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EOS
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Siegen

Bewertungen

Insgesamt 209 Bewertungen
Bewertung vom 11.05.2021
Zeit für Träume / Senfblütensaga Bd.1
Langenbach, Clara

Zeit für Träume / Senfblütensaga Bd.1


ausgezeichnet

Emma und Carl - weltoffen und sympathisch
Anfang des 20. Jahrhunderts: Emma ist eine junge Frau, die mit ihren Eltern in Metz wohnt. Sie träumt von einem Studium, muss jedoch die Erfahrung machen, dass Frauen an Universitäten nicht erwünscht sind. Sogar ihre Eltern unterstützen sie nicht, denn sie soll schnellstens heiraten und damit die Altersvorsorge für ihre Eltern sichern. Durch Zufall lernt sie eines Tages Carl kennen, Sohn eines Fuhrunternehmers, und dieser junge Mann hat große Pläne, er möchte eine Senffabrik eröffnen. Jedoch auch ihm werden große Steine in den Weg gelegt.....
Dieser historische Roman gefällt mir ausgesprochen gut, denn er ist einerseits eine Liebesgeschichte, was mich an sich normalerweise nicht sonderlich reizt, sondern dazu auch noch spannend geschrieben. Während der Lektüre dieses Buches habe ich alles um mich herum vergessen und weilte in Gedanken nur noch in Metz bei Carl und Emma. Ich habe das Buch regelrecht verschlungen und konnte nur schwerlich eine Pause einlegen.
'Studieren macht hässlich' sagt Emmas Mutter, aber ihre Tochter ist eine Kämpferin und lässt sich dadurch nicht einschüchtern. Sie kämpft sanft, aber permanent für ihre Rechte als Frau, was mir sehr gut gefällt. Sie ist mir richtig sympathisch, genau wie Carl, der das Familienunternehmen übernehmen soll, was ihm nicht zusagt. So kämpfen beide für ihre Eigenständigkeit und passen dadurch sehr gut zusammen.
Der Schreibstil ist leicht und gut verständlich, und auch der Humor kommt nicht zu kurz, wenn Emma z.B. beschreibt, wie sie kleidungsmäßig von ihrer Mutter ausgestattet wird: '...wie ein bepflanzter Blumenkasten'.
Der historische Hintergrund zeigt die weit verbreitete Armut und die Diskriminierung der Juden, die zu dieser Zeit bereits ihren Anfang nimmt. Außerdem ist die Stellung der Frau um 1900 katastrophal, die jungen Damen müssen sich ihren Eltern in der Regel beugen, ohne Berücksichtigung der persönlichen Wünsche. Entsetzt war ich darüber, dass eine 19jährige junge Frau von ihrem Vater gezüchtigt wird.
Ich war traurig, als ich das Buch mit seinen ca. 500 Seiten beendet hatte, denn Emma und Carl sind mir richtig ans Herz gewachsen, aber ich freue mich bereits auf den nächsten Band, den ich unbedingt lesen muss. Auf jeden Fall kann ich das Buch wärmstens empfehlen und gebe ohne Zögern 5 Sterne.

Bewertung vom 03.05.2021
Die Katze und die Leiche in der Scheune / Clarice Beech Bd.1
High, Kate

