Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Zabou1964
Wohnort: 
Krefeld

Bewertungen

Insgesamt 188 Bewertungen
Bewertung vom 30.10.2013
Das Bild der Erinnerung
Jary, Micaela

Das Bild der Erinnerung


ausgezeichnet

Ich hatte das Vergnügen, diesen Roman gemeinsam mit der Autorin in einer Leserunde lesen zu dürfen. Dies war mein erstes Werk von Micaela Jary. Sie konnte mich aber so sehr begeistern, dass ich ihre anderen Werke mit Sicherheit auch lesen werde. Das nicht gerade aussagefähige Cover und der Titel hätten mich wahrscheinlich nicht dazu inspiriert, dieses Buch zu lesen. Dabei wäre das ein echter Verlust gewesen, denn Frau Jary versteht es ausgezeichnet, ihre Leser in die Vergangenheit zu entführen.

Die alleinerziehende Mutter Anna Falkenberg ist Kunsthistorikerin in einem Münchner Auktionshaus. Ihrem Chef wird ein Gemälde des Impressionisten Leo Reichenstein zur Versteigerung angeboten. Anna soll für dieses Werk eine Expertise erstellen. Eine innere Eingebung lässt sie jedoch an der Echtheit des Gemäldes zweifeln. Sie begibt sich auf Spurensuche. Eine der Spuren führt sie zu der Galerie Richardson in London, deren Stempel sich auf der Rückseite des Bildes befindet. Bei ihren Nachforschungen stößt sie auf eine Liebesgeschichte im Berlin der Nachkriegszeit.

Die Handlung spielt auf zwei Zeitebenen. In der Gegenwart recherchiert Anna in München, während sie sich liebevoll um ihre kleine Tochter kümmert. Der Galerist Oliver Richardson in London kennt die Geschichte des Bildes selbst nicht. Doch sein Großvater Henry ist mit der Historie vertraut. In der Vergangenheit erlebt der Leser, wie es im besetzten Berlin im Jahr 1946 zugegangen ist. Diese Ebene hat mir am besten gefallen, da sie herausragend recherchiert und beschrieben war. Als Tochter eines Komponisten lässt die Autorin immer wieder auch die Musik der Zeit in die Handlung einfließen. Vor meinem inneren Auge entstanden Tanzszenen, während ich die Musik imaginär im Ohr hatte. Das war ganz großes Kino für den Kopf!

Unerwartete Wendungen machten die Geschichte so spannend, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte. Die Protagonisten waren mir sehr schnell ans Herz gewachsen, sodass ich mit ihnen geliebt und gelitten habe.

Dem Nachwort ist zu entnehmen, dass Micaela Jary sich Anregungen aus einem Ausstellungskatalog, der anlässlich einer Ausstellung des Alliierten Museums in Berlin erschienen ist, geholt hat. Hieraus und aus ihrer eigenen Vergangenheit hat sie auch viele Details über die Zustände im Nachkriegsberlin, die sie in die Geschichte eingebaut hat. Das hat mir ganz hervorragend gefallen, zumal die Autorin die Gabe hat, die Szenen so bildhaft zu beschreiben, dass ich sie mit allen Sinnen miterleben konnte.

Fazit:
Mit diesem Roman konnte mich Micaela Jary von der ersten bis zur letzten Seite fesseln. Er ist für mich einer der Höhepunkte im aktuellen Lesejahr. Allerfeinstes Kino für den Kopf!

Bewertung vom 13.09.2013
Ich und Monsieur Roger
Lavoie, Marie-Renée

Ich und Monsieur Roger


gut

Durch eine Leseprobe bei Vorablesen bin ich auf dieses Buch aufmerksam geworden. Diese klang recht vielversprechend, weshalb ich mich für dieses Buch beworben habe. Ich habe es auch gewonnen, bin nun aber etwas hin- und hergerissen, was die Bewertung betrifft. Stellenweise muten die Gedanken der kleinen Hélène zum Erwachsenwerden poetisch an. Auf der anderen Seite hat das Buch, obwohl es nur 256 Seiten hat, immer wieder Längen, durch die ich mich regelrecht quälen musste.

