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Top-Rezensenten Übersicht

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Lu
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Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 160 Bewertungen
Bewertung vom 02.02.2024
Krummes Holz
Linhof, Julja

Krummes Holz


ausgezeichnet

"Krummes Holz" verwebt eine drückende und melancholische Stimmung, die den Leser emotional mitreißt und in ihren Sog zieht, mit der Geschichte von Jirka, der nach vielen Jahren zurück auf den Bauernhof seiner Familie kommt. Der schwüle Sommer wird nicht nur durch die Hitze der Umgebung spürbar, sondern durchtränkt auch die zwischenmenschlichen Beziehungen mit einer erdrückenden Atmosphäre. Die vernachlässigten Räume des heruntergewirtschafteten Gutshofs spiegeln die zerrütteten Beziehungen der Familie wider, durch Linhofs bildreiche, kraftvolle Sprache bekommt man Einblicke in Jirkas Gefühlswelt.

Als Jirka ankommt, ist sein Vater nicht da, seine Schwester lebt an ihm vorbei und seine Oma aufgrund von Demenz in ihrer eigenen Welt, die Mutter ist schon vor langer Zeit verstorben. Dies alles hinterlässt eine Leere, die Jirka nicht füllen kann und die sich durch das gesamte Werk zieht. Die Wand des Schweigens, die von der dementen Großmutter und der unversöhnlichen Schwester aufgebaut wird, verstärkt das Gefühl der Isolation und Verlassenheit. Jirkas Rückkehr in diese beklemmende Umgebung lässt die Erinnerungen an eine gewalttätige Kindheit und eine depressive Mutter aufleben. Dann ist da aber noch Leander, der Sohn des alten Gutsverwalters.

Die unterdrückte Liebe zu Leander und die damit verbundene Komplexität der Beziehungen vertiefen die Melancholie des Romans. Die Enttäuschungen und gebrochenen Hoffnungen werden nicht nur erzählt, sondern förmlich durch die Seiten getragen, sodass der Leser mit jedem Wort tiefer in den emotionalen Strudel gezogen wird. "Krummes Holz" ist somit nicht nur ein Buch, sondern eine intensive Gefühlserfahrung, die den Leser mitnimmt und auf die man emotional vorbereitet sein sollte.

Bewertung vom 01.02.2024
Mayfair House
Hay, Alex

Mayfair House


ausgezeichnet

Als begeisterter Fan von Heist-Movies und historischen Romanen war ich gespannt auf Alex Hays "Mayfair House". Die Beschreibung des prächtigen London des Jahres 1905, in dem die Tochter des verstorbenen Mr. de Vries die luxuriöseste Villa an der Park Lane zusammen mit zahlreichen Angestellten bewohnt, erinnert, wie in der Ankündigung beschrieben, in der Tat sofort an Downtown Abbey. Die opulente Ausstattung des Anwesens, von funkelnden Kronleuchtern bis zu kostbaren Kunstwerken, wird von Hay detailreich dargestellt und lässt die Atmosphäre dieser vergangenen Ära lebendig werden.

Der Auftakt des Romans mit der Entlassung von Mrs. Kings, der langjährigen Haushälterin, nach dem Tod des Hausherrn, verspricht bereits eine fesselnde Handlung. Die darauffolgende Entwicklung, in der sich Mrs. Kings und ihre bunte Komplizinnengruppe zusammentun, um einen gewagten Raubüberfall während eines prunkvollen Kostümballs zu planen, erinnert an die Spannung und Raffinesse von Filmen wie "Ocean’s 8". Wie auch in diesem Film wird im Verlauf des Romans deutlich, dass jede der insgesamt sieben Diebinnen auch ihre eigene Agenda verfolgt, dass es schließlich aber auf Zusammenhalt und weibliches Empowerment ankommt.

