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Benutzername: 
Fannie
Wohnort: 
Oelsnitz/Erzgebirge

Bewertungen

Insgesamt 142 Bewertungen
Bewertung vom 16.09.2013
Verschwörung im Zeughaus
Schier, Petra

Verschwörung im Zeughaus


sehr gut

Solider historischer Roman mit einigen Längen

Petra Schier – das ist ein Name, der für schriftstellerische Qualität bürgt. Schon einige Werke der Autorin habe ich bisher verschlungen. Deshalb freute ich mich sehr auf ihren aktuellen historischen Roman „Verschwörung im Zeughaus“. Im Mittelpunkt der Geschichte steht die mutige Apothekerin Adelina. Ihr Halbbruder Tilmann wird des Mordes bezichtigt. Doch das kann die junge Frau unmöglich glauben! Daraufhin beginnt Adelina mit der Unterstützung ihrer Familie auf eigene Faust Ermittlungen anzustellen. Das ist alles andere als ungefährlich. Wird es Adelina gelingen, die Wahrheit herauszufinden?

Ich muss vorwegschicken, dass ich vorher noch keinen der Vorgängerbände aus der sogenannten „Adelina“-Reihe von Petra Schier gelesen habe. Das wurde mir bei der Lektüre von „Verschwörung im Zeughaus“ allerdings nicht zum Nachteil. Routiniert und auf einem (wie immer) sprachlich hervorragendem Niveau entführt die Autorin ihre Leserschaft ins Mittelalter. Allerdings weist die Geschichte so einige Längen auf, die die Geduld des Lesers ein wenig herausfordern. Aber das Dranbleiben lohnt sich, denn je näher das Ende rückt, desto spannender und temporeicher wird es! In die Kategorie Kriminalroman würde ich „Verschwörung im Zeughaus“ nicht einordnen. Allerdings ist dieses Buch ein solider historischer Roman mit Kölner Lokalkolorit, der angenehm zu lesen ist.

Mein Fazit: Wer einen Ausflug an die dunklen Schauplätze des Mittelalters mit Hinrichtungen, Folter und Hexenprozessen erwartet, wird in „Verschwörung im Zeughaus“ nicht auf seine Kosten kommen. Für die Leser mit einer Vorliebe für Romantik und einen Schuss Krimi ist dieser Roman allerdings genau das Richtige!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.09.2013
Friedhof der Unschuldigen
Miller, Andrew

Friedhof der Unschuldigen


ausgezeichnet

Ein Meisterwerk unter all den historischen Romanen

Im ausgehenden 18. Jahrhundert sucht der Ingenieur Jean-Baptiste Baratte in Paris sein Glück. Im Schloss Versailles wird er mit einer heiklen Angelegenheit betraut: Er soll den “Friedhof der Unschuldigen” zerstören, der mitten in Paris liegt und langsam, aber stetig die Stadt und deren Bewohner vergiftet. Der engagierte Baratte trommelt Männer zusammen und treibt Material auf. Doch das Ausheben der unzähligen Gräber geht an seiner Mannschaft und ihm keineswegs spurlos vorbei.

Andrew Millers “Friedhof der Unschuldigen” ist ein historischer Roman der ganz anderen Art. Auf eine dunkle Weise romantisch und dennoch schockierend beschreibt der Autor Frankreich kurz vor der Revolution derart eingehend, dass man die düstere Szenerie bildlich vor Augen hat. Der Friedhof der Unschuldigen ist ein geheimnisumwitterter Ort. Daran lässt Andrew Miller keinen Zweifel und lässt den Leser vollkommen am morbiden Charme des wohl ungewöhnlichsten Ortes, an dem je ein Roman spielte, teilhaben. Der Grusel, der den Leser schon nach wenigen Seiten umfängt, die scharfgezeichneten Charaktere und wohldosierte Andeutungen feinen Humors machen das Buch “Friedhof der Unschuldigen” zu einem Leseereignis, das seinesgleichen sucht. Die lyrisch anmutende Sprache, die vielen Eindrücke, die Miller auf seinen Leser niederprasseln lässt und die üppige, wenngleich durchgängig düstere Atmosphäre haben bewirkt, dass mich dieses Buch regelrecht in seinen Bann zog. Die letzten 100 Seiten habe ich mit besonderer Langsamkeit gelesen, denn ich wollte nicht, dass dieser beeindruckende Roman endet. Leider tat er das irgendwann doch. Im Ergebnis ist “Friedhof der Unschuldigen” für mich ein Meisterwerk, ja ein Kleinod unter all den historischen Romanen, dessen Mixtur aus Realität und Fiktion den besonderen Reiz ausmacht.