Aber zunächst zur Handlung: Hélène ist acht Jahre alt, wäre aber gerne älter und vor allem ein Junge. Also behauptet sie einfach, sie sei zehn und nennt sich Joe. So gelingt es ihr, einen Job als Zeitungszustellerin zu bekommen. Das verdiente Geld will sie aber nicht etwa für sich ausgeben. Sie schmuggelt es heimlich in das Portemonnaie ihrer Mutter. Eines Tages kommt sie nach Hause und sieht vorm Nachbarhaus einen alten Mann sitzen. Es ist der grantige Monsieur Roger, der saufend und fluchend seinen Tod herbeisehnt. Zwischen Joe und Monsieur Roger entwickelt sich eine außergewöhnliche Freundschaft.

Die Geschichte spielt in einer kanadischen Kleinstadt in den 80er Jahren. Hélène identifiziert sich mit einer Figur aus einer Zeichentrickserie, die sie gespannt verfolgt. Immer wieder beschreibt sie, was dieser Comicfigur widerfährt, und zwar sehr detailliert. Und genau das war das Problem, das ich mit diesem Roman hatte. Die Geschehnisse in der kanadischen Provinz und das Heranwachsen des Mädchens, das ein Junge sein wollte, fand ich gut erzählt. Ich musste einige Male schmunzeln, insbesondere als Hélène sich unaufhaltsam in eine junge Frau verwandelt. Ihrem Vorbild, der Zeichentrickfigur Oscar, wachsen natürlich keine Brüste. Hélène kommt um dieses schwere Schicksal leider nicht herum. Auch die Tatsache, dass sie bereits als kleines Mädchen der Familie helfen will, fand ich sehr rührend. Der Vater ist ein frustrierter Lehrer, der nach und nach dem Alkohol verfällt. Die Mutter ist eine recht resolute Person, die die Fäden zusammenhält. Dann gibt es noch drei Schwestern, um die sich Hélène mehr oder weniger kümmert. Und mittendrin Monsieur Roger, der immer mehr zu einem Teil der Familie wird.

Wie oben bereits erwähnt, fällt mir die Beurteilung nicht leicht. Hätte die Autorin die Szenen der Zeichentrickfigur nicht so ausführlich geschildert, würde ich vier Sterne vergeben. So muss ich leider noch einen Stern abziehen und vergebe drei von fünf Sternen.

Fazit:
Berührende Geschichte mit einigen Längen.

Bewertung vom 20.08.2013
Der Hexenschwur / Hexentrilogie Bd.3
Zinßmeister, Deana

Der Hexenschwur / Hexentrilogie Bd.3


ausgezeichnet

Mit „Der Hexenschwur“ legt Deana Zinßmeister nun den dritten Band ihrer Hexen-Reihe vor, der den Vorgängern „Das Hexenmal“ und „Der Hexenturm“ in nichts nachsteht. Auch dieser Teil der Reihe punktet mit Spannung, authentischen Figuren und interessanten Fakten aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges.

Seit 17 Jahren lebt Johann mit seiner Familie im Saarland. Der Krieg tobt in Deutschland und nähert sich unaufhaltsam auch dem bisher verschonten Landstrich im Südwesten. Johanns Frau leidet an einer schweren Depression und hat sich sehr zu ihrem Nachteil verändert. Deshalb sieht Johann keine andere Chance, als seine Zelte im Saarland abzubrechen, um gemeinsam mit Franziska und ihren beiden Kindern Magdalena und Benjamin in ihre Heimat, das Eichsfeld, zurückzukehren. Auf dieser Reise begegnen der Familie Gefahren, aus denen sie ausgerechnet der schwedische Feind rettet.