Trotz der Vielzahl von Charakteren konnte ich mich voll und ganz in die Geschichte vertiefen. Jede Figur hatte ihre eigene Geschichte und Motivation, was ihnen Tiefe verlieh und dazu beitrug, die Handlung facettenreich zu gestalten. Die Leerstellen in Bezug auf die Figuren und die Spannungen zwischen ihnen fand ich gerade gut. Für mich macht das auch den Reiz des Romans aus. Über eine Fortsetzung des Romans würde ich mich daher sehr freuen, weil ich den Frauen dann noch einmal begegnen und weitere Teile ihrer Geschichte entdecken könnte. Die detaillierten Pläne des Raubüberfalls und die Handlungen der beteiligten Frauen, die erst nach und nach enthüllt werden, fesselten mich von Anfang bis Ende und ließen keine Langeweile aufkommen.

Alles in allem würde ich "Mayfair House" jedem empfehlen, der eine mitreißende Mischung aus Spannung, historischem Flair und britischem Flair sucht. Auch über eine Verfilmung des Romans würde ich mich definitiv sehr freuen!

Bewertung vom 29.01.2024
Klarkommen
Hartmann, Ilona

Klarkommen


ausgezeichnet

„Klarkommen“ von Ilona Hartmann thematisiert die ungeschönte Realität des Erwachsenwerdens. Die Protagonisten Mounia, Leon und die Erzählstimme selbst stehen vor der Herausforderung, ihren Platz im Leben zu finden, während sie mit den Enttäuschungen und Erwartungen des Erwachsenenlebens konfrontiert werden, ohne schon erwachsen zu sein: der ersten Wohnung, der ersten Liebe oder der ersten großen Party. Damit gehen sie unterschiedlich um, sodass man sich immer wieder selbst in den verschiedenen Herangehensweisen erkennen kann.

Hartmanns collagenartiger Erzählstil aus Gedankenschnipseln, Beobachtungen und Anekdoten entwickelte für mich einen unerwarteten Sog und fängt die Ambivalenz des Erwachsenwerdens in der Großstadt auf bemerkenswerte Weise ein. Der Erzählton ist dabei zwar einerseits melancholisch, andererseits gibt es aber immer wieder gut beobachtete humorvolle Kommentare und Wortspiele: „Das schlimmste am Zelten war alles“. Auch die Schilderung, dass man als Kind von zu viel Fernsehen „rammdösig“ werde, kam mir sehr bekannt vor.

„Klarkommen“ ist damit eine Lektüre, die die Spannung zwischen Ziellosigkeit und großen Erwartungen ans Erwachsensein einfängt und zugleich unterhält. Wie schon in ihrem Debütroman schafft es Ilona Hartmann, Beobachtungen des Erwachsenwerdens so zu erzählen, dass man sich darin auf fast jeder Seite wiederfinden kann.

Bewertung vom 27.01.2024
Der Wortschatz
Gugger, Rebecca

Der Wortschatz


ausgezeichnet

"Der Wortschatz" ist ein bezauberndes Bilderbuch von Rebecca Gugger und Simon Röthlisberger, das nicht nur Kinder, sondern auch Sprachliebhaber jeden Alters anspricht. Die Geschichte handelt von Oscar, der eine Schatztruhe findet, jedoch enttäuscht ist, als er feststellt, dass sie nur mit alten Wörtern gefüllt ist. Doch als er das Wort "quietschgelb" achtlos wegwirft, geschieht etwas Magisches: Ein gelber Igel taucht auf. Oscar erkennt daraufhin die Kraft der Wörter und lernt, sie bewusst und einfallsreich einzusetzen. Als die Wörter aus seiner Truhe aufgebraucht sind, hilft ihm die Sprachkünstlerin Louise seine eigenen Wörter zu bilden.

Rebecca Gugger und Simon Röthlisberger vermitteln auf einfühlsame Weise die Bedeutung und den spielerischen Umgang mit Sprache. Jede Seite des Buches ist eine visuelle und literarische Freude, die durch raffinierte Illustrationen, Grafiken und Texte geprägt ist. Die Auswahl der Wörter ist poetisch und einfallsreich, und die Geschichte regt zum Nachdenken über den Wert von Sprache an.