Die Katze und die Leiche in der Scheune / Clarice Beech Bd.1


ausgezeichnet

Cosy Crime und mehr
Im Mittelpunkt des Kriminalromans steht Clarice Beech, eine sehr tierliebe Frau, die ihr Geld mit Töpfern verdient und deren Ehemann von ihr getrennt lebt, da er der Meinung ist, dass sie für die Tiere mehr Zeit aufbringt, als für ihn. Eines Tages bekommt sie einen Hinweis, dass Walter, ein Kater, den sie an eine Freundin vermittelt hat und der seit längerer Zeit verschwunden ist, in einer Scheune gesehen wurde. Sie lässt alles stehen und liegen, fährt dorthin, findet Walter, aber zu ihrem großen Entsetzen entdeckt sie auch eine Leiche. Schnell ist die Identität geklärt, aber genauso schnell stellt sich heraus, dass die Frau unter falschem Namen in dem idyllischen englischen Dorf lebte.
Der Krimi fängt gemächlich an - typisch Cosy Crime, war mein erster Gedanke - nahm aber dann Fahrt auf und wurde so spannend, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen wollte. Zwar keine blutrünstigen Szenen oder Actioneinlagen, aber das muss ja auch nicht sein. Der Plot ist schön verzwickt und gibt dem Leser die Möglichkeit mitzurätseln, was nicht so einfach ist, da es jede Menge Verdächtige gibt. Alles ist nachvollziehbar und nicht an den Haaren herbeigezogen. Es wird auch bis zum Ende alles geklärt, es bleiben keine wesentlichen Fragen offen.
Der Schreibstil ist flüssig lesbar und dadurch gut verständlich. Was mir aber ganz besonders gut gefallen hat, ist die bildhafte Sprache, die bis ins Detail beschreibt und originelle Vergleiche hervorbringt. Das fängt direkt am Anfang schon an, als einer der Hunde 'wie Limonade aus einer frisch geschüttelten Flasche' in Erscheinung tritt. Köstlich! Oftmals muss man beim Lesen schmunzeln.
Die Protagonisten sind gut beschrieben, ihre Charaktere und auch ihr Äußeres, und fast alle erscheinen sympathisch. Allerdings erschlägt einen zunächst die Menge der Namen, so dass ich mir erstmal eine Liste erstellen musste. Denn zu den vielen Personennamen kommen noch viele Tiernamen dazu.
Das Buch hat mir eine schöne Lesezeit beschert, und ich hoffe auf weitere Bände mit Clarice Beech, allein schon weil sie ein großes Herz für Tiere hat. Das Buch erhält von mir die volle Punktzahl.

Bewertung vom 01.05.2021
So wie du mich kennst
Landsteiner, Anika

So wie du mich kennst


ausgezeichnet

Sein oder Schein?
Was ist wichtiger im Leben? Den Schein aufrecht zu bewahren oder sein wahres Ich zeigen...Darum geht es letztendlich in diesem Roman über zwei fast gleichaltrige Schwestern, die ihre Kindheit und Jugend miteinander genossen und immer gute Freunde waren, sich alles erzählten und sich gegenseitig stützten. Danach trennen sich ihre Wege, Karla wird Journalistin im heimischen Umfeld, während es Marie in die weite Welt hinaus zieht, zunächst nach Boston, dann nach New York. Trotzdem bleiben die Beiden in ständigem Kontakt und besuchen sich gegenseitig.
Dann kommt es zur Katastrophe, Marie stirbt in NY in einem Verkehrsunfall, und Karla fliegt los, um die Urne mit der Asche ihrer Schwester nach Hause zu holen. Anschließend nimmt Karla Urlaub, um die Wohnungsauflösung vor Ort zu managen, sie bleibt einige Wochen in NY, denn sie möchte ihrer Schwester spirituell nahe sein und ihre Gefühle nachempfinden. Sie glaubt, dass sie dies ihrer Schwester schuldig ist, weil sie ja immer ein Herz und eine Seele waren.
Im Laufe des Aufräumens stellt Karla jedoch fest, dass es auch Seiten im Leben ihrer Schwester gab, von denen sie nicht die geringste Ahnung hatte und die nun vor ihr liegen, teilweise offen, teilweise aber auch geheimnisvoll.
'Warum reden wir den ganzen Tag und erzählen uns doch so wenig', dieser Satz fordert das aufrichtige Miteinander im Sinne wahrer Freundschaft, in der es nicht um Schein geht, sondern um das, was authentisch ist und was uns die Persönlichkeit des anderen besser erkennen lässt, ohne Verstellung!
Die Geschichte wird aus wechselnder Perspektive erzählt, einmal aus Sicht von Karla, dann wiederum aus Sicht von Marie vor ihrem Unfall. Das bewirkt ein Gleichgewicht zwischen den unterschiedlichen Betrachtungsweisen.
Der Schreibstil gefällt mir sehr gut, die Autorin schafft es hervorragend, die jeweilige Stimmung bzw. Atmosphäre einzufangen, so dass man mittrauert, mitfiebert, mittendrin ist. Es werden viele Gefühle thematisiert: in erster Linie Trauer, aber auch Wut, Verzweiflung, Angst und Hoffnungslosigkeit. So konnte ich das Buch teilweise kaum aus der Hand legen. Es ist kein Buch, das man zur leichten Unterhaltung oder am Strand lesen sollte, da man sich auch viele Gedanken macht und teilweise auf die eigene Lebenssituation bezieht. Bin ich wirklich immer aufrichtig, oder ist es mir bisweilen wichtiger, einen gewünschten Eindruck zu hinterlassen?
Ein Buch mit sehr viel Tiefgang, das von mir die volle Sternchenzahl bekommt.