In einem zweiten Handlungsstrang wird die Geschichte Karolines, Johanns Schwester, die auf dem Eichsfeld lebt, erzählt. Gegen sie wurde von einer Hebamme, die als Hexe verbrannt wurde, ein Hexenschwur verhängt. Von den Dorfbewohnern wird sie gemieden. Aber das ist noch nicht das Schlimmste an ihrem trostlosen Dasein: In ihrem Keller versteckt sie einen sogenannten Wechselbalg - ein behindertes Kind, von dem sie glaubt, dass Dämonen es mit ihrem Sohn Michael vertauscht haben.

Die Geschichte hat mich sofort wieder in ihren Bann geschlagen, obwohl die Lektüre der Vorgänger schon einige Zeit zurückliegt. Durch geschickt eingeflochtene Rückblenden ist es der Autorin gelungen, mir die Handlung sofort wieder ins Gedächtnis zu rufen. Ich denke, man kann dieses Buch auch lesen, ohne die vorherigen Teile der Reihe zu kennen. Dann würde man jedoch zwei sehr spannende historische Romane verpassen.

Besonders interessant fand ich die Geschichte um den Wechselbalg. Den Begriff kannte ich zwar, wusste aber bisher nicht, was genau sich dahinter verbirgt. Es ist unglaublich, mit wie viel Aberglauben die Menschen im Mittelalter behaftet waren. Man war tatsächlich der Ansicht, behinderte Kinder seinen von Dämonen ausgetauscht worden. Das Schicksal dieses Kindes hat mich sehr bewegt. Karoline sperrt es im Keller ein und behandelt es wie ein Tier. Aber keine Angst, die Geschichte endet gut und die Szenen sind mit sehr viel Feingefühl geschrieben.

Auch die Reise der Familie quer durchs Reich und die Begegnungen mit desertierten Soldaten und schließlich mit der schwedischen Truppe sind spannend geschildert. Hier hat mich besonders interessiert, was Franziska widerfahren war und ob sie durch die Rückkehr in die Heimat ihre Depressionen loswerden kann. Aber auch die zarte Liebesgeschichte, die die Autorin eingeflochten hat, konnte mich sehr bewegen.

Zu Beginn des Buches findet der Leser eine Karte Deutschlands zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges und ein Personenregister. Im Nachwort erläutert Deana Zinßmeister noch einige Details, was ich wie immer ausgesprochen aufschlussreich fand.

Das Ende hat mir Hoffnung gemacht, dass diese Geschichte um die Eichsfelder eine Fortsetzung bekommen könnte. Genügend Potenzial bieten sowohl die Figuren als auch die deutsche Geschichte. Denn der Krieg wird, wie wir alle wissen, erst 1648 durch den Westfälischen Frieden beendet.

Fazit:
Deana Zinßmeister beweist wieder einmal, dass sie eine wahre Meisterin ihres Fachs ist. Ihre Romane sind fesselnd von der ersten bis zur letzten Seite, hervorragend recherchiert und mit sehr viel Feingefühl geschrieben.

Bewertung vom 13.08.2013
Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer
Capus, Alex

Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer


ausgezeichnet

Seit „Léon und Louise“ steht der Autor Alex Capus bei mir ganz hoch im Kurs. Ich liebe seinen scheinbar nüchternen Erzählstil, der die bewegenden Geschichten seiner Protagonisten dem Leser nahe bringt. Auch mit seinem neuesten Werk konnte er mich wieder bestens unterhalten und ließ mich ein besonderes Verhältnis zu seinen Charakteren aufbauen.

Capus erzählt die Geschichte dreier Schweizer, die sich vermutlich nie im Leben begegnet sind. In seiner Fantasie könnte dies aber im November 1924 geschehen sein. Am Züricher Hauptbahnhof könnten sich ihre Wege gekreuzt haben. Laura d’Oriano war damals ein 13-jähriges Mädchen, das mit ihren Eltern auf dem Weg nach Marseille ist. Sie träumt von einer Karriere als Sängerin. Der Züricher Felix Bloch hat gerade die Schule abgeschlossen und muss sich entscheiden, was er studieren will. Auf jeden Fall will er mit seinem Wissen nicht der Kriegsmaschinerie dienen. Und dann gibt es da noch Emile Gilliéron, der mit der Asche seines Vaters im Zug sitzt und diese in dessen Heimat verstreuen will. Er ist, genau wie der Verstorbene, ein Maler, der seine Berufung darin gefunden hat, im Dienst berühmter Archäologen zu stehen und Details, die die langen Jahre im Boden zerstört haben, mit etwas Fantasie wieder zu vervollständigen.