Ich persönlich war restlos von "Der Wortschatz" überzeugt. Es ist ein Buch, das nicht nur unterhält, sondern auch Bildung vermittelt. Es eignet sich sowohl für den Einsatz in Schulen zur Sprachbildung als auch für gemütliche Lesestunden zu Hause. Rebecca Guggers und Simon Röthlisbergers Werk ist eine gelungene Kombination aus Spaß, Poesie und Lehrreichem, das sowohl Kinder als auch Erwachsene gleichermaßen begeistern wird. Ein wohlfühlwörteriges Buch!

Bewertung vom 27.01.2024
Schneesturm
Walsh, Tríona

Schneesturm


sehr gut

"Schneesturm" entführt den Leser auf eine packende Reise auf die malerische irische Insel Inishmore, wo eine Gruppe von Freunden zehn Jahre nach einer tragischen Tragödie wieder zusammenkommt, um den Jahrestag zu begehen. Doch ein unerwarteter Schneesturm schnürt die Insel von der Außenwelt ab und stürzt die Freunde in eine Falle.

Der Roman präsentiert sich als gelungener Mix aus New Adult Thriller (mit älteren Charakteren) und Whodunit, wobei die Dynamik der Freundschaftsgruppe um Cara im Vordergrund steht und es nicht besonders gruselig oder blutig ist, weshalb mich der Stil an New Adult Thriller erinnert hat. Der Schreibstil ist flüssig, obwohl gelegentlich Übersetzungsfehler und auch inhaltlich mitunter weniger plausibler Passagen auftreten. Dennoch gelingt es der Autorin, ein grundsätzlich interessantes Setting zu schaffen, das an die Werke von Agatha Christie wie „Und dann gab’s keines mehr“ erinnert.

Man begleitet vor allem Cara, die als Polizistin mit den Ermittlungen betraut ist. Ihre Unsicherheit und Verwirrung spiegeln sich im Leser wider, während sie verzweifelt versucht, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Doch auch ihre Entscheidungen werfen Fragen auf, die bis zum Ende nicht vollständig geklärt werden, weil man sich teilweise fragt, wie einer Polizistin solche Fehler unterlaufen können.

Insgesamt ist "Schneesturm" eine unterhaltsame Lektüre, die trotz einiger Schwächen eine fesselnde Geschichte bietet. Die Atmosphäre auf der Insel, die interessanten Charaktere und die überraschenden Wendungen machen das Buch zu einem spannenden Leseerlebnis, das den Leser dann doch bis zur letzten Seite in seinen Bann zieht, wenn man über Logikfehler hinwegsehen kann.

Bewertung vom 23.01.2024
Liebe
Fischer, Veronika

Liebe


gut

Der Essay "Liebe" von Veronika Fischer hat mich leider enttäuscht. Obwohl das Thema grundsätzlich interessant ist und das Vorhaben im ersten Kapitel vielversprechend klang, kann Fischer meiner Meinung nach die geweckten Erwartungen nicht erfüllen. Ich mag die Reihe des Verlags eigentlich sehr und habe schon mehrfach fünf Sterne, z.B. für „Pathos“ oder „Ehrgeiz“ vergeben, dieser Band fällt dagegen deutlich ab, auch wenn Cover und Design wie immer viel hermachen.

Gut wird das kleine Sachbuch immer dann, wenn es Fischer gelingt, unterschiedliche Quellen aus allen Epochen genauer vorzustellen und inhaltlich zu vergleichen sowie voneinander abzugrenzen. Sie bemüht sich dabei sehr, sprachlich und inhaltlich popkulturelle Bezüge herzustellen, leider wirken Pointen oft bemüht und unauthentisch. Ein weiterer Kritikpunkt ist die häufige Verwendung von Popsongs als Quellen, ohne zu vertiefen. Das führt auch zu banaler, umgangssprachlicher Ausdrucksweise, wie etwa "wer auf wen abfährt, ist total individuell“. Diese fehlende begriffliche Präzision setzt sich fort, wenn sie "rechtlich gleichgestellt" mit "gleichberechtigt" gleichsetzt – zwei unterschiedliche Konzepte. Dazu passt schließlich, dass „Google-Bildersuche“ als Quellenangabe im Literaturverzeichnis für den Beleg einer Nachricht angegeben wird. Dies ist für mich unangemessen und mindert die Glaubwürdigkeit.