Bewertung vom 24.04.2021
Drei Kameradinnen
Bazyar, Shida

Drei Kameradinnen


ausgezeichnet

Voller Emotionen - nicht nur positiv
Inhaltlich geht es in diesem Buch um drei Freundinnen (Kasih, Hani und Saya), die sich schon lange kennen und deren große Gemeinsamkeit ihr Migrationshintergrund ist. Sie leben in Deutschland, ihr Heimatland wird nicht verraten (warum eigentlich?). Die drei Frauen scheinen in die Gesellschaft integriert, haben weiterführende Schulen besucht, Abitur gemacht bzw. studiert, haben deutsche Freunde, aber dennoch fühlen sie sich ausgegrenzt. In dieses Gefühl steigern sie sich hinein, so intensiv, dass man sich als 'weißer' Leser irgendwie angefeindet fühlt. Das habe ich jedenfalls so empfunden.
Der Schreibstil ist interessant und lebhaft, bisweilen spricht die Autorin den Leser auch direkt an, was ich reizvoll finde, aber andererseits provoziert die Autorin in ihren direkten Ansprachen. Die Sprache ist sehr ausdrucksvoll, was mir gut gefällt, sie gibt die jeweiligen Stimmungen und Gefühlslagen sehr gut wieder. Auf der anderen Seite finden sich auch langatmige Tiraden, z.B. von Saya, wenn sie über ihre antifaschistische Haltung doziert. Oder auch die Beschreibung eines Yoga Kurses, den sich die Autorin aus dem Fenster heraus mit ihrem Freund ansieht. Da fragt man sich wirklich, ob das junge Paar nichts Besseres zu tun hat als die allwöchentliche Yoga-Schau.
Einen Sympathieträger entdecke ich nicht unter den drei Hauptprotagonisten, am ehesten noch Hani, die in meinen Augen von den anderen beiden oft nicht ernst genommen oder auch ausgenutzt wird.
Es ist ergreifend zu lesen, wie vielfältig die Diskriminierungen sind, die die drei Frauen erlebt haben, andererseits habe ich auch nicht das Gefühl, dass sie bereit sind, gegen ihre versteinerten Meinungen anzukämpfen. Es gibt nämlich durchaus Figuren in diesem Buch, mit denen ein ausgeglichenes Verhältnis möglich wäre, aber diese Chancen scheinen einfach zu verfliegen.
Das Prolog-Thema 'Jahrhundertbrand', der zur Verhaftung von Saya führte, kommt leider etwas kurz und bleibt ungeklärt, was ich enttäuschend finde, wie auch das gesamte Buch für mich eher enttäuschend war.