Die Protagonisten habe alle drei tatsächlich gelebt. Alex Capus hat deren Leben sehr exakt recherchiert. Was sich nicht nachweisen ließ, hat er sich ausgedacht. Dies ruft er seinen Lesern aber immer wieder in Erinnerung. Es gibt Sätze, die mit „vielleicht“ oder „es könnte sein, dass“ beginnen. Das ist ein sehr ungewöhnlicher Stil, der mir jedoch ausgesprochen gut gefällt.

Keine der drei Hauptfiguren macht am Ende das, was sie wirklich wollte. Laura wird unfreiwillig zur Spionin, Felix studiert Physik und baut mit anderen Wissenschaftlern zusammen die Atombombe und Emile wird zum Handlanger von Arthur Evans, der meint, den Palast des Minos in Knossos auf Kreta entdeckt zu haben. Alle drei Schicksale haben mich sehr bewegt.

Capus ist es auf nur 282 Seiten gelungen, mir alle drei Menschen mit ihren Stärken und Schwächen nahe zu bringen. Besonders interessant fand ich die Vorgänge auf Kreta, da ich selbst schon diesen „Palast des Minos“ besucht habe und von der archäologischen Seriosität dieses Projekts nicht wirklich überzeugt war. Auch Lauras Geschichte ist mir nahe gegangen. Ihr Traum, eine ernsthafte Gesangskarriere einzuschlagen, zerplatzt leider sehr schnell. Also tritt sie, wie ihre Mutter, in Varietés auf, bis sie zur Spionin wird. Dem Schaffen Felix Blochs konnte ich jedoch nur schwer folgen. Schon in der Schule war mir das Fach Physik verhasst. Auch Alex Capus‘ interessanter Schreibstil konnte mir die Materie leider nicht näherbringen.

In einem Interview, das ich vor kurzem im TV gesehen habe, sagte der Autor, dass er mit seinen Büchern die Leser nur unterhalten wolle. Sie sollten dabei nicht auf die Sprache achten. Hier muss ich Alex Capus leider enttäuschen. Manche Sätze waren so schön, dass ich sie mehrfach gelesen und zum Teil sogar in ein Heft mit besonders schönen Sätzen abgeschrieben habe. Entschuldigung, Herr Capus, wenn ich nicht auf Ihre Sprache achten soll, dann müssen sie sich einen weniger ausgefeilten Schreibstil zulegen.

Fazit:
Drei Menschen, drei Schicksale, verwebt zu einem Buch, bei dem ich jeden Satz genossen habe.

© Simone Kühlewind

7 von 10 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.07.2013
Du bist fort und ich lebe
Schmöe, Friederike

Du bist fort und ich lebe


ausgezeichnet

Friederike Schmöe gehört zu meinen bevorzugten Krimiautorinnen. Umso erstaunter war ich, als ich ihr neuestes Werk las, das ich selbstverständlich sofort nach Erscheinen haben musste. Obwohl auch diese Geschichte sehr spannend ist, hat sie mit einem Kriminalroman nur wenig zu tun. Der Gmeiner Verlag führt das Buch übrigens unter der Rubrik „Frauenromane“, wo es meiner Meinung nach nicht hingehört. Für mich ist es Belletristik im wahrsten Sinne des Wortes.