Bewertung vom 14.09.2013
Phobia
Dorn, Wulf

Phobia


ausgezeichnet

***Meine Rezension bezieht sich auf das HÖRBUCH!***

*Garantiert keine Einschlafhilfe!*

Die junge Mutter Sarah Bridgewater leidet unter einer Angsterkrankung, die sie zur Aufgabe ihres Jobs in einem Verlag zwang. Seither igelt sie sich zuhause ein, während ihr Mann Stephen oft geschäftlich verreisen muss. Nur ihr kleiner Sohn Harvey und sie bewohnen in dieser Zeit das noble Haus in London. Doch schon bald stellt Sarah entsetzt fest, dass die beiden keineswegs allein sind. Und das ist erst der Anfang...

Das Hörbuch zu "Phobia", dem neuen Thriller von Wulf Dorn, wird gelesen von David Nathan. Genau 9 Stunden und 9 Minuten dauert dieses Hörvergnügen. Wulf Dorn hat mit Phobia" ein intelligentes, ausgefeiltes und durchweg spannendes Buch geschrieben. Sprecher David Nathan erweckt all die interessanten Figuren, die der Autor geschaffen hat - egal, ob sie im Mittelpunkt des Geschehens stehen oder lediglich eine Nebenrolle innehaben - mit den schier unerschöpflich vielen Facetten seiner Stimme zum Leben. Ob bedrohlich polternd, flüsternd, gebrochen und traurig oder starr vor Angst: David Nathan ist ein Meister seines Fachs. Er wechselt in Windeseile von der dunklen Samtstimme eines erwachsenen Mannes zu der eines ängstlichen Kindes. "Phobia" lässt den Hörer mitzittern, aufschrecken und mitfiebern. Auch an gruseligen Stellen fehlt es keinesfalls: Als ich das Hörbuch abends im Bett genießen wollte, überkam mich bei einer Szene ein solcher Schauer, dass ich sicherheitshalber die Nachttischlampe wieder anschaltete - und dabei bin ich als Krimi- und Thriller-Fan durchaus einiges gewöhnt. Der Autor spricht in "Phobia" geschickt zwei Urängste an: Den Verlust geliebter Menschen einerseits und andererseits die Tatsache, dass völlig Fremde einen kompletten Einblick in unsere intimsten Gedanken erhalten können.

Wulf Dorn und David Nathan in Kombination: Das verspricht Gänsehaut, ungeahnte Wendungen, einen intelligenten Plot, Londoner Atmosphäre pur und jede Menge Unvorhergesehenes. Nur zu einem ist "Phobia" überhaupt nicht geeignet: Nämlich zum Einschlafen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.09.2013
Essen mit Freunden
Prick, Ilke S.

Essen mit Freunden


ausgezeichnet

*Luise Blum zaubert am Herd – Ilke S. Prick mit Worten*

Wenn Luise Blum Ärger mit ihrer zickigen Chefin hat, bäckt sie bergeweise Cantuccini. Außerdem lädt sie liebend gern ihre drei besten Freunde zum Essen ein. Kochen, backen, essen und genießen sind Luises Ventile gegen den täglichen Frust im Schreibbüro, in dem sie arbeitet. Als sie allerdings plötzlich ohne Job dasteht, muss sie sich völlig neu ordnen und unterwirft sich einer schmerzhaften Zäsur. Aus dem schlimmsten Weihnachtsfest ihres Lebens geht die Mittvierzigerin jedoch gestärkt hervor, denn nach langen Grübeleien weiß sie, was sie will: Kochen und Menschen glücklich machen. Sie gründet schließlich ihren eigenen Catering-Service „Essen mit Freunden“. Darauf, dass sie dabei so manche Überraschung erlebt, war Luise aber wohl nicht gefasst…

Der Roman „Essen mit Freunden“ von Ilke S. Prick ist wahres Soulfood in Buchform. Sehr charmant, leise und warmherzig, gehaltvoll, aber nie zuviel des Guten – dieses Buch ist das komplette Gegenteil von platter Frauenliteratur. Besonders gut hat mir gefallen, dass das Ende nicht vorhersehbar war und die Autorin es bis zum Schluss spannend macht, um dann mit einer gelungenen Überraschung für ihre Leserschaft aufzuwarten.