Bewertung vom 03.04.2021
Nächstes Jahr in Berlin
Seeberger, Astrid

Nächstes Jahr in Berlin


gut

Warum diese Distanz?
Das fragt man sich in diesem Buch, in dem eine Tochter den Tod ihrer Mutter zu beklagen hat, deren Nähe sie in letzter Zeit gemieden hat und über deren berührende Vergangenheit sie recht wenig weiß. Ich habe aus dem Buch herausgelesen, dass die Tochter für die Mutter alles bedeutete, aber umgekehrt war dies wohl nicht der Fall. Wie konnte es so weit kommen, was ist zwischen den beiden passiert? Vielleicht hat die Mutter ihre Gefühle der Tochter gegenüber nicht zeigen können, denn sie hat so manchen Schicksalsschlag hinter sich, von denen wir nach und nach in diesem Buch erfahren.
Das Buch ist weitgehend ein Rückblick auf die Kriegszeit, die Vertreibung aus Ostpreußen, eine Erinnerung an traumatische Szenen auf der Flucht, aber auch im Zusammenhang mit der Teilung Deutschlands. Historisch sehr interessant!
Der Schreibstil war für mich etwas verwirrend, man musste sich immer wieder klar machen, von wem nun geschrieben wurde, z.B. Vater, war es der Vater der Autorin oder der Vater ihrer Mutter? Dann gab es immer wieder sexuelle Anspielungen, ohne dass eine entsprechende Situation vorhanden war, das Wort 'Brüste' scheint eines der Lieblingswörter zu sein, ohne dass ein Sinnzusammenhang dies erforderte. Das fand ich irgendwie störend! Oder hat es einen tieferen Sinn, der sich dem Leser aber nicht offenbart? Teilweise hatte ich einen Verdacht auf Missbrauch oder Inzest.
Sehr schön fand ich die Naturbeschreibungen in diesem Buch, von Ostpreußen, von Augustenruh....sehr impulsiv und ausschmückend.
Richtig warm geworden bin ich mit keinem der Charaktere, und so habe ich die Lektüre dieses Buches des öfteren unterbrochen. Ich gebe deshalb drei Sterne, mit eingeschränkter Leseempfehlung.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.04.2021
Ostseefalle / Pia Korittki Bd.16
Almstädt, Eva

Ostseefalle / Pia Korittki Bd.16


ausgezeichnet

Cold Case ohne Tiefgang
Ein Ehepaar erfüllt sich einen Traum und kauft ein altes renovierungsbedürftiges Bauernhaus, um es zu sanieren und darin zu wohnen. Doch schon sehr bald wird in einem geheimen Keller des Hauses ein Totenkopf gefunden, präpariert und zwischen alten Theaterrequisiten gelagert. Schon bald stellt sich heraus, dass der Schädel einer vermissten Frau zugeordnet werden kann, die vor 10 Jahren verschwand. Pia Korittki soll nun ermitteln, und ich habe mich gefreut - ein Cold Case, ganz nach meinem Geschmack. Mittlerweile hatte man als Leser auch schon einige Protagonisten kennengelernt, viele von ihnen konnten bereits mit einem Verdachtsmoment belegt werden, ich war gespannt auf die Ermittlungen und hatte bereits meinen persönlichen Hauptverdächtigen.
Doch dann kam alles anders, Pia tappt in eine Falle und das wars dann mit den Cold Case Ermittlungen. Was dann folgt, wirkt in meinen Augen sehr konstruiert und unrealistisch, teilweise regelrecht abstrus.
Der Schreibstil liest sich schnell und einfach, man kann sich die einzelnen Szenen bildlich vorstellen. Die Spannung steigt ab dem zweiten Drittel enorm. Die Aufgliederung in verschiedene Perspektiven ist vielversprechend und macht den Krimi spannender, hier allerdings ist der Zusammenhang sehr schnell klar und man weiß Bescheid über den Täter, was dann bewirkt, dass man als Leser keine Detektivarbeit mehr leisten kann. Schade!
Die Protagonisten sind realistisch dargestellt und werden mit ihren Eigenheiten gut vorstellbar, wobei mir Pias Kollegen Broders und Marten Unruh am besten gefallen trotz ihrer Fehler und menschlichen Schwächen. Pia ist mir zu spröde und emotionsarm.
Es handelt sich hier um den 16. Fall für Pia Korittki, was zunächst nicht schlimm erscheint, denn die Autorin gibt Hinweise zu den Ereignissen der Vergangenheit. Allerdings kommt es dadurch auch zu einigen langatmigen Wiederholungen. Überhaupt hat man teilweise das Gefühl, dass eher das Privatleben der Ermittlerin im Vordergrund steht und nicht der Kriminalfall.
Insgesamt hatte ich nach der Leseprobe mehr erwartet und fand das Buch eher enttäuschend.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.03.2021
Aus der Mitte des Sees
Heger, Moritz