Die junge Designerin Samantha May, die von allen nur Sam genannt wird, hat schwer unter ihrer Familie zu leiden. Sie passt sich immer an und ist stets für alle verfügbar. Aus diesem Grunde bereitet sie auch eine Ausstellung vor, die aus Anlass des 60. Geburtstags ihrer Mutter Victoria May, einer Malerin, ansteht. Bei den Vorbereitungen stößt sie auf ein Foto, das ihre Mutter mit einer jungen Frau zeigt, der Sam zum Verwechseln ähnlich sieht. Als sie in ihrer Familie nachfragt, stößt sie auf eine Mauer des Schweigens. Bei ihren Recherchen lernt sie den Journalisten Roman kennen, der ihr bei der Suche nach der Wahrheit behilflich ist. Was die beiden herausfinden, erscheint ungeheuerlich. Aber die Wahrheit lässt sich nicht länger verschweigen.

Der Schreibstil der Autorin fesselt mich jedes Mal aufs Neue. Ihre Geschichten sind nicht spektakulär. Was ihre Protagonisten erleben, könnte jedem von uns passieren. In welcher Familie gibt es kein Geheimnis? So außergewöhnlich wie das der Familie May mag es nicht sein, aber ich konnte mich sehr gut in Samantha hineinversetzen. Besonders gefallen hat mir das innige Verhältnis zu ihrer Großmutter Blanca. Die Unsicherheit Samanthas hat bestimmt jeder Leser schon einmal erlebt. Frau Schmöe beschreibt ihre Protagonisten so genial, dass ich immer mit ihnen fühlen kann.

Die Geschichte ist im Präsens verfasst, woran ich mich zunächst gewöhnen musste. Sehr hilfreich fand ich, dass nicht nur aus Samanthas Sicht erzählt wurde. So war ich ihren Recherchen das ein oder andere Mal einen Schritt voraus, was die Spannung jedoch nicht geschmälert hat.

Womit wir bei meinem einzigen Kritikpunkt wären: der Titel des Romans. Ich gehe davon aus, dass die Autorin hierbei keinen Einfluss hatte. Ich möchte an dieser Stelle nichts über den Inhalt des Buches verraten. Aber der Titel ist wirklich extrem schlecht gewählt. Wer das Buch gelesen hat, weiß warum.

Obwohl dies mein Lesevergnügen ein wenig getrübt hat, führt es nicht zu einer Abwertung. Meine Bewertung richtet sich nach dem Inhalt, nicht nach dem Äußeren eines Buches. Ich kann nur jedem raten, sich weder vom Genre noch vom sperrigen Titel abhalten zu lassen, dieses Werk zu lesen. Es beinhaltet eine spannende Familiengeschichte, die mich von der ersten bis zur letzten Seite fesseln konnte.

Fazit:
Frau Schmöe hat zu ihrer alten Form zurückgefunden. Obwohl dieses Werk kein Krimi ist, bietet es viel Spannung – aber auch Gefühl.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.07.2013
Feuer der Götter
Simon, Stefanie

Feuer der Götter


ausgezeichnet

Obwohl Fantasy normalerweise nicht zu meinen bevorzugten Genres gehört, haben mich an diesem Roman das Cover und der Klappentext angesprochen und mich zu dem Debütroman der Autorin Stefanie Simon greifen lassen. Damit hatte ich einen echten Glücksgriff getan, denn „Feuer der Götter“ hebt sich deutlich vom Einheitsbrei der Fantasylektüre ab. Der Autorin ist es gelungen, eine faszinierende Welt zu erschaffen, in die ich voll und ganz eintauchen konnte.

Die junge Stadtfrau Naave führt im sogenannten Graben ein ärmliches Leben und träumt davon, in einer besseren Gegend neu zu beginnen. Als ihr unverhofft der Feuerdämon Royia förmlich vor die Füße fällt, sieht sie ihre Chance gekommen. Auf Feuerdämone ist vom Palast eine Fangprämie ausgesetzt, denn sie gelten als äußerst gefährlich. Also bringt Naave Royia zum Palast. Aber dort kommt alles anders, als sie es sich erhofft hat. Eine spannende Geschichte beginnt.