In kurzen appetitlichen Kapiteln, die allesamt nach Gaumenfreuden benannt sind, taucht man in Luises Welt ab. Man kann gar nicht anders, als die Protagonistin von Anfang an zu mögen.

Mit der gleichen unbändigen Leidenschaft, mit der Luise in der Küche zu Werke geht, hat Ilke S. Prick dieses Buch geschrieben. Das spürt man an den feinen Formulierungen, an Sätzen, die man gern zweimal hintereinander liest, weil sie einem wie Eischnee auf der Zunge zergehen. Die Autorin hat ein feines Gespür für stimmungsvolle Situationen und romantische Bilder, für Kleinigkeiten, die das Leben lebenswert machen. Dabei kommt sie ohne jeden Kitsch aus. Luise Blum zaubert am Herd – Ilke S. Prick mit Worten.

„Essen mit Freunden“ ist ein zauberhaftes Buch, das die wichtigsten und schönsten Dinge des Lebens auf den Punkt bringt: Liebe, Freundschaft, Hoffnung, Mut – und gutes Essen.

Bewertung vom 25.08.2013
Schwesterlein, komm stirb mit mir / Stadler & Montario Bd.1
Sander, Karen

Schwesterlein, komm stirb mit mir / Stadler & Montario Bd.1


ausgezeichnet

400 Seiten Hochspannung!

Dieser Thriller ist momentan in aller Munde: „Schwesterlein, komm stirb mit mir“ von Karen Sander. Karen Sander? Nie gehört. Nachdem ich die ersten Seiten gelesen hatte, fragte ich mich allerdings: Warum eigentlich nicht? Denn jemand, der so grandios schreibt, kann doch nicht einfach vom Himmel fallen…

Nein, natürlich nicht! Denn hinter dem Pseudonym Karen Sander verbirgt sich die Schriftstellerin Sabine Klewe, die gemeinsam mit Martin Conrath als Sabine Martin ihre Leserschaft mit den historischen Romanen „Die Henkerin“ und „Die Tränen der Henkerin“ begeisterte. Unter ihrem Namen veröffentlichte Sabine Klewe in diesem Jahr die Krimis „Die weißen Schatten der Nacht“ und „Schwanenlied“. Am 1. August 2013 erschien der Thriller „Schwesterlein, komm stirb mit mir“, der sich aktuell auf Platz 8 der Spiegel-Bestsellerliste in der Sparte Taschenbuch Belletristik tummelt. Und das zu recht! Denn „Schwesterlein, komm stirb mit mir“ macht süchtig…

Die Psychologin Elisabeth „Liz“ Montario hat sich auf Serienmörder spezialisiert. Georg Stadler, Chef der Mordkommission in Düsseldorf, beauftragt die junge Frau inoffiziell damit, ihm bei zwei grausamen Tötungsdelikten behilflich zu sein, indem sie ein Täterprofil erstellt. Doch die Mordserie reißt nicht ab. Wieder und wieder schlägt der Mörder zu und setzt seine Taten dabei auf derart schaurige Weise in Szene, dass selbst hartgesottene Kriminalisten an ihre Grenzen geraten. Schließlich wird Liz offiziell in die Ermittlungen einbezogen. Doch kann der Täter dadurch endlich gefasst werden?

Ja, ich gestehe: Ich feiere dieses Buch und meine Rezension dazu ist überschwänglich! Denn selten hat mich ein Thriller so schockiert und in Atem gehalten wie „Schwesterlein, komm stirb mit mir“. Auf 400 Seiten hält Karen Sander die Spannung auf hohem Niveau aufrecht, ohne dass auch nur ein klitzekleines Fünkchen Langeweile aufkommt. Die Geschichte hat durchweg ein hohes Tempo. Mögen auch die Ermittlungen ins Stocken geraten – die Story stagniert nie! Das Buch ist in angenehm kurze Kapitel, die sich nur über wenige Seiten erstrecken, unterteilt. Karen Sander erzählt sehr geradlinig und hat ein Faible für echte Cliffhanger! Sie verzichtet auf verwirrende Nebenstränge und unnötige Zeitsprünge. Mitunter fließt sehr viel Blut und das äußerst brutale Vorgehen des Mörders macht sprachlos. Mehr als einmal schickt Karen Sander die Ermittler dabei auf eine falsche Fährte, sodass Täter und Motiv erst nach einer ganzen Weile offenbar werden. Ein rundum gelungenes Lese-Erlebnis!