Aus der Mitte des Sees


ausgezeichnet

Eine mühsame Entscheidungsfindung
Lukas ist ein junger Mönch, der bereits seit 16 Jahren im Kloster lebt und dort seine festen Aufgaben hat. Er ist von seinen Brüdern voll akzeptiert und genießt einen geschätzten Status. Innere Unruhe kommt aber in ihm auf, als sein Bruder Andreas, in seinem Alter und sein guter Freund, das Kloster verlässt, um eine Familie zu gründen. Als ihn Fotos von Andreas Baby erreichen, gerät sein Alltagstrott ins Wanken, und er hat Zweifel, ob sein Weg der Richtige ist. Das verstärkt sich noch, als er Sarah kennenlernt, eine junge Frau, die ihn emotional sehr anspricht.
Zum Kloster gehört ein See, in dem Lukas schwimmen geht. Während er sich im See bewegt, philosophiert er über sein Leben, seine Gefühle und seine Zukunft. Hier hat er die Ruhe, die er braucht, um in sein Inneres abzutauchen.
Dieses Buch ist nicht einfach zu lesen, da es viele tiefgehende Gedanken ausdrückt und man sich bisweilen sogar eine Passage zweimal durchlesen muss, um die Aussage in vollem Umfang zu verstehen. Aber in meinen Augen lohnt sich das. Lukas kehrt sein Inneres nach außen und lässt uns teilhaben an seiner inneren Zerrissenheit. Da spielen viele Gefühle eine Rolle: z.B. Liebe, Trauer, Neid, Eifersucht, Stolz. Außerdem glänzt der Autor mit grandiosen Naturbeschreibungen, die Lukas Empfindungen ausdrücken und teilweise ins Mystische abdriften. Hierbei verändert sich bisweilen die grammatische Wertigkeit. Das hat mir gut gefallen.
Am Anfang war es für mich nicht leicht, in das Buch hineinzufinden, aber ich muss sagen, dass sich das mit den Seiten gewandelt hat, ich wollte einfach teilhaben an Lukas Gedanken, die ihn schließlich zu einer Entscheidung führen sollten. So war der Roman trotz aller Tiefe und Interpretationsmöglichkeiten gleichzeitig auch spannend.
Dies ist sicherlich kein Buch, das man am Strand oder unterwegs lesen kann, man braucht Ruhe, um den Gedankengängen zu folgen, auf diese Weise fängt man dann auch an, sich mit dem eigenen Lebensweg auseinanderzusetzen. Das Buch hat mich sehr beeindruckt!