Insgesamt ist "Liebe" von Veronika Fischer für mich ein deutlicher Rückschritt im Vergleich zu früheren Werken des Verlags. Ich freue mich dennoch auf neue Bände.

Bewertung vom 17.01.2024
Der Tag, an dem ich sterben sollte
Hashemi, Said Etris

Der Tag, an dem ich sterben sollte


ausgezeichnet

"Der Tag, an dem ich sterben sollte" von Said Etris Hashemi ist ein besonderes Sachbuch. Die Autorität, mit der Hashemi seine eigene Geschichte erzählt, verleiht dem Buch eine erschütternde Authentizität.
Die Darstellung des rechtsextremen Terroranschlags am 19. Februar 2020 in Hanau, bei dem neun Menschen aus rassistischen Motiven getötet wurden, ist detailreich und verstörend. Etris Hashemi selbst wurde am Hals getroffen, sein Bruder Said Nesar verlor dabei sein Leben. Die scheinbar endlosen Sekunden, die alles veränderten, werden in ihrer Dringlichkeit und Unausweichlichkeit eingefangen. Auch der Untersuchungsausschuss wird aus Sicht der Opfer detailliert beschrieben und deckt das Versagen der Polizei auf.
Die Erzählung reicht so immer wieder über das persönliche Leid hinaus und hebt die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen dieses Angriffs hervor. Hanau wird zu einem Symbol für eine notwendige Debatte über Diskriminierung, rechten Terror, den Polizeiapparat und die grundlegenden Herausforderungen für Deutschland. Es fordert die Leser heraus, ihre eigene Haltung zu reflektieren und aktiv zur Veränderung beizutragen.
Während des Lesens durchlief ich eine Achterbahn der Emotionen – von Trauer über Wut bis hin zu einem tiefen Gefühl des Empowerments. Die Fähigkeit des Autors, diese Gefühle so eindringlich zu vermitteln, wird von den manchmal sprachlich schiefen Bildern und ungelenken Formulierungen nicht beeinträchtigt. Er schreibt das Sachbuch mit einer Autorin zusammen. Ich könnte mir vorstellen, dass von dieser die Ideen zu „gefrorenen Seen wie Marmeladengläser“ kamen, auf die ich hätte verzichten können.
In einer Zeit, in der gesellschaftliche Diskussionen über Rassismus und Rechtsextremismus drängender sind denn je, liefert "Der Tag, an dem ich sterben sollte" nicht nur Einblicke in individuelle Tragödien, sondern ruft auch dazu auf, Verantwortung zu übernehmen und gemeinsam eine bessere Welt zu gestalten. Eine eindringliche Lektüre, die nicht nur informiert, sondern dazu inspiriert, aktiv gegen Ungerechtigkeiten vorzugehen. Lest dieses Buch und erzählt es euren Kindern!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.01.2024
Himmelwärts
Köhler, Karen

Himmelwärts


sehr gut

"Himmelwärts" von Karen Köhler und Bea Davies entwirft eine anrührende Geschichte über Freundschaft, Verlust und die unendlichen Weiten des Universums. Bea Davies hat das Buch mit Illustrationen gestaltet, die eine einzigartige Atmosphäre schaffen und die Leser in die Welt der beiden Mädchen eintauchen lassen. Was die Illustratorin mit Bildern macht, macht Köhler mit Sprache: Poetisch und bildreich werden Toni und YumYum, zwei neugierige 10-jährige Mädchen dargestellt. Sie funken in einer klaren Sommernacht ins All, in der Hoffnung, eine Verbindung zu Tonis verstorbener Mutter herzustellen.
Einfühlsam wird nicht nur die Sehnsucht nach der verlorenen Mutter vermittelt, sondern auch eine tiefgehende Auseinandersetzung mit dem Dasein und den Wundern des Lebens auf der Erde. Denn per Funk begegnen Toni und YumYum unerwartet Astronautin Zanna auf der Raumstation. Dies führt zu philosophischen Gesprächen über das Leben.
Die Gestaltung des Buches, abwechslungsreich und künstlerisch, trägt dazu bei, die Handlung visuell ansprechend zu präsentieren. Allerdings könnte die Altersangabe der Protagonisten zu einer gewissen Diskrepanz führen, denn Wissensstand, Sprachstil und einige kulturelle Verweise auf die 1980er Jahre sind eher für ältere Kinder verständlich, die aber erfahrungsgemäß ungern Bücher über jüngere Kinder lesen, die noch zur Grundschule gehen. Das sollte man im Blick haben, wenn man den Roman z.B. verschenken will.
Insgesamt ist "Himmelwärts" deshalb vor allem ein wunderbares Kinderbuch für Erwachsene und leseerfahrene Kinder, die Freude an der poetischen sprachlichen und bildlichen Gestaltung haben.