Zum Abschluss möchte ich Jane Austen zitieren: „ … if a book is well written, I always find it too short.” Dem kann ich mich in Bezug auf dieses Buch nur anschließen! Aber Karen Sander sorgt hoffentlich bald für Nachschub, denn “Schwesterlein, komm stirb mit mir” ist der erste Band einer Thriller-Reihe.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.08.2013
Tödliche Wut / Kate Burkholder Bd.4
Castillo, Linda

Tödliche Wut / Kate Burkholder Bd.4


sehr gut

Fall Nummer 4 für Kate Burkholder

Mehrere junge amische Mädchen verschwinden spurlos. Chief of Police Kate Burkholder, die einst selbst der Glaubensgemeinschaft der Amischen angehörte, ist alarmiert. Verbissen sucht sie nach den Vermissten. Die Zusammenarbeit mit deren Angehörigen gestaltet sich dabei allerdings schwierig, denn sie stehen der Polizei misstrauisch und ablehnend gegenüber.

Wenig später findet ein Angler die Leiche eines weiblichen Teenagers. Die Polizeichefin kommt zu spät. Doch wird es ihr gelingen, wenigstens die anderen Mädchen rechtzeitig aufzuspüren und zu retten?

“Tödliche Wut” ist der inzwischen vierte Band aus der Reihe um Kate Burkholder. Die Autorin Linda Castillo bewegt sich auch in diesem Buch auf vertrautem Terrain und konfrontiert die Polizeichefin mit ihrer eigenen amischen Vergangenheit und grausigen Begebenheiten. Diesmal lässt sie sich mit der Geschichte allerdings viel Zeit. Der Leser benötigt Ausdauer, bis die Handlung richtig in Fahrt kommt und die Spannung für Atemlosigkeit sorgt. Doch Linda Castillo wäre nicht Linda Castillo, wenn ihr das nicht gelingen würde. Insbesondere die letzten 100 Seiten haben es derart in sich, dass es schlichtweg unmöglich ist, das Buch beiseite zu legen.

Auch Kates Freund, der Ermittler John Tomasetti, sowie die verlässlichen Kollegen des Polizeireviers Painters Mill sind einmal mehr mit von der Partie. Durch ihre bewährte Erzählweise lässt Linda Castillo äußerst plastische Bilder im Kopf des Lesers entstehen – Atmosphäre total! Die Einblicke in die Welt der Amischen, die jeglichen Fortschritt wie beispielsweise Elektrizität oder Autos ablehnen, sind erneut so faszinierend wie einzigartig. Mich hat dieser Thriller sehr gut unterhalten. Die drei Vorgängerbände waren meines Erachtens allerdings noch stärker.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.08.2013
Ins Gras gebissen / Pippa Bolle Bd.4
Auerbach & Keller

Ins Gras gebissen / Pippa Bolle Bd.4


sehr gut

*Mörderische Provinz*

Die Berliner Übersetzerin Pippa Bolle ist gerade dabei, ihren professionellen Haushüter-Service aufzubauen, als ihr ein lukrativer Auftrag in den Briefkasten flattert: Pippa wird für zwei Wochen als Gesellschafterin und Urlaubsvertretung für die Haushälterin von Christabel Gerstenknecht engagiert. Die 99-jährige Dame ist geistig noch vollkommen rege und führt mit Zuckerbrot und Peitsche eine große Gartenzwergmanufaktur in der Altmark. Wie beschaulich könnten diese Tage auf dem Land für Literaturliebhaberin Pippa werden – wenn da nicht schon bei ihrer Ankunft zwei Tote zu beklagen wären, die unter mysteriösen Umständen ihr Leben lassen mussten…