Bewertung vom 25.03.2021
Das Faultier bewegt sich wie Opa
Dignös, Eva;Schnitzler, Katja

Das Faultier bewegt sich wie Opa


ausgezeichnet

Schmunzelsprüche
Dieses Buch bietet den Stoff für ein paar sorgenfreie Stunden im Lieblingssessel, wobei die Schmunzelmuskeln stark beansprucht werden.
Die Autorinnen haben die Kindersprüche, die der SZ von Lesern zugeschickt wurden, gesammelt, nach Themen sortiert, die jeweiligen Kapitel mit einer Einleitung versehen und schließlich noch nach den thematisch zugeordneten Sprüchen ein paar Tipps für den Umgang mit Kindern im jeweiligen Bereich angehängt. Letzteres hält sich jedoch in Grenzen, so dass man nicht einen Erziehungsratgeber erwarten sollte, sondern leichte und entspannende Unterhaltung.
Was mir besonders gefallen hat, ist die Feststellung, dass Kinder die Welt teilweise ganz anders und viel einfacher wahrnehmen als wir Erwachsenen. Wo wir große Probleme sehen und tüchtig nachdenken, um das richtige Maß zu finden, fällen Kinder ihre Meinung und ihre Schlussfolgerungen einfach und logisch, so wie es ihr Wissensstand und ihre Denkfähigkeit zulassen. Und sie trauen sich, bei allen Themen mitzureden. Herrlich! So kenne ich das auch von meinen bereits erwachsenen Kindern, wobei mir derzeit oft das Einfühlungsvermögen dafür gefehlt hat, bedingt durch die alltäglichen Anforderungen.
Ich habe das Buch genossen, habe es in wenigen Stunden ausgelesen, teilweise meinem Mann vorgelesen, meine Schmunzelmuskeln trainiert und Spaß gehabt. Was will man mehr? Außerdem sind mir noch einige Sprüche meiner eigenen Kinder wieder eingefallen, die ich schon in meinen Erinnerungen verbuddelt hatte....

Bewertung vom 26.02.2021
Big Sky Country
Wink, Callan

Big Sky Country


gut

In diesem Coming-of-Age Roman lernen wir August kennen, dessen Eltern sehr unterschiedlichen Beschäftigungen nachgehen. Er wächst im beschaulich ländlichen Michigan auf, wo sein Vater eine Farm betreibt und August mit einbezieht in die alltäglichen Aufgaben der Landwirtschaft. Seine Mutter hingegen repräsentiert nicht den Landfrauen Typ, sondern beschäftigt sich eher mit geistigen Dingen, sie bildet sich weiter, meditiert und legt Patiencen. Sie möchte Augusts Bildung vorantreiben, während dieser es als kleiner Junge vorzieht, dem Vater zu helfen. Nach der Scheidung der Eltern zieht August jedoch mit der Mutter um, nach Montana, und sieht seinen Vater nur noch in den Ferien. Nun wird August mit einer ganz anderen Welt konfrontiert und muss sich durchschlagen. In der Schule ist er Außenseiter, und auch zu Hause findet er nicht die Unterstützung, die er sucht. Er rebelliert sowohl gegen Vater als auch Mutter und möchte seinen eigenen Weg gehen, was nicht einfach wird.
Irgendwie ist August das Produkt seiner Erziehung, er kann keine Gefühle entwickeln und verhält sich emotionslos, besonders Schwächeren gegenüber. Das zeigt sich besonders in seinem Verhalten gegenüber Tieren. Vorsicht, mir als Tierfreundin kamen die Tränen, als er Katzen brutal erschlägt, ihnen die Schwänze abschneidet oder Kühe mit Steinen bewirft. Und andere Tierquälereien treten auch später noch auf. Selbst die Mutter gibt August nicht die Fähigkeit, Mitgefühl und Respekt vor anderen Lebewesen zu vermitteln. Sie ist nur an ihrer eigenen Selbstfindung interessiert. So kommt es dazu, dass August seinen Frust und Hass auch an Menschen auslässt. Keine schönen Szenen!
Ich bin etwas enttäuscht von dem Buch, da ich ein Landleben im Stil von Kent Haruf erwartet hatte, das sich im Cover andeutete und das ich immer sehr berührend fand. In diesem Buch spielen Gleichgültigkeit und Abgestumpftheit eine große Rolle und sind bestimmt nicht die idealen Begleiter eines Jugendlichen.
Weitere negativ besetzte Inhalte sind Frauendegradierung (Frauen sind nur Spielzeug) Und das Racheprinzip (wie du mir, so ich dir).
Man kann sich natürlich erklären, warum diese negativen Umstände in Augusts Leben einen so großen Stellenwert einnehmen, aber die detaillierte Schilderung fand ich unangebracht. Außerdem weist das Buch einige Passagen auf, die vor Langeweile strotzen, weil sie alltägliche Aufgaben eines Farmers in allen Einzelheiten beschreiben.
Die Landschaftsbeschreibungen hingegen und die Hintergrundinformationen zum Leben im ländlichen Teil der USA haben mir sehr gut gefallen, so dass ich das Buch mit drei Sternen bewerte.

