten“ erzählt Erin Bartels eine mitreißende Familiengeschichte, die sich über mehrere Generationen erstreckt. Gleichzeitig schildert die Autorin den Umgang mit Rassismus im Norden der USA im Wandel der Zeit, indem sie den Leser auf eine Zeitreise zu den Rassenunruhen 1967 in Detroit sowie in die 1860er Jahre auf eine Farm mitnimmt, die während des Sezessionskrieges Teil eines Fluchthilfenetzwerks war, welches Sklaven auf der Flucht aus den Südstaaten nach Kanada Unterschlupf gewährte.

Die Detroiter Journalistin Elizabeth Balsam wird gebeten, eine alte Kamera und eine Schachtel voller Fotos an Nora Balsam - angeblich eine entfernte Verwandte von ihr - zu übergeben. Da Elizabeth weder Nora kennt, noch Zeit und Interesse hat, will sie der Bitte nicht nachkommen. Erst als sie erfährt, dass es sich bei den Fotos um Bildmaterial über die 1967er Unruhen handelt, wird sie hellhörig. Als ihr Chef ihr kurz darauf unerwartet kündigt, beschließt Elizabeth, Nora ausfindig zu machen. Ihr Weg führt sie zu einem alten Farmhaus nahe Lapeer, in dem Nora seit vielen Jahren lebt. Während ihres Aufenthalts lernt Elizabeth nicht nur die alte Frau, bei der es sich tatsächlich um ihre Großtante handelt, peu à peu besser kennen, sie stößt auch auf ein über 150 Jahre zurückliegendes Drama, in dem Noras Urgroßmutter Mary die Hauptrolle spielt…

„Wir hofften auf bessere Zeiten“ wird fesselnd erzählt und entwickelt schnell einen Sog, dem man sich als Leser nicht entziehen kann. Der Roman besticht vor allen Dingen durch ein abwechslungsreiches Geschehen und einen vielschichtigen Handlungsaufbau – eine Vielzahl an Personen und die drei unterschiedlichen, ständig wechselnden Zeitebenen verlangen dabei besonders auf den ersten Seiten konzentriertes Lesen, um nicht den Faden zu verlieren.

Es ist Erin Bartels ganz hervorragend gelungen, die gegenwärtige Handlung mit den dramatischen Ereignissen der 1860er und 1960er Jahre zu verknüpfen. Die Autorin lässt ihre drei Hauptfiguren im Wechsel zu Wort kommen, so dass man die Geschichte aus unterschiedlichen Blickwinkeln verfolgen und intensiv am Schicksal der einzelnen Akteure teilhaben kann.

Obwohl die Lebensläufe der drei Balsam-Frauen gänzlich unterschiedlich sind, verbindet sie doch eine Sache – jede von ihnen setzt sich über die für ihre Zeit geltenden gesellschaftlichen Konventionen hinweg und versucht trotz Verachtung, Beleidigungen und Einschüchterungen durch ihre Mitmenschen auf ihre Weise die Mauern zwischen Schwarz und Weiß einzureißen. Abseits davon macht die Autorin auch deutlich, wie wichtig es im Leben ist, anderen Menschen deren Schuld vergeben zu können.

„Wir hofften auf bessere Zeiten“ ist sowohl mitreißende Familiengeschichte wie auch fesselndes Gesellschaftsporträt – ein Roman, der mich mit seinen ineinander verschlungenen außergewöhnlichen Lebensgeschichten durchweg begeistert hat.