Der Autorin ist es gelungen, eine Welt zu erschaffen, die faszinierender kaum sein könnte. Die Namen und Lebensumstände erinnern an die Inkas. Die Sprache ist so bildhaft, dass ich mich fühlte, als ginge ich an der Seite von Naave und Royia durch den Dschungel. Besonders beeindruckend fand ich die Flora und Fauna.

Zudem bietet der Roman eine äußerst spannende Geschichte, die durch zahlreiche Wendungen immer wieder für Überraschungen sorgt. Und auch die Romantik kommt in diesem Werk nicht zu kurz. Sehr langsam entwickelt sich eine Liebesgeschichte, die gegen alle Regeln verstößt. Die Charaktere und deren Handeln sind glaubhaft. Besonders an die vorlaute Naave hatte ich sehr schnell mein Herz verloren. Mit ihrer direkten und forschen Art war sie mir auf Anhieb sympathisch. Aber auch Royia, der eigentlich dazu bestimmt war, auf den Berg der Götter zu gehen und dort seine Aufgabe zu erfüllen, hat mir sehr gut gefallen.

Ich hoffe sehr, noch weitere Bücher aus der Feder der Autorin lesen zu dürfen. Wenn Fantasy so geschrieben ist, könnte es doch noch zu einem meiner bevorzugten Genres werden.

Fazit:
Spannende Unterhaltung in einer faszinierenden Welt – so muss Fantasy sein!

© Simone Kühlewind

Bewertung vom 01.06.2013
Goldkehlchen
Stammkötter, Andreas

Goldkehlchen


ausgezeichnet

In ihrem neuesten Fall ermitteln die Kommissare Kroll und Wiggins im Umfeld des Thomanerchors Leipzig. Da ich die sächsische Messestadt von einigen Besuchen kenne und mir der letzte Kriminalroman des Autors „Messewalzer“ sehr gut gefallen hatte, wollte ich „Goldkehlchen“ natürlich auch lesen. Andreas Stammkötter konnte mich erneut mit einer ausgefallenen Geschichte, die ganz ohne Blut und Tote auskommt und trotzdem spannend ist, überzeugen.

In der Thomaskirche in Leipzig wird das Grab des berühmten Komponisten Johann Sebastian Bach aufgebrochen vorgefunden. Die rechte Hand des Musikers fehlt. Bereits am nächsten Tag klagen einige Mitglieder des Thomanerchors über Durchfall und Erbrechen. Die zuständigen Kommissare Kroll und Wiggins stehen vor einem Rätsel. Wer hat etwas davon, Knochen zu stehlen und die Chormitglieder zu vergiften? Während die beiden noch im Dunkeln tappen, betätigen sich zwei Schüler des Alumnats als Hobbydetektive. Und dabei sind sie sehr viel erfolgreicher als die Profis von der Polizei.

Was relativ harmlos beginnt, nämlich mit dem Diebstahl der Hand Bachs, nimmt schon bald bedrohliche Formen an. Die beiden 14-jährigen Paul und Georg „ermitteln“ auf recht eigenwillige Art und Weise. So manches Mal dachte ich, sie sollten sich nun lieber endlich den Kommissaren anvertrauen, um sich nicht selbst in Gefahr zu bringen. Ein wenig erstaunt war ich über die außergewöhnliche Intelligenz und Kombinationsgabe der Teenager. Aber ich denke, dass zur Aufnahme auf die ehrwürdige Schule des Thomanerchors noch etwas mehr gehört als eine gute Stimme.

Sehr erfreulich fand ich, durch die Lektüre einiges über den Thomanerchor zu erfahren. Ein Glossar am Ende des Buches wäre allerdings durchaus hilfreich gewesen, denn es werden einige Fachausdrücke verwendet, die mir nicht geläufig waren.

Die Kommissare Kroll und Wiggins sind beide sympathisch, wenn auch ziemlich unterschiedlich. Aber gemeinsam mit Staatsanwalt Reis bilden sie ein Team, das gut zusammenarbeitet. Ohne die Hilfe der Teenager hätten sie jedoch noch sehr lange im Dunkeln getappt.