Bewertung vom 11.02.2021
Das Windsor-Komplott / Die Fälle Ihrer Majestät Bd.1
Bennett, S J

Das Windsor-Komplott / Die Fälle Ihrer Majestät Bd.1


sehr gut

God save the Queen of Crime
In diesem Buch lernen wir die Queen in einer neuen Rolle kennen: als heimliche Ermittlerin in einem Mord, der sich in Schloß Windsor ereignete. Sie recherchiert nicht direkt, sondern dirigiert aus dem Hintergrund ihre Leute, insbesondere ihre Privatsekretärin Rozie, die aus Nigeria stammt. Die beiden sind ein perfektes Team und verstehen sich auf Detektivarbeit. Es handelt sich um einen äußerst brisanten Mord, dessen nähere Umstände nicht ans Licht der Öffentlichkeit dringen sollen, das wäre ein Skandal für die Royals!
Was ich erhofft hatte trat ein: das Buch ist durchdrungen von feinem britischen Humor, skurril und voller Ironie, sowie auch von bedeutungsträchtigen Anspielungen auf andere bekannte Royals. Das war ganz nach meinem Geschmack. Außerdem hat die Autorin augenscheinlich gut recherchiert, denn man erfährt so einiges über die Gewohnheiten und Vorlieben der Queen, die ich teilweise auch bereits aus anderen Büchern oder Zeitschriften kannte und die dadurch ergänzt wurden. Für mich sehr interessant! Auch über die Kindheit Lilibets erfährt man Details, so z.B. über ihre Gouvernante, über die ich gerade ein anderes Buch gelesen habe.
Der historische Hintergrund wird auch gestreift, so z.B. politisch wichtige Besuche oder Vereinbarungen. Aber auch rückblickend wird so einiges erwähnt, was bedeutend ist, so z.B. wie die Royals den 2. Weltkrieg erlebt haben.
Sehr schön ist die Interaktion zwischen Elizabeth II und ihrem langjährigen Ehemann Philip beschrieben. Letzterer ist bekannt für seine humorvollen, teils spöttischen Äußerungen, und dies tritt auch hier zu Tage, aber man spürt auch, dass die beiden gemeinsam durch dick und dünn gegangen sind und einander voll vertrauen.
Allerdings gab es auch bisweilen langatmige Kapitel, die vom eigentlichen Thema abwichen, so z.B. Rozies Besuch der Hochzeit ihrer Schwester in Nigeria, die ausführlich beschrieben wird oder die intensive Betrachtung der Gäste der Soirée.
Auch brauchte ich Zeit, um mich an den Schreibstil der Autorin zu gewöhnen, etliche Sätze musste ich anfangs mehrfach lesen, da mir die Bedeutung nicht sofort klar war. Leider fehlte mir auch das Wissen zum politischen Hintergrund, um die vermuteten Verschwörungstheorien zu verstehen.
Diese Nachteile überwiegen nicht die Vorteile, doch die Autorin sollte die Queen-bezogenen Passagen in den Folgebänden erweitern und dafür 'Abweichungen' unterlassen. Die Queen of Crime hat sich in meinen Augen bewährt und sollte weitermachen.