Das Autorinnen-Gespann Auerbach & Keller lässt seine liebenswerte Heldin Pippa Bolle inzwischen schon zum vierten Mal ermitteln. Wie immer haben die beiden Damen eine gewaltige Portion Humor in ihren Krimi einfließen lassen. Auch an einer ganzen Menge schräger Charaktere fehlt es mal wieder nicht. Für die Leserinnen und Leser, die Pippa schon mehrmals bei ihren Ermittlungen begleitet haben, gibt es ein Wiedersehen mit dem ein oder anderen alten Bekannten. Sehr positiv zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang die Liste der handelnden Personen zu Anfang des Buches. Das hilft gewaltig, nicht den Überblick zu verlieren. Die Beschreibungen von Land und Leuten sind äußerst anschaulich, sodass man von Beginn an Pippas Welt ganz deutlich vor Augen hat. Allerdings kam mir Pippa im Gegensatz zum letzten Fall („Tote Fische beißen nicht“) diesmal ein wenig farblos vor. Im fünften Band der Reihe, den ich schon jetzt sehnsüchtig erwarte, darf sie deshalb ruhig wieder frecher und spritziger daherkommen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.08.2013
Kein Kind ist auch (k)eine Lösung
Wolf, Tina

Kein Kind ist auch (k)eine Lösung


sehr gut

Wenn alle Freundinnen plötzlich Kinder kriegen...

.. und man mit Mitte 30 selbst noch kinderlos ist, spürt man sein Exoten-Dasein mit voller Wucht. Die Radiomoderation Charly Schönberg erlebt schon seit einigen Jahren die Metamorphosen ihrer Freundinnen von der Partymaus zur Familienglucke. Und mit den Jahren sterben sie einfach aus: Die Mädels, mit denen man am Wochenende bis zum Sonnenaufgang um die Häuser ziehen kann. Für Charly ist das doppelt schwer, denn zu allem Unglück ist die Hamburger Frohnatur auch noch Single. Akute Vereinsamung droht, der sie auch mit Hilfe von mehreren oberflächlichen Männerbekanntschaften nicht entrinnen kann. Außerdem verfolgt sie das omnipräsente Kinder-Thema überall. Als Charly auf dem Weg nach Dänemark den in Hannover lebenden Michael kennenlernt, verlieben sich die beiden Hals über Kopf ineinander. Sie ziehen sogar zusammen. Aber Charly weiß ja schließlich, was sie will: Nämlich keine Kinder! Oder?

Auf den ersten Blick ist "Kein Kind ist auch (k)eine Lösung" von Tina Wolf ein seichter Frauenroman. Doch umso tiefer man in die Geschichte eintaucht, desto klarer wird einem, dass die Autorin sich hier mit einem echten Tabu-Thema beschäftigt: Eine Mittdreißigerin, die ihr Leben genießen und sich keine schlaflosen Nächte wegen des brüllenden Nachwuchses antun will, kommt ihrer "Pflicht", sich zu vermehren, nicht nach. Sehr humorvoll und dennoch sensibel geht Tina Wolf mit der immer lauter tickenden biologischen Uhr ihrer Heldin um. Sie setzt sich auf den verschiedensten Ebenen mit dem Thema Kinder und den daraus resultierenden Veränderungen auseinander: Freundschaften zerbrechen, Liebesbeziehungen gelangen an ihre Grenzen, junge Mütter sind überfordert, Omas drängen auf Enkelchen. Charly macht es sich nicht einfach und sie liebt Kinder wirklich, aber deshalb ein eigenes in die Welt setzen? Ich persönlich (fast 32, verheiratet, kinderlos) habe mich hervorragend in der lebenslustigen Charly wiederfinden können. Die Fragen, die sie sich stellt, sind auch mir häufig durch den Kopf gegangen - ebenso wie die Argumente, sich gegen ein Kind zu entscheiden. Man kann "Kein Kind ist auch (k)eine Lösung" problemlos in einem Rutsch lesen, obwohl es die ein oder andere Stelle gibt, an der die Geschichte doch ein wenig überspitzt ist.

Die Frage "Kind: Ja oder nein?" lässt sich für Frauen, die in einer ähnlichen Situation wie Charly sind, hinterher nicht einfacher beantworten. Aber man hat nach der Lektüre das tröstliche Gefühl, nicht die Einzige zu sein, der es so ergeht.