Andreas Stammkötter beweist mit diesem Kriminalroman, dass es für eine spannende Handlung nicht zwingend mehrerer Leichen und unnötigen Blutvergießens bedarf. Die Geschichte ist logisch aufgebaut und hat mich mit gut durchdachten Charakteren begeistern können. Einige unerwartete Wendungen haben für Spannung gesorgt. Am Ende löst sich alles ganz einleuchtend auf.

Ich hoffe, auf den nächsten Band dieser Reihe nicht wieder zwei Jahre warten zu müssen.

Fazit:
Unblutiger aber spannender Krimi im Umfeld des Thomanerchors.

© Simone Kühlewind

Bewertung vom 22.05.2013
Kölner Luden
Keller, Stefan

Kölner Luden


ausgezeichnet

Da mir bereits die ersten beiden Bände dieser Reihe sehr gut gefallen haben, wollte ich natürlich wissen, mit wem es der Kölner Privatdetektiv Marius Sandmann in seinem neuesten Fall zu tun bekommt. Dem Autor ist es wieder gelungen, mich zu fesseln und mir einige unbekannte Seiten Kölns zu präsentieren.

Ein Mann mittleren Alters beauftragt Marius Sandmann mit der Suche nach seinem leiblichen Vater. Das einzige, was er als Hinweis auf dessen Identität zu bieten hat, ist ein Foto aus einem Bildband des Kölner Fotografen Chargesheimer. Dieses Bild wurde in den 60er-Jahren bei einer Karnevalsfeier auf dem Kölner Kiez aufgenommen. Trotzdem nimmt Marius den Auftrag an und begibt sich auf Spurensuche im Kölner Milieu. Dabei trifft er auf einen Alten im Rollstuhl, der den Mann auf dem Foto zu kennen scheint. Doch dieser Zeuge wird am nächsten Tag tot in seiner Wohnung aufgefunden. Sowohl für die Polizei als auch für die ehemaligen Kiezgrößen Münzenberg und Altmann ist schnell klar, dass nur Marius der Mörder sein kann. Die Jagd auf den Privatdetektiv beginnt.

Obwohl Marius Sandmann keine sonderlich sympathische Figur ist, ist er mir mittlerweile ans Herz gewachsen. Er unterdrückt jegliche Gefühle, auch seiner Freundin und Lebensgefährtin Verena Talbot gegenüber. Seine Abstinenz und sein hartes Sportprogramm machen ihn für mich auch nicht gerade zu einem Sympathieträger. Trotzdem mag ich ihn und als er in Gefahr geriet, habe ich um ihn gebangt.

In einem zweiten Handlungsstrang erzählt Stefan Keller die Geschichte um die Kommissarin Paula Wagner weiter. Im letzten Teil der Reihe hatte sie sich bei vielen Kollegen unbeliebt gemacht. Das hat zur Folge, dass sie nun befördert und in eine eigene Abteilung abgeschoben wird, die sich mit alten, ungelösten Fällen beschäftigt - die Task Force Science. Auch privat geht die Kommissarin neue Wege, die ich sehr erfreulich fand. Darüber möchte an dieser Stelle aber nichts verraten.

In Rückblenden erfährt der Leser immer wieder, was sich in der Vergangenheit zugetragen hat. Trotzdem bleibt die Geschichte sehr spannend. Bis zum Schluss war mir nicht klar, wer den Rollstuhlfahrer ermordet hat und inwiefern der Vater von Marius‘ Mandanten in den Fall verwickelt ist.
Marius‘ Unschuld kann auch erst ganz zum Schluss bewiesen werden.

Obwohl ich nur 50 km von Köln lebe, gibt es Ecken, die mir bisher nicht bekannt sind. Dazu gehört eindeutig „Unter Krahnenbäumen“, das ehemalige Rotlichtviertel Kölns. Bei meinem nächsten Besuch in der Domstadt werde ich mich dort auf jeden Fall einmal umschauen. Einem der alten Luden hat Stefan Keller den Kölner Dialekt in den Mund gelegt. Ich lese das sehr gerne und verstehe es auch. Für alle, die des Kölschen nicht mächtig sind, bleibt es aber verständlich und nimmt auch nicht überhand im Buch.