Bewertung vom 11.01.2024
Aprikosenzeit, dunkel
Kulenkamp, Corinna

Aprikosenzeit, dunkel


ausgezeichnet

"Aprikosenzeit, dunkel" von Corinna Kulenkamp ist ein fesselnder Roman, der mich von Anfang bis Ende begeistert hat. Der Coming-of-Age-Roman handelt von Karine, einer Frau mit armenisch-Deutscher Familiengeschichte, die nach Rassismuserfahrungen in Deutschland den Weg zurück zu ihren armenischen Wurzeln sucht.

Die authentische Darstellung von Karines inneren Konflikten und ihre Suche nach Identität machen den Roman besonders ansprechend. Kulenkamp beschreibt einfühlsam Karines emotionale Reise, angefangen bei ihrer Beziehung zu einem Mitstudenten in München bis hin zu ihrer spontanen Entscheidung, nach Armenien zu gehen. Diese wird zu einem Wendepunkt in Karines Leben. Die Leserin begleitet sie in ein Land, das durch Korruption und patriarchale Strukturen geprägt ist, was differenziert beschrieben wird. Die Verknüpfung von Karines persönlicher Geschichte mit der politischen und gesellschaftlichen Realität in Deutschland und Armenien hat mir besonders gut gefallen.

"Aprikosenzeit, dunkel" bietet damit nicht nur eine packende Geschichte, sondern auch einen tiefen Einblick in die Geschichte der Armenier*innen. Die Multiperspektivität, gepaart mit Kulenkamps authentischem und leicht zugänglichem Schreibstil aus der Sicht der jungen Protagonistin, macht das Buch zu einem Must-read. Es ist erstaunlich, dass es bisher nicht häufiger besprochen wurde - es ist für mich ein literarischer Geheimtipp! Ich bin gespannt auf weitere Romane aus dem Orlanda Verlag und von der Autorin.

Bewertung vom 05.01.2024
Das Philosophenschiff
Köhlmeier, Michael

Das Philosophenschiff


gut

"Das Philosophenschiff" von Michael Köhlmeier führt die Leser durch die bewegte Lebensgeschichte der Architektin Anouk Perleman-Jacob. Die Geschichte, die sich hauptsächlich um die Zeit der bolschewistischen Revolution dreht, fasziniert durch den historisch belegbaren Hintergrund. Die Ereignisse auf einem der "Philosophenschiffe", das Anouk und andere Intellektuelle ins Exil führt, basieren allerdings nicht auf historischen Fakten.

Die Erzählung wirft einen Blick auf das Misstrauen zwischen den Menschen, das die Protagonistin auch nach der Überfahrt begleitet. Dieser Aspekt verleiht dem Roman eine tiefgründige Dimension, da die Charaktere ständig im Zwiespalt zwischen Loyalität und Verdächtigungen stehen. Dieser historische Hintergrund war für mich der interessante Kern des Romans.

Die Sprache der Hauptfigur, die mit langen, hypotaktischen Sätzen, Exkursen, vielen russischen historisch belegten und nicht belegten Namen um Authentizität bemüht ist, habe ich jedoch mitunter als anstrengend empfunden. Insgesamt hatte mir der Roman zu wenig Figurenentwicklung und Handlung.