Bewertung vom 26.07.2013
Liebe verlernt man nicht
Beck, Lilli

Liebe verlernt man nicht


sehr gut

*Drei ältere Damen wollen's nochmal wissen*

Die drei nicht mehr ganz taufrischen Single-Ladies Paula, Biggi und Traudl besprechen beim samstäglichen Kaffeeklatsch das bevorstehende Großereignis: Paulas Sohn feiert seine Verlobung! So weit, so gut. Doch Paula hat zwei große Probleme, die es zu bewältigen gilt: Das Outfit und die fehlende männliche Begleitung. Das Fest ist im Haus von Paulas Ex-Mann und seiner jungen blonden Freundin Pämela anberaumt. Da will Mutti natürlich nicht alleine und in einem abgetragenen Fummel auftauchen. Umgehend startet also die Jagd nach einem schicken Kleid sowie dem dazu passenden männlichen Accessoire. Doch gerade Letzteres ist für Damen in Paulas Alter alles andere als leicht zu bekommen. Deshalb nehmen sich Biggi und Paula fest vor, eine Partnervermittlungs- und Begleitagentur für Oldies zu gründen. Das allerdings ist viel leichter gesagt als getan. Paula betreibt mit viel persönlichem Engagement Feldforschung auf dem Gebiet der Partnervermittlung und stürzt sich in die Planung. Und ihr eigenes Glück? Das soll schließlich auch nicht zu kurz kommen! Aber bis dahin ist es noch ein langer, turbulenter und heiterer Weg...

Der Roman "Liebe verlernt man nicht" von Lilli Beck garantiert kurzweiligen Lesespaß mit sehr erfrischenden Charakteren. Besonders die drei Freundinnen Paula, Biggi und Traudl muss man schon nach den ersten Seiten einfach gern haben. Spitzzüngig und frech trotzen die Damen dem Alter und seinen Problemen. Wunderbare Wortspiele wie beispielsweise Dalai-Lametta, wie Paula ihre tiefenentspannte und stets üppig geschmückte Busenfreundin Biggi liebevoll nennt, sorgen beim Schmökern für ein Dauergrinsen. Ein rundum charmantes Buch, das das Thema Liebe und Sex im Alter auf humorvolle Weise aufgreift. Mein Fazit: Auch jenseits der 50 kann Frau noch verdammt viel Spaß haben!

Bewertung vom 09.07.2013
Genau mein Beutelschema
Lehmann, Sebastian

Genau mein Beutelschema


ausgezeichnet

*Zugabe, Herr Lehmann!*

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen auf dem Kandidatenstuhl bei einer dieser Fernsehquizshows und werden gefragt: „Der angesagteste Bezirk Berlins ist…?“ Na? Richtig, Neukölln. Und wie bezeichnet man die jungen Eingeborenen dieses trendigen Stadtteils? Das ist der gemeine Hipster. Vertreter dieser Spezies zeichnen sich in erster Linie dadurch aus, dass sie liebend gern schicke Stoffbeutel tragen, die sie bevorzugt mit knallengen Hosen und Oversized-Shirts kombinieren. Selbstverständlich sind Hipster zumeist (selbsternannte) Künstler, machen gerne Party und schlürfen literweise Club-Mate.

Mark ist allerdings keiner von denen. Er wohnt im langweiligen Bezirk Tiergarten, hat die 30 jüngst hinter sich gelassen und sein Job als Kleinanzeigenbetreuer ist nicht unbedingt das, was man in Neukölln unter Kunst versteht. Als er auf einer Party die zehn Jahre jüngere Christina kennenlernt und sich in sie verliebt, stürzt er kopfüber und vollkommen unvorbereitet in die Hipster-Szene. Sein geregeltes Leben wird plötzlich gewaltig auf den Kopf gestellt – und irgendwann ist nichts mehr, wie es war.

Poetry-Slammer und Autor Sebastian Lehmann liefert mit „Genau mein Beutelschema“ ein hinreißendes Roman-Debüt ab! Besonders Kinder der Neunziger werden dieses Buch von Anfang an ins Herz schließen, denn die überaus liebenswerte Hauptfigur Mark hegt vielfältige musikalische Erinnerungen an Größen wie die Backstreet Boys, Scooter, DJ Bobo und Marky Mark. Dabei wird Mark gleichzeitig bewusst, dass er inzwischen auch nicht mehr ganz taufrisch ist. „Genau mein Beutelschema“ ist eine spaßige Story über das Älterwerden und Jungbleiben, über die Liebe, über Trends und Veränderungen im Leben. Sebastian Lehmann schafft beim Erzählen spielend die Quadratur des Kreises, nämlich Tiefgang mit Witz! Seine Heimatstadt Berlin nimmt er gehörig auf die Schippe und spielt dabei munter mit Vorurteilen. Der Schreibstil des Autors ist herrlich entspannt und locker. Dieser Roman hat richtig Spaß gemacht! Ich habe letztlich nur einen einzigen Kritikpunkt: Das Buch war definitiv zu kurz! Zugabe, Herr Lehmann! :-)