Fazit:
Ein spannender Ausflug ins Kölner Rotlichtmilieu der 60er-Jahre.

© Simone Kühlewind

Bewertung vom 05.05.2013
Flamme von Jamaika
André, Martina

Flamme von Jamaika


ausgezeichnet

Martina André zählt zu meinen Lieblingsautorinnen, weil ihre Bücher gut recherchiert und bildhaft geschrieben sind. Deshalb ist jedes neue Werk aus ihrer Feder ein absolutes Muss für mich. Und auch mit „Flamme von Jamaika“ konnte sie mich wieder in ihren Bann ziehen und in ferne Welten entführen.

Zum Glück habe ich mich nicht vom etwas kitschig anmutenden Cover und Titel abschrecken lassen. Aber ich weiß zum Glück, dass in Büchern, auf denen Martina André steht, auch Martina André drin ist. Hier hat sich der Verlag wohl vom momentanen Trend der Love-und-Landscape-Romane beeinflussen lassen. Bei der „Flamme von Jamaika“ handelt es sich übrigens um eine Blume, nach der sich im Roman eine Rebellengruppe benannt hat.

Die deutsche Kaufmannstochter Helena Huvstedt reist 1831 nach Jamaika, um den Plantagenbesitzer Edward Blake zu heiraten. Begleitet wird sie von ihrer Gesellschafterin Maggie. Obwohl sich Edward vor der Eheschließung noch charmant und zuvorkommend gibt, muss Lena schon bald erkennen, dass er im Grunde ein brutales Scheusal ist, der seine Sklaven wie Tiere behandelt und Lena nur heiratet, um Nachkommen zu zeugen. Zudem erscheint bei der Hochzeitsfeier eine Schwarze, die einen Fluch über Lena und die Familie Blake verhängt. Als Lena in der Nacht etwas Ungeheuerliches beobachtet, beschließt sie, zusammen mit Maggie zu fliehen und nach Deutschland zurückzukehren.

Als sie auf der Flucht einer Gruppe Rebellen begegnen, nimmt einer der Männer Lena gefangen, um sie gegen drei zum Tode verurteilte Kameraden auszutauschen. Während der Gefangenschaft kommen sich die beiden näher und Lena muss erkennen, dass die Situation der Sklaven in Jamaika viel dramatischer ist, als sie bisher angenommen hat. Außerdem erfährt sie Dinge über ihren Mann und ihren Schwiegervater, die sie diese hassen lehrt. Doch um den Rebellen zu helfen, muss sie zu Edward zurückkehren.

Martina Andrés einzigartiger Schreibstil hat mich sofort nach Jamaika versetzt. Die Beschreibungen der Landschaft, der Orte und der Figuren haben in meinem Kopf einen Film entstehen lassen, der spannender und farbenprächtiger nicht sein konnte. Zu den Charakteren habe ich sofort Verbindung gehabt, konnte mich z. B. in Lena hineinversetzen und ihre Ängste und Gefühle teilen. Aber auch die Situation der Sklaven und deren Beweggründe zur Rebellion konnte ich nachvollziehen.

Bei der Beschreibung der Liebesszenen geht die Autorin sehr gefühlvoll vor, nimmt aber dennoch kein Blatt vor den Mund. Die Schilderungen der Folterungen und Misshandlungen sind nicht geschönt, aber auch nicht übermäßig blutig. Martina André hat hier ein gesundes Mittelmaß gefunden, dem Leser die Zustände realistisch darzustellen.

Eine gründliche Recherchearbeit ist dem Roman anzumerken. Im Nachwort erklärt die Autorin einiges dazu. Ein Personenverzeichnis sowie ein ausführliches Glossar sind sehr nützlich und liefern weitere Hintergrundinformationen.

Fazit:
Ich bin vollkommen begeistert von dieser spannenden und authentischen Geschichte.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.